Friedrich Wilhelm Taube,
seit 25. April 1777
Friedrich Wilhelm von Taube
(*
12. Marz
1728
in
London
; †
16. Juni
1778
in
Wien
), war ein deutscher Verwaltungsbeamter in
Osterreich
.
Friedrich Wilhelm von Taube war der Sohn des
Mediziners
Christian Ernst Taube († 1742). Seine Geschwister waren:
- Sophia Eleonora Taube (* 1716);
- Margaretha Johannata Taube (* 1719);
- Johann Daniel Taube
(* 4. Marz 1725 in
Celle
; † 8. Dezember 1799 ebenda).
1769 heiratete Friedrich Wilhelm von Taube die sechzehnjahrige Fanny (* 1753), Tochter des vom kaiserlichen Hof nach Wien berufenen Baumeisters Thomas Lightowler.
Sein Vater war
Leibarzt
der
Konigin
Caroline Wilhelmine
, die mit Konig
Georg II.
von England verheiratet war. Als sie am 1. Dezember 1737 verstarb, wurde die arztliche Begleitung bei ihrer letzten Krankheit so heftig kritisiert, dass sein Vater beschloss, noch im gleichen Monat mit der ganzen Familie von London nach
Celle
umzusiedeln.
Ein Jahr nach dem Tod seines Vaters
immatrikulierte
Friedrich Wilhelm Taube sich 1743 im Alter von funfzehn Jahren an der
Universitat Gottingen
und studierte dort bis 1747
Rechtswissenschaften
; er horte unter anderem die
Vorlesungen
von
Johann Christian Claproth
,
Christian Ludwig Scheidt
und
Georg Ludwig Bohmer
.
Nach dem Studium unternahm er weit ausgedehnte Reisen, die ihn bis nach
Afrika
und
Amerika
fuhrten. Im Anschluss an diese ließ er sich, vermutlich von der juristischen Fakultat der Universitat Gottingen zum
Dr. jur.
erklaren und beim
Oberappellationsgericht Celle
prufen und als
Advokat
vereidigen.
Er wurde Rechtsanwalt in
Hannover
, trat dann aber 1754 in die Dienste des
Reichshofrats
Freiherr
von
Hammerstein
, bevor er 1756 in die Dienste des kaiserlichen
Feldmarschalls
Philipp Ludwig Freiherr von
Moltke
(† 1780) in Wien trat; dies hatte zur Folge, dass er fur kurze Zeit als Freiwilliger in der
osterreichischen Armee
diente. Nachdem er in der
Schlacht bei Kolin
leicht verwundet worden war, kehrte er bald darauf in seine fruhere Stellung zuruck und
konvertierte
zum
katholischen
Glauben. Er erstellte ein umfangreiches Gutachten uber die Verteidigung der Gerichtsfreiheiten, die auf der Herrschaft
Wulften
hafteten, die sich im Besitz der Familie Moltke befand;
[1]
allerdings erschien die Schrift erst 1766. Das Gutachten umfasste eine zahlreiche Menge von Urkunden und weiteren
Deduktionen
und Beweisstucken, die sich auf die Verfassung Deutschlands im Mittelalter bezogen.
1763 begleitete er aufgrund seiner englischen Sprachkenntnisse
Graf
Christian August Seilern
, der als kaiserlicher
Botschafter
nach London ging, als
Privatsekretar
. Er nutzte seinen Aufenthalt in England zu einer Schrift in englischer Sprache, die 1766 erschien, uber die britischen
Kolonien
in
Nordamerika
und deren Verhalten gegenuber dem Mutterland. Wahrend seines Aufenthaltes in England machte er unter anderem die Bekanntschaft mit dem
Uhrmacher
John Harrison
.
Als 1764 der kaiserliche konigliche Gesandtschaftssekretar in London, Freiherr von Locella, nach
Kopenhagen
gesandt wurde, sollte Taube sein Nachfolger werden, allerdings wies Botschafter Seilern
Kaiserin
Maria Theresia
darauf hin, dass Taube ein geborener
Untertan
des englischen Konigs sei, und so wurde er nur mit der Verwaltung des Gesandtschaftssekretariats beauftragt.
Am 31. Juli 1766 schrieb er an den Ratsprasidenten Patrice Francois de Neny (1716?1784) in Brussel, dessen Bekanntschaft er zuvor in London gemacht hatte und dessen Bruder Corneille Neny (1718?1776) geheimer Kabinettssekretar von
Maria Theresia
in Wien war, einen Brief uber die politischen Verhaltnisse, uber die Ansichten des neu ernannten britischen Ministeriums und uber die Gefahren, welche fur Osterreich daraus erwachsen konnten, wenn es seine Allianz mit Frankreich gegen die mit England eintauschen wurde. Durch Zufall erhielt Graf
Johann Karl Philipp Graf Cobenzl
, der Kammerer und bevollmachtigter
Staatsminister
bei dem
Statthalter
Karl Alexander von Lothringen
in den
osterreichischen Niederlanden
war, den Brief. Weil dieser vermutete, Taube maße sich eine Stellungnahme an, die ihm angesichts seiner niedrigen Stellung nicht zustehe, leitete er den Brief an den
Staatskanzler
Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg
weiter. Der Staatskanzler schloss sich der Meinung von Cobenzl an, aber weil der Brief an einen osterreichischen Staatsdiener und nicht gegen einen Fremden gerichtet war, sehe er in Taube auch keinen ?meineidigen Verrater“. Der Staatskanzler wandte sich an den Botschafter Seilern und teilte diesem mit, dass die Handlung von Taube straflich gewesen sei, weil er den Brief ohne Vorwissen und Auftrag des Botschafters geschrieben habe, und dass, damit sich der Vorfall nicht wiederhole, Taube zu einer freiwilligen Ruckkehr nach Osterreich bewegt werden solle.
Bei seiner Ankunft in Wien am 8. November 1766 hatte Taube eine Empfehlung des Botschafters dabei, aus der hervorging, dass er nicht von ?bosem Willen“ geleitet worden sei, ein ?gutes und ehrliches Gemuth“ besitze und der Botschafter eine nachsichtige Behandlung empfahl. Dies hatte zur Folge, dass Taube, der bis dahin in einem privaten Dienstverhaltnis gestanden hatte, eine Staatsanstellung erhielt und zum Hofsekretar beim kaiserlichen Hofkommerzienrat, der fur die Wirtschaftsverwaltung zustandig war, ernannt wurde.
1776 wurde der Hofkommerzienrat aufgehoben und danach verwendete Kaiser
Joseph II.
Taube in schwierigen politischen Missionen in
Siebenburgen
und in
Slawonien
, wo er in
Karlowitz
das neue
Reglement
in der
Synode
der
serbisch-orthodoxen Kirche
durchsetzte; spater wurde er ins
Temeswarer Banat
und nach
Belgrad
gesandt.
Im Marz 1777 erfolgte seine Ernennung zum Rat bei der
niederosterreichischen
Landesregierung; am 25. April 1777 wurde er in den osterreichischen
Ritterstand
erhoben
[2]
.
Friedrich Wilhelm von Taube veroffentlichte 1747 seine erste Schrift uber die vermeintlichen Widerspruche zwischen dem Zivil- und dem Naturrecht.
Er publizierte verschiedene Schriften, unter anderem uber die Geschichte und den damaligen Zustand der
Schifffahrt
, der
Manufakturen
und der auf die Kolonien bezuglichen Einrichtungen Englands; dazu veroffentlichte er verschiedene Aufsatze in dem
Magazin fur Historiographie und Geographie
von
Anton Friedrich Busching
, mit dem er auch eng befreundet war. Nach seiner Teilnahme an der Synode in Karlowitz verfasste er seine Wahrnehmungen wahrend der Reise in einer Schrift, in der er eine historische und geografische Beschreibung des
Konigreichs Slawonien
darlegte ? ein Quellenwerk, auf das auch heute noch zugegriffen wird.
- De differentiis juris civilis a jure naturae
. 1747.
- Toughts on te present state of our colonies in North America, on their Behaviour to ther Mother Country, and on the true interest of the nation in regard of the colonies
. London 1766.
- Grundliche Vertheidigung der Ober- und Untergerichtsfreyheiten und anderer Hoheitsrechte, welche auf der uralten westphalischen Veste,der nur seit ohngefahr drittehalbhundert Jahren her sich zum Hochstift Osnabruck haltenden Burg zu Wulften, unlaugbar haften, und so nachher von allen osnabruckischen Herren Bischofen, oder deren Regierungen und Beamten, als rechtmaßig erkannt
. Wien, bey Kurzbock, 1766.
- Tableau historique et politique du commerce d'Angleterre, tel qu'ilfuren
. 1772.
- Anfrage an das deutsche Publikum, die Handelsbilanz zwischen Deutschland und England betreffend
. Hamburg und Frankfurt am Mayn 1773.
- Antwort auf die Anfrage an das deutsche Publikum, die Handelsbilanz zwischen Deutschland und England betreffend
. 1774.
- Historische und politische Abschilderung der englandischen Manufacturen, Handlung, Schiffahrt und Colonien, nach ihrer jetzigen Einrichtung und Beschaffenheit theils aus eigner Erfahrung, theils aus zuverlaßigen und glaubwurdigen, sowohl schriftlichen als mundlichen Nachrichten, im Grundriß entworfen
. Wien 1774.
- Geschichte der englandischen Handelschaft, Manufacturen, Colonien und Schiffahrt, indenalten, mittlern und neuern Zeiten, bis auf das laufende Jahr 1776
. 1776.
- Abschilderung der Englandischen Manufacturen, Handlung, Schifffahrt und Colonien, nach ihrer jetzigen Einrichtung und Beschaffenheit
. Wien: Kraus, 1777.
- Historische und geographische Beschreibung des Konigreichs Slawonien, und des Herzogthums Syrmien, sowohl nach ihrer naturlichen Beschaffenheit, als auch nach ihrer jetzigen Verfassung und neuern Einrichtung in kirchlichen, burgerlichen und militarischen Dingen
.
[3]
- Critische Nachricht von unterschiedlichen neuen Entdeckungen, welche 1776 und 1777 in Slawonien, Syrmien, und in den angranzenden Landern gemacht sind, und sowohl die Alterthumer als auch die Naturgeschichte betreffen
. Leipzig 1777.
- Beschreibung der Stadte und Oerter in Slowonien
. 1778
- ↑
Holzhausen in alten Tagen | Teil 3 - Holzhauser leben!
Abgerufen am 7. April 2020
.
- ↑
Neues allgemeines Deutsches Adels-lexicon im Vereine mit mehreren Historikern
. Voigt, 1870 (
google.de
[abgerufen am 9. April 2020]).
- ↑
Barbara Schmidt-Haberkamp:
Europa und die Turkei im 18. Jahrhundert
. V&R unipress GmbH, 2011,
ISBN 978-3-89971-795-2
(
google.de
[abgerufen am 8. April 2020]).