Geschichte Kretas

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Die Geschichte Kretas lasst sich in die vorgeschichtliche und die historische Zeit unterteilen. Die Minoische Kultur (ca. 3000 v. Chr.?ca. 1050 v. Chr.) wird teilweise zur vorgeschichtlichen, teils zur historischen Epoche gerechnet.

Urgeschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der genaue Zeitpunkt der ersten Besiedlung Kretas ist nicht bekannt. Spuren moglicher fruher Hominiden reichen bis 5,7 Millionen Jahre zuruck, der Zeit der Messinischen Salinitatskrise . Im Jahr 2002 entdeckte und 2010 von Forschern bei Trachilos , nahe dem Hafen von Kissamos , untersuchte versteinerte Fußspuren von etwa 50 Abdrucken waren eines der altesten Zeugnisse menschlicher Vorfahren uberhaupt. Die Abdrucke stammen von einem aufrecht gehenden Lebewesen, unterscheiden sich jedoch von denen gewohnlicher Tiere, wie Baren oder Affen. [1] [2] [3] Neben einem Fußballen weisen funf Zehen, darunter ein großer Zeh, nach vorn, was auf einen Homininen weist. [4]

Palaolithische Funde von Steinwerkzeugen werden auf ein Alter von mindestens 130.000 Jahren zuruckgefuhrt, sind indes nicht zuverlassig datiert. [5] Die neun Fundstellen liegen an der Sudkuste bei Plakias ( Kotsifou , Schinaria , Timeos Stavros, Gianniou) und am Unterlauf des Megalopotamos ( Preveli ), alle in der Gemeinde Agios Vasilios . Curtis Runnels, Steinwerkzeug-Fachmann und Expeditionsteilnehmer in Sudkreta, halt nach stilistischen Merkmalen der gefundenen Schaber und Faustkeile ein Alter von 130.000 bis 700.000 Jahren fur moglich. [6] Damit stammten sie nicht vom anatomisch modernen Menschen ( Homo sapiens ), sondern von einer vorzeitlichen Menschenart, dem Homo heidelbergensis oder dem Neandertaler ( Homo neanderthalensis ). [7]

Ebenfalls an der Sudkuste Kretas in der Gemeinde Agios Vasilios wurden an zwanzig Stellen etwa 1600 mesolithische ( mittelsteinzeitliche ) Steinobjekte entdeckt, beispielsweise Projektilspitzen, Stichel und Schaber. Diese sind bis zu 11.000 Jahre alt. Die Fundstellen befinden sich bei Damnoni , Ammoudi , Schinaria, Timeos Stavros, Preveli und Agios Pavlos . Die archaologische Expedition von 2008/09 unter Leitung von Thomas Strasser hatte das Ziel, Belege fur eine vor dem Neolithikum ( Jungsteinzeit ) erfolgte Besiedlung Kretas zu finden und damit die bis dahin fraglichen mesolithischen Funde aus der Samaria-Schlucht , die hauptsachlich durch Begehung entstanden sein sollten, beweiskraftig zu ersetzen. [8] [9]

Die ersten neolithischen Siedler kamen um 7000 v. Chr. auf die Insel. [10] In den neolithischen Siedlungen wurden bisher keine Knochen der endemischen Inselfauna gefunden, sie starb vor Ankunft der ersten bauerlichen Siedler aus, wie dies auch von anderen Mittelmeerinseln (Zypern, Sardinien, Mallorca) bekannt ist. Erste eindeutige anthropomorphe Zeugnisse stammen aus dem fruhen Neolithikum und werden auf etwa 6000 v. Chr. datiert. Hier sind die akeramischen Schichten von Knossos bedeutsam. In dieser Periode betrieb man bereits Ackerbau . Erst seit etwa 5500 v. Chr. wurde Keramik hergestellt. Genetische Untersuchungen erwiesen, dass um 3500 bis 3000 v. Chr. erneut eine starke Zuwanderung aus Anatolien den Osten der Insel erreichte; ahnlich enge Beziehungen bestanden zwischen dem Peloponnes und dem Westen Kretas.

Minoische Zeit [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Minoische Kultur auf Kreta

Die Minoische Zeit beginnt etwa 3000 v. Chr. und steht einerseits in der Tradition der einheimischen neolithischen Vorgangerkultur, wurde andererseits aber auch durch starke Einflusse und eventuelle Einwanderung aus Kleinasien befruchtet. Auch die Metallverarbeitung wurde wahrscheinlich aus Kleinasien ubernommen. Dies bewirkte einen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung, der sich im Entstehen der ?Minoischen“ Kultur niederschlug. Die Minoische Kultur endete im 13. Jahrhundert v. Chr., als sich auf Kreta die Mykenische Kultur vom griechischen Festland durchsetzte.

Archaische und klassische Zeit [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach dem Untergang der minoischen Kultur wurde Kreta von den mykenischen Griechen beherrscht, ihnen folgten seit dem 11. Jahrhundert v. Chr. weitere Eroberer vom griechischen Festland. Auf der Insel bildeten sich eine Anzahl selbststandiger Poleis heraus. Auf die Geschehnisse des griechischen Festlands nahmen diese keinen Einfluss und umgekehrt versuchten die Hauptmachte des antiken Griechenlands ? allen voran Sparta und Athen ? niemals, Kreta zu erobern. Gering war das Interesse der griechischen Historiker an den Geschehnissen auf der Insel und es gibt daher eher wenige schriftliche Zeugnisse uber die Geschichte Kretas.

Theseus und Minotaurus
(antikes Mosaik)

Uber das archaische Zeitalter lasst sich aber mit Sicherheit aussagen: In der Zeit vom 6. bis zum 4. Jahrhundert wahrte auf der Insel Kreta eine relative Friedensperiode, durch umfassende herrschaftspolitische Maßnahmen (u. a. Gesetze, vgl. das Stadtrecht von Gortys ) war oberflachlich ein Ausgleich zwischen den dominierenden aristokratischen Kraften ersichtlich. Erst in der zweiten Halfte des 4. Jahrhunderts ging die alte aristokratische Ordnung, die stark an den Machterhalt einiger weniger Familien orientiert war, durch Machtkampfe zwischen diesen zu Grunde.

Die Gesellschaft des archaischen Kretas kann man als recht eigentumlich auffassen. In vielen Merkmalen ahnelte sie der Spartas . Der Adel betrieb Herrschaftspolitik durch Einflussnahme auf die jungen Manner in Form von Paderastie und gemeinsam lebende Jungmannschaften, also Sport- und Kampfgruppen unter einem Paidonomos . Diese Jungmannschaften gingen nach der Volljahrigkeit in die Mahlgemeinschaften uber, in denen die Burgerschaft organisiert waren. [11] Burger konnte man nur sein, sofern man an den gemeinsamen Mahlern, die uberwiegend von den wohlhabenden Kretern finanziert wurden, teilnahm. ?Regiert“ wurde Kreta durch Kosmen, deren Anzahl pro Stadt differierte. Jenes Amt wurde nach dem Rotationsprinzip an die einflussreichsten Familien vergeben ? freilich, um Machtkampfe zu vermeiden. Wohl einen großen Stellenwert im archaischen Kreta hatte die Familie ? ihr Schutz und Erhalt wurde von vielerlei Gesetzen (vgl. das Erbschafts-, Schuld- und Familienrecht der ?Großen Inschrift“ von Gortys ) gewahrleistet. Das wirtschaftliche Potential der Insel wurde durch fortwahrende Kriege zwischen den verschiedenen Poleis geschwacht.

Hellenismus und romische Kaiserzeit [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Personifikation Kretas, Haus des Theseus, Paphos (Zypern), 4. Jahrhundert n. Chr.
Stele von Hierapytna , 2. Jahrhundert v. Chr., Archaologisches Nationalmuseum Venedig

Der Spartanerkonig Agis III. setzte, als Alexander der Große in Kleinasien stand und einen ersten Sieg gegen das Perserreich errungen hatte, 333 v. Chr. noch immer auf die persische Karte. Durch seinen Bruder und Mitregenten Agesilaos ließ er Kreta besetzen. Im Fruhjahr 332 v. Chr. begannen die makedonischen Nauarchen Hegelochos und Amphoteros die Inseln zu besetzen ? von Tenedos und Chios bis nach Kos und schließlich Lesbos. Amphoteros unterwarf schließlich die kretischen Stutzpunkte.

Zwischen 267 und 261 v. Chr. intervenierten die agyptischen Ptolemaer auf Kreta, aber sie konnten die Insel, zwischen deren Stadten der Krieg zum Dauerzustand geworden war, nicht befrieden. 220 folgte eine Intervention Philipps V. von Makedonien, der mit der kretischen Stadt Gortyn verbundet war. Er konnte die Verhaltnisse auf Kreta stabilisieren, zog aber die Kreter in seinen Konflikt mit der romischen Republik hinein. In den Makedonischen Kriegen zwischen 214 und 196 war Kreta mit Philipp verbundet, ohne dass sich die Niederlagen des Konigs auf die Insel auswirkten. Der romische Sieg fuhrte nur zur erneuten Unabhangigkeit der kretischen Stadte und die alten Rivalitaten zwischen Knossos , Cydonia und Gortyna flammten unverzuglich wieder auf. Der romische Senat schickte mehrfach (184, 180 und 174 v. Chr.) Gesandte als Vermittler, ohne dass diese etwas bewirkten. Die Instabilitat Kretas bot den besten Nahrboden fur Piraten und Sklavenhandler , die auf der Insel leicht Unterschlupf fanden und mit dieser oder jener Stadt paktierten. Die Rhodier , als wichtigste griechische Handelsmacht jener Zeit, versuchten die Situation zu ordnen und unternahmen 154 v. Chr. einen Kriegszug nach Kreta. Sie wurden jedoch vernichtend geschlagen. Nur eine romische Intervention verhinderte die totale Niederlage.

Im ersten Jahrhundert v. Chr. begannen die Romer ernsthafter gegen die Piraten in der Agais vorzugehen. 74 v. Chr. ordnete der Senat deshalb die Eroberung Kretas an. Der erste Versuch unter dem Befehl des Marcus Antonius war schlecht vorbereitet und es standen zu wenig Schiffe und Truppen zur Verfugung. Antonius erlitt eine herbe Niederlage und viele Romer gerieten in Gefangenschaft. Unterdessen verhinderte der Krieg gegen Mithridates von Pontus und der Aufstand des Spartacus fur einige Jahre einen neuen romischen Eroberungsversuch.

Kreta in romischer Zeit

69 v. Chr. wurde der Konsul Quintus Caecilius Metellus vom Senat mit der Eroberung Kretas beauftragt. Mit Erfolg nahm er eine kretische Stadt nach der anderen ein, wahrend Pompeius die Piraten zur See bekampfte. Die geschlagenen Kreter wollten sich nur Pompeius unterwerfen und dieser nahm diese Unterwerfung an, obwohl Quintus Caecilius Metellus der eigentliche Eroberer war und Kreta zur romischen Provinz machte [12] . Nicht nur dieser selbst, sondern die ganze gens der Meteller haben das Pompeius sehr verubelt. In Rom feierte er einen Triumph und nahm das Cognomen Creticus an.

Einmal befriedet fanden sich die Kreter ohne Widerstand mit der romischen Herrschaft ab. Die Insel war eine der ruhigsten Provinzen des ganzen Imperiums. Unter Kaiser Augustus wurde sie mit Gebieten in Libyen zur Provinz Creta et Cyrenaica vereinigt. Kaiser Diocletian trennte beide Gebiete 298 n. Chr. und bildete eine eigene Provinz Kreta. Im 3. und 4. Jahrhundert verbreitete sich das Christentum auf der Insel.

Im Jahr 365 wurde Kreta von einem sehr starken Erdbeben erschuttert. Dieses Erdbeben vor Kreta 365 richtete nicht nur in Kreta, sondern in den meisten Anrainerstaaten des ostlichen Mittelmeeres Verwustungen an.

Byzantinisches Reich (395?1204) und Sarazenenherrschaft (826?961) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In den Zeiten der Volkerwanderung blieb Kreta von Eroberungsversuchen germanischer und slawischer Volkerschaften verschont, sieht man von einem Zug slawischer Seefahrer im Jahr 623 ab, die moglicherweise in der Absicht kamen, dort zu siedeln. [13]

674 erfolgte ein erster arabischer Angriff, 692 ein weiterer. Irgendwann zwischen 718 und 1138 kam es zu einer verstarkten Zuwanderung aus Zypern. [14]

Die arabische Flotte greift Kreta an (Chronik des Johannes Skylitzes )
Darstellung des Kampfes in derselben Handschrift des 11. Jahrhunderts

Unter ihrem Fuhrer Abu Hafs al-Balluti (spater al-Ikritishi, der Kreter genannt, die Griechen nannten ihn Apohapsis) wurden im Jahr 816 Muladi als Rebellen aus dem islamischen Spanien vertrieben. Diese 10 bis 15.000 Menschen gelangten auf Umwegen nach Agypten, wo sie Alexandria einnehmen konnten. Nach einer schweren Niederlage gegen die Truppen des Kalifen wandten sich die Andalusier gegen Kreta, das sie moglicherweise bereits zuvor mit Raubzugen heimgesucht hatten. [15] Ob sie es ab etwa 824 tatsachlich ganz eroberten, ist nicht sicher, und auch ihre Rolle beim Niedergang der Stadte auf der Insel ist aus den wenigen Quellen nicht ablesbar. Sicher ist nur, dass sie Kreta als Basis fur Kaperfahrten gegen Byzanz benutzten, dass sie es Al-Khandaq nannten, und dass das spatere Iraklion ihre Hauptstadt war.

Die Eroberer waren unter genetischer Perspektive Andalusier (die zum Islam konvertiert waren). [16] Sie hinterließen nur geringe genetische Spuren in der Bevolkerung Kretas. Auch ihr Einfluss auf die Sprache war eher gering, nur wenige Ortsnamen weisen auf ihren Einfluss hin. Spatere arabische Behauptungen, die Bevolkerung sei durch Muslime ersetzt worden, werden vor diesem Hintergrund als sehr unwahrscheinlich betrachtet.

Byzanz versuchte mehrfach, die Insel zuruckzuerobern. So scheiterten Versuche in den Jahren 826 und 828 trotz erheblicher Erfolge auch 843?844, dann erneut 865.

961 fiel die Insel wieder an das Byzantinische Reich , dessen Feldherr und spaterer Kaiser Nikephoros Phokas die Insel eroberte. Die islamische Bevolkerung wurde uberwiegend getotet oder versklavt, moglicherweise auch die Konvertiten. Der arabische Historiker Nuwayri schatzte im 14. Jahrhundert, dass 200.000 Menschen auf diese Weise untergingen. Die Bevolkerungsverluste versuchte Byzanz durch die Ansiedlung von Armeniern, ?Romern“ und Angehorige anderer Volker aufzufullen, wie der zeitlich deutlich nahere Geschichtsschreiber Leon Diakonos vermerkt. Der Anteil der Armenier kann, entsprechend genetischer Untersuchungen, nur gering gewesen sein, sie siedelten wohl in eigenen Dorfern, wie namenskundliche Untersuchungen belegen. Hierin durfte auch die Ursache dafur gelegen haben, dass sie in der ubrigen Bevolkerung der Insel nur geringe Spuren hinterlassen haben. Mit ?Romer“ meinte Leon Siedler aus dem gesamten Byzantinischen Reich, also vom Balkan und aus Anatolien. Sie sind genetisch dementsprechend kaum greifbar.

Venezianische Herrschaft (1204?1669) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Sestieri von Kreta
Das venezianische Canea (Chania) im Jahr 1664

Nach dem Vierten Kreuzzug erwarb die Republik Venedig 1204 Kreta von Bonifaz von Montferrat fur den offiziellen Preis von 1.000 Silbermark . Noch wichtiger als das Geld war aber die Garantie des Dogen, dass Bonifatius im Gegenzug Gebiete des gleichen Werts in Griechenland bekam. [17] Damit begann die Periode der venezianischen Herrschaft, auch Venetokratie (Βενετοκρατ?α) genannt. Die Insel wurde zur wichtigsten venezianischen Kolonie . In sechs Provinzen, deren Namen den Stadtsechsteln ( sestieri ) der Mutterstadt entsprachen, siedelten rund 4000 Venezianer auf die Insel uber und nahmen Feudalguter in Besitz (unter anderen die Familie der Falier, aus welcher der venezianisch-kretische Dichter Marinos Phalieros stammte). [18] Doch die Kreter wehrten sich in etwa zehn Aufstanden, die sich das ganze 13. Jahrhundert durchzogen ? letztlich ohne Erfolg. Der großte Aufstand dauerte unter der Fuhrung von Alexios Kalergis von 1283 bis 1299. Zwischen katholischen Venezianern und orthodoxen Griechen herrschte ein strenges Heiratsverbot.

Zugleich unternahmen Genua und Byzanz (bzw. Nikaia) mehrere Versuche, die Insel zuruckzuerobern. Die Einwohnerzahl wuchs von rund 50.000 auf 200.000 an. Die Hauptstadt Candia wurde zu einem der wichtigsten Handelsrelais im ostlichen Mittelmeer. 1363?1366 rebellierten die venezianischen Siedler selbst gegen die harte Fiskal- und Handelspolitik der Mutterstadt ? ebenso erfolglos wie zuvor die griechischen Kreter.

Nach dem Fall Konstantinopels im Jahr 1453 flohen viele Festlandsgriechen nach Kreta; ab der Eroberung Zyperns durch die Osmanen 1570/71 war Kreta das großte verbliebene griechische Siedlungsgebiet außerhalb des Osmanischen Reiches . Die kulturelle Tradition von Byzanz wurde auf Kreta, gemischt mit italienischen Einflussen, noch 200 Jahre nach dem Fall Konstantinopels fortgefuhrt. Man spricht von der Byzantinischen Renaissance . Eine der bekanntesten Personlichkeiten dieser Periode war der Maler Dominikos Theotokopoulos, der in Spanien als El Greco (der Grieche) beruhmt wurde, jedoch auf Kreta als Ikonenmaler begonnen hatte.

Osmanische Herrschaft (1669?1897) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Von 1645 bis 1669 eroberte das Osmanische Reich im 6. Venezianischen Turkenkrieg als eine der letzten venezianischen Bastionen auch Kreta und leitete damit die Periode der Osmanischen Herrschaft, auch Turkokratie (Τουρκοκρατ?α) genannt, auf der Insel ein. Zuletzt fiel Candia nach mehr als zwanzigjahriger Belagerung .

Unter der Herrschaft der Osmanen konvertierten einige Kreter zum Islam . In den Stadten bildeten Muslime bald 70 % der Bevolkerung und die Christen waren in der Minderheit. Auf dem Land waren hingegen nur ein Viertel bis ein Drittel der Bevolkerung Muslime. [19] Widerstandler gegen die osmanische Herrschaft zogen sich in unwegsame Gebiete wie die Sfakia zuruck. Dort begann der erste kretische Aufstand gegen die turkischen Besatzer unter Daskalogiannis im Jahr 1770, er wurde jedoch blutig niedergeschlagen.

Ungefahre Verteilung der orthodoxen (blau) und der muslimischen (rot) Kreter im Jahr 1861

Nach dem Beginn der griechischen Freiheitskampfe auf dem Festland im Jahr 1821 erhoben sich die Kreter erneut, wurden jedoch 1824 von agyptischen Truppen niedergeschlagen. Weitere Aufstande wie die Einnahme der Festungsinsel Imeri Gramvousa (1825?1828) und die Tragodie vom Arkadi 1866 zeigten den Freiheitswillen der Kreter. 1866 wurden sie durch das italienisch-bulgarische Garibaldi -Bataillon unterstutzt.

Im Jahr 1896 rebellierte die griechisch-orthodoxe Bevolkerung wieder gegen die osmanische Herrschaft. Ein Eingreifen Griechenlands fuhrte zum Turkisch-Griechischen Krieg , der 1897 mit einer Niederlage Griechenlands endete. Im Friedensvertrag vom 4. Dezember 1897 erhielt Kreta auf Druck der europaischen Großmachte den Status eines internationalen Protektorats .

De-facto-Unabhangigkeit (1898?1913) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Flagge des Kretischen Staates
Kretische Briefmarke von 1901

Ab 1898 war Kreta de facto ein Staat unter der nur noch nominellen Oberhoheit des Sultans. De facto war die Insel ab 1898 ein britisch-franzosisch-russisch- italienisches Protektorat . Von 1897 bis 1899 verwalteten die vier Machte die Insel. Die vier Schutzmachte bildeten ein Beratungsgremium, das seinen Sitz zunachst in Rom hatte, und dessen Zustimmung in bestimmten Fragen der mit der Regierung der Insel betraute (griechische) Oberkommissar (Hochkommissar) einholen musste. Der letzte osmanische Generalgouverneur Georg Berowitsch Pascha , der bei den einheimischen Kretern beliebt war, ubergab dem ersten Hochkommissar Prinz Georg von Griechenland die Schlussel zur Festung von Chania. Als neues Staatsoberhaupt erhielt Prinz Georg seine formelle Bestatigung von Sultan Abdulhamid II. Griechenland hatte sich zuvor dem Osmanischen Reich gegenuber zu großen Reparationszahlungen verpflichtet. 1907 wurde der Sitz der alliierten Beratungskorperschaft nach Athen verlegt.

Vereinigung mit Griechenland (seit 1913) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

1913 wurde die Insel infolge des Ersten Balkankriegs mit Griechenland vereinigt. Nach dem Griechisch-Turkischen Krieg (1919?1922) und dem Vertrag von Lausanne wurde die muslimische Bevolkerung Kretas zwangsumgesiedelt. Auswahlkriterium bei dieser Vertreibung war primar die Religionszugehorigkeit, nicht die ethnische Zugehorigkeit, d. h. auch griechischstammige muslimische Familien wurden ausgewiesen. [20]

Abgeraumte turkische Grabsteine in Iraklio

Zweiter Weltkrieg [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wahrend des Zweiten Weltkrieges standen 1941 griechische, britische, australische und neuseelandische Truppen auf Kreta. Sie sollten die Insel gegen die Deutschen und Italiener halten, um die britische Schifffahrt im Mittelmeer zu sichern. Das gelang nicht, ab dem 20. Mai 1941 war Kreta Schauplatz des Unternehmens Merkur , der ersten großangelegten Luftlandeoperation im Zweiten Weltkrieg. Die deutschen Fallschirmjager konnten trotz schwieriger Rahmenbedingungen und hoher Verluste die alliierte Ubermacht bezwingen und die Insel erobern. Der anschließende Partisanenkampf, dem sich große Bevolkerungsteile anschlossen, fuhrte zu eskalierenden Kriegsverbrechen. So wurden auf Befehl des deutschen General der Flieger Kurt Student am 2. Juni 1941 die meisten mannlichen Bewohner des Ortes Kondomari erschossen und die Stadt Kandanos zerstort. Am 14. September 1943 wurden in der Gemeinde Viannos 500 Bewohner, zumeist Frauen und Kinder erschossen. Am 20. Mai 1944 umstellten Einheiten unter dem Befehl des deutschen Kommandanten der ? Festung Kreta“ General Bruno Brauer das judische Viertel (278 Mitglieder) der Stadt Chania . Fluchtende Einwohner wurden erschossen, alle anderen per Schiff nach Iraklio gebracht und zwei Wochen spater nach Griechenland deportiert. Der ehemals griechische Frachter Tanais (Danae) , der die uberlebenden Mitglieder der judischen Gemeinde zusammen mit Hunderten griechischer Geiseln und einigen italienischen Kriegsgefangenen nach Athen bringen sollte, wurde am 9. Juni 1944 von dem britischen U-Boot Vivid torpediert und sank. [21] [22] Nur vier der judischen Einwohner Chanias sollen uberlebt haben.

Plan des deutschen Uberfalls auf Kreta, Denkmal in Iraklio

Bis zum Herbst 1944 blieb die gesamte Insel unter deutscher Besatzung. (Ostkreta war bis zum Ausscheiden Italiens aus dem Achsenbundnis 1943 von italienischen Truppen besetzt.) Die letzten Soldaten des deutschen Kustenjagerregiments wurden erst einen Monat nach Kriegsende von den Alliierten in Chania entwaffnet. Wahrend der Besetzung kamen etwa 8000 Kreter bei Kampfen oder bei Massakern zu Tode. Bruno Brauer wurde nach Kriegsende an Griechenland uberstellt und zum Tode verurteilt. Mit dem ebenfalls wegen Kriegsverbrechen auf Kreta verurteilten General Friedrich-Wilhelm Muller wurde er am 20. Mai 1947 um 5 Uhr hingerichtet. Als bemerkenswert gilt ferner auch die Entfuhrung des deutschen Generals Heinrich Kreipe am 26. April 1944 von Kreta nach Agypten durch den britischen Special Operations Executive , in Zusammenarbeit mit Kretern.

21. Jahrhundert [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Uberblickswerke [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Theocharis E. Detorakis: Geschichte von Kreta , Th. Detorakis, Iraklio 1997 (aus dem Englischen von Johanna Ribow, Gregori Kapandaidakis). ISBN=960-90199-4-3
  • Klaus Gallas : Kreta. Von den Anfangen Europas bis zur kreto-venezianischen Kunst. 8. Auflage. DuMont, Koln 1995 (DuMont Dokumente. DuMont Kunst-Reisefuhrer) . ISBN 3-7701-1729-8

Neolithikum und Metallzeitalter [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Valasia Isaakidou, Peter Tomkins (Hrsg.): Escaping the Labyrinth. The Cretan Neolithic in Context , S. 201?228.
  • Yasemin Leylek: Offentliche Raume in der minoischen Kultur. Eine transdisziplinare Studie der offentlichen Sphare und sozialen Interaktion in der Bronzezeit . Dissertation Heidelberg 2013 ( Volltext )

Antike [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Mittelalter, Fruhe Neuzeit [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Byzanz [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Klaus Gallas , Klaus Wessel , Manolis Borboudakis: Byzantinisches Kreta , Hirmer, Munchen 1983, ISBN 3-7774-3240-7 (Reise und Studium) .
  • David Jacoby : Byzantine Crete in the Navigation and Trade Networks of Venice and Genoa , in: Laura Balletto (Hrsg.): Oriente e Occidente tra medioevo ed eta moderna. Studi in onore di Geo Pistarino , Genua 1997 (Universita degli Studi di Genova, Sede di Acqui Terme. Collana di Fonti e Studi, 1.1), S. 517?540, ND in: Ders.: Byzantium, Latin Romania and the Mediterranean , Aldershot 2001, no. II.

Venedig [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Charalambos Gasparis: L’arrivo dei Veneziani all’isola di Creta. Una nuova realta per la vita in campagna (XIII?XIV sec.) , in: N. Moschonas (Hrsg.): Due popoli-Una Storia, Studi di Storia Italo-Ellenica. Athen 1998, S. 39?47 (Ankunft der Venezianer; academia.edu )
  • Guido Candiani: Tra controllo del territorio e sorveglianza navale: la leva marittima veneziana a Creta, 1575-1645 , in: L. Antonielli, S. Levati (Hrsg.): Controllare il territorio. Norme, corpi e conflitti tra medioevo e prima guerra mondiale , Soveria Mannelli, 2013, S. 129?167. ( academia.edu )
  • Joshua Starr: Jewish Life in Crete Under the Rule of Venice , in: Proceedings of the American Academy for Jewish Research , Band 12, 1942, S. 59?114 (zur alteren Geschichte der judischen Gemeinden auf Kreta).
  • David Jacoby : Jews and christians in venetian Crete , in: Medieval Trade in the Eastern Mediterranean and Beyond , Routledge, London 2017, S. 239?275 ( academia.edu ).
  • Charalambos Gasparis (Hrsg.): Catastici Feudorum Crete: Catasticum sexterii Dorsoduri. 1227?1418 , 2 Bde., Athen 2004.
  • Charalambos Gasparis (Hrsg.): Catastici Feudorum Crete: Catasticum Chanee. 1314?1396 , Athen 2008. ( academia.edu )
  • Eva Stamoulou: Candia and the Venetian Oltremare. Identity and Visual Culture in the Early Modern Eastern mediterranean , PhD, Universitat Manchester, 2011. ( online , PDF)
  • Joelle Dalegre: Venise en Crete , Presses de l'Inalco, 2019.
  • Chryssa Maltezou: Creta veneziana nella storiografia greca , in: Ester Capuzzo, Bruno Crevato-Selvaggi (Hrsg.): Atti del VI convegno internazionale Venezia e il suo Stato da mar / Venice and its Stato da Mar, Venezia / Venice, 22-24 febbraio / February 2018 , Bretschneider, Societa Dalmata di Storia Patria, Rom 2019, S. 18?26. ( online , PDF)

Kunst und Architektur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Marta Lorenzon: Religious Architecture in Crete: Materiality and Identities between the Venetian and Ottoman Rule , in: Journal of Greek Archaeology 3 (2018) 341?358.

Jungere Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Marlen von Xylander: Die deutsche Besatzungsherrschaft auf Kreta 1941?1945 (= Einzelschriften zur Militargeschichte. Band 32). Rombach, Freiburg 1989, ISBN 3-7930-0192-X .

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Geschichte Kretas  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Gerard D. Gierli?ski, Grzegorz Nied?wiedzki, Martin G. Lockley, Athanassios Athanassiou, Charalampos Fassoulas, Zofia Dubicka, Andrzej Boczarowski, Matthew R. Bennett, Per Erik Ahlberg: Possible hominin footprints from the late Miocene (c. 5.7 Ma) of Crete? Proceedings of the Geologists’ Association, 31. August 2017, abgerufen am 12. Oktober 2017 (englisch).
  2. Gab es schon Vormenschen auf Kreta? Scinexx , 4. September 2017, abgerufen am 12. Oktober 2017 .
  3. Nadja Podbregar: Fußspuren eines Vormenschen auf Kreta? wissenschaft.de , 4. September 2017, abgerufen am 13. September 2019 .
  4. Thorwald Ewe: Es rauscht im Stammbusch . In: Bild der Wissenschaft . Nr.   12/2017 . Konradin, 2017, ISSN   0006-2375 , S.   11 .
  5. John Noble Wilford: On Crete, New Evidence of Very Ancient Mariners. ( Memento vom 18. Februar 2010 im Internet Archive ) The New York Times , 15. Februar 2010.
  6. Thorwald Ewe: Das Ratsel der drei Inseln . In: Bild der Wissenschaft . Nr.   06/2011 . Konradin Mediengruppe , Leinfelden-Echterdingen Juni 2011, Fall Nummer zwei: Kreta, S.   58/59 .
  7. Sebastian Witte, Stefanie Peters: Der Weg in die Welt . In: GEOkompakt . Nr.   24 . Gruner + Jahr, Hamburg August 2010, S.   6 .
  8. Thorwald Ewe: Das Ratsel der drei Inseln . In: Bild der Wissenschaft . Nr.   06/2011 . Konradin Mediengruppe, Leinfelden-Echterdingen Juni 2011, Fall Nummer zwei: Kreta, S.   56/57 .
  9. Thomas F. Strasser u. a.: Stone age seafaring in the Mediterranian. (PDF 3,39 MB) Hesperia 79 (2010) ? The Journal of the American School of Classical Studies at Athens, abgerufen am 18. Juni 2011 (englisch).
  10. Petros Drineas, Fotis Tsetsos, Anna Plantinga, Iosif Lazaridis, Evangelia Yannaki, Anna Razou, Katerina Kanaki, Manolis Michalodimitrakis, Francisco Perez-Jimenez, Giustina De Silvestro, Maria C. Renda, John A. Stamatoyannopoulos, Kenneth K. Kidd, Brian L. Browning, Peristera Paschou, George Stamatoyannopoulos: Genetic history of the population of Crete. In: Annals of Human Genetics 83 (2019), S. 373?388, hier: S. 374 ( online , PDF).
  11. Stefan Link : Das griechische Kreta: Untersuchungen zu seiner staatlichen und gesellschaftlichen Entwicklung vom 6. bis zum 4. Jahrhundert v. Chr. Stuttgart 1994, S. 23 f.
  12. Livius: Ab urbe condita . Epitome Buch 100.
  13. Michael Wilhelm Weithmann: Slaven auf der griechischen Halbinsel. Tofenik 1978, S. 27 und S. 147 bezieht sich auf die Chronik des Thomas Presbyter von Emesa aus dem 7. Jahrhundert (E. W. Brooks, I. B. Chabot (Hrsg.): Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium . Lowen 1907, 115). Hingegen sprechen ihnen Klaus Gallas , Klaus Wessel, Manolis Borboudakis: Byzantinisches Kreta , Hirmer, 1983, S. 16, jede Siedlungsintention ab, sondern halten sie fur Plunderer.
  14. Petros Drineas, Fotis Tsetsos, Anna Plantinga, Iosif Lazaridis, Evangelia Yannaki, Anna Razou, Katerina Kanaki, Manolis Michalodimitrakis, Francisco Perez-Jimenez, Giustina De Silvestro, Maria C. Renda, John A. Stamatoyannopoulos, Kenneth K. Kidd, Brian L. Browning, Peristera Paschou, George Stamatoyannopoulos: Genetic history of the population of Crete. In: Annals of Human Genetics 83 (2019), S. 373?388, hier: S. 385 ( online , PDF).
  15. V. Christides: The conquest of Crete by the Arabs (ca. 824). A turning point in the struggle between Byzantium and Islam . Athen 1984, S. 81?84.
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