Flavius Cresconius Gorippus
[1]
(fruher
Corippus
, eingedeutscht
Goripp
; * um 500; † um 570) war ein
spatantiker
lateinischer Dichter. Er gilt oft als der letzte bedeutende
lateinische
Poet des
Altertums
.
Lange wurde allgemein akzeptiert, dass der Name des Poeten
Corippus
gelautet habe. Der Name
Gorippus
, der auch in spatantiken Graffiti der Stadt
Dura Europos
vorkommt, ist aber in der Handschrift
Matritensis 10029
(der einzigen Handschrift, in der sein Werk
In laudem Iustini Augusti Minoris
erhalten ist) dreimal bezeugt, wahrend die Schreibweise mit C hier nur einmal vorkommt. Eine heute verlorene Handschrift von Goripps Epos
Iohannis
enthielt nach dem Bericht von
Johannes Cuspinian
die Namensform
Fl.
(Flavius)
Cresconius Gorippus
. Die Schreibweise mit C verbreitete sich durch die Erstedition der Laus von Ruyz Azagra, der 1581 ohne Angabe von Grunden die Form Corippus verwendete.
[1]
Erst seit 2010 setzt sich die Namensform mit G langsam durch; in vielen Publikationen findet sich aber noch immer die Namensform
Corippus
.
Uber Goripps Leben ist wenig bekannt, doch sind zwei seiner Werke erhalten, die ihn als den wohl letzten großen lateinischen Dichter der
Antike
ausweisen. Seine fundierte rhetorische und literarische Ausbildung erfuhr Goripp, der (ebenso wie
Fulgentius
und
Luxorius
) aus Nordafrika stammte, noch in der Zeit, als das Gebiet um
Karthago
von den
Vandalen
beherrscht wurde. 533 hatte der ostromische Kaiser
Justinian
dann ein Heer entsandt, das die Provinz
Africa
zuruckeroberte; doch blieb das Gebiet noch uber Jahre unruhig, bis es 548 von dem kaiserlichen
Heermeister
Johannes Troglita
endgultig befriedet werden konnte. Es ist dieser Feldherr, dem Goripp um 550 sein großes, an
Vergil
orientiertes Epos
Iohannis
widmet. Es schildert in acht Buchern vor allem die Kampfe der Romer gegen die Mauren und wurde erst 1820 wiederentdeckt. Zwar erreicht Goripp keineswegs das Genie seines Vorbildes, dennoch zeigt das Epos, zu welch beachtlichen kunstlerischen Leistungen auch die ausgehende
Spatantike
noch imstande war. Auch als historische Quelle ist die
Iohannis
von Wert, wobei Goripp sich moglicherweise bewusst auf seinen Zeitgenossen, den Historiker
Prokopios von Caesarea
, bezog, der um dieselbe Zeit Justinians Vandalenkriege im dritten und vierten Buch seiner
Historien
schilderte.
Das zweite erhaltene Werk Goripps ist die
Lobrede
In laudem Iustini Augusti Minoris
in vier Buchern (wobei das vierte Buch nur unvollstandig erhalten ist), die Justinians Neffen und Nachfolger
Justin II.
gewidmet ist und zwischen 565 und 567 entstand. Ob sich Goripp zu dieser Zeit selbst vor Ort in Konstantinopel befand, ist nicht ganz sicher; ebenso ist es aufgrund der Uberlieferungslage moglich, dass das Werk noch in
Africa
entstand.
[2]
Goripp war wohl in wirtschaftliche Not geraten, so dass er versuchte, die Gunst des neuen Kaisers zu erringen, indem er dessen (nicht unumstrittenen) Thronanspruch rechtfertigte. Auch dieses Werk spiegelt Goripps Gelehrsamkeit und rhetorische Begabung wider. Er liefert vor allem sehr wichtige Informationen zum spatromischen Hofzeremoniell sowie zum Leben der hauptstadtischen Bevolkerung. Bemerkenswert ist daneben ubrigens auch der Umstand, dass, wie Goripps Beispiel zeigt, noch in der zweiten Halfte des 6. Jahrhunderts hochsprachliche
lateinische
Werke im
Ostromischen Reich
verfasst und rezipiert wurden ? die Grazisierung des Reiches schritt damals zwar rasch voran, war aber noch nicht abgeschlossen.
Nachdem Goripp lange Zeit von der Forschung eher am Rande beachtet worden war, hat im Zuge des enorm gestiegenen Interesses an der Spatantike auch die Zahl der Studien zu diesem lange unterschatzten Autor in den letzten Jahren stark zugenommen.
- Averil Cameron
:
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. London 1976 (Text, Ubersetzung und knapper Kommentar).
- James Diggle
und
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:
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. Cambridge 1970 (Maßgebliche Edition der
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).
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. (
Studies in Classics
, Band 7) The Edwin Mellen Press, Lewiston/NY 1998,
ISBN 0-7734-8242-3
(Ubersetzung).
- Josef Partsch (Hrsg.):
Auctores antiquissimi 3,2: Corippi Africani grammatici Libri qui supersunt.
Berlin 1879 (
Monumenta Germaniae Historica
,
Digitalisat
)
- Peter Riedlberger
:
Philologischer, historischer und liturgischer Kommentar zum 8. Buch der Johannis des Goripp nebst kritischer Edition und Ubersetzung
. Brill: Leiden 2010,
ISBN 978-90-04-25000-0
(Teilubersetzung).
- Jean Urban Andres:
Concordantia in Flavii Corippi Ioannida
. Hildesheim 1993.
- Jean Urban Andres:
Das Gottliche in der ?Iohannis“ des Corippus. Antike Gotterwelt und christliche Gottesvorstellung im Widerstreit?
Trier 1997.
- Erich Burck:
Die ?Johannis“ des Corippus
. In: Erich Burck (Hrsg.):
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- Averil Cameron
:
Corippus’ Poem on Justin II. A Terminus of Antique Art?
. In:
Annali Scuola Norm. Sup. Pisa
, Ser. III. 5, 1975, S. 129?165.
- Thomas Gartner
:
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. Berlin 2008.
- Benjamin Goldlust (Herausgeber):
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. Lyon 2015.
- Heinz Hofmann
:
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. In:
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43, 1989, S. 361?377.
- Heinz Hofmann:
Corippus, Flavius Cresconius.
In:
Der Neue Pauly
(DNP). Band 3, Metzler, Stuttgart 1997,
ISBN 3-476-01473-8
, Sp. 165?166.
- John Robert Martindale:
Corippus.
In:
The Prosopography of the Later Roman Empire
(PLRE). Band 3A, Cambridge University Press, Cambridge 1992,
ISBN 0-521-20160-8
, S. 354?355.
- Andy Merrills:
War, rebellion and epic in Byzantine North Africa: a historical study of Corippus' Iohannis.
Cambridge University Press, Cambridge, New York 2023. ? Rezension von David Alan Parnell,
Bryn Mawr Classical Review
2024.05.40
- Peter Riedlberger
:
Philologischer, historischer und liturgischer Kommentar zum 8. Buch der Johannis des Goripp nebst kritischer Edition und Ubersetzung
. Brill, Leiden 2010,
ISBN 978-90-04-25000-0
.
- Peter Riedlberger:
Again on the name ‘Gorippus’ ? State of the Question ? New Evidence ? Rebuttal of Counterarguments ? The Case of the Suda
. In: Benjamin Goldlust (Herausgeber):
Corippe. Un poete latin entre deux mondes
. Lyon 2015, S. 243?269 (
PDF-Datei
).
- Franz Skutsch
:
Corippus
.
In:
Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft
(RE). Band IV,1, Stuttgart 1900, Sp. 1236?1246.
- Ulrich-Justus Stache:
Flavius Cresconius Corippus. In Laudem Justini Augusti minoris. Ein Kommentar
. Diss. Berlin 1976.
- Vincent Zarini:
Berberes ou barbares? Recherches sur le livre second de la Johannide de Corippe
. Nancy 1997.
- Vincent Zarini:
Rhetorique, poetique, spiritualite: La technique epique de Corippe dans la Johannide
. Turnhout 2003.
- ↑
a
b
Zur besseren Bezeugung und Herleitung der Schreibweise
Gorippus
siehe Peter Riedlberger:
Again on the name ‘Gorippus’ ? State of the Question ? New Evidence ? Rebuttal of Counterarguments ? The Case of the Suda
. In: Benjamin Goldlust (Herausgeber):
Corippe. Un poete latin entre deux mondes
. Lyon 2015, S. 243?269 (
PDF-Datei
).
- ↑
Vgl.
S. 266 DA Rezension