Die
Grafschaft Kraiburg
(auch Grafschaft
Kraiburg-Marquartstein
oder Grafschaft
Kraiburg-Ortenburg
bezeichnet) war ein mittelalterliches Herrschaftsgebiet in
Ober-
und
Niederbayern
mit Hauptsitz in
Kraiburg am Inn
. Die Grafschaft erstreckte sich im Gebiet der spateren bayerischen Landgerichte Kraiburg und Mormoosen. Sie war etwa 150 Jahre eine selbststandige, machtige und einflussreiche Grafschaft im
Herzogtum Bayern
.
Die Grundlage des spateren Hauptortes Kraiburg bildete der
Edelhof
des Sigiberts. Aus diesem bildete sich bald der Ort
Chreidorf
, die alte Bezeichnung Kraiburgs. Der Ort gehorte seit dem 8. Jahrhundert zum
Isengau
, welcher sich von der
Rott
bis zur
Alz
erstreckte.
Der erste Graf und Grunder der Grafschaft Kraiburg war
Engelbert II.
aus dem Hause der
Spanheimer
. Er war es auch, welcher auf dem strategisch gunstigen Bergkegel uber dem Ort Kraiburg eine wehrhafte Burg (
Burg Kraiburg
) errichten ließ. Diese sollte von nun an der Stammsitz der Grafen von Kraiburg sein.
Engelbert erwarb durch seine erste Ehe mit der reichen Erbtochter Utta, Tochter des Grafen
Ulrich
von
Vohburg
-
Passau
(† 1099) große Besitzungen sudwestlich von Passau, im
Rottal
und im Isengau. Durch seine zweite Ehe mit der Witwe Adelheid von
Lechsgemund
, der Frau des verstorbenen Marquart von Marquartstein und Hohenstein, erwarb er weitere große Besitzungen um
Marquartstein
im
Chiemgau
. Mit dieser Ehe fiel Engelbert die
Burg Marquartstein
zu, welche von Marquart von Marquartstein im Jahre 1075 erbaut wurde.
Diese Besitzungen bildeten den Großteil der Grafschaft, welche von Engelbert II. regiert wurde. Um das Jahr 1108 tritt Engelbert erstmals als
Graf von Kraiburg und Marquartstein
auf. Im selben Jahr wurde Engelbert
Markgraf
von
Istrien
. Aus diesem Grund nannten er und sein Nachfolger
Engelbert III.
sich falschlicherweise auch
Markgraf von Kraiburg und Marquartstein
, obwohl die Grafschaft keine
Mark
des
Heiligen Romischen Reiches
war.
Als Engelbert II. im Jahre 1124 seinem verstorbenen Bruder Herzog
Heinrich IV.
als Herzog von Karnten nachfolgte, ubergab er die Markgrafschaft Istrien und die Grafschaft Kraiburg-Marquartstein an seinen Sohn
Engelbert III.
Weitere Besitzungen, nordlich Kraiburgs, gingen an seinen jungsten Sohn
Rapoto I.
, welcher daraus die
Grafschaft Ortenburg
grundete.
Engelbert III. stellte sich immer wieder in den Dienst des Reiches und des katholischen Glaubens. So nahm er an vielen Reichstagen und im Jahre 1135 sogar am
Konzil
in
Pisa
teil, wo ihm vom Papst
Innozenz II.
die Markgrafschaft
Tuscien
verliehen wurde. Dieses Amt hatte er jedoch nur fur ein Jahr inne.
Im Jahre 1173 verstarb Engelbert verwitwet und kinderlos. Seine Besitztumer in Bayern fielen an seinen jungeren Bruder Rapoto I. von
Ortenburg
. Dieser war Ahnherr der
Grafen von Ortenburg
. Sein Geschlechtszweig der Spanheimer und seine Nachkommen bestimmten von nun an die Grafschaft und ihr Geschehen. So wurde die Grafschaft Kraiburg-Marquartstein Teil der Ortenburg’schen Besitzungen mit den Grafschaften Ortenburg und der Grafschaft
Murach
. Die Besitzungen des Hauses Ortenburg erstreckten sich von
Tirschenreuth
in der
Oberpfalz
uber einen weiten Bogen bis
Kitzbuhel
in
Tirol
. Zusammen mit der Grafschaft Ortenburg bildete die Grafschaft Kraiburg das Kernland des Ortenburger Herrschaftsgebiets.
Nach Rapotos Tod im Jahre 1186 fielen seine Besitzungen an seine beiden Sohne
Rapoto II.
von Ortenburg und
Heinrich I.
Diese teilten die vaterlichen Besitzungen auf. Heinrich bekam die Grafschaft Ortenburg und die Grafschaft Murach, Rapoto die Grafschaft Kraiburg-Marquartstein und die Besitzungen im Chiemgau und sudlich davon. Diese Besitzteilung des Ortenburger Hauses sollte sich als endgultig erweisen. Die Gebiete wurden nach dieser Teilung nicht mehr wiedervereint.
Der nun in Kraiburg regierende Rapoto II. von Ortenburg war zusammen mit seinem Bruder Heinrich mehrfach in Konflikte mit den Nachbarn, den
Bischofen von Passau
, den
Herzogen
von
Bayern
und
Osterreich
und dem
Konig von Bohmen
, verwickelt. So fiel Herzog
Ludwig I.
von Bayern, der Schwager Rapotos II., im Jahre 1199 in das Kraiburger Land ein und zerstorte die Stammburg Kraiburg. Nachdem sich die Ortenburger eines Uberfalls, aus Rache aufgrund einer Fehde aus dem Jahre 1192, auf das Bistum Passau schuldig gemacht hatten. Nach Beilegung des Konflikts ließ Rapoto die Burg wiedererrichten.
Im Jahre 1209 wurde Rapoto II. die
Pfalzgrafenwurde
im Herzogtum Bayern verliehen. Somit wurde er der Stellvertreter des Kaisers und des Herzoges im Herzogtum Bayern. Sein Amt fuhrte er von Kraiburg aus. Der Ort wie auch die gesamte Grafschaft profitierten wirtschaftlich sehr von diesem Schritt. So setzte sich Rapoto II. in seiner Grafschaft sehr fur den Ausbau des Handels ein und errichtete ein Handelsnetz mit Kraiburg als zentralem Punkt.
1231 starb Rapoto II. und sein Amt und seine Wurden fielen an seinen Sohn Pfalzgraf
Rapoto III.
von Ortenburg. Unter seiner Herrschaft stand das Kraiburger Grafenhaus am Zenit seiner Macht. Die Kraiburger Besitzungen erstreckten sich von der
Donau
uber große Teile des Rottals bis zum rechten
Innufer
, von der
Alz
bis an die
Traun
und vom Suden des
Chiemsees
bis ins
Brixental
. Des Weiteren hatte er große
Lehensguter
im Salzburger Raum von den dortigen
Bischofen
. Das Grafschaftsgebiet wurde abgesichert durch die Burgen Kraiburg,
Trostberg
, welche Rapoto III. 1232 errichten ließ,
Massing
, Dachberg, Rotenberg und
Griesbach
.
Nach Rapotos Tod im Jahre 1248 endete die Ortenburg'sche Herrschaft uber die Kraiburger Grafschaft, da er nur eine Tochter hatte. Diese heiratete Hartmann I. von
Werdenberg
, welcher diese Besitzungen an sich nahm. Seither nannte sich Hartmann
Pfalzgraf von Kraiburg
. Im Jahre 1259 veraußerte Hartmann die Grafschaft und die gesamten Besitzungen des ehemals ortenburgisch-pfalzgraflichen Hauses an den
Wittelsbacher
Herzog
Heinrich XIII.
von
Niederbayern
. Dieser gliederte die Besitzungen an sein Herzogtum an, was das Ende fur die Grafschaft bedeutete.
Name
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Regierungszeit
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Abstammung
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Engelbert II. von Spanheim
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1103?1124 Markgraf von Istrien und Krain, 1108?1124 Graf von Kraiburg und Marquartstein, 1123?1135 Herzog von Karnten, 1123?1135 Markgraf von Verona
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Sohn
Engelberts I.
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Engelbert III.
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1124?1173 Markgraf von Istrien, 1124?1173 Graf von Kraiburg und Marquartstein, 1135?1136 Markgraf von Tuscien
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Sohn Engelberts II.
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Rapoto I. von Ortenburg
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1134?1186 Graf von Ortenburg, 1163?1186 Graf von Murach, 1173?1186 Graf von Kraiburg und Marquartstein
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Sohn Engelberts II.
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Rapoto II. von Ortenburg
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1186?1231 Graf von Kraiburg und Marquartstein, 1208?1231 Pfalzgraf von Bayern
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Sohn Rapotos I.
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Rapoto III. von Ortenburg
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1231?1248 Graf von Kraiburg und Marquartstein, 1231?1248 Pfalzgraf von Bayern
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Sohn Rapotos II.
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Hartmann I. von Werdenberg
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1248?1259 Graf von Kraiburg und Marquartstein
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Rudolf I. von Werdenberg
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- Friedrich Hausmann
:
Die Grafen zu Ortenburg und ihre Vorfahren im Mannesstamm, die Spanheimer in Karnten, Sachsen und Bayern, sowie deren Nebenlinien
, erschienen in:
Ostbairische Grenzmarken ? Passauer Jahrbuch fur Geschichte Kunst und Volkskunde, Nr. 36, Passau 1994
- Helmuth Stahleder:
Muhldorf am Inn. Die Landgerichte Neumarkt, Kraiburg und Mormoosen und die Stadt Muhldorf
, (=
Historischer Atlas von Bayern
, Teil Altbayern, Reihe I, Heft 36), Munchen 1976 (
Digitalisat
).
- Eberhard Graf zu Ortenburg-Tambach:
Geschichte des reichsstandischen, herzoglichen und graflichen Gesamthauses Ortenburg ? Teil 1: Das herzogliche Haus in Karnten.
, Vilshofen 1932
- Eberhard Graf zu Ortenburg-Tambach:
Geschichte des reichsstandischen, herzoglichen und graflichen Gesamthauses Ortenburg ? Teil 2: Das grafliche Haus in Bayern.
, Vilshofen 1932