Georg Friedrich Ludwig zu Nassau-Siegen
, genannt ?Fritz“, (*
23. Februar
1606
in
Dillenburg
; †
2. Oktober
1674
in
Bergen op Zoom
) war Graf von
Nassau-Siegen
(ab
1664
: Furst von Nassau-Siegen), Graf zu Katzenelnbogen, Vianden und Diez, Herr zu Beilstein.
Georg Friedrich war der Sohn von
Johann VII. von Nassau-Siegen
(1561?1623) und seiner zweiten Frau Prinzessin
Margaretha zu Schleswig-Holstein-Sonderburg
(1583?1658). Er hatte zwolf Geschwister sowie zwolf Halbgeschwister aus der ersten Ehe seines Vaters. Sein bekanntester Bruder war
Johann Moritz von Nassau-Siegen
(?Der Brasilianer“) (1604?1679), eine seiner Schwestern
Amalia Magdalena von Nassau-Siegen
(1613?1669).
Georg Friedrich war Soldat und wurde am 19. November 1627 Hauptmann der Infanterie der
Republik der Sieben Vereinigten Niederlande
. Am 3. Januar 1633 wurde er Rittmeister bei der Kavallerie. Am 9. Januar 1637 kehrte er als Major zur Infanterie zuruck, bei der er am 8. Januar 1642 Oberst wurde.
Georg Friedrich war vom 30. Oktober 1648 bis 1658 Statthalter von
Rheinberg
. Am 25. Oktober 1658 wurde er Gouverneur von Bergen op Zoom. 1651 wurde er Ritter des hochsten Ordens Danemarks, dem ?
Riddere af Elefantordenen
“.
Er heiratete am 4. Juni 1647 in
's-Gravenhage
(heute:
Den Haag
) Prinzessin
Mauritia Eleonora von Portugal
(1609?1674). Die Ehe blieb kinderlos.
Nach dem Tod des Vaters 1623 entbrannte ein jahrzehntelanger Streit um die Grafschaft
Nassau-Siegen
, der sich mitten in den Wirren des
Dreißigjahrigen Krieges
abspielte. Georg Friedrich war an diesen Auseinandersetzungen zunachst kaum beteiligt, da sie sich vorwiegend unter seinen alteren Brudern abspielte. Diese unterhielten zwar Hofhaltungen in
Siegen
und Umgebung, weilten aber als Offiziere in auslandischen Diensten ebenfalls meist auf Kriegsschauplatzen.
Johann VII. hatte ursprunglich seinen altesten Sohn
Johann Ernst
als Haupterben der Grafschaft vorgesehen. Nachdem dieser 1617 als venezianischer General gefallen war, beanspruchte sein nachstjungerer Bruder
Johann (VIII.)
das vaterliche Erbe. Dieser war jedoch bereits 1612 katholisch geworden. Um sein Erbe abzusichern und den Vater zu beruhigen, unterzeichnete er am 31. Dezember 1617 eine
Assekurationsakte
, in der er zusagte, die reformierte Konfession im Land bei einem Regierungsantritt nicht anzutasten.
[1]
1621 verfugte Johann VII. aber aus Sorge um das
reformierte
Bekenntnis eine Teilung seines Landes in drei Stammteile. Nach diesem neuen Testament sollte der Sohn Johann VIII. ein Drittel der Grafschaft erhalten, wahrend je ein weiteres Drittel an seinen Bruder
Wilhelm
und an seinen Halbbruder
Johann Moritz
fallen sollten, die beide Calvinisten waren. Johann VIII. sollte dabei das
Obere Schloss
in Siegen, Johann Moritz das
Untere Schloss
und Wilhelm das Amt
Hilchenbach
, die Burg
Ginsburg
und die
Wilhelmsburg
erhalten. Die Stadt Siegen sollte Kondominat aller drei Bruder werden, die auch gemeinschaftlich die Stimmfuhrung auf der
Westfalischen Grafenbank
des
Reichstags
ausuben sollten. Die anderen Sohne zweiter Ehe, darunter Georg Friedrich, sollten nicht an der Regierung beteiligt werden.
Nach dem Tod des Vaters 1623 usurpierte Johann VIII. aber mit Hilfe kaiserlicher Truppen, deren General er war, die gesamte Grafschaft.
Kaiser Matthias
unterstutzte ihn, indem er das Testament von 1621 fur ungultig erklarte. Mit Hilfe von
Jesuiten
aus Koln begann Johann VIII. die
Rekatholisierung
der Grafschaft. Wahrend Johann VIII. auf der spanischen Seite in den Niederlanden und Frankreich kampfte, besetzen 1632
schwedische
Truppen die Grafschaft. Der Alteste aus der zweiten Ehe,
Johann Moritz
, der im Dienst der protestantischen
Republik der Vereinigten Niederlande
stand und 1623 von Johann VIII. um sein Erbteil geprellt worden war, nutzte die Gelegenheit, die Macht in der Grafschaft zu ergreifen. Er vertrieb auch sogleich die Jesuiten aus Siegen. 1636 ging er jedoch als Generalgouverneur nach
Niederlandisch-Brasilien
und gleichzeitig wendete sich das Kriegsgluck wieder zugunsten der Kaiserlichen, sodass Johann VIII. die Grafschaft wieder in Besitz nehmen und dort seine Rekatholisierung mit Gewalt wiederaufnehmen konnte. 1638 starb Johann VIII., wahrend seine Witwe
Ernestine von Ligne
mit ihrem minderjahrigen Sohn
Johann Franz Desideratus
auf Schloss
Ronse
in Flandern lebte, von wo aus sie die Grafschaft fortan verwalten ließen.
Nach der Ruckkehr von Johann Moritz aus Brasilien (1644/45) entbrannte vor dem
Reichshofrat
in
Wien
eine hitzige Debatte um die widerspruchlichen Verfugungen und Testamente Johanns VII. Schlussendlich ratifizierte Kaiser
Ferdinand III.
1648 das umstrittene Testament von 1621 und besiegelte damit die Dreiteilung der ohnehin schon kleinen Grafschaft. Damit blieb ein Drittel (mit dem Oberen Schloss) bei Johann Franz Desideratus als Erbe seines Vaters, ein Drittel (mit dem Unteren Schloss) ging an Johann Moritz und eines wurde fur
Wilhelm
bestatigt. Dieser war jedoch bereits 1642 verstorben und seine beiden Sohne ohne Nachfahren vor ihm. Daher hatte Johann Moritz nach Wilhelms Tod 1642, auf den Konfessionszweck das vaterlichen Testaments sich stutzend, von Wilhelms Stammteil Besitz ergriffen und seinen eigenen Anteil seinem jungeren Bruder Georg Friedrich vertraglich uberlassen. Somit erfolgte 1648 eine Drittelung der Grafschaft zwischen Johann Franz Desideratus und Johann Moritz, die beide 1652 in den
Reichsfurstenstand
erhoben wurden, sowie Georg Friedrich, der erst 1664 den Furstenhut erhielt.
Als Georg Friedrich 1674 kinderlos starb, eignete Johann Moritz sich unter dem Vorwand, dass er der Bruder, Johann Franz Desideratus aber nur der Neffe des Verstorbenen sei, den ganzen Stammteil von Georg Friedrich an. Diesen hinterließ er 1679, samt seiner eigenen Erbportion, testamentarisch dem Sohn seines 1652 verstorbenen Bruders Heinrich,
Wilhelm Moritz von Nassau-Siegen
(1649?1691), der damit zwei Drittel der Grafschaft in Besitz nahm.
[2]
Jedoch war sein Alltag fortan mit Auseinandersetzungen mit der katholischen Linie ausgefullt.
[3]
- ?Mijn Heere den Prins, GEORGH-FREDERICH, Furst van Nassauvv, Grave van Catzenelnboge, Vyanden ende Diest, Heer tot Bielsteyn, Ridder van den Elephant, en Collonel van een Regiment Peerden. Die Godt wil geven een voorspoedige en vreedzame Regeeringe.“ ? Memorandum aus der Druckerei von Hieronymus Canin in Bergen op Zoom, 1664
- Jorgen Pedersen:
Riddere af Elefantordenen 1559?2009
. Odense Universitetsforlag 2009, Danemark.
- ↑
Ernst Joachim:
Johann VIII
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 266?268.
- ↑
Johann Franz Desideratus
, in: “Der Rheingau”, 5. Band: Mittelrhein, 214, S. 775
- ↑
Rouven Pons:
Begegnung mit vielen Unbekannten. Die reformierte Linie des Hauses Nassau-Siegen
, in: Nassauische Annalen 131/2020, S. 97?130