Fachaufsicht

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Die Fachaufsicht ist in Deutschland die Aufsicht uber die Rechtmaßigkeit und Zweckmaßigkeit von Verwaltungshandeln. [1]

In Abgrenzung zur Fachaufsicht ist bei der Rechtsaufsicht die Befugnis der aufsichtsfuhrenden Behorde darauf beschrankt, die Rechtmaßigkeit des Verwaltungshandelns zu uberprufen. [1] Sie ist auf die Einhaltung der Gesetze und sonstigen Rechtsnormen konzentriert. Rechtsaufsicht ist charakteristisch fur die Selbstverwaltung , wohingegen bei der Auftragsverwaltung die Behorden der Fachaufsicht unterliegen.

Dienstaufsicht bezieht sich auf Beschaftigte, Organisationseinheiten oder Aufbau und Ablaufe. Sie zielt insbesondere auf personliche Pflichterfullung der Beschaftigten, die hiermit in Verbindung stehende innere Ordnung und den Dienstbetrieb der nachgeordneten Organisationseinheit. [1] Dienstaufsicht beschreibt die Kontroll- und Einflussmoglichkeiten auf Beschaftigte und umfasst die Befugnis , uber dienstrechtliche Angelegenheiten der dort beschaftigten Mitarbeiter des offentlichen Dienstes zu entscheiden.

Zur Gewahrleistung des recht- und zweckmaßigen Verwaltungshandeln zahlen die rechtsfehlerfreie und einheitliche Rechtsanwendung sowie Ermessen ­slenkung; die Einhaltung hoher Qualitat und Wirtschaftlichkeit , die inhaltliche und formale Nachvollziehbarkeit und Reibungslosigkeit der internen Ablaufe sowie die Starkung von Eigenverantwortung . Dabei sollen Entscheidung ­sspielraume der nachgeordneten Behorden klar definiert und Weisungen auf das notwendige Maß beschrankt werden. [1] Hinzu kommen Ziele, die sich aus der speziellen Aufgabenstellung der Behorden ergeben, z. B. die Gewahrleistung und Optimierung einer guten Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Behorden. [2] Die Fachaufsicht hat nicht nur kontrollierende, sondern auch steuernde und koordinierende Funktion. Die Zustandigkeiten fur die einzelnen Bereiche der Fachaufsicht sind im Rahmen der Geschaftsverteilung moglichst eindeutig und vollstandig zu klaren. Die Ausubung der Fachaufsicht soll ? soweit erforderlich ? innerhalb der Aufsichtsbehorden zwischen den aufsichtsfuhrenden Organisationseinheiten (z. B. Referaten) abgestimmt werden.

Fur die Ausubung der Fachaufsicht stehen verschiedene Instrumente zur Verfugung. Dazu zahlen Informations-, Eingriffs- und Kooperationsinstrumente. Im Einzelnen sind dies Strategie- und Programmplanungen, Zielvereinbarungen , Weisungen und Erlasse , Berichte , Dienst besprechungen (insb. auch vor Ort in den Behorden), Fortbildungsmaßnahmen , Geschaftsprufungen und der sogenannte Selbsteintritt . Die Wahl des Instruments liegt im Ermessen der Aufsichtsbehorde. Die Instrumente schließen sich nicht aus, sondern erganzen sich unter Berucksichtigung der Zweck-Mittel-Relation.

Klassisches Aufsichtsinstrument ist die Weisung . Sie hat Regelungscharakter und setzt eine intern-verbindliche Rechtsfolge fur die nachgeordnete Behorde. Sie konnen als konkrete Einzelweisung an eine Behorde oder einen dort Beschaftigten erteilt sowie als Verwaltungsvorschrift abstrakt-generell ausgestaltet werden, um eine gleichartige Verwaltungspraxis zu erreichen. Weisungen sind nicht auf spezifische Regelungsinhalte beschrankt. Sie konnen Handlungsanordnungen erteilen, Auslegungsbestimmungen fur Gesetze und Rechtsprechung geben, steuernde und korrigierende Ziele verfolgen sowie Handlungsspielraume eroffnen. Die Fachaufsichtsbehorde erteilt Weisungen, wenn sie behordliche Maßnahmen fur fachlich oder sachlich nicht gerechtfertigt halt. Mit einer Weisung beanstandet sie und fordert auf, die Mangel abzustellen. Damit kann eine Verwaltungsentscheidung verandert, zuruckgenommen oder untersagt werden.

Ein weiteres Instrument sind Billigungsvorbehalte, z. B. bei Personalentscheidungen oder bei der Ubersendung von Akten an Gerichte .

Vereinbarungen kommen in Betracht, wenn Ziele thematisch und zeitlich definiert werden konnen, beispielsweise im Bereich der Personalgewinnung, bei der Planung von Fachtagungen oder zur Regelung von Personalaustausch. Vereinbarungen konnen als Kooperationsinstrument die Ergebnisorientierung und die Eigenverantwortung der beaufsichtigten Behorden starken.

Die Ausubung der Fachaufsicht durch ihre Instrumente bewegt sich im Spannungsfeld von ?langer Leine“ und Mikromanagement . Letzteres kann zu einer ungewollten und unzweckmaßigen Verlagerung von Entscheidungen auf die Fachaufsichtsbehorde fuhren.

Die Aufsichtsbehorden verfugen nur uber begrenzte personelle Kontrollkapaziataten und sind fur ihre Aufsichtstatigkeit auf die Informationen und deren Aufarbeitung durch die Kontrollierten angewiesen. [2]

Unterrichtungspflicht

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Fur die Fachaufsicht von grundlegender Bedeutung ist die Unterrichtung, um sich ein genaues Bild uber den fachlichen, personalwirtschaftlichen und organisatorischen Ist-Zustand zu machen. Unterrichtungen sind nicht an eine Form gebunden. Sie konnen mundlich oder schriftlich, anlassbezogen oder regelmaßig, durch Sachstands- und Evaluationsberichte, in Dienstbesprechungen oder informelle Gesprache erfolgen. Die Aufsichtsbehorden haben das Recht, in Originalakten und - dateien der nachgeordneten Behorden Einsicht zu nehmen ohne Rucksicht auf Geheimhaltungs- oder Datenschutzbestimmungen. Die Initiative fur Unterrichtungen kann von den Aufsichtsbehorden wie auch vom nachgeordneten Bereich ausgehen.

Die Verantwortung der Bundesministerien fur ihren Geschaftsbereich leitet sich aus dem verfassungsrechtlich verankerten Ressortprinzip und Demokratieprinzip ab. Die Ministerien nehmen die Verantwortung auch gegenuber dem Deutschen Bundestag wahr. Dementsprechend haben die Fachaufsichtsbehorden nicht nur ein Informationsrecht, sondern die Pflicht, sich im erforderlichen Maße informieren zu lassen. Informationsrecht und -pflicht der Aufsichtsbehorden korrelieren mit Unterrichtungspflichten der nachgeordneten Behorden. Diese haben die Aufsichtsbehorden eigeninitiativ und zeitnah zu unterrichten bei Vorgangen von politischer Brisanz und in Fragen der Handlungsfahigkeit der Behorden, z. B. durch Hinweise auf Defizite und Bedarf an personeller und technischer Ausstattung. [2]

Fachaufsichtsfreie Bereiche

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Grundsatzlich gibt es, abgeleitet aus der Verantwortlichkeit, keine fachaufsichtsfreien Bereiche. Ausnahmen bilden weisungsfreie Zonen wie Prufungskommissionen oder der Bereich der Exekutive, die durch die Wissenschafts- , Forschungs- und Lehrfreiheit geschutzt ist, z. B. staatliche Universitaten und Schulen, jedoch nur in Bezug auf die konkret grundgesetzlich geschutzten Tatigkeiten. [2]

Verhaltnis zur parlamentarischen Kontrolle

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Die parlamentarische Kontrolle kann als Ergebnis lediglich Feststellungen treffen und diese an die Offentlichkeit und an die Exekutive kommunizieren. Der Fachaufsichtsbehorde obliegt es, durch das Parlament aufgezeigte Defizite und Handlungsempfehlungen in ihrem Verantwortungsbereich umzusetzen. Die parlamentarische Kontrolle ist grundsatzlich auf eine ex-post -Perspektive beschrankt, wohingegen die Fachaufsicht in vielen Bereichen durch die Einbindung in Entscheidungsprozesse bereits ex-ante kontrolliert. Die Fachaufsicht ist im Unterschied zur parlamentarischen Kontrolle als ?Vollkontrolle“ ausgestaltet. [2]

Bundesverwaltung

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In der Bundesverwaltung ist die Fachaufsicht kein Rechtsinstitut mit Legaldefinition . Stellenwert und inhaltliche Maßstabe fur die Ausubung der Fachaufsicht sind in der Gemeinsamen Geschaftsordnung der Bundesministerien niedergelegt. Demnach zahlt die Fachaufsicht zu den wesentlichen Elementen der Fuhrung und Kontrolle der Bundesverwaltung . Oberstes Ziel der Fachaufsicht ist ein rechtmaßiges und zweckmaßiges Verwaltungshandeln. [3] Fachaufsicht ist eine Kernaufgabe von Bundesministerien .

Landerverwaltungen

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Ahnlich wie im Bund ist auch die Fachaufsicht in den Landern organisiert. So bestimmt § 13 Abs. 1 LOG NRW , dass die obersten Landesbehorden im Rahmen ihres Geschaftsbereichs uber die Landesoberbehorden und Landesmittelbehorden und die Landesoberbehorden und die Landesmittelbehorden uber die ihnen unterstehenden unteren Landesbehorden die Fachaufsicht fuhren.

Das Schulwesen ist grundsatzlich Landersache. Bei Lehrern darf beispielsweise der Schulleiter im Rahmen der Fachaufsicht eingreifen, wenn er ein Verhalten von Lehrern fur rechtswidrig halt oder wenn er Zweifel an der padagogischen Zweckmaßigkeit einer Maßnahme hat. [4]

Begriff außerhalb der offentlichen Verwaltung

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Gelegentlich wird der Begriff Fachaufsicht auch außerhalb der offentlichen Verwaltung gebraucht. In der Organisationslehre ist die Fachaufsicht die wichtigste Funktion von Fachvorgesetzten . Die Aufgabe der Fachaufsicht ist bis zu den untersten Organisationseinheiten und deren Stellen organisiert. In der Wirtschaft uben entweder die Disziplinarvorgesetzten auch die Fachaufsicht uber ihre Mitarbeiter aus oder sie wird durch spezifische Fachvorgesetzte wahrgenommen. Fachvorgesetzte haben die Aufgabe, die Fachaufsicht uber das ihnen unterstellte Personal auszuuben. In diesem Sinne beinhaltet die Fachaufsicht die Kontrolle der rechtmaßigen, inhaltlichen und zweckmaßigen Wahrnehmung der Aufgaben durch die untergebenen Mitarbeiter. [5] Gibt es keine Fachvorgesetzten, ubernehmen die Disziplinarvorgesetzten auch die Aufgabe der Fachaufsicht. Sie bezieht sich auf den fachlichen Arbeitsinhalt und hat zwar die Form fachlicher Beratung , ist jedoch von Organisationsinteressen bestimmt. Die fachliche Begleitung, Unterstutzung und Entlastung von Mitarbeitern kann durch den Fachvorgesetzten nur wahrgenommen werden, wenn sie ihn uber wesentliche Vorgange informieren. [6] Fachaufsicht beinhaltet auch Fragen der Wirtschaftlichkeit und die fehlerfreie Ausnutzung von vorhandenen Ermessensspielraumen und deckt Fehlerhaufungen , Fehlerrisiken und Fehlerursachen (etwa fehlerhafte Rechtsanwendung , mangelhafte Sachverhaltsaufklarung oder Rechenfehler ) durch eine Fehler-Ursachen-Analyse auf. Damit tragt die Fachaufsicht in entscheidendem Maße zur Verbesserung der Produktqualitat bei.

  • Gunter Heiß: Schnittstellen zwischen Aufsicht und parlamentarischer Kontrolle von Nachrichtendiensten . In: Jan-Hendrik Dietrich et al. (Hrsg.): Nachrichtendienste im demokratischen Rechtsstaat . Band   1 . Mohr Siebeck, Tubingen 2018, ISBN 978-3-16-155923-5 , S.   45–53 .
  • Christian Jock: Das Instrument der Fachaufsicht ? Rechtliche und verwaltungswissenschaftliche Probleme und potenzielle Weiterentwicklungen . Optimus, Gottingen 2011, ISBN 978-3-941274-98-3 .

Einzelnachweise

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  1. a b c d Grundsatze zur Ausubung der Fachaufsicht der Bundesministerien uber den Geschaftsbereich. In: olev.de. Bundesministerium des Innern, 2. Mai 2008, abgerufen am 18. Januar 2019 .
  2. a b c d e Gunter Heiß: Schnittstellen zwischen Aufsicht und parlamentarischer Kontrolle von Nachrichtendiensten . In: Jan-Hendrik Dietrich et al. (Hrsg.): Nachrichtendienste im demokratischen Rechtsstaat . Band   1 . Mohr Siebeck, Tubingen 2018, ISBN 978-3-16-155923-5 .
  3. Gemeinsame Geschaftsordnung der Bundesministerien. In: verwaltungsvorschriften-im-internet.de. 1. September 2011, abgerufen am 18. Januar 2019 (§ 3 Abs. 1).
  4. Johannes Rux, Aktiv mit dem Schulrecht umgehen , 2008, S. 145
  5. Uwe Bekemann, Kommunale Korruptionsbekampfung , 2007, S. 42
  6. Harald Puhl (Hrsg.), Supervision und Organisationsentwicklung , Handbuch 3, 1999, S. 131