Dieser Artikel befasst sich mit dem Politiker Fritz Schaffer. Zu anderen Personen siehe
Friedrich Schaffer
.
Friedrich ?Fritz“ Hermann
[1]
Schaffer
(*
12. Mai
1888
in
Munchen
; †
29. Marz
1967
in
Berchtesgaden
) war ein
deutscher
Politiker
(
BVP
und
CSU
).
Er war 1945 der erste
Bayerische Ministerprasident
nach dem Zweiten Weltkrieg. Von 1949 bis 1957 war er
Bundesminister der Finanzen
und von 1957 bis 1961
Bundesminister der Justiz
.
Fritz Schaffer wurde am 12. Mai 1888 als Sohn des spateren Postamtsdirektors Gottfried Schaffer und dessen Frau Amalie, geb. Mayr, in Munchen geboren. Er besuchte die katholische Volksschule in
Ingolstadt
und das humanistische Gymnasium in
Neuburg an der Donau
und Munchen. Nach dem
Abitur
1907 in Munchen absolvierte Schaffer ein Studium der
Rechts- und Staatswissenschaften
in Munchen, welches er 1911 mit dem ersten und 1916 mit dem zweiten juristischen
Staatsexamen
beendete. Er wurde 1908
[2]
Mitglied der
Studentenverbindung
Apollo
(heute
Munchener Burschenschaft Franco-Bavaria
).
Im
Ersten Weltkrieg
meldete er sich 1914 als
Kriegsfreiwilliger
und diente als Soldat im
Koniglich Bayerischen Infanterie-Leib-Regiment
und im
Koniglich Bayerischen 15. Infanterie-Regiment ?Konig Friedrich August von Sachsen“
an der Front. 1917 wurde er wegen eines Schockzustands aus dem Militardienst entlassen.
Schaffer wurde Assessor im
bayerischen Innenministerium
, 1918 Bezirksamtsassessor in
Kelheim
und 1920 Oberregierungsrat im
Ministerium fur Unterricht und Kultus
.
Infolge der
Machtubernahme der Nationalsozialisten
wurde Schaffer aus dem Staatsdienst entlassen und am 26. Juni 1933 verhaftet. Nach seiner Freilassung 1934 wurde er als
Rechtsanwalt
zugelassen. Nach dem
Attentat vom 20. Juli 1944
wurde er im Rahmen der
Aktion Gitter
erneut verhaftet und in das
Konzentrationslager Dachau
eingeliefert.
Von 1918 bis zu ihrer Auflosung 1933 war Schaffer Mitglied der Bayerischen Volkspartei (BVP). 1918 grundete er den BVP-Ortsverband Kelheim. Ab 1929 war er Vorsitzender der BVP.
1945 gehorte Schaffer zu den Mitbegrundern der CSU und wurde deren Vorsitzender in Munchen. Von 1946 bis Anfang 1948 untersagte ihm die Militarregierung jede politische Tatigkeit. Im Januar 1948 wurde er CSU-Bezirksvorsitzender von
Oberbayern
, trat jedoch wegen eines innerparteilichen Fuhrungsstreits am 14. September 1948 aus der CSU wieder aus. Zuvor hatte er mit der
Bayernpartei
uber einen Ubertritt des gesamten CSU-Bezirksverbandes Oberbayern zur BP verhandelt. Die Verhandlungen scheiterten jedoch am radikal-bayerischen Flugel der BP um
Ludwig Lallinger
und
Jakob Fischbacher
. So wurde Schaffer 1949 erneut Mitglied der CSU, in der er den ?bayerisch-etatistisch-katholischen“ Flugel reprasentierte, wahrend der ?liberal-konservativ-interkonfessionelle“ Flugel von
Josef Muller
angefuhrt wurde.
Von 1920 bis 1933 war Schaffer fur den Wahlkreis
Kelheim
-
Mainburg
-
Rottenburg
Mitglied des
Bayerischen Landtages
.
Von 1949 bis 1961 war er
Mitglied des Deutschen Bundestages
. Hier war er von 1. September bis zum 20. September 1949 stellvertretender Vorsitzender
CDU/CSU-Bundestagsfraktion
und daneben vom 7. bis zum 20. September 1949 Vorsitzender der CSU-Landesgruppe.
Fritz Schaffer zog stets als direkt gewahlter Abgeordneter des
Wahlkreises Passau
in den
Bundestag
ein. Aus Altersgrunden kandidierte er bei der
Bundestagswahl 1961
nicht mehr.
Vom 16. September 1931 bis 16. Marz 1933 war Schaffer als
Staatsrat
mit der Fuhrung der Geschafte des bayerischen Finanzministeriums beauftragt.
Vom 28. Mai bis zum 28. September 1945 war er der erste, von der amerikanischen Militarregierung eingesetzte,
Bayerische Ministerprasident
nach dem
Zweiten Weltkrieg
. In dieser Zeit leitete er auch das
Bayerische Finanzministerium
. Kurz nach der Ablosung des Militargouverneurs
George S. Patton
wurde auch Schaffer als bayerischer Ministerprasident abgesetzt. Die amerikanische Militarregierung begrundete dies damit, dass Schaffer den offentlichen Dienst nicht ausreichend von ehemaligen NSDAP-Parteimitgliedern gesaubert habe.
[3]
Am 20. September 1949 wurde Fritz Schaffer als erster
Bundesminister der Finanzen
in das Kabinett von
Bundeskanzler
Konrad Adenauer
berufen. Er ist der einzige Finanzminister, der ein Guthaben ansparte, das man scherzhaft
Juliusturm
nannte. Nach der
Bundestagswahl 1957
wechselte er am 29. Oktober 1957 ins
Bundesministerium der Justiz
. Da er mit der Bundestagswahl 1961 die Politik verlassen wollte, schied er am 14. November 1961 aus der
Bundesregierung
aus.
Wahrend Schaffers Tatigkeit als Finanzminister kam es im Zuge der
Deutschen Wiedergutmachungspolitik
zu Auseinandersetzungen mit dem SPD-Abgeordneten
Adolf Arndt
, die in die Geschichtswissenschaft auch als ?Affare Schaffer“
[4]
eingingen. Arndt kritisierte in verschiedenen Bundestagsdebatten des Jahres 1954
[5]
die Wiedergutmachungspolitik der Regierung. Schaffer warf er unter anderem nicht nur personlich verschuldete Verzogerung der Bearbeitung vor, sondern vor allem die ungerechte Verteilung. Statt Verfolgte des NS-Staates zu versorgen, habe man Angehorige der
Legion Condor
oder den NS-Ideologen
Otto Koellreutter
aus ?Steuergeldern einer schafsgeduldigen Demokratie“
[4]
mit den hoheren Zahlungen versehen. In diesem Zusammenhang sprach Arndt auch von dem ?Leidensweg der Wiedergutmachung und dem faulen Klima unserer Innenpolitik“.
- Otto Altendorfer:
Fritz Schaffer als Politiker der Bayerischen Volkspartei 1888?1945
. Hanns-Seidel-Stiftung, Munchen 1993,
ISBN 3-88795-750-4
(Dissertation an der Universitat Passau 1990).
- Otto Altendorfer:
Fritz Schaffer (1888?1967). Bayerischer Ministerprasident, Bundesfinanzminister
. In:
Gunter Buchstab
, Brigitte Kaff,
Hans-Otto Kleinmann
(Hrsg.):
Christliche Demokraten gegen Hitler. Aus Verfolgung und Widerstand zur Union
. Herausgegeben im Auftrag der
Konrad-Adenauer-Stiftung
. Herder, Freiburg im Breisgau 2004,
ISBN 3-451-20805-9
, S. 422?429.
- Karl-Ulrich Gelberg:
Fritz Schaffer.
In:
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
(BBKL). Band 8, Bautz, Herzberg 1994,
ISBN 3-88309-053-0
, Sp. 1548?1559
(
Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive
)
.
- Christoph Henzler:
Fritz Schaffer 1945?1967: Eine biographische Studie zum ersten bayerischen Nachkriegs-Ministerprasidenten und ersten Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland
. Hanns-Seidel-Stiftung, Munchen 1994,
ISBN 3-88795-751-2
(Dissertation an der Universitat Munchen 1991).
- Franz Menges
:
Schaffer, Fritz.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005,
ISBN 3-428-11203-2
, S. 516?518 (
Digitalisat
).
- Franz Menges:
Fritz Schaffer (1888-1967).
In:
Jurgen Aretz
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Rudolf Morsey
,
Anton Rauscher
(Hrsg.):
Zeitgeschichte in Lebensbildern, Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts
, Band 6, Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Munster 1984,
ISBN 978-3-402-06112-1
, S. 139?152
(Digitalisat
).
- ↑
Fritz Schaffer, Geschichte der CDU, Konrad-Adenauer-Stiftung
. In:
Konrad-Adenauer-Stiftung
. (
kas.de
[abgerufen am 1. November 2017]).
- ↑
Helge Dvorak:
Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft.
Band I:
Politiker.
Teilband 5:
R?S.
Winter, Heidelberg 2002,
ISBN 3-8253-1256-9
, S. 184?186.
- ↑
Haus der bayerischen Geschichte: Bayern nach dem II. Weltkrieg
- ↑
a
b
Kurt R. Grossmann:
Die Ehrenschuld. Kurzgeschichte der Wiedergutmachung.
Frankfurt a. M. 1967. S. 235 ff.
- ↑
28. Mai 1954; 15. Oktober 1954; 21. Oktober 1954.
- ↑
Matthias Freitag:
Regensburger Straßennamen
. Mittelbayerische Verlagsgesellschaft mbH, Regensburg 1997,
ISBN 3-931904-05-9
,
S.
56
.
Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland
Fritz Schaffer
(CSU, 1949?1957)
|
Franz Etzel
(CDU, 1957?1961)
|
Heinz Starke
(FDP, 1961?1962)
|
Rolf Dahlgrun
(FDP, 1962?1966)
|
Kurt Schmucker
(CDU, 1966)
|
Franz Josef Strauß
(CSU, 1966?1969)
|
Alex Moller
(SPD, 1969?1971)
|
Karl Schiller
(SPD, 1971?1972)
|
Helmut Schmidt
(SPD, 1972?1974)
|
Hans Apel
(SPD, 1974?1978)
|
Hans Matthofer
(SPD, 1978?1982)
|
Manfred Lahnstein
(SPD, 1982)
|
Gerhard Stoltenberg
(CDU, 1982?1989)
|
Theo Waigel
(CSU, 1989?1998)
|
Oskar Lafontaine
(SPD, 1998?1999)
|
Werner Muller
(parteilos, komm. 1999)
|
Hans Eichel
(SPD, 1999?2005)
|
Peer Steinbruck
(SPD, 2005?2009)
|
Wolfgang Schauble
(CDU, 2009?2017)
|
Peter Altmaier
(CDU, komm. 2017?2018)
|
Olaf Scholz
(SPD, 2018?2021)
|
Christian Lindner
(FDP, seit 2021)
Justizminister der Bundesrepublik Deutschland
Thomas Dehler
(FDP, 1949?1953)
|
Fritz Neumayer
(FDP, 1953?1956)
|
Hans-Joachim von Merkatz
(DP, 1956?1957)
|
Fritz Schaffer
(CSU, 1957?1961)
|
Wolfgang Stammberger
(FDP, 1961?1962)
|
Ewald Bucher
(FDP, 1962?1965)
|
Karl Weber
(CDU, 1965)
|
Richard Jaeger
(CSU, 1965?1966)
|
Gustav Heinemann
(SPD, 1966?1969)
|
Horst Ehmke
(SPD, 1969)
|
Gerhard Jahn
(SPD, 1969?1974)
|
Hans-Jochen Vogel
(SPD, 1974?1981)
|
Jurgen Schmude
(SPD, 1981?1982)
|
Hans A. Engelhard
(FDP, 1982?1991)
|
Klaus Kinkel
(FDP, 1991?1992)
|
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
(FDP, 1992?1996)
|
Edzard Schmidt-Jortzig
(FDP, 1996?1998)
|
Herta Daubler-Gmelin
(SPD, 1998?2002)
|
Brigitte Zypries
(SPD, 2002?2009)
|
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
(FDP, 2009?2013)
|
Heiko Maas
(SPD, 2013?2018)
|
Katarina Barley
(SPD, 2018?2019)
|
Christine Lambrecht
(SPD, 2019-2021)
|
Marco Buschmann
(FDP, seit 2021)
Vorsitzende der CSU-Landesgruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion