Die
Dritte Zwischenzeit
des
Alten Agypten
umfasst die Zeit von 1075 bis 652 v. Chr. und kennzeichnet den Ubergang vom
Neuen Reich
bis zum Niedergang der
traditionellen
Pharaonenherrschaft
.
In dieser Epoche der agyptischen Geschichte ist es nicht einfach, die einzelnen Dynastien genau zu trennen. Gerade im Niltal bildeten sich verschiedene Konigshauser heraus, die in den Stadten
Memphis
,
Tanis
,
Bubastis
,
Herakleopolis
,
Hermopolis
und
Leontopolis
residierten. Dazu kamen spater die nubischen Einfalle im Suden, wo sich neben der Thebanischen Priesterschaft die
nubisch
/
kuschitischen
Herrscher etablierten.
Mit dem Beginn der nubischen Herrschaft endet eigentlich die Dritte Zwischenzeit, die resultierende 25. Dynastie ist aber hier der Vollstandigkeit halber komplett integriert.
Unter
Ramses XI.
erreichte der Einfluss der
Amunspriester
in
Theben
wohl ihren Hohepunkt. Sie waren Generale, die mit dem Titel des Amunpriesters ihre Macht legitimierten.
Der erste von ihnen war
Pianch
, dem sein Schwiegersohn
Herihor
folgte. Herihor tauchte irgendwann zwischen dem 12. und 19. Regierungsjahr von Ramses XI. in Inschriften auf. Er schwang sich zum Vizekonig von
Nubien
auf und hatte das Amt des
Wesirs
inne. Seine große Machtstellung zeigte sich darin, dass er seinen Namen in einer
Kartusche
schreiben ließ. Zu sehen ist dies an den Tempelwanden des
Chonstempels
in
Karnak
, den er errichten ließ.
Agyptologen
vermuten, dass seine Frau
Nodjmet
eine Schwester des Ramses XI. war. Dies konnte seinen schleichenden Aufstieg erklaren.
Pinudjem I.
, Herihors Nachfolger, machte sich einen Namen durch die
Restauration
von alten
Konigsmumien
, auf denen sein Name auftaucht. Er war Amunspriester zur Regierungszeit von
Smendes I.
Seine großte
Usurpation
ist wohl sein Name auf der kolossalen Sitzstatue von
Ramses II.
im Vorhof des Tempels von Karnak. Pinodjem I. war mit
Henuttaui
, einer Tochter Ramses XI., verheiratet und war Vater mehrerer Sohne und Tochter.
Psusennes I.
, der dritte Konig der 21. Dynastie, war einer seiner Sohne.
Mencheperre
und
Masaharta
, zwei weitere Sohne, wurden die Nachfolger im Priesteramt.
Die 21. Dynastie gilt nach neueren Untersuchungen als
libysche Dynastie
. Obwohl in der fruheren Literatur erst die 22. Dynastie als die ?Libysche“ bezeichnet wird, haben inzwischen mehrere Agyptologen (u. a.
Jansen-Winkeln
) auf Quellen hingewiesen, die bezeugen, dass bereits wahrend der 21. Dynastie sowohl das unteragyptische Konigshaus als auch die Hohenpriester und Militarfuhrer in Theben (zumindest teilweise) libyscher Abstammung sein mussen. Der Agyptologe
Jan Assmann
hat vermerkt, dass der Kulturbruch nicht zwischen der 21. und 22., sondern schon zwischen der 20. und 21. deutlich erkennbar sei.
Im Gegensatz zu den
Kuschiten
passten sich die libyschen Herrscher nicht an die altagyptische Kultur an, weshalb in der Agyptologie die libyschen Pharaonen auch als ?Fremdherrscher“ bezeichnet werden. Die Thronbesteigung des
Smendes I.
um ca. 1075 v. Chr. kann als Beginn der 21. Dynastie angesehen werden. Uber seine direkte Herkunft ist nichts bekannt, aber es ist moglich, dass er seine
Legitimation
durch die Heirat mit einer der Tochter des Ramses XI. erlangte. Er regierte wohl zumindest eine Zeit lang von
Memphis
aus, bevor er seine Residenz nach
Tanis
verlegte.
Der bekannteste Konig dieser Dynastie ist zweifelsohne
Psusennes I.
, dessen Goldmaske im
Agyptischen Museum
in
Kairo
zu sehen ist. Er scheint gute Beziehungen zur thebanischen Priesterschaft gepflegt zu haben, denn sein außerer Sarkophag gehorte vor ihm
Merenptah
, dem Nachfolger
Ramses II.
Die 22. Dynastie wird haufig auch
Bubastidische
Dynastie bezeichnet.
Manetho
gibt die Konigsabstammung mit der Stadt Bubastis im ostlichen Nildelta an. Ihr Begrunder
Scheschonq I.
kam aus Libyen. Durch geschickte Familienpolitik gelang es ihm, das Reich unter seiner Macht zu vereinen. Scheschonq I. setzte dazu Familienangehorige wie seine Sohne und seinen Bruder in hohe Amter ein, u. a. in das Priesteramt in Theben.
Scheschonq I. konnte seine Macht bis in die
Levante
ausbreiten. In einem Feldzug um 925 v. Chr. nahm er Teile des
Konigreichs Juda
ein, welches ihm Tribut zahlte.
853 v. Chr. bedrohten die
Assyrer
unter
Salmanassar III.
den agyptischen Norden, so dass sich Konig
Osorkon II.
genotigt sah, eine Waffenbruderschaft mit
Byblos
einzugehen, um das assyrische Heer zuruckzuschlagen. Dies gelang ihnen in der
Schlacht von Quarqar
am
Orontes
.
Unter
Takelot II.
kam es 839 v. Chr. zu einem Aufstand der thebanischen Priesterschaft, die von ihm gnadenlos niedergeschlagen wurde. Doch einige Jahre spater flammte der Aufstand wieder auf, und es dauerte rund zehn Jahre, bis sich die Wogen geglattet hatten.
Nach Takelots II. Tod begann eine recht wirre Zeit, in der sich seine Sohne um den vakanten Thron stritten. Der jungere erklarte sich zum Konig
Scheschonq III.
und regierte 53 Jahre lang. Sein alterer Bruder
Osorkon IV.
wurde 20 Jahre spater als Hohepriester von Theben erwahnt.
Wahrend der Regierungszeit Scheschonq III. begrundete der Prinz
Petubastis I.
im mittleren Nildelta eine neue Dynastie, die in Leontopolis regierte. Die Legitimierung der neuen Dynastie kann darin gesehen werden, dass die Amunpriester in Theben zwei Sohne dieser Dynastie in ihre Dienste aufnahmen. Zudem war die 23. Dynastie wohl auch eng mit der 22. Dynastie verwandt.
Auch die 24. Dynastie regierte gleichzeitig mit der 22. und 23. Dynastie im Nildelta. Ihr bekanntester Konig ist
Tefnachte
aus
Sais
, dem es gelang, mit den anderen Dynastien einen Bund gegen die im Suden vorruckenden
Nubier
zu schließen. Allerdings unterlagen sie um 727 v. Chr. bei
Herakleopolis
der Streitmacht der Nubier unter
Pije
.
Die 25. Dynastie wurde von
Herodot
auch als ?athiopische Dynastie“ bezeichnet, da das
Reich von Kusch
bei den Griechen Athiopien hieß.
[1]
Der Kult des
Amun
hatte sich wahrend des agyptischen
Neuen Reichs
auch in Nubien etabliert und eine machtige Priesterschaft hervorgebracht. Genau wie ihr
Pendant
in Theben begannen sie, ihre Namen in Kartuschen zu schreiben, und herrschten wie die Konige. Es wurde sogar ein offizielles Konigreich mit dem Namen
Napata
gegrundet. Das Zentrum des Amunkults in Nubien war der Fels von
Gebel Barkal
.
Der nubische Amunpriester
Pije
schwang sich durch Heirat mit der Tochter des 7. Konigs von Napata gegen 748 v. Chr. selbst zum Herrscher auf. Durch die unruhigen Zustande in
Ober-
und
Unteragypten
zog er mit seiner
Streitmacht
in seinem 21. Regierungsjahr gen Norden, um die Allmacht des Amun wiederherzustellen.
In Theben angekommen, zog er die ortliche Priesterschaft auf seine Seite, indem er die
Gottliche Anbeterin des Amun
Schepenupet I.
veranlasste, seine Schwester als Nachfolgerin zu adoptieren. Dann feierte er dort das
Opet-Fest
.
Schließlich zog er weiter und besiegte bei Herakleopolis die Allianz der anderen Dynastien, die sich ihm unterwarfen. Diese durften aber weiterhin als Statthalter ihre alten Gebiete verwalten.
Als Besonderheit der 25. Dynastie ist die Vorliebe fur Pferde hervorzuheben, die insbesondere als Begrußungsgeschenke oder Tributabgaben von den
assyrischen
Konigen sehr geschatzt waren und dort als Streitwagengespann Verwendung fanden. Ein regelrechter Handel mit eigenen Pferden oder Streitwagen existierte jedoch nicht. Die Erwahnung von uber 1.000 agyptischen Pferden, die nach
Ninive
gelangten, stammen aus der Kriegsbeute
Asarhaddons
. Bisherige Vermutungen, dass jene Mengenangabe einen
Pferdehandel
belegen, sind daher zwischenzeitlich nicht mehr haltbar.
Die 25. Dynastie regierte das Reich (hauptsachlich Oberagypten) von Napata aus.
Schabaka
, der Bruder des Pianchi, regierte nach dessen Tod noch 14 Jahre, danach folgten die Sohne Pianchis
Schebitko
und
Taharqa
. Gerade Taharqas Regierungszeit war immer wieder gekennzeichnet durch die Bedrohung der Assyrer aus dem Osten. 669 v. Chr. fielen die Assyrer unter Asarhaddon massiv in Agypten ein, eroberten Memphis und nahmen fast die gesamte Konigsfamilie gefangen. Taharqa selbst konnte allerdings nach Suden fluchten. Die Assyrer folgten und eroberten in der Folge auch Theben.
Taharqas Nachfolger
Tanotamun
gelang zwar die Ruckeroberung Agyptens bis nach Memphis, doch kurz darauf schlugen die Assyrer unter
Assurbanipal
entscheidend zuruck. Sie drangen bis zur nubischen Grenze vor und verwusteten bei diesem Feldzug 652 v. Chr. Theben schwer und beraubten es all seiner Schatze. Die 25. Dynastie kennzeichnete sich durch ihre Versuche, an alte Traditionen anzuknupfen, indem sich die Herrscher nach fruheren Pharaonen benannten und sich die Inschriftensprache teilweise stark an das Agyptisch des Alten Reichs anlehnte.
- K. A. Kitchen
:
The Third Intermediate Period in Egypt. 1100?650 B.C
. 4th Edition. Aris & Phillips, Warminster 2009,
ISBN 0-85668-768-5
, (Das mit 600 Seiten grundlegende Werk zur Dritten Zwischenzeit, streckenweise jedoch sehr kontrovers).
- Karl Jansen-Winkeln
:
Das Ende des Neuen Reiches
. In:
Zeitschrift fur agyptische Sprache und Altertumskunde.
Band 119, 1992,
ISSN
0044-216X
, S. 22?37 (
Online
).
- Karl Jansen-Winkeln:
Die Inschriften der Spatzeit.
Teil II:
Die 22.?24. Dynastie
. Harrassowitz, Wiesbaden 2007,
ISBN 978-3-447-05582-6
.
- Angelika Lohwasser
:
Kuschitenzeit.
In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.):
Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet
(WiBiLex), Stuttgart 2006 ff., abgerufen am 2. Oktober 2023.
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Angelika Lohwasser
:
Kuschitenzeit.
In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.):
Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet
(WiBiLex), Stuttgart 2006 ff., abgerufen am 2. Oktober 2023.