Schwedisches
Diplomatengepack in Form einer als solches gekennzeichneten Holzkiste (2011)
Als
Diplomatengepack
oder
Diplomatenpost
wird eine speziell gekennzeichnete Sendung eines
Außenministeriums
an eine
Auslandsvertretung
(oder umgekehrt) bezeichnet, die von den staatlichen Stellen des Gastlandes nicht geoffnet, untersucht oder zuruckgehalten werden darf. Nach den Bestimmungen des
Wiener Ubereinkommens uber diplomatische Beziehungen
von 1964 darf sie nur diplomatische Schriftstucke oder fur den amtlichen Gebrauch bestimmte Gegenstande enthalten. Die Anzahl der Packstucke einer Sendung sowie deren Große und Gewicht sind nicht beschrankt. Diese Umstande begunstigen den Missbrauch des Diplomatengepacks.
Bestatigungsschreiben fur einen diplomatischen Kurier des
US-Außenministeriums
(1942)
Das US-Militar befordert Diplomatengepack (hier zur US-Botschaft nach
Beirut
), wenn es auf den Landwegen zu Unruhen kommt (2008)
Das ?Wiener Ubereinkommen uber diplomatische Beziehungen“ von 1961, das 1964 Gultigkeit erlangte, enthalt Regelungen zum Diplomatengepack.
Das Diplomatengepack ist fur gewohnlich ein aus einer dauerhaften
Textilie
gefertigter, versiegelbarer
Beutel
, oft aus
Segeltuch
, und wird daher im
Englischen
diplomatic bag
(Tasche) oder
diplomatic pouch
(Beutel) genannt. Auch
Kisten
und andere großere
Gebinde
konnen zum Diplomatengepack deklariert werden. In allen Fallen ist eine
Kennzeichnung
erforderlich.
Der diplomatische
Kurier
, der auch
ad hoc
ernannt werden kann, muss ein Bestatigungsschreiben als
Dokument
bei sich fuhren, das uber seine Stellung und die Art der Sendung Auskunft gibt. Dieser Kurier darf weder auf- noch festgehalten werden. Ein
Kapitan
eines kommerziell betriebenen
Flugzeugs
oder
Schiffes
muss ebenfalls ein solches Dokument bei sich tragen, falls ihm behelfsweise Diplomatengepack anvertraut wird, doch er gilt nicht als diplomatischer Kurier, da er diese Aufgabe nicht hauptsachlich wahrnimmt.
Eine Durchleuchtung mittels
Rontgenstrahlung
gilt als eine Untersuchung des Inhalts. Allerdings bestehen einige Staaten darauf zu kontrollieren, ob diese Sendungen nur erlaubte Gegenstande umfassen.
[1]
Im Gegensatz zum Diplomatengepack kann
konsularischer
Verkehr aufgehalten und an den Ursprungsort zuruckgeschickt werden, wenn das Ursprungsland einer Kontrolle nicht zustimmt.
[2]
- Im August 2012 ubergab die
franzosische
Regierung 46 Jahre nach dem
Flugzeugabsturz
einer
indischen
Passagiermaschine am
Mont-Blanc-Massiv
der indischen Botschaft in
Paris
einen
Jutesack
Diplomatengepack, den zwei
Bergsteiger
zufallig in einer
Gletscherspalte
gefunden und der Polizei gemeldet hatten.
[3]
- Im Februar 2012 fand die
italienische
Polizei 40 Kilogramm
Rauschgift
versteckt in
Theaterrequisiten
, die uber die
Galapagosinseln
als
ecuadorianische
Diplomatenpost uber einen
Drittstaat
nach Italien gelangten. Der Außenminister
Ricardo Patino
hatte zuvor auf Anfrage Italiens die Kontrolle der acht Pakete genehmigt und verwies darauf, dass die Sendung von
Spurhunden
kontrolliert worden sei, die Drogen also in dem nicht naher genannten Drittland in die Sendung gelangt seien mussten.
[4]
- Sudamerikanische
Rauschgiftschmuggler
nutzten im Januar 2012
gefalschte
Diplomatengepack-Beutel eines nicht naher bezeichneten Staates an die
UNO
in
New York
zur Einfuhr von
Drogen
. Weil das
Hoheitszeichen
des Entsendestaates nicht dem echten entsprach, flog die Sendung bei der Einfuhr in die USA auf und wurde
beschlagnahmt
.
[4]
- In einem Postsack der US-Botschaft in
Wien
, der am 23. Oktober 2001 von der Poststelle des US-Außenministeriums in
Washington, D.C.
nach Wien gesandt worden war, wurden im Dezember 2001 bei einer Routineuntersuchung
Sporen
des
Milzbranderregers
Anthrax entdeckt. Eine Gefahr fur die Allgemeinheit soll nicht bestanden haben, da die US-Diplomatenpost nicht gemeinsam mit den normalen Poststucken transportiert wurde; der Sack war am Flughafen Wien von einem Boten der US-Vertretung in Empfang genommen und direkt in die Botschaft gebracht worden.
[5]
- Am 12. Juli 1984 verbot die
Schweiz
die Einreise eines
sowjetischen
Lastwagens an der deutschen Grenze bei
Basel
. Er war mit neun Tonnen Ladung vollumfanglich zum Diplomatengepack deklariert worden. Der Lastwagen war vom westdeutschen
Zoll
bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht beanstandet worden. Die Schweiz setzte diplomatischem Gepack eine willkurliche Obergrenze von 450 Pfund (204 kg). Die UdSSR erlaubte den westdeutschen Behorden darum eine Inspektion des Inhalts: 207 Kisten enthielten jeweils korrekt verpackte diplomatische Segeltuch-Beutel.
[6]
[1]
- Umaru Dikko
, damaliger
nigerianischer
Verkehrsminister, wurde am 5. Juli 1984 im
Londoner
Exil
entfuhrt,
betaubt
und in eine
Holzkiste
verpackt. Anschließend sollte er mit einem bereitgestellten
Frachtflugzeug
nach Nigeria geflogen werden. Auf dem Flughafen
London Stansted Airport
vereitelte die alarmierte
Polizei
die
Entfuhrung
, weil die zwei Kisten ? jene mit Dikko und eine zweite mit den beiden Entfuhrern darin ? nicht versiegelt waren und die Transportverantwortlichen sich nicht als diplomatische Kuriere ausweisen konnten.
[6]
[1]
- Der
Spion
Mordechai Luk
, der fur
Agypten
und vermutlich fur
Israel
und
Deutschland
arbeitete, sollte 1964 als Diplomatengepack in einem
Koffer
entfuhrt werden, der von der Polizei in
Rom
geoffnet wurde.
[7]
[8]
Agypten benutzte mehrfach ?Koffer“, um Menschen zu entfuhren.
[9]
- Im Jahr 1938 ließ der
Franziskaner
Herman Leo Van Breda
den
Nachlass
von
Edmund Husserl
als
belgisches
Diplomatengepack deklarieren. So konnte dieser von Deutschland nach Belgien gebracht werden,
[10]
ohne dass die
nationalsozialistischen
Behorden etwas dagegen unternehmen konnten.
- Nach dem Tod
Howard Carters
1939 gab es den Plan, seine privaten Andenken aus dem Grab
Tutanchamuns
per Diplomatenpost an das
Agyptische Museum
in
Kairo
zu schicken, damit sie im
Zweiten Weltkrieg
nicht auslandischen Machten in die Hande fielen, aber das britische Außenministerium lehnte den Vorschlag ab.
- ↑
a
b
c
The Straight Dope ? Is there such a thing as a diplomatic pouch?
(engl.)
- ↑
Wiener Ubereinkommen uber konsularische Beziehungen
, Art. 35
http://www.admin.ch/ch/d/sr/0_191_02/a35.html
- ↑
Frankreich ubergibt Indien 46 Jahre alte Diplomatenpost.
In:
Online-Ausgabe der
Zeit
.
3. September 2012, archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar)
;
abgerufen am 30. Marz 2018
.
- ↑
a
b
Artikel
?40 Kilo Kokain in Diplomatengepack ? Diplomatenpost darf normalerweise nicht geoffnet werden. Italien bat Ecuador um eine Ausnahme und beschlagnahmte 40 Kilo Kokain.“
kurier.at
vom 10. Februar 2012, abgerufen am 30. Marz 2018.
- ↑
Artikel
?Anthrax in US-Diplomatenpost in Wien entdeckt“ vom 13. Dezember 2001, abgerufen am 30. Marz 2018.
- ↑
a
b
NZZ Folio, 09/03 ? ?Ein nobler Sack“
- ↑
Time.com ?
Espionage: The Spy Who Came In from the Trunk
- ↑
Mann im Koffer.
In:
zeit.de.
27. November 1964,
abgerufen am 2. Dezember 2014
.
- ↑
Zeitspiegel.
In:
zeit.de.
4. Dezember 1964,
abgerufen am 2. Dezember 2014
.
- ↑
M.O.C. Dopfner:
Kurzschrift des Gedankens.
In:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
, Nr. 254 vom 31. Oktober 1990.