Der Ausdruck
Eques
(
Plural
Equites
), vollstandig
eques Romanus
(
deutsch
?(romischer) Reiter‘
; traditionell als ?
Ritter
“ ubersetzt; von
lateinisch
equus
?Pferd‘) bezeichnete im
romischen Reich
das Mitglied des
equester ordo
, eines mit besonderen Vorrechten ausgestatteten
Standes
.
Der Stand der Equites
(
ordo equester
)
kam in der gesellschaftlichen Rangfolge nach dem
Senatorenstand
(
ordo senatorius
)
und etablierte sich im Verlauf der
spaten Republik
als eigener Stand. In der Zeit der Romischen Republik bestellten die
Zensoren
die Equites, spater auch der Kaiser. Voraussetzung dafur war wahrscheinlich seit dem
zweiten Punischen Krieg
ein Mindestzensus von 400.000
Sesterzen
sowie korperliche und moralische Eignung.
Die Equites waren ursprunglich zunachst romische Burger, die im Kriegsfall ihren Militardienst zu Pferde ausubten. Den so genannten
equites equo publico
(Reiter mit staatlichem Pferd) wurde
Geld
fur den Ankauf eines Pferdes gestellt. Fur den Unterhalt des Pferdes und dessen Ausrustung (
Pferdegeschirr als romische Militarausrustung
) erhielten die Equites ebenfalls Geld, das sogenannte
aes equestre
. Zudem gab es
equites equo privato
(Reiter mit privatem Pferd), die das Tier und die Ausrustung selber aufbringen mussten, deren Rolle im Militarwesen jedoch untergeordnet war und schlecht zu fassen ist.
[1]
Die Zugehorigkeit zum Ritter- und Senatorenstand war prinzipiell nicht erblich, de facto war der Aufstieg in die
Nobilitat
als
homo novus
aus einer Familie ohne senatorische Vorfahren selten. Nach der Bekleidung eines entsprechenden Amtes wurde man in den Senat aufgenommen und gehorte fortan dem Senatorenstand an.
[2]
Daneben bestand die rein militarische Bedeutung des Wortes
eques
fort, das den Reiter einer
Hilfstruppeneinheit
oder
Legion
bezeichnen konnte. Weiterhin gab es berittene
Gladiatoren
, die ebenfalls als
equites
bezeichnet wurden.
[3]
In der Fruhzeit der Republik dienten wahrscheinlich die reichsten Burger, die sich ein eigenes Pferd und die dazugehorige Ausrustung leisten konnten, als Reiter im
Heer
. Ihre militarische Rolle verschwand spatestens im 4. Jahrhundert v. Chr., die Equites blieben aber eine politisch herausgehobene Gruppe.
In der spateren Republik, als die
Lex Claudia de nave senatorum
Senatoren 218 v. Chr. verbot, Handelsgeschafte auszuuben, betatigten sich viele Equites wirtschaftlich, beispielsweise durch die Ubernahme von Staatsauftragen
(
publicani
)
; nicht selten fungierten sie dabei auch als Strohmanner fur Senatoren. Politische Bedeutung erlangten die Ritter vor allem seit
Gaius Sempronius Gracchus
, der 122 v. Chr. versuchte, die Equites als Gegengewicht gegen den Senat aufzubauen, und sie mit richterlichen Aufgaben betraute, bei denen sie teils auch uber Senatoren urteilten.
Auch fur Equites, die nicht der Nobilitat angehorten, war es aufgrund ihres Vermogens und ihrer Beziehungen im Gegensatz zu den ?gewohnlichen“ Burgern einfacher, in politische Amter zu gelangen, deren Bekleidung mit einem Aufstieg in den Senat verbunden war. Solche Personen, die wie
Marcus Tullius Cicero
als erste ihrer Familie in den Rang eines
Konsuls
gelangten, wurden
homines novi
(
Singular
homo novus
?neuer Mann‘) genannt.
Bis zu
Augustus
war aber auch jeder Angehorige einer senatorischen Familie solange ein Ritter, bis ihm die Aufnahme in den Senat gelang ? erst in der Kaiserzeit gab es eine formale Trennung von
ordo senatorius
und
equester ordo
.
In der beginnenden Kaiserzeit (
Prinzipat
) wurden die Equites so zu einem klar abgegrenzten Stand mit einem Mindestcensus von 400.000
Sesterzen
und Standesabzeichen (Ritterring,
anulus aureus
; schmaler Purpursaum an der
Tunika
, der so genannte
angustus clavus
). Angehorige des
equester ordo
ubten herausgehobene Tatigkeiten in Verwaltung und Militar aus; die meisten Spitzenpositionen blieben den Senatoren vorbehalten, doch waren sowohl die
Pratorianerprafekten
als auch der
praefectus Aegypti
in der Regel Ritter. Bekannte Angehorige dieses Standes in der Zeit des Prinzipats waren unter anderem
Vergil
,
Ovid
,
Pontius Pilatus
,
Seian
,
Plinius der Altere
,
Sueton
und
Timesitheus
. Auch der cheruskische Stammesfurst
Arminius
wurde in den Ritterstand aufgenommen.
Im Verlauf des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. nahm die Bedeutung der Ritter speziell innerhalb der kaiserlichen Verwaltung zu. Seit
Septimius Severus
veranderte sich der Charakter des Ritterstandes dann zunehmend: Fortan konnte man uber eine militarische Laufbahn zum Ritter werden. Nicht wenigen dieser ?neuen“ Ritter gelang ein Aufstieg in den Senat, seit
Macrinus
gelangten einige sogar auf den Thron, der bis dahin nur fur ehemalige
Konsuln
erreichbar gewesen war. Wahrend man daher das 3. Jahrhundert als ?die große Zeit des romischen Ritterstandes“ (
Geza Alfoldy
) bezeichnen kann, nahm seine Bedeutung im 4. Jahrhundert rasch ab, weil die meisten bis dahin ritterlichen Amter nun senatorisch wurden, bis der
equester ordo
schließlich verschwand.
Zu den
equites
als Stand:
- Arthur Stein
:
Der romische Ritterstand. Ein Beitrag zur Social- und Personengeschichte des romischen Reiches.
C. H. Beck, Munchen 1927 (
Digitalisat
).
- Geza Alfoldy
:
Die Stellung der Ritter in der Fuhrungsschicht des Imperium Romanum.
In:
Chiron
.
Band 11, 1981, S. 169?215.
- Jochen Bleicken
:
Cicero und die Ritter
(=
Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gottingen, philologisch-historische Klasse, dritte Folge.
Band 213). Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 1995.
- P.A. Brunt
:
Princeps and equites.
In:
The Journal of Roman Studies
.
Band 73, 1983, S. 42?75.
- Caillan Davenport:
A History of the Roman Equestrian Order.
Cambridge University Press, Cambridge 2019 (aktuelles Standardwerk).
- Segolene Demougin (Hrsg.):
L’ordre equestre. Histoire d’une aristocratie (II
e
siecle av. J.-C.?III
e
siecle ap. J.-C.).
Ecole francaise de Rome, Rom 1999,
ISBN 2-7283-0445-9
(
online
).
- Richard Duncan-Jones:
Who were the equites?
In: Carl Deroux (Hrsg.):
Studies in Latin Literature and Roman History XIII.
Brussel 2006, S. 183?223.
- Werner Eck
:
Die Umgestaltung der politischen Fuhrungsschicht ? Senatoren und Ritterstand.
In: Werner Eck u. a. (Hrsg.):
Die Verwaltung des Romischen Reiches in der Hohen Kaiserzeit.
Band 1. Reinhardt, Basel 1995, S. 103?160.
Zur Kavallerie in romischer Zeit:
- Marcus Junkelmann
:
Romische Kavallerie ? Equites Alae. Die Kampfausrustung der romischen Reiterei im 1. und 2. Jahrhundert n. Chr.
Wurttembergisches Landesmuseum, Stuttgart 1989 (
Schriften des Limesmuseums Aalen.
42).
- Marcus Junkelmann:
Die Reiter Roms. Kulturgeschichte der antiken Welt.
Mainz 1990 ff. Zu den einzelnen Banden siehe
hier
.
- ↑
Andrew W. Lintott
:
Equites Romani.
In:
Der Neue Pauly
(DNP). Band 4, Metzler, Stuttgart 1998,
ISBN 3-476-01474-6
, Sp. 33?37 (
Digitalisat
).
- ↑
Geza Alfoldy
:
Die Stellung der Ritter in der Fuhrungsschicht des Imperium Romanum.
In:
Chiron
.
Band 11, 1981, S. 169?215.
- ↑
Werner Eck
:
Die Umgestaltung der politischen Fuhrungsschicht ? Senatoren und Ritterstand.
In: Werner Eck u. a. (Hrsg.):
Die Verwaltung des Romischen Reiches in der Hohen Kaiserzeit.
Bd. 1, (A.R.E.A. 3) Reinhardt, Basel 1995, ISBN
ISBN 3-7245-0866-2
, S. 103?160.