Unter der
Erweiterung der Europaischen Union
(EU-Erweiterung) versteht man die Aufnahme eines oder mehrerer
Staaten
(sogenannter
EU-Beitrittsstaaten
) in die
Europaische Union
.
Art. 49
des
EU-Vertrags
raumt jedem europaischen Staat ? der die 1993 formulierten
Kopenhagener Kriterien
erfullt ? das Recht ein, die
Mitgliedschaft
zur Europaischen Union zu beantragen, ohne dass ein Rechtsanspruch auf Erwerb der Mitgliedschaft besteht.
[1]
Das
Europaische Parlament
und alle bisherigen Mitgliedstaaten mussen dem Beitritt zustimmen. Vor der Erweiterung muss das Beitrittsland den sogenannten ?
Besitzstand der EU
“ (acquis communautaire), also die Gesamtheit des
EU-Rechts
, umsetzen.
?Europaisch“ wird dabei in einem politisch-kulturellen Sinn verstanden und schließt die Mitglieder des
Europarats
, wie beispielsweise die
Republik Zypern
, mit ein.
Der Europaische Rat hat in seinen Kopenhagener Schlussfolgerungen vom 22. Juni 1993 (EG Bull. 6/93, S. 13) vier generelle Voraussetzungen aufgestellt, die sich sowohl an den beitrittswilligen Staat wie auch an die EU richten:
Art. 49
Abs. 1 Satz 1
EUV
nennt fur den Beitritt eines Staates zur EU folgende Voraussetzungen:
- nur ein
europaischer
Staat kann beitreten (ohne Definition, auf welchem Gebiet europaische Staaten liegen)
- Beitritt ist nur zur Union insgesamt moglich
- EU-Bewerber muss die
in Art. 2 EUV genannten Werte
achten und sich fur ihre Forderung einsetzen
Das Beitrittsverfahren wird durch einen Beitrittsantrag des Bewerberstaates an den
Rat der Europaischen Union
(kurz
Rat
) eingeleitet, woruber das
Europaische Parlament
sowie samtliche nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten zu unterrichten sind. Nach Anhorung der
Europaischen Kommission
und Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Europaischen Parlaments verleiht der Rat durch einen einstimmigen
Beschluss
den Kandidatenstatus. Allerdings kann die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen dabei noch an die Erfullung bestimmter Bedingungen geknupft sein. Sobald diese erfullt sind, wird wiederum durch einstimmigen Beschluss des Rates der Kommission ein Verhandlungsmandat erteilt, in dem unter anderem die Reformen festgelegt werden, die das Kandidatenland vor einem Beitritt durchfuhren muss. Die Verhandlungen selbst, die zwischen dem
Kommissar fur Erweiterung
und dem Bewerberstaat gefuhrt werden, betreffen vor allem den Zeitplan und die genauen Bedingungen fur die Einfuhrung des
Acquis communautaire
, also der Gesamtheit aller
europarechtlichen
Vorschriften. Die Inhalte des Acquis selbst sind unverhandelbar, in den Verhandlungen konnen aber zum Beispiel bestimmte Ubergangsfristen vereinbart werden, um einen reibungslosen Verlauf der Erweiterung zu ermoglichen. Andere Verhandlungsthemen sind der kunftige Beitrag des Beitrittsstates zum
Haushalt der Europaischen Union
oder seine Vertretung in den EU-Organen, etwa die Anzahl an
Europaparlamentariern
, die es stellen darf.
[2]
Mit dem
Instrument fur Heranfuhrungshilfe
(IPA) kann die EU Reformen in dem Beitrittskandidatenland finanziell unterstutzen.
Die Gesamtdauer der Beitrittsverhandlungen kann von Staat zu Staat unterschiedlich sein.
[3]
Sie ist einerseits von den Reformfortschritten des Staates abhangig, andererseits von politischen Entscheidungen des
Rates
, der die Eroffnung und den Abschluss jedes neuen Verhandlungskapitels beschließen muss.
Fur die Verhandlungen wird der Acquis in 35 Kapitel unterteilt, die vom
freien Warenverkehr
uber
Sicherheit, Freiheit und Recht
bis zu institutionellen Fragen reichen. Am Anfang der Verhandlungen steht das sogenannte ?Screening“, das die Kommission mit dem Beitrittskandidaten durchfuhrt. Dabei wird fur jedes einzelne Kapitel der bestehende Rechtsrahmen des Staates gepruft und ermittelt, welche Reformen zur Anpassung an den Acquis communautaire noch notwendig sind. Die Kommission erstattet dem
Rat der EU
uber das Screening Bericht. Sie empfiehlt dann entweder, die Verhandlungen zu eroffnen, oder zunachst bestimmte Vorleistungen des Beitrittsstaates zu fordern (sog. ?Benchmarks“).
[3]
Die Eroffnung der eigentlichen Verhandlungen erfolgt fur jedes einzelne Kapitel durch einen neuen Beschluss des
Rates fur Allgemeine Angelegenheiten
. Wahrend der Verhandlungen werden Rat und
Europaisches Parlament
standig von der Kommission uber den Verlauf informiert. So kontrolliert die Kommission im Rahmen des sogenannten Monitoring die Reformfortschritte des Beitrittsstaates.
[4]
Auch fur den Abschluss der Verhandlungen einzelner Kapitel werden bestimmte Benchmarks aufgestellt. Wenn die Kommission der Meinung ist, dass diese Benchmarks erfullt wurden, empfiehlt sie dem Rat, die Verhandlungen zu diesem Kapitel vorlaufig abzuschließen, was erneut durch einstimmigen Beschluss erfolgt. Allerdings konnen alle Kapitel bis zum Abschluss der Gesamtverhandlungen auch wieder eroffnet werden.
[5]
Nach Abschluss der Verhandlungen zu allen Kapiteln entwerfen die Kommission und das Beitrittsstaat den
Beitrittsvertrag
, in dem alle Ubergangsbestimmungen und sonstigen Verhandlungsergebnisse zusammengefasst werden. Dieser Beitrittsvertrag muss vom
Rat der EU
und vom
Europaischen Parlament
gebilligt werden. Anschließend wird er von Vertretern aller EU-Mitgliedstaaten und des Beitrittsstaates unterzeichnet.
[5]
Formal handelt es sich also um einen
volkerrechtlichen Vertrag
zwischen den bisherigen Mitgliedstaaten und dem neuen Mitglied. Er muss daher auch von allen Mitgliedstaaten entsprechend deren nationalen verfassungsrechtlichen Vorschriften
ratifiziert
werden. Normalerweise erfolgt dies durch einen Parlamentsbeschluss; in
Frankreich
ist allerdings fur jede kunftige EU-Erweiterung (mit Ausnahme des
Beitritts Kroatiens
) ein
Referendum
vorgesehen. Auch der Beitrittsstaat muss den Vertrag nach seinen nationalen Regelungen ratifizieren; dies erfolgt meistens durch ein Referendum.
Zwischen der Unterzeichnung und der Aufnahme in die Europaische Union erhalt das Beitrittsstaat bereits bestimmte Vorrechte. So kann es an Sitzungen der EU-Organe als ?aktiver Beobachter“ teilnehmen und besitzt dort ein Rederecht (aber kein Stimmrecht). Nach Abschluss des Ratifizierungsprozesses wird der Beitrittsstaat am im Beitrittsvertrag vorgesehenen Tag zum Mitgliedstaat der Europaischen Union.
[5]
Die folgende Tabelle zeigt die 35 Verhandlungskapitel im Einzelnen:
[6]
Die sechs Grundungsmitglieder der
Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft
(EWG) waren
Belgien
, die
Bundesrepublik Deutschland
,
Frankreich
,
Italien
,
Luxemburg
und die
Niederlande
. Diese Staaten werden oft auch als ?Sechsergemeinschaft“ oder ?Grunderstaaten“ bezeichnet. Die von ihnen am 25. Marz 1957 unterzeichneten
Romischen Vertrage
traten am 1. Januar 1958 in Kraft.
Bei der so genannten Norderweiterung am 1. Januar 1973 traten
Danemark
, die
Republik Irland
und das
Vereinigte Konigreich
der EG bei.
Norwegen
, welches ebenfalls die Mitgliedschaft beantragt hatte, konnte wegen eines ablehnenden Votums der Bevolkerung nicht beitreten. Der negative Ausgang der
norwegischen Volksabstimmung
lasst sich unter anderem damit erklaren, dass das norwegische Volk Bedenken hatte, Errungenschaften wie den
Wohlfahrtsstaat
, den es selbststandig erreicht hatte, zu verlieren. In Irland votierten die Wahler in einem
Referendum am 10. Mai 1972
mit großer Mehrheit fur den Beitritt, ebenso in
Danemark am 2. Oktober 1972
.
Mit diesen Beitritten wurde die
EFTA
(European Free Trade Association), die insbesondere vom Vereinigten Konigreich in den 1960er-Jahren als Gegenmodell zur EG propagiert worden war, geschwacht. Danemark und das Vereinigte Konigreich traten mit Wirkung vom 1. Januar
1973
aus der EFTA aus.
Schon 1963 hatte das Vereinigte Konigreich einen Antrag auf Beitritt zur EU gestellt, der aber durch Frankreich ? insbesondere auf Betreiben von
Charles de Gaulle
? abgelehnt wurde. Nachdem 1974 die Regierung unter Premierminister
Edward Heath
(
Conservative Party
) abgewahlt worden war, drangte die neue Regierung unter Premierminister
Harold Wilson
(
Labour Party
) auf eine Neuverhandlung der Vertragsbedingungen. Im Zuge dieser erneuten Verhandlungen erreichte er eine Verringerung der Beitragszahlungen des Vereinigten Konigreichs. Am 5. Juni 1975 fand erstmals in der Geschichte des Staates eine
nationale Volksabstimmung
statt, bei der die Burger uber den Verbleib in der EU abstimmten. Fur den Verbleib stimmten 67,2 Prozent, dagegen 32,8 Prozent
[7]
[8]
.
Die
Wirtschaft Irlands
war hinter der wirtschaftlichen Entwicklung Mittel- und Westeuropas zuruckgeblieben. Der Staat war agrarisch gepragt. Daher stellte die EWG Irland umfangreiche Fordermittel zur Verfugung. Eine weitere Besonderheit Irlands war, dass es 1973 als einziger EG-Staat nicht
NATO
-Mitglied war.
Griechenland
trat zum 1. Januar 1981
der Europaischen Gemeinschaft bei
. Seine Aufnahme war heftig diskutiert worden; erst 1974 hatte die
Griechische Militardiktatur
geendet. Generell befurchtete man, dass die EG mit Griechenland eine Art ?Storenfried“ aufnehmen wurde. Diskutiert wurde das gespannte und konfliktbehaftete Verhaltnis zur
Turkei
, die zusammen mit Griechenland
1952
in die
NATO
aufgenommen wurde. Griechenland war sehr arm und agrarisch ausgerichtet. Auch die scharfen
USA
-kritischen Außerungen hatten zu Problemen fuhren konnen.
Griechenland war das
zehnte Mitglied
der EG.
Mit dem Gronlandvertrag wurde 1984 nach einer Volksabstimmung
Gronland
als selbst verwaltender Teil des Konigreichs
Danemark
aus den Europaischen Gemeinschaften herausgelost, aber als assoziiertes Mitglied der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft aufgenommen. Dieses Vorgehen stellte nach dem Muster der fur die uberseeischen Hoheitsgebiete geltenden Regelungen besondere Beziehungen zwischen der Europaischen Gemeinschaft und Gronland her.
[9]
1986
folgten
Portugal
und
Spanien
als elftes und zwolftes Mitglied. Eine teilweise befurchtete
Einwanderungs
welle aus diesen zwei Staaten blieb aus. Der Beitritt Portugals fuhrte zu einer weiteren Schwachung der
EFTA
.
Der Beitritt war fur beide Staaten eine Art Befreiungsschlag. Er half aus einer Isolation, in der insbesondere Spanien jahrzehntelang gewesen war. Die Aufnahme in die EG war ein Meilenstein, um die Folgen der
Franco-Diktatur
zu uberwinden. Die Beitrittsantrage Spaniens und Portugals fanden im jeweiligen Parlament (
Cortes Generales
und
Parlament Portugals
) fast einhellige Zustimmung. In Spanien stimmten beispielsweise auch die separatistisch eingestellten
Basken
der Aufnahme zu; sie erhofften sich im Rahmen der steigenden Aufmerksamkeit fur Spanien auch mehr Beachtung ihrer Interessen seitens der EG und ihres Bestrebens nach
baskischer Eigenstaatlichkeit
.
Am
3. Oktober
1990
traten die
Lander
der
DDR
(etwa 108.000 km² und 16,7 Millionen Einwohner) der Bundesrepublik Deutschland bei, die zu diesem Zeitpunkt Mitglied der Europaischen Gemeinschaft war. Diese ?
Deutsche Wiedervereinigung
“ war keine eigentliche ?Erweiterung“ der EG, da die Gemeinschaften keinen weiteren Staat aufnahmen und weder ein Beitritt beantragt oder genehmigt wurde oder Vertrage auf EG-Basis unterzeichnet wurden.
Mit der Wiedervereinigung erstreckte sich das gesamte Gemeinschaftsrecht (
Primar-
und
Sekundarrecht
sowie die von der Gemeinschaft geschlossenen Vertrage) auch auf das deutsche Beitrittsgebiet.
[10]
Bei der Transformation des in der DDR geltenden Rechts bedurfte es ? ahnlich wie beim Beitritt eines Staates zur Union ? zahlreicher Ubergangs- und Anpassungsregelungen, die von der Gemeinschaft fur das deutsche Beitrittsgebiet festgelegt wurden.
Mit uber 80 Millionen Einwohnern ist Deutschland seitdem der bevolkerungsreichste EG-Mitgliedstaat.
[11]
Osterreich
,
Schweden
,
Finnland
und
Norwegen
hatten nach erfolgreichen Beitrittsverhandlungen Volksentscheide uber den Beitritt durchfuhren lassen, bei denen es in Schweden (52,3 %) und
Finnland
(57 %) Mehrheiten fur einen EU-Beitritt gab. Die Wahlbeteiligung war in Finnland am niedrigsten (74 %) und in Schweden hoch (83 %). Bei der
Volksabstimmung in Osterreich
votierten 66,6 % der Wahler bei einer Wahlbeteiligung von 82,3 % fur eine Mitgliedschaft.
[12]
Bei der
Volksabstimmung in Norwegen
votierten 52,2 % der Wahler gegen einen Beitritt.
Die EU hatte 15 Mitgliedstaaten (
EU-15
).
Am 1. Mai 2004 traten die Staaten
Estland
,
Lettland
,
Litauen
,
Polen
,
Tschechien
,
Slowakei
,
Ungarn
,
Slowenien
,
Malta
und die
Republik Zypern
der Europaischen Union bei. Diese werden auch als
Luxemburg-Gruppe
bezeichnet, weil 1997 in Luxemburg die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit diesen Staaten beschlossen wurde.
Am 1. Januar 2007 wurde in Slowenien der Euro eingefuhrt, am 1. Januar 2008 in Malta und im griechischen Teil Zyperns, am 1. Januar 2009 in der Slowakei und am 1. Januar 2011 in Estland. In Lettland erfolgte die Euro-Einfuhrung am 1. Januar 2014, in Litauen am 1. Januar 2015. Die anderen drei Mitgliedstaaten konnen den Euro vorlaufig noch nicht einfuhren, weil die Kriterien des
Stabilitatspaktes
bisher nicht erfullt sind.
Alle neuen Mitgliedstaaten sind seither
Nettoempfanger
, d. h., sie erhalten mehr EU-Mittel fur Strukturforderung u. a., als sie an
Beitragen
an die Union zahlen. (Stand 2022)
[13]
In vielen Stadten fanden am 1. Mai 2004
Freudenfeiern
statt, in
Valletta
(Malta) und anderen Hauptstadten erhellten große Feuerwerke den Himmel. Ein weiterer Schritt zur Vereinigung Europas war vollzogen und wurde von den Staats- und
Regierungschefs
in
Athen
gefeiert.
Damit die Regionen beiderseits der ehemaligen Außengrenze der EU wirtschaftlich besser zusammenwachsen, wurde 1998 die ARGE 28 gegrundet, die Arbeitsgemeinschaft der 28 Grenzlandkammern zwischen der Ostsee und der Agais. Dieser Vereinigung gehoren alle an die Beitrittsstaaten grenzenden Wirtschaftskammern (
IHKs
,
HWKs
) in Deutschland, Osterreich und Italien sowie eine griechische Kammer an. Die ARGE 28 hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Ansprechpartner der EU entwickelt; es finden regelmaßige Besprechungen und Konsultationen statt.
Die EU setzte sich somit aus 25 Mitgliedstaaten zusammen.
Im Februar bzw. Marz 1993 hatten
Rumanien
und
Bulgarien
Assoziierungsabkommen mit der Europaischen Union abgeschlossen, die am 1. Februar 1995 in Kraft traten. Danach stellte Rumanien am 22. Juni 1995 ein offizielles Beitrittsgesuch; Bulgarien folgte am 14. Dezember 1995.
[14]
Die Beitrittsverhandlungen mit
Bulgarien
wurden am 15. Juni 2004 abgeschlossen. Des Weiteren hat der Staat einseitig
seine Wahrung
seit 1999 an die D-Mark gekoppelt;
Litauen
(
Litas
) und
Estland
(
Estnische Krone
) hatten ihre Wahrungen vor ihrem Beitritt an den Euro gekoppelt. Im Dezember 2004 wurden auch die Verhandlungen mit
Rumanien
abgeschlossen. Wegen der im Vergleich zu Bulgarien seinerzeit deutlich schlechteren Wirtschafts- und Rechtslage Rumaniens wurden dem Staat bis 2007 strenge Auflagen erteilt. Der Beitrittsvertrag mit beiden Staaten wurde am 25. April 2005 unterzeichnet. Einige
Klauseln
darin hatten es der EU ermoglicht, deren fur den 1. Januar 2007 geplanten Beitritt um ein Jahr zu verschieben.
Rumanien und Bulgarien wurden zum 1. Januar 2007 in die Europaische Union aufgenommen. Dadurch wuchs die Einwohnerzahl der EU auf zirka 501 Millionen
[15]
und ihre Flache auf 4,324 Millionen Quadratkilometer. 2007 fanden in beiden Staaten
Europawahlen
statt. Bulgarien und Rumanien entsandten Abgeordnete ins
Europaparlament
; diese hatten bis zur
Europawahl 2009
nur Beobachterstatus.
Kroatien
wurde am 18. Juni 2004 der Status eines offiziellen Beitrittskandidaten verliehen. Der
Rat der Europaischen Union
beschloss am 16./17. Dezember 2004, die Beitrittsverhandlungen am 17. Marz 2005 zu beginnen. Da fur viele Mitgliedstaaten der Union die Zusammenarbeit der kroatischen Regierung mit dem
Kriegsverbrechertribunal
in Den Haag ungenugend gewesen war, war der Verhandlungsbeginn jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben worden, bis Besserung festzustellen war. Mit der Erklarung der Chefanklagerin des Tribunals, dass Kroatien voll kooperiere, wurden die Beitrittsverhandlungen am 4. Oktober 2005 aufgenommen. Die Koppelung zwischen Beitrittsverhandlungen bzw. Beitritt und Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal wurde von einigen fuhrenden Politikern abgelehnt.
Im Marz 2008 rechneten ranghohe Vertreter der Europaischen Kommission mit der EU-Mitgliedschaft Kroatiens zum Jahresende 2009,
[16]
die Beitrittsverhandlungen verzogerten sich dann jedoch mehrmals. Die Verhandlungen mit dem Ziel des Beitritts zum 1. Juli 2013 wurden am 30. Juni 2011 abgeschlossen.
[17]
Ende Juni 2011 konnten unter ungarischem EU-Vorsitz alle 35 Verhandlungskapitel abgeschlossen werden. Die Unterzeichnung des Beitrittsvertrags zwischen der EU und Kroatien fand unter polnischem Vorsitz am 9. Dezember 2011 in Brussel statt.
Kroatien nahm seit der Unterzeichnung des Beitrittsvertrages als aktiver Beobachter an den Beratungen des
Europaischen Rates
sowie des
Rates der EU
und seiner Vorbereitungsgremien teil.
[18]
Interimistisch wurden seitens des kroatischen Parlaments Abgeordnete zum
Europaischen Parlament
ernannt, die als Beobachter an den Parlamentssitzungen teilnahmen. Durch die Erweiterung verschob sich der
geographische Mittelpunkt
der EU nach
Oberwestern
, Koordinaten:
50° 6′ 56″ N, 9° 14′ 31″ O
[19]
Am 22. Januar 2012 wurde in Kroatien das
Referendum
uber den EU-Beitritt Kroatiens abgehalten. Die Mehrheit der Wahler (66,3 %) hat fur den Beitritt gestimmt, und die Regierung hat das Referendum anerkannt, obwohl die Wahlbeteiligung nur bei 43,51 Prozent lag.
[20]
Damit wurde
Kroatien
nach der Ratifizierung durch alle EU-Mitgliedstaaten am 1. Juli 2013 der 28.
Mitgliedstaat
und nahm bereits an der
Europawahl 2014
teil.
Auf dem
EU-Gipfel
in
Thessaloniki
wurde 2003 die Integration der
Westbalkan
-Staaten (
Albanien
und die Nachfolgestaaten
Jugoslawiens
) als das nachste große Ziel in der EU-Erweiterung festgelegt (
Versprechen von Thessaloniki
).
[21]
Von den Westbalkan-Staaten wurde seither Kroatien 2013 EU-Mitglied (
siehe oben
).
Am 15. Juli 2014 hielt
Jean-Claude Juncker
vor seiner Wahl zum
Kommissionsprasidenten
eine Rede vor dem Europaischen Parlament in Straßburg, in der er seine Leitlinien fur die kunftige EU-Politik vorstellte. In Junckers Leitlinien heißt es, die Union und ihre Burger mussten ?den Beitritt von 13 Staaten in den letzten zehn Jahren erst einmal verdauen“. Die EU musse ?bei der Erweiterung eine Pause einlegen“, es werde deshalb ?in den nachsten funf Jahren keine Erweiterung mehr geben“. Die laufenden Beitrittsverhandlungen sollten jedoch fortgefuhrt werden, ?da insbesondere die
westlichen Balkanstaaten
weiter eine europaische Perspektive brauchen“. Auch die
Ostliche Partnerschaft
mit Nachbarstaaten wie
Moldau
oder der
Ukraine
musse ausgebaut werden.
[22]
Im April 2009 stellte
Albanien
ein Beitrittsgesuch an die EU. Am 24. Juni 2014 wurde von der EU Albanien der Status eines Beitrittskandidaten verliehen.
[23]
Ende Marz 2020 fiel in Brussel der Beschluss, die Beitrittsverhandlungen mit Albanien (zusammen mit Nordmazedonien) zu beginnen.
[24]
Im Juli 2020 legte die Europaische Kommission den Mitgliedsstaaten den Entwurf des Verhandlungsrahmens vor. Die Annahme dieses Rahmens durch den Rat ist Voraussetzung fur die Einberufung der ersten Regierungskonferenz. Die Aufnahme von Verhandlungen wurde von den Niederlanden, von Frankreich und von Danemark blockiert.
[25]
Im Juli 2022 (funf Monate nach dem Beginn des
russischen Uberfalls auf die Ukraine
) konnte die Blockade beendet werden und die EU begann Beitrittsverhandlungen mit Albanien.
[26]
Bosnien und Herzegowina
konnte der EU beitreten, wenn seine okonomische Situation sich verbessert und die
ethnischen
Spannungen abgebaut werden; in diesem Staat befurworten viele Politiker den Beitritt.
Bosnien und Herzegowina hat mit der EU bereits 2008 ein
Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen
(SAA) abgeschlossen, welches als erster Schritt zu einem EU-Beitritt gesehen wird.
Am 15. Februar 2016 reichte der Vorsitzende des bosnischen Staatsprasidiums,
Dragan ?ovi?
, offiziell den Antrag auf Mitgliedschaft in der Europaischen Union ein.
[27]
Am 12. Oktober 2022 empfahl die
EU-Kommission
Bosnien und Herzegowina den Status als Beitrittskandidat zu gewahren.
[28]
Am 15. Dezember 2022 wurde Bosnien und Herzegowina als Beitrittskandidat akzeptiert.
[29]
Am 3. Marz 2022 reichte Georgien ein EU-Beitrittsgesuch ein. Die Entscheidung dazu wurde wohl durch den
Angriff Russlands auf die Ukraine
im Februar 2022 beschleunigt, im Vorjahr war noch ein Beitrittsgesuch fur 2024 angestrebt worden.
[30]
Nachdem der
Rat der Europaischen Union
die
EU-Kommission
am 7. Marz aufgefordert hatten, zu dem Gesuch Stellung zu nehmen, erhielt Georgien am 11. und 19. April 2022 Fragebogen der EU. Georgien legte die Antworten zum 10. Mai vor. Am 17. Juni 2022 empfahl die Kommission, Georgien den Kandidatenstatus zu erteilen, wenn eine Reihe von Prioritaten erfullt worden sind.
[31]
Zu diesen Prioritaten gehoren die Starkung der staatlichen Institutionen, Justizreformen, Bekampfung der Korruption, Reduktion des Einflusses von Oligarchen, Bekampfung der organisierten Kriminalitat, Achtung der Menschenrechte und Starkung der Zivilgesellschaft.
[32]
Der
Europaische Rat
folgte am 23. Juni 2022 dieser Empfehlung und stellte Georgien den Kandidatenstatus in Aussicht, wenn Georgien Fortschritte bei diesen Prioritaten macht.
[33]
Am 8. November 2023 empfahl die Europaische Kommission dem Europaischen Rat, Georgien den Status eines Beitrittskandidaten zu verleihen,
[34]
was am 14. Dezember 2023 geschah.
[35]
Das Ziel einer EU-Mitgliedschaft ist in der georgischen Verfassung festgeschrieben.
[36]
Am 3. Marz 2022 reichte die
Republik Moldau
offiziell einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europaischen Union ein.
[37]
Am 23. Juni 2022 erteilte der Europaische Rat auf einem Gipfeltreffen in Brussel der Republik Moldau gemeinsam mit der Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten.
[38]
Am 14. Dezember 2023 beschlossen die Staats- und Regierungschef der EU-Staaten im Rahmen eines Gipfeltreffens, Beitrittsverhandlungen mit der Republik Moldau aufzunehmen.
[39]
Montenegro
hatte Mitte Dezember 2008 sein Beitrittsgesuch bei der EU eingereicht. Am 17. Dezember 2010 erlangte der Staat den Beitrittskandidatenstatus. Die Beitrittsverhandlungen begannen Ende Juni 2012.
[40]
Bis Mitte 2020 wurden alle 33 Verhandlungskapitel eroffnet, drei sind bereits abgeschlossen.
Bereits seit 2007 besteht ein
Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen
(SAA) mit der EU.
Nordmazedonien
wurde unter seinem damaligen Namen ?Mazedonien“ am 15./16. Dezember 2005 der Status eines Beitrittskandidaten verliehen. Wichtige Voraussetzung dafur waren die erfolgreichen Bemuhungen der nordmazedonischen Gesellschaft, die ethnischen Spannungen im Staat abzubauen. Mazedonien hatte am 22. Marz 2004 in Dublin seine Aufnahme offiziell beantragt. Durch den Tod des damaligen Prasidenten
Boris Trajkovski
am 26. Februar 2004 war dies vertagt worden. Ein Termin fur den Beginn von Beitrittsverhandlungen wurde nicht genannt. Eine weitere Annaherung soll an eine generelle Debatte der EU uber kunftige Erweiterungsrunden gebunden sein. Ein Beitritt solle zudem von der Aufnahmefahigkeit der EU abhangen.
Der
Namensstreit
zwischen Mazedonien und dem EU-Mitglied
Griechenland
, das sein Veto gegen den Beitritt Mazedoniens in die
NATO
einlegte und auch mit einem Veto gegen den mazedonischen Beitritt zur EU drohte, erschwerte die laufenden Beitrittsverhandlungen, da die Losung und Beilegung dieses
Konfliktes
primare Voraussetzung fur Griechenland waren, um uber einen EU-Beitritt seines nordlichen Nachbarstaates zu verhandeln. 2019 benannte sich Mazedonien in Nordmazedonien um. Ende Marz 2020 fiel in Brussel der Beschluss, die Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien aufzunehmen.
[24]
Die tatsachliche Eroffnung der Verhandlungen wird von Bulgarien auf Grund eines bilateralen Disputs uber die Frage, ob die Sprache, die in Nordmazedonien vorherrschend gesprochen wird, eine eigene Sprache oder ein bulgarischer Dialekt ist, blockiert.
[41]
Im Juli 2022 konnte die Blockade Bulgariens beendet werden, und die EU startete die Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien.
[26]
Bei
Serbien
wurden die Verhandlungen uber das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen 2006 wegen mangelnder Kooperation mit dem
Haager Kriegsverbrechertribunal
ausgesetzt, im Mai 2008 jedoch erfolgreich abgeschlossen.
[42]
[43]
Im Dezember 2009 stellte Serbien ein Beitrittsgesuch an die EU; seit dem 1. Marz 2012 ist Serbien offizieller Beitrittskandidat.
Mit Unterzeichnung des
SAA
aller 27 damaligen EU-Staaten im Juni 2013 ist Serbien zum ?Assoziierten Mitglied der EU“ geworden, womit die formalen Bedingungen fur die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen erfullt sind.
[44]
Nachdem Serbien am 1. Marz 2012 den Status als Beitrittskandidat verliehen bekommen hatte, begannen die Beitrittsverhandlungen am 21. Januar 2014. Das Screening wurde Ende Marz 2014 abgeschlossen. Am 14. Dezember 2015 wurden die ersten beiden Verhandlungskapitel eroffnet.
Aktuell sind 2 der 34 Verhandlungskapitel abgeschlossen und 20 weitere eroffnet (Stand: Ende 2021).
Nachdem die
Turkei
bereits 1959 einen ersten Beitrittsantrag gestellt hatte, erhielt sie am 11. Dezember 1999 offiziell den Status als Beitrittskandidat zuerkannt. Auf dem
Gipfel von Kopenhagen
2002 beschloss die EU, im Dezember 2004 uber die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zu entscheiden, sobald die Turkei die
Kopenhagener Kriterien
erfulle.
Am 16./17. Dezember 2004 hat sich der Europaische Rat fur die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Turkei entsprechend den Empfehlungen des Kommissionsberichts vom 6. Oktober 2004 ausgesprochen. Seit dem 4. Oktober 2005 laufen die Beitrittsverhandlungen. Aktuell ist eines von 33 Verhandlungskapiteln abgeschlossen (Stand: Marz 2013).
Seit Mai 2013 loste das gewaltsame Vorgehen turkischer Polizei und ?schwarzer Staatsmiliz“
[45]
gegen die
Proteste in der Turkei 2013
internationale Kritik aus. Die Regierungen der
Niederlande
,
Osterreichs
und
Deutschlands
lehnten das Offnen eines neuen Verhandlungskapitels im Juni 2013 ab.
[46]
Im Herbst 2018 stimmte das
ukrainische Parlament
dafur, das Ziel eines EU-Beitritts in der Verfassung zu verankern.
[47]
Nach Prufung durch das
Verfassungsgericht
wurde dieses Ziel am 7. Februar 2019 zusammen mit einem NATO-Beitritt festgeschrieben.
[48]
In der Folge arbeitete der Staat darauf hin, 2024 formell eine EU-Mitgliedschaft zu beantragen, um in den 2030er-Jahren Mitglied zu werden.
[49]
Der
russische Uberfall auf die Ukraine 2022
beschleunigte die Debatte uber einen Beitritt und der ukrainische Prasident
Wolodymyr Selenskyj
forderte am 26. Februar einen sofortigen Beitritt.
[50]
Am 28. Februar unterschrieb Selenskyj einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft der
Ukraine
.
[51]
Kommissionsprasidentin
von der Leyen
hatte am Vortag den Beitritt in Aussicht gestellt.
[51]
Am 23. Juni erteilte der Europaische Rat auf einem Gipfeltreffen in Brussel der Ukraine gemeinsam mit der Republik Moldau den Status eines Beitrittskandidaten.
[38]
Am 14. Dezember 2023 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten im Rahmen eines Gipfeltreffens Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen.
[52]
Staaten, die einen Beitrittsantrag abgegeben haben, der weiterverfolgt wird, konnen als Bewerberstaaten bezeichnet werden. Diese Staaten sind jedoch noch keine ?potenziellen Beitrittskandidaten“ im Sinne der rechtlichen Definition der EU, da es fur die Verleihung dieses Status eines Ratsbeschlusses bedarf. Die EU benennt den
Kosovo
als ?potenziellen Beitrittskandidaten“.
Kosovo
hat am 17. Februar 2008 seine Unabhangigkeit erklart, was von zahlreichen Staaten, darunter dem bisherigen Mutterland Serbien, nicht anerkannt wird. Offiziell wird der Kosovo ?gemaß
UN-Resolution 1244
“ von der EU zu den ?potenziellen Kandidatenstaaten“ gezahlt. Allerdings verweigern die EU-Mitglieder
Slowakei
,
Rumanien
,
Spanien
,
Griechenland
und die
Republik Zypern
dem Kosovo bislang die Anerkennung. Das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen wurde seit 2013 verhandelt und trat am 1. April 2016 in Kraft.
[53]
Im Juni 2022 kundigte der kosovarische Ministerprasident
Albin Kurti
an, noch im selben Jahr die Mitgliedschaft in der Europaischen Union zu beantragen,
[54]
was am 15. Dezember 2022 geschah.
[55]
Ein Beitrittsgesuch
Marokkos
aus den 1980er-Jahren, eine Folge des EU-Beitritts des Handelspartners Spanien, wurde von der EU zuruckgewiesen.
Norwegen hat viermal einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europaischen Union gestellt (1962, 1967, 1970 und 1992). Als Frankreich 1962 und 1967 sein Veto gegen die Mitgliedschaft des Vereinigten Konigreichs einlegte, das gleichzeitig mit Norwegen die Mitgliedschaft beantragt hatte, wurde auch der norwegische Beitrittsantrag nicht weiterverfolgt.
In den Jahren
1972
und
1994
haben die norwegischen Wahler einen Beitritt ihres Staates jeweils knapp durch Volksabstimmungen abgelehnt, weshalb die Regierung des Staates im letzten Moment zur Rucknahme des Antrages (bei bereits vollstandig ausgehandeltem Beitrittsvertrag) gezwungen war.
Island
hatte am 17. Juli 2009 einen Beitrittsantrag eingereicht. Die islandische Regierung erhoffte sich einen Beitritt fur das Jahr 2012. Nach dem Abschluss der Beitrittsverhandlungen sollte uber den EU-Beitritt in einem Referendum abgestimmt werden. Der Rat der EU hatte das islandische Beitrittsgesuch am 27. Juli 2009 mit der Bitte um Stellungnahme weitergereicht.
Am 24. Februar 2010 sprach die Europaische Kommission durch ?tefan Fule die Empfehlung aus, mit der islandischen Regierung Beitrittsverhandlungen aufzunehmen.
[56]
Am 17. Juni 2010 beschloss die EU, Beitrittsverhandlungen mit Island aufzunehmen. Diese wurden am 27. Juli 2010 offiziell aufgenommen. Zuletzt waren 11 der 33 Verhandlungskapitel abgeschlossen und 16 weitere eroffnet (Stand: 18. Dezember 2012)
[57]
.
Seit Beginn des islandischen
Wahlkampfes 2013
ruhten die Beitrittsverhandlungen. Im Februar 2014 kundigte die neue Regierungskoalition, bestehend aus
Fortschrittspartei
und
Unabhangigkeitspartei
, an, das Beitrittsgesuch zuruckzunehmen.
[58]
Am 12. Marz 2015 zog Island seinen Beitrittsantrag zuruck.
[59]
Die Schweiz hatte am 20. Mai 1992 einen Antrag zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen an die
Europaische Wirtschaftsgemeinschaft
, die
Europaische Gemeinschaft fur Kohle und Stahl
und die
Europaische Atomgemeinschaft
, die Vorlauferorganisationen der EU, gerichtet. Der Wortlaut des franzosischsprachigen Schreibens des
Bundesprasidenten
im Namen des
Bundesrates
an den Prasidenten des Rates der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft lautet in deutscher Ubersetzung: ?Sehr geehrter Herr Prasident, die Schweizer Regierung hat die Ehre, mit diesem Schreiben den Beitritt der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft in Anwendung von Artikel 237 des Vertrages uber die Grundung der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft zu beantragen, das heißt die Eroffnung von diesbezuglichen Verhandlungen.“
[60]
Das Schreiben ging im Sekretariat des Rats der
Europaischen Gemeinschaften
am 26. Mai 1992 ein.
Im Marz 2016 stimmte der
Nationalrat
, Mitte Juni 2016 auch der
Standerat
des Staates fur eine
Motion
von Nationalrat
Lukas Reimann
, mit der die Regierung beauftragt wird, den Beitrittsantrag zuruckzuziehen. Bundesrat
Didier Burkhalter
bestatigte, man werde der EU mitteilen, dass der Antrag als erledigt zu betrachten sei.
[61]
Eine grundsatzliche Debatte in der Europaischen Union ist diejenige zwischen Erweiterung und Vertiefung. Bereits auf dem
Gipfel von Den Haag
1969 diskutierten die europaischen Staats- und Regierungschefs uber den scheinbaren Gegensatz zwischen der ?vertikalen“ Vertiefung (der Aufnahme neuer Politikfelder in den Bereich der Gemeinschaft) und der ?horizontalen“ Erweiterung (der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten). Die Frage der optimalen Verschrankung von Erweiterung und Vertiefung trat auch spater immer wieder auf. Oft traten die beiden Optionen dabei als konkurrierende Vorstellungen auf: Erweiterungen schienen nur auf Kosten des engen supranationalen Zusammenhalts moglich. Andererseits wurden in der historischen Entwicklung der EU meist beide Ziele parallel verfolgt ? haufig fielen Beschlusse zur Vertiefung nahezu gleichzeitig mit denen zu neuen Erweiterungsrunden.
Nach den tiefgreifenden Vertragsreformen der 1990er-Jahre erfuhr die Diskussion um die Zukunft der EU allerdings eine neue Wende. Wurde die Entwicklung der Union bis dahin vor allem als ein offener Prozess gesehen, der durch Vertiefung oder Erweiterung in eine bestimmte Richtung gelenkt werden konne, intensivierte sich seither die
Debatte um die Finalitat
, also das Endziel und die moglichen Grenzen des europaischen Einigungsprozesses.
In der vertikalen Dimension gewann in diesem Zusammenhang das
Subsidiaritatsprinzip
an Bedeutung, dem zufolge Entscheidungen immer auf der niedrigstmoglichen Entscheidungsebene getroffen werden sollten. Die Verfechter nationaler Souveranitatsvorbehalte fuhren daher an, dass zahlreiche Politikfelder sinnvoller auf Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten, nicht der EU behandelt werden sollten. Unter Befurwortern einer engen politischen Union hingegen wird vermehrt das Ziel eines europaischen
Bundesstaats
eingefordert, wie es schon zu Beginn des Integrationsprozesses von den
europaischen Foderalisten
vertreten wurde und sich zuletzt im Konzept der
Europaischen Verfassung
niederschlug. Bei einer Verlangsamung des Vertiefungsprozesses furchten viele Integrationsbefurworter, dass die EU ihre politischen Ambitionen (etwa in
Klima
- und
Außenpolitik
) aufgeben und sich allein auf ihr wirtschaftliches Programm, den gemeinsamen
Binnenmarkt
, konzentrieren musste ? wobei genau dieses Szenario von einigen eher souveranitatsorientierten Mitgliedstaaten, wie etwa dem Vereinigten Konigreich, durchaus befurwortet worden ist. Als Losungsansatz in diesem Konflikt zwischen Vorreitern und Bremsern der Integration wird das Modell eines
Kerneuropas
beziehungsweise eines ?Europas der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ diskutiert. Es soll (etwa mittels der
verstarkten Zusammenarbeit
) einer Gruppe von Mitgliedstaaten vertiefte Integrationsschritte ermoglichen, wahrend andere Mitglieder nur in weniger intensiver Form an der EU beteiligt waren. Kritiker sehen in diesem Vorschlag jedoch eine Spaltungsgefahr fur die Union.
In der horizontalen Dimension geht die Debatte außerdem um die Frage, ob die EU uberhaupt endgultige geografische Grenzen besitzen kann oder ob sie ihre integrierende und befriedende Wirkung uberall dort entfalten sollte, wo ihre Normen angenommen und ihre Kriterien erfullt werden. Eine vorlaufige Losung stellt hier die
Europaische Nachbarschaftspolitik
dar, durch die die EU ihren Nachbarn im Osten und Suden die Moglichkeit geben will, auch ohne Vollmitgliedschaft an bestimmten Maßnahmen der Integration teilzunehmen. Eine endgultige Antwort zur Zukunft der EU als offenes Projekt oder als Modell in festen Grenzen steht nach wie vor aus.
Die Zahl der Sterne auf der
Europaflagge
bezieht sich nicht auf die Anzahl der Mitgliedstaaten. Die blaue Flagge mit den 12 goldenen Sternen wurde 1955 vom Europarat eingefuhrt und erst 1986 von der damaligen Europaischen Gemeinschaft ubernommen. Die 12 goldenen Sterne sollen Vollkommenheit und Vollstandigkeit symbolisieren.
[62]
Die Flagge bleibt folglich ungeachtet der Erweiterungen der EU unverandert.
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