Etzel I.
, auch
Ezzo I.
,
Etzelin I.
oder falschlich
Etzel II.
(†
17. Mai
1446
) Graf von Ortenburg stammt aus dem niederbayerischen
Adelshaus Ortenburg
und war der Sohn des
Reichsgrafen
Heinrich IV.
von
Ortenburg
und der Agnes
von Hals
. Jahrhundertelang ging man von zwei Grafen gleichen Namens aus, weswegen auch von einem
Etzel II.
gesprochen wurde. Neuere Forschungen ergaben jedoch, dass es sich dabei um ein und dieselbe Person handelt. Etzel folgte seinem Bruder
Georg I.
im Jahre 1422 als amtierender Graf von Ortenburg.
Etzel I. ist als Sohn Heinrichs IV. urkundlich zwischen 1376 und 1446 fassbar. Bei der Erbteilung im Jahre 1395, nach dem Tod seines Vaters, erhielt er die Burg
Alt-Ortenburg
und die dazugehorigen Guter. Sein Bruder
Georg I.
erhielt
Neu-Ortenburg
und sein Bruder
Alram I.
Dorfbach
.
Im Jahre 1391 unterzeichnete Etzel gemeinsam mit seinem Bruder Georg eine Urkunde, in der sie sich dazu verpflichteten, den Herzogen von
Bayern-Landshut
zum Wohle der Gemeinschaft und Schutze des Reiches
ihre Burgen zu offnen. Dies trug dazu bei, dass die Ortenburger vorubergehend
Vasallen
Bayerns wurden, da sie mit der Urkunde indirekt ihre Reichsrechte aufgaben.
Durch das Erbe einer großen Geldsumme erwarb Etzel in den Jahren 1416 und 1417 große Lehen des
Klosters Niederaltaich
und der
Grafen von Leuchtenberg
, unter anderem die Festen
Engelsberg
,
Ranfels
und
Barnstein
bei Grafenau sowie zahlreiche Dorfer. Um die Festen Barnstein und Ranfels stritt Etzel in den folgenden Jahren wiederholt mit den Landgrafen von Leuchtenberg. Der Streit wurde erst 1442 beendet, nachdem Schlichtungsversuche der bayerischen Herzoge und sogar des Papstes
Martin V.
gescheitert waren.
Als Georg I. von Ortenburg, der altere Bruder Etzels, im Jahre 1422 verstarb, wurde Etzel amtierender Graf der
Reichsgrafschaft Ortenburg
. Nach dem Tod seiner Gattin ubergab Etzel 1444 die Feste
Alt-Ortenburg
seinem Neffen
Alram II.
und trat als amtierender Reichsgraf zuruck. Anschließend zog er nach
Straubing
, wo er sich ein Haus kaufte. Im Jahre 1446 starb Etzel auf Schloss Alt-Ortenburg. Seine Besitzungen fielen an den Zweig
Neu-Ortenburg
.
Etzel war uber mehrere Jahre ein Gefolgsmann
Elisabeths von Bayern-Ingolstadt
am franzosischen Konigshof und diente ihrem Gemahl Konig
Karl VI.
zwischen dem 18. April 1398 und 9. Mai 1401 als Kammerer. Sein Verhaltnis zum Konig galt als ausgezeichnet und er erhielt von ihm zahlreiche Geschenke.
Im Jahr 1401 kehrte Etzel nach Bayern zuruck. Dort war er vom 20. Mai 1407 bis 22. Juni 1408
Pfleger
von
Niederbayern
, spater war er vom 15. April 1419 bis 22. Juni 1423 Pfleger der Stadt
Vilshofen
. Im Jahre 1422 trat Etzel als Rat in den Dienst Herzog
Johanns III.
von
Straubing-Holland
. Jedoch wurde er in seiner Funktion als Rat aufgrund seiner Stellung nur wenig in Anspruch genommen, denn er war dazu pradestiniert hohere politische Aufgaben zu ubernehmen.
Als am 8. August 1423 der Passauer Bischof
Georg von Hohenlohe
verstarb, setzte sich Etzel fur die Wahl seines Neffen
Ulrich I.
ein. So kam es am 10. September zur umstrittenen Doppelwahl Ulrichs I. und
Leonhards von Laiming
. Der Streit wurde erst am 10. Januar 1424 durch Eingriff von Papst
Martin V.
beigelegt, der Leonhard von Laiming als Bischof bestatigte.
Nach dem Tod Herzog Johanns III. im Jahre 1425 spielte Etzel im
Straubinger Erbfolgestreit
eine wichtige Rolle. So wurde er von den
Landstanden
in den Erbausschuss gewahlt. 1426 begleitete Etzel Konig
Sigismund
nach Straubing, um uber das weitere Geschehen des verwaisten Herzogtums zu entscheiden. Anschließend begleitete Etzel den Konig nach
Regensburg
. Im selben Jahr vertrat Etzel das Herzogtum auf dem
Hoftag
zu
Wien
.
Vier Jahre spater, 1429, gehorte Etzel I. den 25 Schiedsmannern der Teilungskommission Konig Sigismunds an, die im
Preßburger Schiedsspruch
am 26. April 1429 die Landereien unter
Ludwig dem Gebarteten
von
Bayern-Ingolstadt
,
Heinrich dem Reichen
von
Bayern-Landshut
sowie
Ernst
und
Wilhelm III.
von
Bayern-Munchen
aufteilten.
Nach der offiziellen Auflosung des Herzogtums Straubing-Holland wechselte Etzel I. in den Rat der Munchener Herzoge. In ihren Diensten war er von 1438 bis 1443 Pfleger zu
Deggendorf
. Im Jahr 1446 wird er nochmals als Rat des Herzogs
Albrecht III.
erwahnt. Zur selben Zeit gehorte Etzel von 1435 bis 1443 auch zum Rat des Herzoges Heinrich XVI. von Bayern-Landshut. Zwischen 1434 und 1439 trat Etzel I. noch mehrfach als Schiedsmann fur die bayerischen Herzoge in Erscheinung.
Nach seinem Testament wurde er in der Passauer
Sixtuskapelle
beigesetzt.
Etzel war in erster Ehe mit Katharina von Anserweiler (d’Ancerville) († ca. 1401) verheiratet. Der Polterabend dieser Eheschließung am 28. Januar 1393 ging als
Bal des Ardents
in die franzosische Geschichte ein
[1]
[2]
. In zweiter Ehe war Graf Etzel (um 1405) mit Siguna (Sigaun) von Rohrbach verheiratet, aus dieser Ehe entstammte die einzige Tochter namens Margarethe (†
19. April
1448
), die vor 6. Februar 1413 mit Heinrich III.
Notthaft zu Wernberg
(†
26. November
1471
) verheiratet war.
[3]
- ↑
Theodor Straub
: Herzog Ludwig der Bartige von Bayern-Ingolstadt und seine Beziehungen zu Frankreich in der Zeit von 1391 bis 1415 (= Munchner historische Studien, Abteilung Bayerische Geschichte 7), Kallmunz 1965, S. 11.
- ↑
Theodor Straub: Die Bayern zur Zeit der Konigin Isabeau de Baviere, in: Festschrift fur Max Spindler. Zum 75. Geburtstag, Munchen 1969, S. 239?282, hier S. 249 f.
- ↑
Stammliste auf Genealogy.euweb.cz
- Michaela Bleicher:
Das Herzogtum Niederbayern-Straubing in den Hussitenkriegen. Kriegsalltag und Kriegsfuhrung im Spiegel der Landschreiberrechnungen
.
Dissertation
. Regensburg 2004 (
Digitalisat (PDF)
).
- Friedrich Hausmann
:
Die Grafen zu Ortenburg und ihre Vorfahren im Mannesstamm, die Spanheimer in Karnten, Sachsen und Bayern, sowie deren Nebenlinien.
In:
Ostbairische Grenzmarken ? Passauer Jahrbuch fur Geschichte Kunst und Volkskunde.
Nr. 36, Passau 1994, S. 9?62.
- Friedrich Hausmann:
Archiv der Grafen zu Ortenburg. Urkunden der Familie und Grafschaft Ortenburg (in Tambach und Munchen) Band 1: 1142?1400
(= Bayerische Archivinventare. 42). Neustadt an der Aisch 1984.
- Eberhard Graf zu Ortenburg-Tambach:
Geschichte des reichsstandischen, herzoglichen und graflichen Gesamthauses Ortenburg ? Teil 2: Das grafliche Haus in Bayern.
Vilshofen 1932.
- Carl Mehrmann:
Geschichte der evangelisch-lutherischen Gemeinde Ortenburg in Niederbayern ? Denkschrift zur Jubilaumsfeier der 300jahrigen Einfuhrung der Reformation daselbst am 17. und 18. Oktober 1863.
Landshut 1863 (
Digitalisat
).
- Johann Ferdinand von Huschberg
:
Geschichte des herzoglichen und graflichen Gesammthauses Ortenburg: aus den Quellen bearbeitet.
Sulzbach 1828 (
Digitalisat
).