Die
Freischarenzuge
waren zwei gescheiterte antiklerikale Umsturzversuche in der
Schweiz
in den Jahren
1844
und
1845
. Ziel der radikal-liberalen Aufstandischen war es, die konservative Regierung des
Kantons Luzern
zu sturzen und die
Jesuiten
zu vertreiben. Andere Kantone waren mit der Entsendung von
Freischaren
indirekt beteiligt, wahrend die
Tagsatzung
sich zuruckhielt. Die Aufstande hatten die Grundung des
Sonderbundes
zur Folge und waren Ausloser des
Sonderbundskriegs
.
Indirekter Ausloser der Freischarenzuge war die Aufhebung der Kloster im
Kanton Aargau
im Januar 1841 (
Aargauer Klosterstreit
). Daraufhin stellte der Kanton Aargau am 19. August 1844 an der Tagsatzung den Antrag, die Jesuiten aus der Schweiz auszuweisen, was jedoch abgelehnt wurde. Der von Katholisch-Konservativen regierte Kanton Luzern berief am 24. Oktober die Jesuiten an die hoheren Lehranstalten, was in liberalen Kreisen fur Emporung sorgte.
Bei einem schlecht koordinierten Umsturzversuch versammelten sich am 8. Dezember 1844 rund 100 liberal gesinnte Luzerner, welche aber von Regierungstruppen auseinandergetrieben wurden. Zur gleichen Zeit zogen etwa 1000 Freischarler aus den Kantonen Aargau,
Solothurn
und
Baselland
in Richtung
Luzern
. Die Freischarler konnten bei
Emmenbrucke
die Luzerner Regierungstruppen zwar zuruckschlagen, waren aber uber das weitere Vorgehen uneinig und mussten sich zuruckziehen, da in der Zwischenzeit starke luzernische Milizverbande anruckten. Die Luzerner Regierung ging mit zahlreichen Verhaftungen sowie politischen und wirtschaftlichen Repressionen gegen die Aufstandischen vor, aber auch viele Unbeteiligte waren davon betroffen.
Als Reaktion auf die Niederschlagung des ersten Aufstands bildete sich in den liberalen Kantonen eine Massenbewegung gegen die Luzerner Regierung. Die Agitation auf der liberalen Seite erreichte, angestachelt durch gefluchtete Luzerner, einen neuen Hohepunkt. Es bildeten sich Anti-Jesuiten-Vereine, Volksversammlungen wurden abgehalten, Petitionen organisiert, in den Zeitungen erschienen aufruhrerische Artikel. Verschiedene Kantone wandten sich offiziell zwar gegen einen moglichen zweiten Freischarenzug, sicherten aber im Geheimen Unterstutzung zu.
Angefuhrt vom spateren Bundesrat
Ulrich Ochsenbein
und dem abgesetzten Luzerner Regierungsrat
Jakob Robert Steiger
, zogen in der Nacht vom 30. auf den 31. Marz 1845 etwa 3500 Freiwillige von
Huttwil
und
Zofingen
in Richtung Luzern. Prominente Teilnehmer waren auch der spatere
Bundesprasident
Jakob Dubs
und der Dichter
Gottfried Keller
, die aber nicht an Kampfen teilnahmen. Mit einem Gewaltmarsch stiess die Hauptmacht der Aufstandischen bis kurz vor Luzern vor. Wegen der einbrechenden Dunkelheit und der allgemeinen Erschopfung der bereits stark dezimierten Truppen verzichtete Ochsenbein auf die Beschiessung und Einnahme der Stadt.
Ein in der Nacht versehentlich abgegebener Schuss fuhrte unter den ungeordneten und verunsicherten Freischarlern zu einer panikartigen Flucht. Grossere Abteilungen gerieten bei
Malters
in einen Hinterhalt (siehe
Gefecht bei Malters
). Am nachsten Morgen stiessen die Luzerner Regierungstruppen nur noch auf kleinere Gruppen. Insgesamt forderten die Kampfe uber 120 Todesopfer, davon mehr als 100 bei den Freischarlern. Die Luzerner machten rund 2000 Gefangene. Die Kantonsregierung ging gegen die Aufstandischen hart vor: Uber 700 Luzerner wurden zu Gefangnisstrafen verurteilt, die Freischarler aus anderen Kantonen gegen hohe Losegeldzahlungen freigelassen. Literarischen Niederschlag fanden diese Vorkommnisse in Gottfried Kellers Erzahlung ≪
Frau Regel Amrain und ihr Jungster
≫, 1856 erschienen in der Novellensammlung
Die Leute von Seldwyla
.
Als Reaktion auf die beiden Freischarenzuge bildeten die sieben katholischen Kantone Luzern,
Uri
,
Schwyz
,
Unterwalden
,
Zug
,
Freiburg
und
Wallis
den
Sonderbund
. Nachdem dessen Existenz ein Jahr spater bekannt wurde, verharteten sich die Fronten weiter, und der uber Jahre hinweg geschurte Konflikt entlud sich 1847 im
Sonderbundskrieg
.