Francois Regis de La Bourdonnaye, comte de La Breteche
(*
19. Marz
1767
in
La Varenne
,
Departement Maine-et-Loire
; †
28. August
1839
[1]
auf Schloss Mesangeau bei
Beaupreau
, Departement Maine-et-Loire) war ein
franzosischer
legitimistischer
Staatsmann. Er war ein streng royalistisch gesinnter Anhanger der
Bourbonen
und entschiedener Gegner der Ideen der
Franzosischen Revolution
. Von 1815 bis 1829 fungierte er als Anfuhrer der außersten Rechten in der
Deputiertenkammer
und 1829 kurzzeitig als Innenminister im Kabinett von
Jules de Polignac
. Nach dem Regierungsantritt von Konig
Louis-Philippe
verlor er 1830 jeden politischen Einfluss.
Abstammung, fruhes Leben und politischer Beginn unter Napoleon
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Francois Regis de La Bourdonnaye entstammte einer bretonischen Adelsfamilie, deren einer Zweig bereits seit einem Jahrhundert im
Anjou
ansassig war. Er war ein Sohn von Joseph Avoye de la Bourdonnaye de Lire und Bonne Jeanne Tranchant du Tret. 1786 trat er als Offizier in das im Infanterieregiment
Austrasie
des koniglichen Heers ein und diente dort bis zum Ausbruch der franzosischen Revolution, mit der er uberhaupt nicht sympathisierte. Er schloss sich stattdessen den
Chevaliers du poignard
an, die ihre royalistische Gesinnung im Dienst
Ludwigs XVI.
zeigten. Am 28. Februar 1791 wurde er von der
Nationalgarde
in den
Tulerien
gefangen genommen und nach einigen Tagen in Haft zu seinem Regiment geschickt, das in
Briancon
stationiert war. Er emigrierte, nahm im Oktober 1791 Dienste im Heer des
Prinzen Conde
und verbrachte nach dessen Auflosung einige Monate in der
Schweiz
.
Danach kehrte La Bourdonnaye unter dem
Direktorium
nach Frankreich zuruck, wo er sich nach einem kurzen Aufenthalt in
Orleans
unter dem Falschnamen Guibert am 9. September 1797 in
Angers
mit Emilie Vollaige de Vaugirault vermahlte. Der
Staatsstreich des 18. Fructidor V
(4. September 1797) zwang ihn aber kaum 15 Tage nach seiner Heirat, erneut Exil in der Schweiz zu suchen, wo er bis Oktober 1802 blieb. Dann durfte er sich wieder nach Frankreich begeben und ließ sich im Schloss Mesangeau nieder, das in der Gemeinde
Drain
gelegen war.
La Bourdonnaye unterwarf sich
Napoleon Bonaparte
, wurde durch dessen Dekret am 3. September 1803 Mitglied des Generalrats des
Departement Maine-et-Loire
und bald darauf Mitglied des Gemeinderats von Angers, dem er bis 1815 angehorte. Er unterstutzte 1806 im Generalrat von Maine-et-Loire die Adresse an Bonaparte fur die Erblichkeit der Krone. 1807 wurde er, wie von ihm gewunscht, als Kandidat zum Gesetzgebenden Korper vorgeschlagen, doch Napoleon verweigerte seine Ernennung. Bei Napoleons Ruckkehr aus Spanien begrußte ihn La Bourdonnaye im Namen des Departements, fand gnadige Aufnahme, erhielt aber die bald darauf nachgefragte Senatorie nicht.
Seit dem
russischen Feldzug
des Kaisers (1812) wandte sich der Graf erneut den Bourbonen zu und nahm an den Intrigen zu ihren Gunsten teil. Nachdem er bereits 1807 Sekretar des Generalsrats von Maine-et-Loire gewesen war, wurde er am 10. Mai 1813 dessen Prasident. In dieser Eigenschaft schwor er 1814 nach Napoleons Abdankung als Erster den Treueeid auf Konig
Ludwig XVIII.
, den dann auch seine Kollegen ablegten. Sonst leistete er 1814 zwar keine Dienste, wurde aber wahrend Napoleons erneuter
Herrschaft der Hundert Tage
proskribiert.
Nach der zweiten
Restauration
der Bourbonen und der damit verbundenen Ruckkehr Ludwigs XVIII. an die Macht trat La Bourdonnaye am 22. August 1815 fur das Departement Maine-et-Loire als Deputierter in die sogenannte
Chambre introuvable
und wurde bald fur fast 15 Jahre das Haupt der sogenannten Konteropposition auf der außersten Rechten. Hier ragte er durch gnadenlose Erbitterung gegen die ?Revolutionare“ und fanatischen
Royalismus
hervor. Er und
Jules de Polignac
verweigerten den unbedingten Eid auf die
Charte constitutionnelle
.
Beim Entwurf des Amnestiegesetzes vom 11. November 1815 regte La Bourdonnaye die beruchtigten Kategorien an, nach denen er alle Teilnehmer an Napoleons Herrschaft der Hundert Tage zur strengen Bestrafung klassenweise vorschlug. Er forderte Blut, um die Ruckkehr des Blutregiments zu verhindern, und wollte ?den weißen Schrecken“ verbreiten. Gegen die ?verbrecherischen Ranke der Rebellen“ verlangte er nach ?Ketten, dem Henker und dem Tod“, da nach seiner Meinung nur der Tod ihre Gesinnungsgenossen abschrecken konne. Man nannte ihn daher im ganzen Land den ?Mann der Kategorien“ oder den ?weißen
Jakobiner
“.
Nach La Bourdonnayes strengem Vorschlag sollten von der Amnestie jene hohen Staatsdiener ausgeschlossen werden, die wahrend der Hundert Tage Napoleons die Regierung gebildet hatten, die kommandierenden Generale und Prafekten, die zu ihm ubergetreten waren, sowie diejenigen Personen, die von ihm Amter angenommen oder in seinen Parlamentskammern gesessen hatten. Sie sollten getotet oder deportiert und ihre Guter konfisziert werden. Auch forderte La Bourdonnaye die Verbannung der ehemaligen Konventsmitglieder, die fur den Tod Ludwigs XVI. gestimmt hatten, und nannte sie tugendlose Leute, die stets gefahrlich seien. Der
Herzog von Richelieu
orientierte sich an La Bourdonnayes Empfehlungen fur das Amnestiegesetz, entscharfte sie aber in seinem am 8. Dezember 1815 eingebrachten Gesetzesantrag, der angenommen wurde.
Wiederholt sprach La Bourdonnaye auch bei Anlass des Wahlgesetzes und empfahl eine siebenjahrige Wahlperiode sowie drei Wahlgrade. Als erbitterter Gegner von
Elie Decazes
beantragte er eine Untersuchung, ob die Abgaben auf die Spiele, die Droschken und die Journale vom Polizeiminister erhoben werden durften.
Weitere politische Betatigung als fuhrender Ultraroyalist
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Nach der am 5. September 1816 erfolgten Auflosung der Chambre introuvable wurde La Bourdonnaye am folgenden 4. Oktober fur Maine-et-Loire als Deputierter wiedergewahlt und fungierte erneut als Haupt der außersten Rechten. Die Ultraroyalisten hatten aber in der Kammer ihre fruhere Mehrheit verloren. Da das Kabinett, in dem Decazes eine fuhrende Rolle spielte, seine Kandidatur bekampft hatte, betrieb La Bourdonnaye gegen die Regierungspolitik heftige Opposition. Als Mitglied der Petitionskommissionen trat er fur den Redakteur des
Fidele ami du roi
energisch ein. Er bekampfte den Vorschlag des Kabinetts fur ein neues Wahlgesetz, weil er den Ministern als ?einem regierenden Direktorium“ zu viel Macht verleihe; auch bestritt er, dass die vorgesehenen nur etwa 100.000 Wahlberechtigten die ganze Nation reprasentierten.
Am 14. Januar 1817 sprach La Bourdonnaye gegen das Gesetz uber personliche Freiheit und wetterte standig gegen Decazes, der als Polizeiminister eine zu große Machtfulle besaße. Auch forderte er strengste Sparsamkeit fur das Staatsbudget und griff das Zensurgesetz fur Journale an. Am 16. Januar 1818 bekampfte er das Rekrutierungsgesetz als bedenkliche Starkung der Regierungsgewalt auf Kosten der offentlichen Meinung und der Kammern. Er tadelte das Avancement von Offizieren nach dem Anciennitatsprinzip, was die Rechte des Konigs beschneide (der nur noch ein Drittel der Chargen frei nach seinen Wunschen besetzen konnte), und die Errichtung von Veteranenlegionen, die ihm eine zur Verfugung der Legislative stehende Parlamentsarmee zu bilden schienen. Ferner forderte La Bourdonnaye ein Gesetz uber Ministerverantwortlichkeit, Abschaffung der Stempelgebuhr fur Broschuren und nicht taglich erscheinende Zeitungen und redete im Sinn der
Pressefreiheit
. Als aber
Charles Nicolas Fabvier
seine Broschure
Lyon en 1817
im Jahr 1818 publizierte, tadelte er, dass Fabvier nicht dafur gerichtlich verfolgt wurde, und wurde darum von der liberalen Zeitung
Minerva
als ?
Ajax
der Rechten“ bezeichnet.
La Bourdonnaye beantragte die Aufhebung des Polizeiministeriums, sprach zugunsten von
Francois Barthelemys
Antrag, das Wahlgesetz zu modifizieren, griff das Ministerium 1819 wegen eines
Pairsschubs
an, widersetzte sich am 24. Marz desselben Jahres der Kreierung von Großbuchern der offentlichen Schuld fur die Provinzen, am 17. Mai der Petition zugunsten der Verbannten und am 2. Juni wiederum dem Rekrutierungsgesetz. Er bekampfte leidenschaftliche die Zulassung des
Abbe Gregoire
in die Deputiertenkammer, da dieser als ?Konigsmorder“ unwurdig sei, und nannte am 24. Dezember 1819 das Ministerium wegen seiner schwankenden Politik ?isoliert inmitten Frankreich“.
Die Ermordung des
Herzogs von Berry
bot den erwunschten Anlass zum Sturz von Decazes. La Bourdonnaye schlug der Kammer am 14. Februar 1820 die an Ludwig XVIII. zu erlassende Beileidsbekundung vor und freute sich uber die Entlassung des ihm verhassten Ministers, zu welcher Maßnahme er wesentlich beigetragen hatte. Er unterstutzte den Plan, das Gesetz uber personliche Freiheit zu suspendieren, stritt am 31. Marz fur die Wiedereinfuhrung der
Zensur
und beschuldigte die liberalen Schriftsteller, sie wollten Legitimitat und Religion umsturzen, wahrend sie Gleichheit und Volkssouveranitat predigten. Doch forderte er, dass das Zensurgesetz nur zeitweilig in Kraft sein sollte.
Royer-Collard
unterstutzte ihn dabei, aber seine Meinung drang nicht durch. Am 15. Mai befurwortete der Graf das neue Wahlgesetz und bot alle Krafte auf, um das ihm verhasste vom 5. Februar 1817 zu Fall zu bringen.
Am 13. November 1820 in Maine-et-Loire und
Indre-et-Loire
in die Kammer gewahlt, nahm La Bourdonnaye fur ersteres Departement an. 1821 forderte er, dass General Lavaux und
Benjamin Constant
wegen von ihnen getatigten Außerungen zur Ordnung gerufen wurden. Als er am gleichen Tag erklarte, Frankreich wolle keine Deputierten der Linken mehr, unterblieb der gegen ihn von de Corcelles und
Alexandre de Lameth
beantragte Ordnungsruf. Am 7. Juli 1821 wandte er sich gegen die vom Ministerium geforderte Verlangerung der Pressezensur und am 12. Juli gegen die Abschaffung der
Salzsteuer
. Ebenso wie die Linken attackierten er und andere Ultras schonungslos den Prasidenten des Ministerrats, Richelieu, der schließlich im Dezember 1821 zurucktrat.
Auch dem neuen, von
Jean-Baptiste de Villele
gefuhrten Kabinett begegnete La Bourdonnaye anfangs mit Abneigung, obwohl Villele den Ultraroyalisten angehorte. Zwar erlangte La Bourdonnaye im Juni 1822 fur die Prasidentschaft der Deputiertenkammer die meisten Stimmen; dennoch wahlte Ludwig XVIII.
Auguste Ravez
, der 16 Stimmen weniger bekommen hatte, statt seiner zum Kammerprasidenten. So musste sich La Bourdonnaye mit dem Posten des Vizeprasidenten begnugen. Er brach mit seinem Freund
Francois-Rene de Chateaubriand
, als dieser am 28. Dezember 1822 Außenminister wurde.
1823 trat La Bourdonnaye eifrig fur die
franzosische Intervention in Spanien
ein und griff das Ministerium heftig an, das in Unterhandlungen mit Rebellen getreten sei. Er votierte im Februar 1823 fur die außerordentlichen Mittel fur den Krieg und trotz seines geringen Vertrauens zum Ministerium sprach er sich fur die Anleihe aus. Er wollte
Jacques-Antoine Manuel
aus der Kammer ausgestoßen sehen, weil dieser sich Anspielungen auf die Hinrichtungen
Karls I. Stuart
und Ludwigs XVI. anlasslich der Debatten uber die Intervention in Spanien erlaubt hatte, kam in die hieruber tagende Kommission und erstattete am 1. Marz, umtobt von den wutenden Linken, ihren Bericht. In der Folge wurde Manuel aus der Kammer ausgeschlossen. Bei der Budgetdiskussion nannte La Bourdonnaye das vorgelegte Budget ein erdichtetes, einen Finanzroman; er griff Villele als zu schwach gegen die Feinde der Legitimitat und zu unentschieden in der spanischen Frage an, bekampfte die geheimen Ausgaben der Polizei und forderte, ein Teil des Kredits von 2,2 Millionen Francs musse der Untersuchung der Deputiertenkammer unterliegen.
1823 gedachten die
Ultraroyalisten
, La Bourdonnaye in ein Kabinett unter
Baron Vitrolles
zu bringen. La Bourdonnaye war zur Annahme geneigt, aber Villele durchkreuzte ihre Plane und La Bourdonnayes Wut auf ihn stieg. Am 6. Marz 1824 wurde er erneut als Deputierter wiedergewahlt. Bei der Beratung des Gesetzes uber die Konvertierung der Rente am 24. April 1824 sprach er gegen Villeles Vorschlag und griff diejenigen an, welche behaupteten, die bisher zum Ankauf der Rente und zum Agiotage-Spiel verwendeten Fonds wurden infolge des neuen Gesetzes dem Handel und Ackerbau zustromen; seine eigenen Gesetzesvorschlage fielen durch. Am 28. Mai sprach er abermals gegen einen neuen Rekrutierungsgesetzentwurf und die Erhohung der Dienstzeit auf acht Jahre und beantragte zwei
Amendements
: Befreiung der einzigen und der altesten Familiensohne vom Militardienst und Abschaffung des Rechts auf Avancement. Am 5. Juni 1824 sprach er sich gegen das Wahlgesetz mit siebenjahriger Legislaturperiode aus.
Bei der Beratung des Budgets fur 1825, speziell bei der Erwahnung der geheimen Fonds, griff La Bourdonnaye Villele schonungslos an. Er warf ihm am 12. Juli 1824 das Bestehen einer Kasse fur die Wahlen vor, die er die Saturnalien der Reprasentativregierung genannt habe; er zeigte der Kammer, welchen Verfolgungen die den Ministern feindlichen Journale preisgegeben seien, und bezifferte bis auf mehr als 2 Millionen Francs die zum Kauf oder der Errichtung einiger periodischer Blatter aufgewandten Summen. Er suchte auch die Minister zu Tyrannen und zu Mordern der offentlichen Meinung zu stempeln. Mit seiner leidenschaftlichen Erbitterung kontrastierte merkwurdig die Ruhe und Kalte seiner Personlichkeit, weshalb Decazes ihn einen ?Tiger voll Kalte“ nannte.
Das Entschadigungsgesetz fur die Emigranten von 1825 erschien La Bourdonnaye kleinlich, denn er rasonierte so: entweder waren die Nationalversammlungen der Revolution ungesetzlich, dann sind ihre gesamten Akte nichtig, oder gesetzlich, dann haben die Emigranten keinen Anspruch auf Entschadigung. Wenn die Charte die
Nationalguter
-Verkaufe garantierte, so ist dies nur eine politische Maßregel, die den Erwerbern den Wert ihrer erkauften Guter verburgt, ihnen jedoch kein Eigentumsrecht ubertragt. Er bekampfte darum energisch den Entwurf der Minister, der den Emigranten zu wenig und zu viel biete und aus lauter Tauschungen bestehe, deren einziger Zweck sei, in Villeles Hand ohne Verantwortung das ganze offentliche und private Vermogen zu legen, und verlangte eine neue Gesetzesprufung.
Als sich die Deputiertenkammer im Februar 1826 mit dem Fall einer moglichen, von den Ministern gewunschten Anklage des
Journal de Commerce
befasste, in dem laut
Charles-Marie d’Irumberry de Salaberry
einige Abgeordnete beleidigt worden seien, ging es darum, ob eine einfache Mehrheit fur die Entscheidungsfindung ausreiche. Simonneau und Chifflet bejahten diese Sichtweise, weil ansonsten eine Minderheit ein Vorhaben der Kammermajoritat verhindern konne. Bei dieser Gelegenheit trat La Bourdonnaye fur Pressefreiheit ein und lehnte entschieden die auf eine Beschneidung der Oppositionsrechte hinauslaufende Ansicht von Simonneau und Chifflet ab. Die parlamentarische Regierungsform brauche eine kraftige Opposition; ohne diese ware sie nur organisierte Tyrannei.
Am 14. Februar 1827 verwarf La Bourdonnaye das von der Regierung geplante, eine strenge Zensur vorsehende Pressegesetz, das ironischerweise ?Gesetz der Gerechtigkeit und Liebe“ genannt wurde. Er behauptete, Frankreich konne nur im engen Bundnis von Charte und Legitimitat sein Heil finden, es fordere darum die Charte ganz und voll (die er selbst 1823 angegriffen hatte), ohne Pressefreiheit konne aber keine reprasentative Regierung bestehen.
Nach der Auflosung der Kammer wurde der La Bourdonnaye am 24. November 1827 in Angers zum funften Mal als Deputierter wiedergewahlt. Als Villele am 3. Januar 1828 zurucktrat und nun ein von
Martignac
gefuhrtes Kabinett die Regierung ubernahm, beteiligte sich La Bourdonnaye lebhaft an den Beratungen uber dessen Zusammensetzung und hoffte Finanzminister zu werden. Als aber die Kunde hiervon an die Borse drang, sanken sofort die Kurse und La Bourdonnaye verzichtete auf seine Erwartung. Er scheiterte auch erneut bei seiner Kandidatur fur die Prasidentschaft der Deputiertenkammer, obwohl er beim ersten Wahlgang eine relative Stimmenmehrheit von 178 Stimmen erhalten hatte.
In der Folge blieb La Bourdonnaye das Haupt der außersten Rechten, schien aber die Vehemenz seines bisherigen systematischen Oppositionsverhaltens etwas gemaßigt zu haben. Er kam am 22. Januar 1828 in die Kommission, die in Bezug der geistlichen Sekundarschulen die Maßregeln zur Ausfuhrung der Gesetze des Landes untersuchen sollte, und bekundete den
Jesuiten
gunstige Gesinnung. In der geheimen Sitzung vom 14. Juli lehnte er rundweg eine Erwagung des Vorschlags
Salvertes
ab, den Konig um die Reorganisation der aufgelosten Pariser Nationalgarde zu bitten. Dann wurde er Mitglied der Budgetkommission und mit der Erstellung des Berichts uber die voraussichtlichen Einnahmen des Jahres 1829 beauftragt. Als Salverte am 19. Februar 1829 die Initiative von
Guillaume-Xavier Labbey de Pompieres
, das ehemalige Ministerium Villele anzuklagen, wiederaufgegriffen hatte, kritisierte La Bourdonnaye zum Erstaunen aller die Art der Abwicklung dieses Antrags, der im Ubrigen folgenlos blieb. Im April 1829 bekampfte er die von den Ministern prasentierten Gesetzesvorschlage fur die Departements- und Gemeindeorganisation; in der Folge wurden diese Antrage von der Regierung wieder zuruckgezogen.
Nach dem Rucktritt des Ministeriums Martignac wurde La Bourdonnaye, den Chateaubriand die ?mannliche
Megare
“ nannte, im neuen, von
Jules de Polignac
gefuhrten Kabinett am 8. August 1829 Innenminister. Sofort wurde er von zahlreichen liberalen Zeitungen bekampft; bloß der
Quotidienne
und die
Gazette de France
sprachen sich fur ihn aus. Das
Journal des Debats
, das ihn gelobt hatte, als er Villele bekampfte, erinnerte nun daran, dass er 1815 ganze Klassen von der Amnestie hatte ausschließen wollen. Laut dieser Zeitung sei er allein daran schuld gewesen, wenn das Kabinett Polignac keine Mehrheiten fand; seine gehassig-uberzogenen Forderungen und sein Ungestum seien unertraglich gewesen; kuhn hatte er eine antiliberale Gegenrevolution geplant. Doch durfte diese Einschatzung La Bourdonnaye nicht gerecht werden. Die Royalisten waren uber ihn geteilter Meinung; die Gruppe um
Francois-Marie Agier
lehnte ihn ab, die Anhanger Villeles hielten ihn fur unfahig. Nur diejenigen Ultraroyalisten, die schroffe Maßregeln befurworteten, hielten an ihm als ihrem Mann fest.
Die Angriffe auf La Bourdonnaye wurden noch vehementer, als er am 13. August 1829
Claude Mangin
zum Pariser Polizeiprafekten ernannte. Innerhalb der Regierung herrschten unterdessen Meinungsverschiedenheiten. So riet La Bourdonnaye Polignac, die Jesuiten aus dem politischen Spiel zu lassen; er hatte es lieber, dass die Polizei und nicht die Jesuiten die Liberalen in ihre Schranken weise. Polignac wiederum empfand La Bourdonnaye als unvertraglich, und dieser harmonierte auch mit anderen Ministern nicht. Konig
Karl X.
soll zur Ubertragung von Regierungsverantwortung an La Bourdonnayes gesagt haben, es mussten diejenigen Leute, die sich standig beklagten, getestet werden. Schließlich musste sich Polignac politisch gegen La Bourdonnaye durchzusetzen suchen.
Neidisch auf den vom Konig bevorzugten Regierungschef widersetzte sich La Bourdonnaye der Ernennung eines Prasidenten des Ministerrats, obwohl Polignac ihm diese Stelle anbot, und als Karl X. sie Polignac ubergeben hatte, reichte er zur Freude seiner Kollegen seine Entlassung ein. Schon am 18. November 1829 wurde
Guillaume-Isidore, comte de Montbel
sein Nachfolger. Als Vorwand fur seinen Rucktritt gab er mysterios an, das Ministerium spiele eine Partie, wo es um den Kopf gehe, und er habe die Karten in der Hand behalten wollen. Er hinterließ nur zwei Spuren seines Wirkens als Innenminister: eine Verfugung uber die Metzger in Paris und ein Zirkular uber die Marionetten; auch hatte er in der
medizinischen Akademie
und der
Ecole des chartes
Verbesserungen vorgenommen.
Konig Karl X gestand La Bourdonnaye eine Pension von 12.000 Francs zu, ernannte ihn zum Staatsminister und Mitglied des koniglichen Geheimrats sowie am 27. Januar 1830 zum
Pair von Frankreich
. Ohne Einfluss in der
Pairskammer
, hatte La Bourdonnaye keinen Anteil an den Maßnahmen, die zum Sturz Karls X. fuhrten. Nach der
Julirevolution von 1830
verweigerte er dem neuen Konig
Louis Philippe
den Untertaneneid. Die Deputiertenkammer erklarte alle unter Karl X. erfolgten Pairsernennungen (insgesamt 14) fur null und nichtig, sodass La Bourdonnaye seine Pairswurde wieder verlor. Seitdem lebte er ohne jede weitere politische Betatigung auf seinem Schloss Mesangeau bei Beaupreau, wo er am 28. August 1839 im Alter von 72 Jahren starb.
Er hatte die Schrift
Proposition d’une loi d’amnistie faite par M. le comte de La Bourdonnaye a la chambre des deputes dans la seance du 11 novembre 1815, et prise en consideration le meme jour
(Paris 1815) herausgegeben. Dieses Werk erlebte innerhalb eines Monats drei Auflagen und Anfang 1816 eine vierte. Auch hatte La Bourdonnaye zahlreiche in der Deputiertenkammer gehaltene Reden drucken lassen.
- Biographie
auf der Seite assemblee-nationale.fr (franzosisch)
- ↑
So beispielsweise
Arthur Kleinschmidt
, in:
Allgemeine Encyclopadie der Wissenschaften und Kunste
, 2. Sektion, 41. Bd. (1887), S. 92. Laut dem
Dictionnaire des parlementaires francais de 1789 a 1889
(Band 1, S. 437) starb La Bourdonnaye am 28. Juli 1839.