Die
Grafschaft Ortenburg-Tambach
, auch kurz
Grafschaft Tambach
genannt, war eine kurzzeitig
reichsunmittelbare
, danach
standesherrliche
Grafschaft im
Großherzogtum Wurzburg
und im
Konigreich Bayern
. Sie lag sudwestlich von
Coburg
und hatte ihren Sitz auf
Schloss Tambach
. Die Grafschaft entstand durch einen Tauschvertrag aus dem Jahre 1805, mit dem das ehemalige Klosteramt Tambach zur Grafschaft erhoben und im Gegenzug die in
Niederbayern
gelegene
Reichsgrafschaft Ortenburg
Teil des
Kurfurstentums Bayern
wurde. Ortenburg-Tambach bestand bis zum Ende der Monarchie in Bayern im Jahre 1918.
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Vor 1803
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1803?1805
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Jan.?Okt. 1806
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Okt.?Dez. 1806
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Dez. 1806?1810
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1810?1814
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Nach 1814
Im Jahre 1803 wurden das
Hochstift Wurzburg
und das
Hochstift Bamberg
infolge des
Reichsdeputationshauptschlusses
aus dem Jahr 1803
sakularisiert
. So fiel das ehemalige
Zisterzienserkloster
Langheim
der Diozese Bamberg an das Kurfurstentum Bayern. Mit der Sakularisation des Mutterklosters kam auch das Klosteramt Tambach mit seinen zahlreichen Waldungen, die sich bis in das Herzogtum
Sachsen-Coburg
erstreckten, an die bayerischen Kurfursten. Das Kurfurstentum erwarb das Klosteramt 1153, das seither stets erweitert wurde, vom Kloster Langheim.
1801 wurde der 1780 geborene
Reichsgraf
Joseph Carl
von Kaiser
Franz II.
fur volljahrig erklart. Er ubernahm von seiner Mutter Christiane Louise, geborene
Wild- und Rheingrafin zum Stein
, die mit mehr als 200.000
Gulden
hoch verschuldete Reichsgrafschaft Ortenburg. Um die Ausgaben seines kleinen Herrschaftsraumes zu verringern, verwies er seine Mutter, die einen pomposen Haushalt hielt, ins Exil in das nahe gelegene
Passau
und sicherte ihr nur eine geringe Leibrente zu. Jedoch gelang es ihm durch diese Einsparungen nicht, die Grafschaft vor weiteren großen Ausgaben zu bewahren. Es war ersichtlich, dass es mit den graflichen Forsten und Betrieben, den graflichen Brauereien in Ortenburg und
Soldenau
und einer Ziegelbrennerei, den Steuer- und Handelseinnahmen der Reichsgrafschaft sowie den Einnahmen aus den bayerischen Besitzungen von insgesamt 36.500 Gulden jahrlich nahezu unmoglich war, die angefallenen Schulden zu begleichen. Diese wuchsen bis ins Jahr 1804 sogar noch weiter auf ca. 254.000 Gulden an. Trotz eines rigorosen Sparkurses konnte sie Joseph Carl nur wenig vermindern.
Aus Finanznot fasste der junge Graf den Entschluss, die Grafschaft zu verkaufen. So trat er 1803 mit Verkaufsabsichten an den kaiserlichen Reichsvizekanzler
Gundakar von Colloredo-Mansfeld
heran, worauf es rasch diverse Verhandlungen gab. Mitte des Jahres 1803 wandte sich Joseph Carl auf Anraten seiner Berater auch an den bayerischen Kurfursten
Maximilian IV. Joseph
und bot ihm seine reichsunmittelbare Grafschaft zum Kauf an. Im November desselben Jahres kam ein weiterer Kaufinteressent,
Alfred I. zu Windisch-Graetz
, hinzu. Dieser bot seine Herrschaft
Stiekna
in
Bohmen
als Tauschobjekt fur Ortenburg an.
Die bayerischen Herzoge und Kurfursten empfanden die kleine Grafschaft seit dem Ende des
Landshuter Erbfolgekrieges
und der damit verbundenen Einigung Bayerns stets als Hindernis fur einen ganzlich geschlossenen Territorialstaat Bayern. Des Weiteren hatten die bereits stattfindenden Verkaufsverhandlungen zu einem gesteigerten Interesse der Kurfursten an der niederbayerischen Grafschaft gesorgt, da sie verhindern sollten, dass Adelige aus dem Umkreis der
Habsburger
die Besitzungen erwarben und mitten im bayerischen Territorium kaiserliche Interessen vertraten. Aus diesem Grund forcierten die Kurfursten die Verhandlungen. Diese wurden gefuhrt von Graf
Philipp von Arco
auf bayerischer Seite und dem furstlich-
isenburgischen
Rat
Wolfgang Christian von Goldner
auf ortenburgischer Seite. Am 28. Februar 1804 hatten sich die beiden bereits auf einen Vertrag geeinigt, wonach die Reichsgrafschaft Ortenburg samt allen graflich-ortenburgischen Besitzungen in Bayern an das Kurfurstentum fallen, der Graf dafur ein noch naher zu bestimmendes Territorium in
Franken
erhalten sollte. Der Kurfurst sicherte dem jungen Grafen zu, alle Schulden seines Hauses zu ubernehmen. Daraufhin verließ die grafliche Familie Ortenburg und zog zu Joseph Carls Schwiegervater Graf
Franz I. zu Erbach-Erbach
nach
Erbach
im Odenwald.
Im Marz 1805 prasentierte der bayerische Kurfurst das ehemalige Klosteramt Tambach sowie Teile des Amtes
Seßlach
an der Grenze zum Herzogtum
Sachsen-Coburg und Gotha
als Tauschobjekt fur Ortenburg. Ab Juli trafen sich Goldner und die kurfurstlichen Bevollmachtigten mehrmals in
Munchen
und man einigte sich auf die zukunftigen graflichen Besitzungen und Einkunfte sowie die staatsrechtliche Stellung der kunftigen Grafschaft Tambach. Am 14. August 1805 wurde der Tauschvertrag zwischen Kurfurst
Max IV. Joseph von Bayern
und Graf Joseph Carl von Ortenburg unterzeichnet.
Ortenburg
wurde daraufhin ein niederbayerischer Marktflecken und dem Landgericht
Griesbach
zugeteilt, Tambach hingegen
allodialer
Besitz von Joseph Carl, mit allen Rechten ausgestattet und zur reichsunmittelbaren Grafschaft Ortenburg-Tambach erhoben.
Der graflich-ortenburgische Besitz umfasste zur Zeit des Tausches die dreiviertel Quadratmeilen umfassende Reichsgrafschaft Ortenburg samt sechs Dorfern und ca. 3000 Einwohnern sowie den beiden Schlossern
Alt-Ortenburg
und
Neu-Ortenburg
, des Weiteren die bayerischen Besitzungen um die Herrschaft und
Schloss Soldenau
, Ober- und Unter
dorfbach
,
Hirschbach
, Buch und die Herrschaft Neudeck samt
Schloss Neudeck
. Im Tausch fur diese Guter erhielt Joseph Carl die neu geschaffene Reichsgrafschaft mit Sitz auf Schloss Tambach sowie 18 Dorfer mit knapp 3000 Einwohnern und umfangreichem Waldbesitz. Die Einkunfte dieser Herrschaft betrugen nach Schatzungen aus dem Jahre 1858 beachtliche 50.000 Gulden.
Am 26. Dezember 1805 trat Bayern im
Frieden von Pressburg
die Gebiete um Wurzburg wieder ab und erhielt im Gegenzug
Tirol
und
Vorarlberg
. Die Gebiete um Wurzburg wurden an Großherzog
Ferdinand III. von Toskana
als Entschadigung fur sein Kurfurstentum Salzburg abgetreten, Letzteres gelangte im Gegenzug an Osterreich. Wurzburg wurde zu einem Kurfurstentum. Die reichsunmittelbare Grafschaft Ortenburg-Tambach grenzte damit an das neu geschaffene
Kurfurstentum Wurzburg
.
Am 20. Januar 1806 zog die graflich-ortenburgische Familie, die seit dem Wegzug im Jahre 1804 im
Jagdschloss Eulbach
in Erbach weilte, nach Tambach und ubernahm dort die Regentschaft als
Landesherr
.
Joseph Carl
zog am 17. Februar 1806 feierlich in Tambach ein und nahm die Huldigung der Untertanen entgegen. Er konnte seine reichsunmittelbaren Rechte jedoch nicht lange behalten, denn das
Heilige Romische Reich Deutscher Nation
zerfiel bald darauf. Nach dem Sieg
Napoleons
uber Osterreich trieb dieser die Schaffung des
Rheinbundes
voran, wodurch das Reich zerfiel.
Bayern
und 15 weitere Staaten unterzeichneten am 12. Juli 1806 die
Rheinbundakte
und erklarten ihren Austritt aus dem Reich zum 1. August 1806. Die Akte war nicht nur ein Defensiv- bzw. Offensivbundnis, sondern sie ermachtigte die Staaten ebenso, sich die in ihrem Herrschaftsbereich gelegenen kleineren Territorien einzuverleiben. Mit Ende des Heiligen Romischen Reiches verlor auch die Grafschaft Ortenburg-Tambach ihre Existenzberechtigung und drohte unter eine
Mediatisierung
durch die Rheinbundstaaten zu fallen. Aus diesem Grund wandte sich Joseph Carl am 21. August an den bayerischen Minister
Montgelas
, da er bei einem Beitritt des Kurfurstentums Wurzburg zum Rheinbund den Verlust seiner Souveranitat furchtete. Montgelas versuchte die Sorgen des Grafen zu zerstreuen. Im September trat Ferdinand III. dem Rheinbund bei und nahm den Titel des Großherzogs von Wurzburg an. Einen Monat spater bewahrheiteten sich die Befurchtungen Joseph Carls. Jedoch zu seiner eigenen Uberraschung verlor er nicht durch den neuen Großherzog seine Souveranitat, sondern durch das inzwischen zum Konigreich aufgestiegene
Bayern
. Am 25. September 1806 wurde die ehemals reichsunmittelbare Grafschaft auf Grundlage der Rheinbundakte mediatisiert, zu einer Standesherrschaft mit einigen Sonderrechten herabgestuft und dem Verwaltungsbezirk des
Mainkreises
zugeteilt. Im Dezember desselben Jahres trat Bayern die Standesherrschaft Ortenburg-Tambach an das Großherzogtum Wurzburg ab.
1810 kam es zu einem Staatsvertrag zwischen Wurzburg und Bayern, mit dem die Standesherrschaft geteilt wurde. Trotz des Protestes von Joseph Carl wurden seine Besitzungen entlang der
Rodach
aufgeteilt. Der ostliche Teil kam zum Konigreich Bayern, der westliche Teil blieb bei Wurzburg. Im Jahre 1814 wurde der Rheinbund aufgelost, wodurch das Großherzogtum Wurzburg aufhorte zu existieren. Durch den
Wiener Kongress
wurden die wurzburgischen Gebiete zum großten Teil dem Konigreich Bayern zugesprochen. Joseph Carl versuchte auf dem Kongress, seine alten Rechte wieder zu erlangen, jedoch scheiterte sein Versuch mit der Denkschrift
Souveranitatsbedruckung
klaglich. Damit kamen auch die restlichen Teile der standesherrlichen Grafschaft Ortenburg-Tambach wieder zu Bayern. Die Standesherrschaft wurde wieder vollstandig in den Mainkreis als eigenes
Herrschaftsgericht
Tambach integriert. Als Entschadigung fur den Verlust ihrer Souveranitat erhielten die Grafen durch Bayern diverse Sonderrechte, so unter anderem den erblichen Titel eines Reichsrates sowie im Jahre 1827 eine finanzielle Entschadigung. In die Entschadigungssumme wurde auch das ehemalige Stammschloss Ortenburg in ihrer ehemaligen Grafschaft einberechnet, das damit wieder zur Grafenfamilie zuruckkam. Durch die
Verwaltungsreformen des Konigreichs Bayern
wurde Tambach 1817 dem
Obermainkreis
und 1838 dem Regierungsbezirk
Oberfranken
unterstellt. Das Graflich Ortenburgische Herrschaftsgericht in Tambach bestand bis zur
Revolution 1848
und war dann Gerichts- und Polizeibehorde noch bis 1849. Die Standesherrschaft selbst blieb bis zum Ende des bayerischen Konigreiches 1918 bestehen.
Die Familie
der Grafen zu Ortenburg-Tambach
lebt noch auf Schloss Tambach. Schloss Ortenburg wurde 1971 von ihr veraußert.
- Markus Lorenz:
Der Ubergang der Grafschaft Ortenburg an Bayern im Jahr 1805.
In:
Ortenburg ? Reichsgrafschaft und 450 Jahre Reformation (1563-2013)
, Ortenburg 2013 (S. 270?280).
- Markus Lorenz:
200 Jahre Ortenburg in Bayern
. Vortrag am 17. Februar 2006.
Seiten 1 bis 6
(PDF; 929 kB);
Seiten 7 bis 12
(PDF; 879 kB).
- Walter Fuchs:
Schloss Ortenburg, Ortenburger Baudenkmaler und die Geschichte der Reichsgrafschaft Ortenburg
. Ortenburg 2000.
- Markus Lorenz:
Ortenburger Geschichtsblatter ? Der Ubergang der Grafschaft Ortenburg an Bayern im Jahr 1805
, Heft 2, Griesbach im Rottal 1997.
- Markus Lorenz:
Der Ubergang der Grafschaft Ortenburg an Bayern (1805). Tradition und Umbruch in einer Adelsherrschaft
, Diplomarbeit im Studiengang Staats- und Sozialwissenschaften, Universitat der Bundeswehr Munchen, Neubiberg 1996.
- Heinz Pellender:
Tambach ? vom Langheimer Klosteramt zur Ortenburg’schen Grafschaft ? Historie des Graflichen Hauses Ortenburg, des Klosteramtes und Schlosses Tambach
. 2. Auflage, Coburg 1990.
- Friedrich Hausmann
:
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In:
Weitramsdorf ? Vergangenheit und Gegenwart. 1177?1977. Aus der Geschichte eines Dorfes.
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- Ivo Striedinger
:
Das Großherzogtum Wurzburg
, in: ZBLG 6, 1933, S. 250?256 (
digitale-sammlungen.de
).
- Carl Eduard Vehse:
Geschichte der deutschen Hofe seit der Reformation ? Die keinen deutschen Hofe. Neunter Teil. Die Mediatisierten.
Band 43, Hamburg 1858, S. 204?209 (
Digitalisat
in der Google-Buchsuche).
- Johann Gottfried Pahl:
Nationalchronik der Teutschen ? Erste Jahreshalfte
. 1806, S. 124f (
Digitalisat
in der Google-Buchsuche).