Friedhof

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Kirche mit Friedhof
Fur das Domkapitel reservierter Bereich auf dem Wiener Zentralfriedhof
Trauerhalle des Dresdner Johannisfriedhofs ( Paul Wallot , 1894)

Ein Friedhof (auch Bestattungsplatz oder Begrabnisplatz , veraltet Gottesacker , [1] Totenhof oder Leichenhof ) ist ein Ort, an dem Verstorbene , in den meisten Fallen begleitet von einem religiosen oder weltlichen Ritus , bestattet werden. Anlagen aus vorchristlicher Zeit werden in der Archaologie meist als Graberfelder oder Nekropolen bezeichnet, der Begriff Friedhof findet dennoch auch fur antike Anlagen Verwendung.

Friedhof leitet sich ursprunglich vom althochdeutschen ?frithof“ ab, der Bezeichnung fur den eingefriedeten Bereich um eine Kirche . Der Bedeutungswandel zu einem ?Hof des Friedens“ vollzog sich mit dem Verblassen der etymologischen Wurzel. [2]

Funktionen des Friedhofs

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Friedhofe erfullen wichtige und in vielen Kulturen bestehende individuelle und kollektive Funktionen. Vor allem sind sie dazu bestimmt, den Angehorigen Verstorbener ein moglichst ungestortes Totengedenken in einem Raum zu ermoglichen, der deutlich von dem der Lebenden abgetrennt ist. Zudem spielen sie eine wichtige Rolle in der religiosen Praxis und erfullen offentliche Interessen.

Kultische Funktionen

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St. Vitus im Zellhof ursprunglich mit Begrabnisrecht, jetzt mit aufgelassenem Friedhof

Der Friedhof oder das Graberfeld mit seinen Grabplatzen als letzte Ruhestatte der Verstorbenen oder als Traditionsplatz fur Familien ist in vielen Kulturen ein Ort des Gedenkens, der Einkehr und der Trauer . Die Angehorigen des Toten ubernehmen das Andenken an den Verstorbenen. Je nach Kulturkreis werden die Grabstellen ausgestattet, instand gehalten oder verfallen gelassen.

Fur das Begrabnis und Gedenkrituale fur die Toten sind Friedhofe mit einer zweckgerichteten Infrastruktur ausgestattet. Je nach Kultur und Religion sind auf Friedhofen neben den eigentlichen Grabplatzen Kapellen , Shint?-Schreine oder Heiligtumer und Totenhallen zur Aufbahrung der Toten vorhanden. Krematorien und Beinhauser finden sich haufig direkt auf oder nahe dem Friedhofsgelande.

In vielen Religionen ist der Friedhof ein heiliger Ort. Im Christentum wird er traditionell vom zustandigen Geistlichen geweiht. Diese kultische Bedeutung des Friedhofs hat eine Vielzahl an Tabus, moralischen Pflichten und Gesetzen hervorgebracht. Die Verletzung der Regeln oder die Entweihung ist von der jeweiligen Gemeinschaft unter Strafe gestellt. Praktisch in allen Kulturen ist die Storung der Totenruhe , die Leichenschandung, die Grabschandung und der Grabraub strafbar. Derartige Handlungen werden nach deutschem Recht als Straftaten strafrechtlich verfolgt. Außere Zeichen zum Schutz der Totenruhe sind Zutrittsbeschrankungen, Umfassungsmauern, verschließbare Zugange.

Gesellschaftliche Funktionen

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Namensstelen an einem Gemeinschaftsgrab mit anonymen Grabern, Friedhof Stuhr-Moordeich

Neben der kultisch-rituellen Funktion ubernehmen Friedhofe weitere Aufgaben: So dienen sie in vielen Gesellschaften der offentlichen Hygiene , da die Beerdigung in offentlich geregeltem Rahmen und an hierzu vorgesehenen Orten der Ausbreitung von Seuchen und der Belastung des Grundwassers vorbeugt. Aus diesem Grund hat sich in Deutschland der Friedhofszwang entwickelt. Durch die Vorschrift, Menschen nur auf Friedhofen beizusetzen, wurden anfanglich hygienische Standards erfullt. Eine Ausnahme hiervon bildete lange Zeit die Seebestattung von Urnen und Sonderregelungen in einigen Bundeslandern. So finden sich zunehmend Alternativen zu Bestattungen auf gesondert eingerichteten Gebieten.

Aufgrund ihrer kulturell herausragenden Rolle stehen nicht wenige Friedhofe unter Denkmalschutz und sind touristische Attraktionen. Dies liegt in ihrem kulturgeschichtlichen, architektonischen oder landschaftsarchitektonischen, oft kunstlerischen Wert begrundet, der sich in der Anlage oder einzelnen Grabstellen entfaltet hat. Zudem spielt das Gedenken an ausgewahlte Verstorbene gesellschaftlich eine große Rolle: Manche Graber und einige Friedhofe haben sich zu regelrechten ?Wallfahrtsorten“ entwickelt.

In jungster Zeit sind Familien nicht mehr so ortsgebunden und die Nachfrage nach pflegefreien Grabern nimmt zu. Gleichzeitig entsteht Nachfrage nach neuen nicht-kirchlichen Varianten der Bestattung, die den Lebensstil oder die Weltanschauung des Verstorbenen widerspiegeln. [3] Dies sind speziellere Beisetzungen wie die am Weinstock, in Waldern, in Themengrabern oder wie seit 2015 eroffnete Friedhofe fur die gemeinsame (Urnen-)Beisetzung von Mensch und Tier in einem Grab. [4]

Fur die Sarg- oder Urnenbestattung in Gemeinschaftsgrabern hat sich in jungster Zeit der Begriff anonyme Bestattung durchgesetzt. Oft konnen der Name und die Lebensdaten des Verstorbenen gegen eine Gebuhr auf einer kollektiven Namenstafel oder auf Grabstelen verewigt werden, so dass im strengen Sinn nicht von einer ?namenlosen Beisetzung“ gesprochen werden kann. Nur das Einzelgrab bleibt unbenannt. Durch die soziookonomische Entwicklung (zunehmende Verarmung, geringere familiare Bindung, hohere Mobilitat) und wachsende Sakularisierung der Bevolkerung ist diese Form der Beisetzung in manchen Gemeinden zur vorherrschenden Bestattungsform geworden [5] .

Kunstlerische Funktionen

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Aufwendig gestaltetes Grab des Franz von Brandl in Bad Reichenhall
Caspar David Friedrich : Kugelgens Grab , 1822

Friedhofe konnen durch Bauwerke auf ihnen (beispielsweise Mausoleen ) oder durch die kunstlerische Gestaltung von Grabern oder der Anlage als Ganzer asthetisch ansprechend sein. Im Jahr 2010 wurden sehenswerte, gehobenen kunstlerischen Anspruchen genugende Friedhofe in Europa durch die Europaische Route der Friedhofskultur miteinander verbunden.

Friedhofe wurden auch immer wieder als Schauplatze literarischer und bildender Kunstwerke verwendet. Sie sind in Volkssagen und Geistergeschichten verschiedener Kulturen wichtige Schauplatze. Große Beliebtheit erfuhren Friedhofe als literarische Bezugswelt mit dem Aufkommen des Gothic Novel und der Horrorliteratur im England des spaten 18. Jahrhunderts. Johann Wolfgang von Goethes Ballade Der Totentanz spielt sich auf einem Friedhof ab. In der deutschen Romantik waren Friedhofe im Zusammenhang mit dem Motiv der Todessehnsucht von Bedeutung. Dieser idyllische Blick steht im Widerspruch zu der verbreiteten Wahrnehmung des Friedhofs als schauerlicher Ort. Gemalde und Zeichnungen von Caspar David Friedrich und Carl Gustav Carus zeigen Friedhofe ? wie Kirchen, Klosterruinen und Hunengraber ? meist in melancholischer Einsamkeit. In Wilhelm Mullers Zyklus Winterreise setzt sich das lyrische Ich im Gedicht Das Wirtshaus auf einem Friedhof mit der Todessehnsucht auseinander.

In der Horrorliteratur und dementsprechend im Horrorfilm gehoren Friedhofe zu beliebten Schauplatzen. Die Gothic -Subkultur bezieht sich in ihren kunstlerischen Erzeugnissen haufig auf Friedhofe. Einige Anhanger der Gothic-Kultur nutzen Friedhofe fur Veranstaltungen oder als alltaglichen, enttabuisierten Aufenthaltsort.

Okologische Funktionen

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Stadtische Friedhofe bilden, sofern sie begrunt sind, einen Ausgleich zum verdichteten Umfeld und ubernehmen neben Parkanlagen und Alleen wichtige klimatische und okologische Funktionen. In einigen Fallen sind sie Sekundarbiotope , die seltenen Arten ein wichtiges Ruckzugsgebiet bieten. Manche Friedhofe ubernehmen Teilfunktionen von Naherholungsgebieten .

Planung, Gestaltung, Infrastruktur und Abteilungen

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Gießkannenbaum
Verfallende Graber, hier auf einem Dorffriedhof in Frankreich
Auf dem US-amerikanischen Nationalfriedhof Arlington wird mit Schildern um ?Ruhe und Respekt“ gebeten.

Friedhofe, besonders in dorflichen Gemeinden, sind mitunter seit Langem genutzte Kirchhofe. In Stadten oder Siedlungen mit großerem Einzugsgebiet sind es unter anderen Begrabnisgewohnheiten angelegte und geplante Areale. Manche neueren Flachen sind von vorneherein als Parkfriedhof gestaltet. Stadtische Friedhofe werden vor ihrer Inbetriebnahme mit der zugehorigen Infrastruktur geplant. Bei der Flachenplanung des Friedhofs wurde zur Zeit seiner Entstehung im Normalfall eine langfristige Bedarfsplanung zugrunde gelegt, die die Große des Areals bestimmt. Viele Friedhofe wurden schon vor uber 100 Jahren geplant und eingerichtet. Die Erschließung und Gestaltung des Gelandes erfolgte unter Rahmenbedingungen, als die Asthetik und die Landschaftsarchitektur anderen Vorstellungen folgte. Die Einrichtung beinhaltet die Erschließung uber Wege, die Parzellierung und die Gelandeaufteilung nach verschiedenen Kriterien, die Bepflanzung sowie den Bau und die Einrichtung infrastruktureller Bestandteile. Neben dem Bau einer Leichenhalle, einer Feierhalle, von Verwaltungsgebauden, eventuell einer Blumenhalle gehort die Zufuhrung von Gießwasser zu Brunnen dazu.

Kleine Friedhofe sind meist nicht in verschiedene Bereiche untergliedert. Insbesondere in Großstadten existieren Abteilungen fur verschiedene Religionen, fur unterschiedliche Bestattungsarten , fur wohlhabende Familien oder Flurstucke fur Ehren- und Soldatengraber. Diese Gliederung wird durch Achsen, einen zentralen Teil oder Aufteilungen in Viertel erreicht. Die Mittelachsen oder Hauptalleen fuhren vom Haupteingang zum Mittelpunkt des Gelandes. Haufig sind an der Hauptallee die bevorzugten Platze fur Ehrengraber oder fur besonders ausgestattete Grabstellen. Großere Friedhofe, die sich meist in Großstadten befinden, verfugen haufig uber Verkaufsautomaten fur Grablichter.

Die Friedhofsverwaltung halt die Infrastruktur bereit und instand. Nicht zwangslaufig ist der Sitz der Verwaltung auf dem Friedhofsgelande. Zur Infrastruktur eines Friedhofs gehoren:

  • Wege und deren Begehbarkeit
  • Umfriedung des Gelandes
  • Einrichtungen zur Bestattung
  • Installationen fur Grun- und Grabpflege

Hinzu kommt in unmittelbarer Umgebung des Friedhofs eine mehr oder weniger ausgepragte sekundare Infrastruktur , die privat betrieben wird.

In Deutschland gibt es insgesamt etwa 32.000 Friedhofe.

Geschichtliche Entwicklung

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Vorchristliche Zeiten

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Megalithreihen in Carnac , Frankreich
Das Tal der Konige in Luxor , Agypten
Antiker Friedhof im Stadtteil Kerameikos , Athen
Muslimischer Friedhof bei Sonnenuntergang in Marrakesch , Marokko

Grab- und Kultstatten sind die altesten Zeugnisse menschlicher Zivilisation. Bereits in der fruhen Steinzeit gingen die Menschen dazu uber, ihre Toten im Zusammenhang mit unterschiedlichen Vorstellungen uber Weiterleben oder einfacher Ahnenehrung zu bestatten. Vor der Sesshaftwerdung des Menschen entstanden von Familien genutzte gesonderte Familienbegrabnisplatze. Als sesshafte Menschen dauerhaft zusammenlebten, entstanden festgelegte Orte, an denen Bestattungen abgehalten wurden. Aus dem Neolithikum sind beispielsweise die Megalithgraber erhalten.

Mit dem Aufkommen der ersten Hochkulturen entwickelte sich das regelgerechte Bestattungswesen. Im alten Agypten , wo ein ausgesprochener Totenkult herrschte, wurden auf der dem jenseitigen Reich zugeordneten westlichen Seite des Nils die Pyramiden und spater das Tal der Konige fur Pharaonen und Nekropolen ( thebanische Graber ) fur die Beamten errichtet.

In Kleinasien und Kreta , spater im antiken Griechenland , wurden die Toten an Orten bestattet, die außerhalb des stadtischen Lebens angesiedelt waren. Dies konnten Graberfelder sein oder Felsengraber in kunstlichen Hohlen. Oft wurde in der Nahe ein Heiligtum oder ein ganzer Tempelbezirk errichtet, um kultische Handlungen zu Ehren der Toten durchzufuhren.

Im Romischen Reich waren die Grabstatten unterschiedlich organisiert und von den raumlichen und lokalen Gegebenheiten abhangig. Insbesondere reiche Burger ließen sich entlang von Ausfallstraßen begraben, wo sie kunstvoll behauene und reich beschriftete Tafeln, Stelen oder Mausoleen errichten ließen. Die Stadt Rom verfugte mit den Katakomben uber eine ausgedehnte, unterirdische Totenstadt, in der die Verstorbenen in Nischen eingemauert wurden.

Nach der Christianisierung wurde die Bestattung in den geweihten Bereich der Kirchengebaude und den eingefriedeten Kirchhof verlagert. Die auf germanisch-keltischer Tradition beruhenden außerortlichen Graberfelder wurden ebenso wie die Feuerbestattung als heidnisch abgelehnt. Mit der Reliquientranslation wurden die Kirchengebaude zu sakralen Raumen. Die Glaubigen waren bestrebt, nach ihrem Tode so nah wie moglich bei den Gebeinen oder Reliquien ihrer Heiligen begraben zu werden. Deren Fursprache wurde bei der Auferstehung des Fleisches zum Jungsten Gericht erhofft. In der unmittelbaren Nahe zum Sakralen erschien die Chance auf Erlosung der Verstorbenen am großten zu sein. Eine Bestattung im Altarraum oder in der darunter liegenden Kirchengruft galt als hochstes Privileg und war meist der Familie des Kirchenstifters, dem Kirchherren oder kirchlichen Wurdentragern vorbehalten. Nur die Wohlhabendsten konnten sich ein Begrabnis innerhalb der Kirche leisten. Die soziale Differenzierung setzte sich im Kirchhof fort, um moglichst nahe an der Kirche begraben zu werden.

Außerhalb des Dorf etters oder der Stadtmauer fanden Verstorbene ihren Platz in ungeweihter Erde, wenn sie exkommuniziert worden waren, kriminell waren oder einem unehrlichen Stand angehort hatten ? beispielsweise Bettler , Gaukler und Schauspieler sowie Selbstmorder wurden nicht auf geweihten Kirchhofen beigesetzt.

Um 1800 kam die Tendenz auf, die Toten aus hygienischen Grunden entfernt vom Dorfkern zu begraben. Man furchtete sich vor mephitischen Dunsten, die nachts aus den Grabern aufsteigen und die Luft verpesten sollten, auch die oft tagliche Offnung und Schließung von Massengrabern in Seuchenzeiten in den stadtischen Zentren brachten erhebliche hygienische Probleme. Einzelgraber waren eine seltene Ausnahme. Die Bestattung in geweihten Massengrabern war die Regel, nicht zuletzt aus Platzgrunden.

Infolge der durch das Bevolkerungswachstum verursachten Uberbelegung der innerstadtischen Kirchhofe und bedingt durch die Reformation , die Reliquienverehrung ablehnte, wurden seit dem 16. Jahrhundert (insbesondere in evangelischen Herrschaften ) außerortliche Friedhofe mit Kirche oder Aussegnungskapelle angelegt. So entstanden außerhalb der Kommunen Kirchenfriedhofe, etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten neuzeitlichen Zentralfriedhofe (Stadtrandfriedhofe), darunter prachtige Campo-Santo-Anlagen .

Die Bezeichnung Kirchhof wird mitunter missverstandlich verwendet. Auf deutschen Stadtplanen (besonders des 19. und 20. Jahrhunderts) findet sich oft die Bezeichnung Kirchhof , obwohl keine Kirche vorhanden ist. Es handelt sich um von einer Kirchengemeinde betriebene Friedhofe in weiterer Entfernung zum eigentlichen Kirchengebaude. ?Kirchhof“ wurde synonym fur Begrabnisplatz oder Friedhof genutzt. So erklart sich die sich ausschließende Bezeichnung ?Judenkirchhof“.

Insbesondere in Zeiten erhohter Sterblichkeit (infolge von Seuchen , Hungersnoten , Kriegen) gerieten die Kirchhofe schnell an ihre Kapazitatsgrenze, so dass Umbettungen halbverwester Leichen und die standige Offnung der Graber fur anhaltende Geruchsbelastigung und gesundheitliche Gefahren sorgten. Pestfriedhofe weit außerhalb der Siedlungen sollten zumindest die argste Gefahr eindammen. Die Anlage innerstadtischer Friedhofe wurde spater aufgegeben: Zentrale Friedhofe außerhalb der Stadtmauern, die vom Standort einer Kirche unabhangig waren, wurden vereinzelt bereits zur Renaissance , verstarkt ab 1750 und im Verlauf des 19. Jahrhunderts flachendeckend geschaffen. In Preußen war im 2. Teil, 11. Titel durch § 184 des Allgemeinen Landrechts fur die preußischen Staaten von 1794 festgeschrieben worden, dass innerhalb bewohnter Gegenden keine Leichen beerdigt werden durften.

Ein Beleg fur den Bedeutungswandel vom Kirchhof zum Friedhof als Ort, wo der Verstorbene seinen Frieden findet, ist die Benennung als ?Friedenstraße“ fur Straßen zu den Friedhofen seit den 1870er Jahren. Daneben erfolgten gleichzeitig Benennungen als Friedhofsstraße oder Friedhofsweg.

Im Laufe des Ersten Weltkriegs standen alle kriegfuhrenden Nationen vor der Frage, wie sie mit den Millionen Leichen von gefallenen oder in Lazaretten gestorbenen Soldaten umgehen sollten. In den Kriegen zuvor waren bei weitem nicht so viele Soldaten gestorben (siehe Soldatenfriedhof , Kriegergedenkstatte ). Der Transport der Toten in ihre jeweilige Heimat ware ein großer Aufwand gewesen und hatte die Kriegsmudigkeit oder die Ablehnung des Krieges zusatzlich verstarkt. Viele Leichen waren schlecht zu transportieren, sie waren unvollstandig oder durch Granatsplitter zerrissen. Viele waren erheblich verwest, wenn sie ? teils erst Wochen nach ihrem Tod ? aus der Kampfzone geborgen werden konnten.

Die weitgehende Sakularisierung der christlich gepragten Gesellschaften, die insbesondere in Europa seit dem 20. Jahrhundert weiter vorangeschritten ist, hat die traditionellen Formen des Trauerns verandert. Mit der Loslosung der Trauerformen von religiosen Gemeinschaften hat sich das Totengedenken zunehmend in den privaten Bereich verlagert. Damit einher ging und geht ein Bedeutungsverlust offentlicher Grabstatten. Der Anteil anonymer Begrabnisse und preisgunstiger Formen der Bestattung (etwa Feuerbestattungen) hat in der Folge stetig zugenommen.

Mit der Verbreitung des Internets sind eine Vielzahl von virtuellen Friedhofen entstanden, die vollkommen unabhangig von einem physischen Ort der Totenruhe sind.

Ausgestaltung und Ansichten (Galerie)

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Formen und Ausgestaltung

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Grab eines unbekannten Soldaten des Zweiten Weltkrieges am Zentralfriedhof Villach , Osterreich

Meist ist ein Friedhof die letzte Ruhestatte fur die Verstorbenen einer Gemeinde oder eines Teils davon. Der Friedhof wird entweder von der Kommune selbst oder der ortlichen religiosen Gemeinschaft getragen, wobei die beiden Institutionen in manchen Kulturen zusammenfallen. Der Friedhof kann in sich wieder unterteilt sein: So finden sich in vielen Friedhofen durch Lage und Ausgestaltung privilegierte Bereiche, die Wurdentragern oder beguterten Familien vorbehalten sind, so wie es Bereiche fur Armengraber gibt. Mitglieder bestimmter sozialer oder beruflicher Gruppen konnen in eigenen Bezirken untergebracht sein: Haufig ist dies fur Soldaten oder Geistliche der Fall.

Eine alternative Form ist die Bestattung außerhalb der pietatsbefangenen Flache in besonders gewidmeten Begrabniswaldern . Hier wird die Asche der Verstorbenen im Wurzelbereich von Einzel-, Gruppen- oder Familienbaumen beigesetzt. Diese Art der Bestattung wird den veranderten Bestattungswunschen vieler Menschen nach einer pflegefreien, naturbelassenen Ruhestatte außerhalb der normalen ?Trauerflachen“ gerecht.

Verhaltensvorschriften und Bestimmungen auf Friedhofen allgemein und zu einzelnen Grabfeldern im Besonderen sind in der Friedhofssatzung festgelegt. Kommunale oder kirchliche Gemeinden bestimmen mit diesen Ordnungen die verbindlichen Normen fur alle Nutzer. Diese Vorschriften werden im gesetzlichen Rahmen (Bundes- und Landesrecht) fur die Friedhofe festgelegt und vom Friedhofstrager ? in Deutschland immer eine Korperschaft offentlichen Rechts ? als rechtsverbindliche Ortsgesetze (Satzungen) erlassen. Trager von Friedhofen konnen nur juristische Personen des offentlichen Rechts sein. Die Anlegung und Unterhaltung von Friedhofen ist eine so wichtige, im offentlichen Recht liegende Aufgabe, dass sie einem privaten Trager nicht uberlassen werden kann. Der Betrieb, also die Bewirtschaftung und Unterhaltung des Friedhofs, kann dagegen im Auftrag des Tragers (meist durch Werkvertrag) privatwirtschaftlich erfolgen.

Ehren- und Soldatenfriedhofe

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Soldaten haben zu jeder Zeit zunehmend im 20. Jahrhundert in Massen ihr Leben eingesetzt. So sind weltweit Gefallenenfriedhofe als Soldatenfriedhof zu finden. Diese konnen betrachtliche Dimensionen erreichen. Auf dem Schlachtfeld von Verdun sind die Uberreste von mindestens 130.000 Soldaten beigesetzt. Weil sie nicht identifiziert werden konnten, liegen die meisten nicht in Einzelgrabern, sondern in einem Beinhaus . Soldatenfriedhofe wurden nicht selten ein Platz der nationalen Identifikation und der Heldenverehrung . Ein Beispiel ist der umgangssprachlich haufig als ?Heldenfriedhof“ benannte Nationalfriedhof Arlington (USA), der 1864 wahrend des Sezessionskrieges angelegt wurde.

Eine weitere Besonderheit sind Ehrenfriedhofe, die Staatsfuhrern, Monarchen, hochrangigen Politikern oder sonstigen nationalen Identifikationstragern vorbehalten sind. So war es in der Sowjetunion ein Zeichen besonderer Ehre , die letzte Ruhestatte an der Außenmauer des Moskauer Kremls zu erhalten.

Eine weitere Form von besonderen Grabstatten sind jene von religios verehrten Personlichkeiten wie Martyrern. Im Allgemeinen sind sie ebenso wie Heldengraber Ziel von Pilgerfahrten und Bußgange in Form des Besuchs als Friedhofstourismus . Grabstatten von Kunstlern konnen so ebenfalls zu besonders verehrten Grabstatten werden. Die Star- und Heldenverehrung kann zeitlich oder regional begrenzt sein. Eine besondere Art solcher Helden entwickelte der Nationalsozialismus mit dem Blutzeugenkult .

Gedenkstatten fur Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft

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Im 20. Jahrhundert hat sich eine besondere Form von Friedhofen entwickelt, die mit einer vorher nicht da gewesenen, massenhaften, systematischen und haufig industriell organisierten Vernichtung von Leben in engem Zusammenhang steht. An vorderster Stelle sind die Gedenkstatten zu nennen, die in ehemaligen Konzentrationslagern errichtet worden sind. Im Unterschied zu Friedhofen mit Bestattungswesen wurde eine große Zahl von Mordopfern in Massengrabern verscharrt oder verbrannt. Das Gedenken an das Opfer als Individuum ist in solchen Statten kaum moglich. Diese Gedenkstatten dienen neben der Trauer vor allem zur Dokumentation und Mahnung, erfullen also in hohem Maße gesellschaftliche Funktionen. Das deutsche Grabergesetz regelt das Gedenken der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in besonderer Weise.

Weitere Beispiele sind die Konzentrationslagern ahnlichen Einrichtungen, wie Lager in der ehemaligen Sowjetunion ( Gulags ) oder die Killing Fields der Roten Khmer in Kambodscha. Im Zuge von Kriegsverbrechen vernichtete Dorfer wie Lidice oder Oradour-sur-Glane sind als Ganzes zur Gedenkstatte erklart worden. Oradour, das nach dem Krieg neu aufgebaut wurde, gedenkt der Opfer sowohl kollektiv mit der konservierten Dorfruine als auch individuell auf dem kommunalen Friedhof. Hinrichtungsstatten (wie die in Berlin-Plotzensee ) und Gefangnisse werden ebenfalls zu Gedenkstatten, unabhangig davon, ob die Toten am Ort selbst verblieben sind. Auf dem Judischen Friedhof in Weißensee ist von Angehorigen oft fur die in den Krematorien der Konzentrationslager Verschollenen eine Ruhestatte in Familiengrabern eingerichtet worden. Die Symbolkraft des letzten Ortes steht bis zum Jungsten Gericht im Vordergrund der Erinnerung.

Religiose und ethnische Besonderheiten

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Die Sepulkralkultur ist in denjenigen Religionen am ausgepragtesten entwickelt, die der Totenruhe eine besondere Stellung einraumen, weil sie an eine Auferstehung und jenseitiges Fortleben glauben. Insbesondere die monotheistischen Religionen ahneln sich in diesem Bekenntnis, das seinen Ursprung schon im Alten Testament hat. Es bestehen trotzdem Unterschiede zwischen den Begrabnisvorschriften, die sich in der Gestaltung der Friedhofe zeigen.

Muslimisches Feld auf dem Hauptfriedhof Karlsruhe

Islamischer Friedhof

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Im Islam ist die Bestattung der Toten in Richtung Mekka vorgeschrieben, [6] so dass alle Grabstellen auf islamischen Friedhofen gleich ausgerichtet sind. Haufig sind sie aus Stein errichtet, teils gemauert oder mit Kacheln belegt. Haufig finden sich Stelen oder Steine am Kopf- wie Fußende. Sarge sind nicht ublich, die Toten werden nur in weiße Tucher gehullt und direkt in die Erde gelegt. Zudem ist der Begrabnisplatz festgeschrieben bis zum Jungsten Tag, sodass weder neu belegt noch umgebettet wird.

Judischer Friedhof

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Auf judischen Friedhofen ist die eingerichtete Grabstatte ebenfalls der ewige Ruheplatz bis zum Weltgericht. Weder die Grabsteine werden entfernt, noch darf der Platz je neu belegt oder anderweitig gestort werden. [7] Wenn Raumnot entsteht, muss der Friedhof erweitert werden, wo dies nicht moglich war, behalf man sich in der Vergangenheit damit, dass das ganze Gelande mit Erde aufgeschuttet wurde und somit die neuen Graber oberhalb der alten zu liegen kamen. Die bereits vorhandenen Grabmale wurden auf der neuen Oberflache, aber moglichst am alten Standort uber dem zugehorigen Grab, aufgestellt. So entsteht eine hohe Dichte der Graber und der Grabsteine, und die Wegefuhrung kann unubersichtlich werden. Bei sehr alten Friedhofen, die mehrfach aufgeschuttet wurden, liegt die heutige Oberflache mitunter mehrere Meter uber dem Niveau der Umgebung.

Die Grabpflege besteht in der judischen Tradition im Wesentlichen darin, dass der Pflanzenbewuchs niedrig gehalten wird. Dabei durfen die zuruckgeschnittenen Pflanzen nicht genutzt werden ? etwa als Viehfutter ?, denn sie gelten als Eigentum des Toten. Statt Blumenschmuck werden kleine Steine als Zeichen des Gedenkens auf das Grabmal gelegt.

Christlicher Friedhof

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Kapelle im Mondschein , Gemalde von Fritz von Wille , 1912

In westlichen Landern christlicher Pragung hat sich eine besondere Friedhofskultur ausgepragt, die von sehr vielgestaltigen asthetischen Rahmen bestimmt ist. Haufig haben sich in verschiedenen Kulturraumen spezifische Traditionen herausgebildet. Innerhalb christlich gepragter Regionen unterscheiden sich Friedhofe in ihrer Einrichtung zum Teil betrachtlich.

  • Im mittel- und osteuropaischen Raum erscheinen die Friedhofe nicht selten wie Parks mit einem hohen Grunanteil. Die Grabparzellen sind, wenn sie nicht mit einer Grabplatte belegt sind, haufig als Beet kultiviert und weisen einen vielgestaltigen gartnerischen Charakter auf. Das Friedhofsgelande ist meist mit einem Zaun oder einer Mauer eingefasst, von alters her ublich ist ein an sichtbarer Stelle aufgerichtetes, hohes Kreuz, das den Friedhof als christliche Statte kennzeichnet.
  • Im nordeuropaischen und angloamerikanischen Raum werden Rasenflachen bevorzugt, auf denen nur ebenerdige Platten oder aufrechte Steine stehen. Der einzelne Grabplatz ist selten umfriedet. Baumbestand ist haufig, dient meist nur zur optischen Abtrennung des Gelandes oder seiner einzelnen Bereiche.
  • In Frankreich, Sudeuropa und Lateinamerika sind Friedhofe vorwiegend vegetationslos gehalten oder weisen nur vereinzelt Baumbestande auf, im Mittelmeerraum vor allem Zypressenalleen. Die Grabplatze sind aus Stein gemauert oder mit einer Platte abgedeckt, teils umfriedet und mit Schotter oder Kies verfullt. Kunstliche Pflanzen, Keramikobjekte und Tafeln ersetzen haufig die Vegetation.
  • Insbesondere im spanisch-portugiesischen Raum finden sich Wande mit mehreren Etagen, in denen die Toten in Facher gebettet und eingemauert werden. Als Kolumbarien gewinnt diese Bestattungsart in Mitteleuropa zunehmend fur Urnenbestattungen an Bedeutung. Die gleiche Tradition findet sich in Suditalien .

Im Mittelmeerraum wird das ?Totenhaus“ oft bevorzugt vor dem Wohnhaus gebaut. [8]

Ostliche Religionen

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Insbesondere der Shintoismus misst dem Andenken Verstorbener eine den westlichen Religionen vergleichbare Bedeutung bei. Dies lasst sich in der Anlage der Friedhofe erkennen. Die Leiche gilt als unrein. Shintoistische Friedhofe enthalten oft nur Scheingraber .

Im Hinduismus gibt es keine Friedhofe. Das Glaubensprinzip der kontinuierlichen Wiedergeburt widerspricht der Anlage von Bestattungsplatzen. Die Asche der Toten wird in einen Flusslauf gestreut. Das Wasser ist im Fließen ein starkes Symbol fur den Ablauf und Wechsel im Leben und fur die Wiederkehr.

Als besonders erstrebenswert gilt in der hinduistischen Mythologie, in Varanasi , der Stadt Shivas am Ganges zu sterben und verbrannt zu werden und so einen Ausbruch aus dem standigen Kreislauf der Wiedergeburt ( Reinkarnation ) und dem daraus folgenden ewigen Leiden vom Werden und Vergehen ( Samsara ) zu erreichen.

Beruhmte Friedhofe

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Der Pere Lachaise in Paris ist einer der beruhmtesten Friedhofe der Welt.
Judischer Friedhof in Łod?

Nicht wenige Friedhofe sind aufgrund ihrer Gestaltung, Geschichte, Bedeutung oder der Prominenz ihrer Bestatteten zu weltweit bekannten Attraktionen geworden. So ziehen der Pere Lachaise in Paris, der Wiener Zentralfriedhof oder der flachenmaßig großte Friedhof Europas in Hamburg-Ohlsdorf ganzjahrig viele Besucher an. Die Friedhofsverwaltung von Paris hat auf dem Pere Lachaise bereits Wachpersonal aufstellen lassen, da rund um das Grab des ehemaligen ?Doors“-Sangers Jim Morrison Vandalismus und Ruhestorung uberhandgenommen hatten. Haufig werden auf großen Friedhofen touristische Fuhrungen zu beachtlichen Grabmalern angeboten. Jede Ausgestaltung von Grabstatten kann Thema von kunsthistorischen Betrachtungen sein. Zu einzelnen Ruhestatten, insbesondere von Idolen aus Politik, Gesellschaft oder Popkultur, finden regelrechte Pilgerfahrten statt.

Der Judische Friedhof Łod? ist der großte judische Friedhof Europas mit 160.000 bis 180.000 erhaltenen Grabmalen (1882 eroffnet). Auf einem Teil des Friedhofs sind etwa 43.000 Opfer des NS-Konzentrationslagers Ghetto Litzmannstadt bestattet (zunachst als Massengraber). Der Friedhof Brookwood fur Einwohner von London entstand wegen Platzmangels in Brookwood (Surrey), 48 km sudlich der Hauptstadt, bekannt unter dem Namen ?London Necropolis“ (Totenstadt, vgl. Nekropole). Brookwood war uber viele Jahre der weltweit großte Friedhof. Insgesamt wurden dort uber 240.000 Menschen beerdigt, davon 6000 in den zwei dortigen Soldatenfriedhofen. 1854 wurde eigens fur diesen Friedhof und die Beerdigungsfahrten der Trauergemeinden eine Bahnlinie und der Bahnhof London Necropolis direkt neben dem Bahnhof Waterloo gebaut.

In der Nahe von Boston entstand 1831 der Friedhof Mont Auburn . Beim Bau wurden geschwungene Wege angelegt. Die Angehorigen konnten ihre Begrabnisstatten nach eigenen Vorstellungen mit Pflanzenschmuck und Grabdenkmalen ausgestalten. Das erregte offentliches Interesse und die damalige Presse berichtete daruber, wodurch in anderen amerikanischen Stadten ahnliche Anlagen erstellt wurden. Daraus entwickelte sich eine Bewegung, die ?rural cemetery movement“. Davon leitet sich der im Englischen ubliche Begriff cemetery (Schlafraum) fur Friedhof ab.

Organisation und Verwaltung

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Verwaltung und Betrieb von Friedhofen sind gesetzlich geregelt und daher in der uberwiegenden Zahl der Falle offentlich-rechtlich organisiert. Hierbei unterscheiden sich die Rahmenbedingungen nach Land oder Region, Tragerinstitutionen und ortlichen Gegebenheiten. Die Regulierung durch die Offentliche Hand geht bereits auf das Ende des Dreißigjahrigen Krieges zuruck, als die Kirchen erstmals durch Staaten verpflichtet wurden, die Tore ihrer Friedhofe fur Verstorbene anderer Konfessionen zu offnen.

Rechtlicher Rahmen

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Im Friedhofsrecht werden Rechte, Pflichten und Verbote uber Friedhofssatzungen geregelt. Diese werden im Allgemeinen vom Friedhofstrager verfasst und von der Friedhofsverwaltung publiziert und uberwacht. Friedhofssatzungen mussen sich am geltenden Friedhofs- und Bestattungsrecht ausrichten, das in Deutschland Landesrecht ist. Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden ortlich ausgestaltet und konkretisiert. Insbesondere regelt eine Friedhofssatzung die Offnungszeiten, Verhaltensregeln, gewerbliche Tatigkeiten, Nutzungsrechte und Ruhefristen von Grabplatzen, Umbettung, Beisetzung und Trauerfeiern . Eine Sargpflicht gibt es nur noch in Rheinland-Pfalz und Sachsen. [9] Sachsen-Anhalt hat dazu einen Gesetzesentwurf angekundigt. [10]

In der Friedhofsgebuhrenordnung sind die Gebuhren fur von der Friedhofsverwaltung bereitgestellte Leistungen festgelegt.

Als ?Angelegenheit der ortlichen Gemeinschaft“ fallt das Bestattungswesen in die Zustandigkeit der Gemeinden ( Art. 28 Abs. 2 GG).

Nach den Bestattungsgesetzen der Bundeslander konnen Trager von Friedhofen nur juristische Personen des offentlichen Rechts sein. Das sind in Deutschland die Gebietskorperschaften und die offentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften , z. B. die Pfarreien und Kirchengemeinden großen christlichen Kirchen und die israelitischen Kultusgemeinden . [11] Da der Islam traditionell nicht so organisiert und verfasst ist wie die christlichen Kirchen oder die judische Gemeinschaft, [12] ist die Ahmadiyya Muslim Jamaat bislang die einzige muslimische offentlich-rechtliche Religionsgesellschaft in Deutschland.

Der Friedhof wird in den meisten Fallen von der Kommune oder den Pfarreien und Kirchengemeinden getragen. Daruber hinaus existieren ? insbesondere fur kulturell bedeutsame Friedhofe mit uberwiegendem Denkmalscharakter ? Trager in Form von Stiftungen und Vereinen.

Einer der wenigen deutschen Friedhofe in Tragerschaft eines Landkreises war zwischen 1951 und 2004 in Rudenhausen im heutigen bayerischen Landkreis Kitzingen zu finden. Das Graberfeld wurde 1950 durch den Landkreis Gerolzhofen von den Grafen von Castell-Rudenhausen erworben und bis 1971 belegt. Im Jahr 1972 gelangte die Anlage im Zuge der Gemeindegebietsreform in Bayern an den Landkreis Kitzingen. 2004 erfolgte der Ruckverkauf der Flache an die Grafen. [13]

Kommunale Friedhofe werden meist als stadtische Regiebetriebe gefuhrt, sie haben im Unterschied zu betriebswirtschaftlich organisierten Betrieben keine eigene Rechtspersonlichkeit und keinen eigenen Haushalt, jedoch hoheitliche Befugnisse. Zustandig fur den Betrieb ist die Friedhofsverwaltung. Sie kann in unterschiedlichen Bereichen der Kommunalverwaltung angesiedelt sein, etwa beim Ordnungsamt, dem Bauamt oder dem Grunflachenamt. In einigen Fallen ist sie Bestandteil von kommunalen Eigenbetrieben , etwa wenn die Friedhofsverwaltung in die Obhut der Stadtwerke ausgegliedert wurde.

Friedhofe unter kirchlicher Tragerschaft sind vorwiegend mit einem eigenen Haushalt ausgestattet und dazu angehalten, sich selbst zu tragen. Wie kommunale Friedhofe verfugen sie uber Einnahmen in Form von Friedhofsgebuhren. In Deutschland konnen auf kirchlichen Friedhofen meist auch Menschen bestattet werden, die keiner oder einer anderen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft als der des Tragers angehort haben (wenn auch normalerweise nicht in Form einer kirchlichen Bestattung ). Das kann insbesondere dann von Bedeutung sein, wenn in einer Gemeinde kein kommunaler Friedhof zur Verfugung steht. Die gesetzlichen Bestimmungen variieren in dieser Hinsicht von Bundesland zu Bundesland (Stand Juli 2022): In Bremen und Hamburg ist gesetzlich gewahrleistet, dass es kommunale Friedhofe gibt. [14] In Baden-Wurttemberg, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mussen die Gemeinden gewahrleisten, dass alle Einwohner in ihrer Gemeinde auch bestattet werden konnen, aber sie konnen das auch dadurch, dass sie sich von einem kirchlichen Trager vertraglich zusichern lassen, dass auch Nichtmitglieder auf dem betreffenden Friedhof ein Grab bekommen konnen. [15] In Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Thuringen, Sachsen und Schleswig-Holstein schreibt das Gesetz vor, dass Einwohner einer Gemeinde ohne kommunalen Friedhof auf einem kirchlichen Friedhof in dieser Gemeinde Aufnahme finden mussen. [16] In Niedersachsen, im Saarland und in Sachsen-Anhalt besteht fur diesen Fall keine ausdruckliche gesetzliche Regelung. [17]

Neben den kirchlichen Friedhofen der evangelischen und katholischen Gemeinden unterliegen die judischen Friedhofe besonderen Anforderungen. Insbesondere gibt es dort in Ubereinstimmung mit der Halacha keine begrenzte Ruhefrist .

Auch im Islam genießen die Toten ein ewiges Ruherecht. [18] Da die muslimischen Gemeinden jedoch in der Regel nicht offentlich-rechtlich organisiert sind und keine eigenen Friedhofe betreiben konnen, lassen sich viele Muslime nach ihrem Tod in ihre Heimatlander uberfuhren. Einzelne Kommunen gewahren ihren muslimischen Einwohnern ein ewiges Ruherecht auf kommunalen Friedhofen. [19]

Als Trager von Soldatenfriedhofen ist in Deutschland der Volksbund Deutsche Kriegsgraberfursorge , in Osterreich das Schwarze Kreuz etabliert. Diese Vereine bestreiten ihre wirtschaftlichen Aktivitaten durch Mitgliedsbeitrage, Spenden und offentliche Zuschusse.

Die Raumung eines Feldes wird angekundigt.

Bewirtschaftung

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Leergebliebene Graberabteilung

Friedhofstrager sind in der Situation, Friedhofe wirtschaftlich fuhren zu mussen. Hierbei konnen verschiedene Schwierigkeiten auftreten.

Ein Problem erwachst aus der Verlagerung von Erd- zu Urnenbestattungen: Es wird immer weniger Friedhofsflache benotigt; vielerorts entstehen zusammenhangende ?Friedhofsuberhangflachen“, also Flachen, auf denen die Grabstellen abgelaufen sind und aus denen fur den Friedhofstrager keine Einnahmen in Form von Nutzungsgebuhren mehr anfallen. Diese Flachen mussen jedoch weiterhin vom Trager gepflegt werden, um ein verwahrlostes Aussehen zu vermeiden. In großen Stadten besteht demgegenuber oft ein Mangel an geeigneten Flachen.

Bodenverhaltnisse und Umweltrisiken

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Die Umweltschutzgesetze gelten auch fur Friedhofe. Die Betreiber haben auf die entsprechenden Auflagen zu achten, insbesondere was den Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser betrifft. Durch die moderne Lebenskultur kann eine Belastung durch Schwermetalle entstehen. Amalgam aus Zahnfullungen oder Herzschrittmacher konnen eine Ursache sein. Risiken durch Antibiotika konnen kaum entstehen, da die Leichen bei einer Erdbestattung sehr stark belastet sein mussten, um das Grundwasser zu beeinflussen.

Verwesung wird wesentlich durch die Bodenverhaltnisse bestimmt. Sie verlauft am schnellsten in trockenen, gut durchlufteten Boden. Sie wird durch niedrige Temperaturen und Feuchtigkeit gebremst. Wachsleichen entstehen in undurchlassigen Boden und bei hohem Grundwasserspiegel , wodurch die Verwesung der Leichen stark behindert wird oder vollig zum Erliegen kommt. In vielen Gebieten Deutschlands bestehen fur die Bestattung nach heutiger Praxis deutliche Problemboden, da der Verwesungsprozess mehr Zeit in Anspruch nimmt als die ubliche Dauer der Ruhefrist .

nach Autoren alphabetisch geordnet

  • Thorsten Benkel, Matthias Meitzler: Gestatten Sie, dass ich liegen bleibe. Ungewohnliche Grabsteine. Eine Reise uber die Friedhofe von heute. Kiwi, Koln 2014, ISBN 978-3-462-04608-3 .
  • Thorsten Benkel, Matthias Meitzler: Sinnbilder und Abschiedsgesten. Soziale Elemente der Bestattungskultur. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2013, ISBN 978-3-8300-6177-9 .
  • Thorsten Benkel: Die Verwaltung des Todes. Annaherungen an eine Soziologie des Friedhofs. 2. Auflage, Logos-Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-8325-3126-3 .
  • Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (Hrsg.): Historische Friedhofe in Deutschland. Bonn 2007, ISBN 978-3-925374-77-7 .
  • Norbert Fischer : Vom Gottesacker zum Krematorium. Eine Sozialgeschichte der Friedhofe in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert . Koln/Weimar/Wien 1996 Online
  • Norbert Fischer: Friedhof. In: Enzyklopadie der Neuzeit . Band 4. Metzler, Stuttgart 2006, Sp. 48?51.
  • Norbert Fischer: La cultura europea de los cementerios. Pasado y presente. In: Revista Murciana de Antropologia. Band 26, 2019, S. 17?32, doi : 10.6018/rmu/389911 (deutsche Fassung verfugbar).
  • Daniela Friebel, Stefan Gunther, Jorg Leidig: Unter jedem Grabstein eine Weltgeschichte . Landesdenkmalamt Berlin , Berlin 2010, Katalog der Deutschen Nationalbibliothek .
  • Barbara Happe, Christoph Engels: Friedhof I (im Christentum) . In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte , Bd. X (2012), Sp. 902?961.
  • Horst Gunter Lange: Die Feuerbestattung und ihr Einfluß auf die Friedhofsplanung dargestellt am Beispiel des Hamburger Friedhofs Ohlsdorf . In: Die Gartenkunst  8 (1/1996), S. 108?118.
  • Uwe Schneider: Anmerkungen zur ?Friedhofsreformbewegung“. Die gartenkunstlerische Diskussion um die neuzeitliche Friedhofsgestaltung vor dem Ersten Weltkrieg . In: Die Gartenkunst 12 (2/2000), S. 326?362.
  • Reiner Sorries: Friedhof II (im Judentum) . In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte , Bd. X (2012), Sp. 961?980.
  • Reiner Sorries: Ruhe sanft. Kulturgeschichte des Friedhofs. Lizenzausgabe, 2. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-24450-8 .
  • Thomas Struchholz: Friedhof ? ein Ort mit Zukunft. Friedhofsplanung in der Praxis. Ein Lehrbuch. Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbes, Dusseldorf 2013, ISBN 978-3-936057-40-9 .
  • Zentralinstitut fur Sepulkralkultur Kassel (Hrsg.): Großes Lexikon der Bestattungs- und Friedhofskultur. Worterbuch zur Sepulkralkultur. 5 Bande. Thalacker Medien, Braunschweig seit 2002, DNB 963152122 .
  • Zentralinstitut und Museum fur Sepulkralkultur Kassel (Hrsg.): Raum fur Tote: die Geschichte der Friedhofe von den Graberstraßen der Romerzeit bis zur anonymen Bestattung. Thalacker-Medien, Braunschweig 2003, ISBN 3-87815-174-8 .
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Commons : Friedhofsmauer  ? Sammlung von Bildern
Wiktionary: Friedhof  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Gunter Bergmann: Kleines sachsisches Worterbuch. Bibliographisches Institut , Leipzig 1989. Im Gesamtgebiet, außer der Lausitz, aber veraltet: ?Hinter der Karch ist der Gottsacker.“
  2. Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Worterbuch des Deutschen . Munchen 1995, S. 376.
  3. Deutsche Friedhofsgesellschaft Veranderte Kultur auf Friedhofen.
  4. Augsburger Allgemeine Gemeinsam bestattet: Haustier als Begleiter bis in den Tod , Oktober 2015.
  5. Zahlenangaben zum Friedhof Moordeich in Stuhr (Niedersachsen) , abgerufen am 18. August 2018
  6. Klaus Dirschauer: Die islamische Bestattung und die Brauche seiner Trauer . In: Mit Worten begraben: Traueransprachen entwerfen und gestalten , Donat Verlag, Bremen 2012, S. 101?112.
  7. Klaus Dirschauer: Das judische Begrabnis und die Rituale der Trauer . In: Mit Worten begraben: Traueransprachen entwerfen und gestalten, Donat Verlag, Bremen 2012, S. 91?100.
  8. Auskunft der Friedhofsverwaltung von San Nicolo (Kalabrien)
  9. Eva Casper: Muslime wehren sich gegen die Sargpflicht in Bayern Suddeutsche Zeitung , 23. Dezember 2015
  10. will die Sargpflicht lockern .
  11. Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften mit offentlich-rechtlichem Korperschaftsstatus Universitat Trier , Institut fur europaisches Verfassungsrecht, abgerufen am 22. Juli 2016
  12. Stand der rechtlichen Gleichstellung des Islam in Deutschland ( Memento vom 22. Dezember 2014 im Internet Archive ) Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Josef Philip Winkler u. a. und der Fraktion BUNDNIS 90/Die Grunen ? BT-Drucksache Nr. 16/2085 vom 29. Juni 2006
  13. Peter Koch: Der ehemalige Landkreis-Friedhof in Rudenhausen . In: Jahrbuch fur den Landkreis Kitzingen 2020. Im Bannkreis des Schwanbergs . Roll-Verlag, Dettelbach 2020, ISBN 978-3-89754-553-3 . S. 241?243.
  14. Bremen: § 1 Abs. 2 Gesetz uber das Friedhofs- und Bestattungswesen ; Hamburg: Die staatlichen Friedhofe sind im Gesetz aufgefuhrt und eine Schließung nur durch Gesetz moglich; § 18 Abs. 1 Bestattungsgesetz .
  15. Baden-Wurttemberg: § 1 Abs. 1 Bestattungsgesetz ; Brandenburg: § 27 Abs. 1 Bestattungsgesetz ; Nordrhein-Westfalen: § 1 Abs. 1 Bestattungsgesetz : Rheinland-Pfalz: § 2 Bestattungsgesetz .
  16. Bayern: Art. 8 Abs. 4 Bestattungsgesetz ; Hessen: § 3 Friedhofs- und Bestattungsgesetz ; Mecklenburg-Vorpommern: § 14 Bestattungsgesetz ; Thuringen: § 26 Abs. 2 Bestattungsgesetz ; Sachsen: § 4 Abs. 1 Bestattungsgesetz ; Schleswig-Holstein: § 22 Bestattungsgesetz .
  17. Siehe die Bestattungsgesetze von Niedersachsen , des Saarlandes und von Sachsen-Anhalt .
  18. Peter Wilhelm: Bestattungen in verschiedenen Religionen und Kulturkreisen Weblog, abgerufen am 20. Juli 2016
  19. Reiner Burger: Islamischer Friedhof in Wuppertal: Mit Ewigkeitsrecht FAZ , 17. August 2013