Dieser Artikel befasst sich mit dem Fest als gesellschaftlicher Veranstaltung, zu anderen Bedeutungen siehe
Fest (Begriffsklarung)
.
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Ein
Fest
ist ein gesellschaftliches oder religioses
Ritual
oder ein Ereignis, zu dem sich Menschen an einem Ort zu einem besonderen Zeitpunkt treffen und gesellig sind. Der Tag, an dem das Ereignis stattfindet, wird als
Festtag
bezeichnet. Die Bezeichnung
Feier
gilt als Synonym fur den Begriff
Fest
, wenn sie sich auf ein entsprechendes Ritual oder Ereignis bezieht.
Das Wortfeld
Feier/feiern
hat daruber hinaus weitere Bedeutungen.
Das deutsche Wort
Fest
stammt vom
lateinischen
Wort
f?stum
[1]
fur das Feiern vorgesehener Zeitabschnitte. Das deutsche Wort
Feier
ist von dem lateinischen Wort
feriae
?Tage, an denen keine Geschafte vorgenommen werden“ abgeleitet,
spatlateinisch
feria
?Festtag“,
[2]
mittellateinisch
auch ?Jahrmarkt“.
[3]
Beide Worter wurzeln in dem lateinischen Wort
fari
, ?sprechen“, ?(gottliches) Wort“, davon abgeleitet
fas
(?gottliches Recht, heilige Weltordnung“,
uritalisch
*f?s-io- ?heilig‘).
[4]
Lateinsprecher druckten damit ihre Ansicht aus, dass wahrend des Festes
profane
Tatigkeiten der Feiernden ruhen sollten.
Nach
judischer
Auffassung hat Gott der Zeit ihre Struktur gegeben. Zu dieser Struktur gehort die
Sieben-Tage-Woche
mit dem Gebot, den siebten Tag als den Tag, an dem Gott
nach seinem Schopfungswerk ruhte
, als
Sabbat
zu feiern (
Ex
20,11
EU
).
Feiertage
wie der Sabbat, aber auch nur einmal im Jahr zu feiernde Tage, werden im
Hebraischen
als ?Moed“ bezeichnet.
[5]
Ein ?Moed“ ist ?eine Verabredung fur eine heilige Zusammenkunft“ des Menschen mit Gott. Ein Feiertag muss ?geheiligt“ werden, indem Glaubige an ihm keiner (Erwerbs-)Arbeit nachgehen und gemeinsam mit anderen Glaubigen an einer rituellen Feier teilnehmen. Am Freitagabend, dem
Vorabend
zum Sabbat, begrußen sich Juden traditionellerweise mit ?Schabbat
schalom
“.
Das Christentum setzte die Tradition der Sieben-Tage Woche fort. Es begeht als Wochenfeiertag den Sonntag, den ersten Tag der Woche und Tag der
Auferstehung Jesu Christi
(
Mt
28,1
EU
), als ?Tag des Herrn“ (
Dies Dominicus
, franzosisch
Dimanche
, italienisch
Domenica
).
Das Hebraische trennt den ?Chag“ (die ?Festversammlung“) vom ?Moed“. Als ?Chag“ gelten einerseits die drei traditionellen
Wallfahrtsfeste
Pessach
,
Schawuot
und
Sukkot
, an denen man sich mit
Chag sameach
(?Frohes Fest!“) begrußt, andererseits auch Geburtstagsfeiern und andere profane Feste.
Auch private Feiern konnen allerdings eine Begegnung mit dem Heiligen beinhalten. So wird z. B. nach katholischer Auffassung wahrend einer
kirchlichen Trauung
das
Sakrament
der Ehe gespendet.
Das
Verb
?feiern“ hat nicht nur die Bedeutung ?an einem Fest teilnehmen“, sondern auch die Bedeutung: ?die Arbeit ruhen lassen“,
[6]
z. B. in dem Kompositum ?krankfeiern“.
In der letztgenannten Wortbedeutung sind die Worter ?Feiertag“ und ?Feierschicht“ zu verstehen.
Als
Feierschicht
wurde ab 1958 im
Bergbau
in Deutschland, insbesondere im
Ruhrbergbau
, eine ausgefallene
Schicht
bezeichnet, wahrend derer Arbeitskrafte nicht ihrer Arbeit nachgehen konnten.
Feierschichten
sind Symptome einer Wirtschaftskrise/
Kohlekrise
.
[7]
Gesetzliche
Feiertage
sind Tage, an denen der betreffende Staat auf seinem Gebiet anordnet, die Arbeit weitgehend ruhen zu lassen. Der Zweck eines Feiertags besteht zwar auch darin, Erwerbstatigen die Teilnahme an bestimmten Feiern (z. B. an Gottesdiensten oder
Maikundgebungen
) zu ermoglichen, eine Teilnahme an diesen ist aber nicht rechtlich verpflichtend.
Dadurch konnte der Eindruck entstehen, dass die Bedeutungen ?Ruhenlassen der Arbeit“ und ?Teilnehmen an einer feierlichen Veranstaltung“ nichts miteinander zu tun hatten. Tatsachlich ist das Ruhenlassen der Arbeit zumeist Voraussetzung dafur, dass man an einem Fest als Feiernder teilnehmen kann.
Das vollstandige Ruhenlassen der Arbeit an einem Feiertag ist de facto in keinem Staat moglich. Es gibt gesellschaftlich notwendige Arbeit, die auch an einem Feiertag nicht ruhen kann (z. B. die Arbeit von Feuerwehrleuten, Polizisten und Notarzten).
[8]
Auch bei vielen Feiern ist ein Einsatz Erwerbstatiger erforderlich. So listet z. B. ein professioneller
Hochzeitsplaner
auf, wie viele professionelle Dienstleister erforderlich sind, damit die Feiernden sich an der Hochzeitsfeier in einem Saal unbeschwert erfreuen konnen. Ahnliches gilt fur viele andere Feste und Feiern.
Josef Isensee
[9]
raumt ein, dass es ohne Arbeit kein Fest und keine Feier geben konne. Aber es sei die Aufgabe der fur die Veranstaltung Arbeitenden, sich (als Arbeitende) wahrend der Feier ?unsichtbar“ zu machen. Deutlich sichtbare Priester in Messfeiern sind fur Isensee weder ?Messwerker“ noch ?Liturgiearbeiter“, sondern ?Zelebranten“ (auf Deutsch: ?Feiernde“).
Feste haben einen reprasentativen und demonstrativen Aspekt, der sie nach außen hin erkennbar macht (etwa in:
Prozession
,
Tanz
,
Schauspiel
,
Wettbewerbe
). Man kann sie ggf. als
Pilger
oder Tourist aufsuchen und sich beteiligen.
Traditionellerweise sollen Feste, aber auch Feiern gemeinschaftsstiftend und gemeinschaftserhaltend wirken. Bestimmte
Rituale
(z. B. das
Festmahl
) sollen demnach den sozialen Zusammenhalt der Festteilnehmer festigen. Durch regelmaßige Besuche von Gottesdiensten, die durch festgelegte liturgische Ablaufe gekennzeichnet sind, demonstrieren Glaubige die Zugehorigkeit zu ihrer Religionsgemeinschaft.
Feste heben sich durch besondere
Brauche
, die auch hohe Emotionalitat (im Fall von erfreulichen Festanlassen Freude
[10]
und Begeisterung) bis hin zur
Ekstase
erlauben konnen, aus dem Alltag heraus. Ihnen kann also ein wildes, anarchisches oder destruktives Moment zugrunde liegen, etwa im
Karneval
. Nach
Sigmund Freud
ist ein Fest ?ein gestatteter, vielmehr ein gebotener Exzess, ein feierlicher Durchbruch eines
Verbotes
. Nicht weil die Menschen infolge irgend einer Vorschrift froh gestimmt sind, begehen sie die Ausschreitungen, sondern der Exzess liegt im Wesen des Festes; die festliche Stimmung wird durch die Freigebung des sonst Verbotenen erzeugt.“
[11]
Ein Fest kann aber auch sehr gemessen oder getragen zugehen. So folgten Feste in der Barockzeit strengen Regeln, die sich in Abwandlung zum Teil bis in unsere Tage erhalten haben (Gastgeber, Gast, Festprogramm). Feste ? speziell teure und große Feste ? stehen auch fur eine Art von
Geltungskonsum
.
Feste und Feiern gliedern die Zeit in Zyklen und Perioden, wenn sie in regelmaßigen Abstanden stattfinden.
Es gibt auch Feiern aus traurigem Anlass, bei denen die oben angefuhrten ?Exzesse“ fehl am Platz sind. An ihre Stelle tritt die Anteilnahme als vorherrschende Emotion. Dies trifft vor allem auf Gedenkfeiern (z. B. am
Volkstrauertag
) und auf Beisetzungsfeiern zu.
Gedeckter Tisch fur eine Kindergeburtstagsfeier
Feste lassen sich unterscheiden in
- wochenzyklische Feiertage und Feiern
- jahreszyklische Feste und Feiertage
- personenbezogene Feste und Feiern (vgl. Passageritus)
- Winfried Gebhardt:
Fest, Feier und Alltag. Uber die gesellschaftliche Wirklichkeit des Menschen und ihre Deutung.
Frankfurt / Bern / New York / Paris 1987.
- Michael Maurer (Hrsg.):
Das Fest. Beitrage zu seiner Theorie und Systematik.
Bohlau, Koln / Weimar / Wien 2004.
- Miriam Haller:
Das Fest der Zeichen. Schreibweisen des Festes im modernen Drama.
Bohlau, Koln / Weimar / Wien 2002. (Kolner Germanistische Studien, Neue Folge, Bd. 3). Zugl. Koln, phil. Diss. 2001.
- Manfred Knedlik und Georg Schrott (Hrsg.):
Solemnitas. Barocke Festkultur in Oberpfalzer Klostern.
Kallmunz 2003.
- Katrin Schuh (Hrsg.):
Architektur als Kultur. Die Bedeutung der Bauten zwischen Fest, Feier und Alltag.
Frankfurt a. M. 2003.
- ↑
Digitales Worterbuch der deutschen Sprache
:
Fest
- ↑
Art.
Feier
in:
Kluge.
Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache
. Bearbeitet von Elmar Seebold. 25., durchgesehene und erweiterte Auflage. De Gruyter, Berlin / New York 2011, S. 256.
- ↑
Art.
feria
in: Jan F. Niemeyer, Co van de Kieft:
Mediae Latinitatis lexicon minus.
=
Medieval Latin dictionary.
Band 1:
A?L.
Edition remaniee par Jan W. J. Burgers. Brill, Leiden u. a. 2002,
ISBN 90-04-12900-6
, S. 548.
- ↑
f?s (Latein)
. wortbedeutung.info. Abgerufen am 6. Januar 2021
- ↑
Eine Kultur der Dankbarkeit. Schatze des Hebraischen Denkens
. International Christian Assembly Jerusalem (ICAJ). Abgerufen am 7. Januar 2021
- ↑
Abschnitt ?feiern“
. In:
Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute
. Abgerufen am 27. Dezember 2020
- ↑
Feierschichten?Lohn der Angst
. spiegel.de, 23. Dezember 1958, abgerufen am 6. Januar 2024.
- ↑
§ 10 Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
Abgerufen am 7. Januar 2021
- ↑
Die Philosophie des Festes
.
Konrad-Adenauer-Stiftung
. Marz 2008 S. 57 (3). Abgerufen am 7. Januar 2021
- ↑
siehe auch
mesolimbisches Belohnungssystem
- ↑
Sigm[und]. Freud: Totem und Tabu. Einige Ubereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker. Verlag Hugo Heller & Cie., Wien 1913.