Kopieren und Einfugen
(auch
Kopieren und Einsetzen
;
englisch
copy and paste
,
copy & paste
,
copy ’n’ paste
, abgekurzt
C&P
) ist ein zweistufiges Prinzip der Ubertragung von
Daten
zwischen
Software
-Anwendungen.
Kontext-Menu unter
Windows
Kontext-Menu unter
Mac OS X
Zuerst werden die zu ubertragenden Daten aus einer Anwendung heraus in einen Zwischenspeicher ubertragen (
englisch
copy
?kopieren‘). Von dort aus konnen sie dann in derselben oder einer anderen Anwendung des Nutzers beliebig oft wieder eingelesen werden (
englisch
paste
?einfugen‘), da die Daten im Zwischenspeicher erhalten bleiben. Haufig wird als Zwischenspeicher die
Zwischenablage
(englisch
clipboard
) verwendet, deren Funktionen durch einen
Clipboard-Manager
erweitert werden konnen.
Ein Sonderfall des Kopierens und Einfugens ist das
Ausschneiden und Einfugen
(
englisch
cut and paste
) oder Verschieben (
englisch
move
), bei dem das betroffene Element am Ursprungsort nach dem Kopieren zusatzlich geloscht wird.
Die Zwischenablage wurde zusammen mit grundlegenden Textsuch- und Ersetzungsfunktionen in den 1970er Jahren von
Larry Tesler
[1]
am
Xerox PARC
fur die
Smalltalk-76
-
Programmierumgebung
implementiert.
[2]
Smalltalk-76 wurde in den Jahren 1973?1976 entwickelt und verwendete erstmals ein
GUI
mit
Fenstern
(vgl.
WIMP
).
Die Funktionalitat wurde bekannt durch die Betriebssysteme der
Apple
Lisa
(1983) und des Apple
Macintosh
(1984). Die Funktion besteht aus dem gleichzeitigen Drucken der
Befehlstaste
(
?
, auch ?Apfel-Taste“) und einer weiteren Taste, und zwar
X
fur
Ausschneiden
,
C
fur
Kopieren
und
V
fur
Einsetzen
. Diese Tastenkombinationen wurden spater durch
Microsoft
fur Windows und vielen anderen Betriebssystemen ubernommen, wobei hier anstatt der Befehlstaste die
Steuerungstaste
zum Einsatz kommt. Bei vielen Betriebssystemen gibt es neben den Tastaturbefehlen auch die Moglichkeit, diese Funktionen per
Menu
oder
Kontextmenu
aufzurufen.
Die drei Zwischenablagen-Funktionen Ausschneiden, Kopieren und Einfugen stellen heute eine Kulturtechnik dar und es wird vom Benutzer erwartet, dass diese vom Betriebssystem bereitgestellt werden. Beim Betriebssystem
iOS
kam diese erst mit der Version 3.0, weil vorher unklar war, wie diese mangels physisch vorhandener Tastatur, Menu und Kontextmenu alternativ abgebildet werden kann per
Geste
am
Touchscreen
.
Kopieren und Einfugen wird verwendet, um in einer
Datei
bestimmte Teile zu vervielfaltigen oder um Textteile beziehungsweise kompliziert strukturierte Zeichenfolgen (zum Beispiel Weblinks, Zahlenfolgen, Passworter) fehlerfrei und zeitsparend in andere Programme zu ubertragen. Neben einfachem
unformatierten Text
konnen auch komplexere Datenstrukturen wie
formatierter
Text, Bilder, Tabellen usw. oder allgemein beliebige Objekte verarbeitet werden. Programme wie
Microsoft Word
oder
Microsoft Excel
erlauben das Einfugen von kopiertem Text mit der gleichen Formatierung wie im Ausgangsdokument, mit der Formatierung des Zieldokuments und ohne Formatierung.
Als Zwischenspeicher wird von vielen Programmen die betriebssysteminterne
Zwischenablage
(Clipboard)
verwendet. In Einzelfallen bringen Anwendungen wie
Microsoft Office
seit der Version
Office 2007
aus Komfortgrunden Systeme mit, die die Zwischenspeicherung von mehr als einem Datensatz erlauben. Programmintern kann das uber einen gemeinsamen Speicherbereich auf dem Freispeicher realisiert sein.
Erweitert wurde die Funktion bei den gangigen
Dateimanagern
: So kann man neben Text auch ganze Dateien kopieren, wobei das Kopieren von Dateien meist in zwei Schritten erfolgt, um bei zu großen Dateien den Arbeitsspeicher nicht zu sehr zu belasten: Zunachst wird nur der Pfad (also die Ortsangabe) einer Datei gespeichert. Erst nach dem Einfugen wird die eigentliche Datei samt Inhalt kopiert bzw. verschoben. Die Datenubertragung zwischen Anwendungen kann unter Windows durch Technologien wie
OLE
oder
DDE
umgesetzt werden.
Beim Verschieben von Dateien unter
Windows-NT
-, XP- sowie -Server-2003-Betriebssystemen ist zu beachten, dass hier
NTFS
-
Dateisystemberechtigungen
mit ubernommen wurden. Ab Windows Vista (NT 6.0) ist dieses Verhalten nicht mehr gegeben, allerdings lasst es sich mit einem Microsoft Hotfix nachinstallieren.
[3]
Ist dieselbe Funktion in eine
grafische Oberflache
eingebettet und visualisiert, heißt sie
Drag and Drop
(?Ziehen und Fallenlassen“) ? dieser Begriff geht aber uber das reine Kopieren und Einfugen von Datensatzen hinaus. Außerdem wird bei dieser Variante in aller Regel nicht die Zwischenablage verwendet (Ausnahme beispielsweise
Microsoft Excel
).
Es gibt im Prinzip vier Arten der Handhabung (wobei hier außer Acht gelassen wird, dass die zu kopierenden Elemente sowohl mit der
Tastatur
als auch mit der
Maus
markiert
werden konnen). Untenstehend wird die Bezeichnung auf deutschen Tastaturen wiedergegeben. Fur Schweizer oder US-amerikanische Tastaturen gilt:
Strg
=
Ctrl
,
?
=
Shift
,
Entf
=
Del
,
Einfg
=
Ins
:
Rechner-Typ
|
Ausschneiden
|
Kopieren
|
Einfugen
|
Maus
(moderne
GUI
)
|
Kontextmenu
: Ublicherweise erscheint durch
Rechtsklick
nach Markieren ein
Kontextmenu
mit den entsprechenden Funktionen.
Drag & Drop
: Durch Ziehen von markierten Objekten (wie Texte, Bilder, Dateien etc.) bei gedruckter
Ctrl
/
Strg
-Taste.
|
Maus
(
UNIX
-Konsole)
|
Ublicherweise wird der Text durch einfaches Markieren automatisch in die Zwischenablage kopiert. Das Einfugen erfolgt an
Cursor
-Stelle durch Klicken der mittleren Maustaste, oder gleichzeitiges Klicken beider Maustasten (bei Emulation der mittleren Taste).
|
Menu
|
Ublicherweise befinden sich im Bearbeiten-Menu von Anwendungen, die eine Bearbeitung von Inhalten erlauben, die Menupunkte Ausschneiden, Kopieren, Einfugen/Einsetzen und Entfernen/Loschen.
|
Tastatur
(Windows)*
|
Strg
+
X
?
+
Entf
²
|
Strg
+
C
Strg
+
Einfg
|
Strg
+
V
?
+
Einfg
|
Tastatur
(Mac)*
|
?
+
X
|
?
+
C
|
?
+
V
|
Emacs
(alle Betriebssysteme)*
|
Strg
+
W
|
Alt
+
W
|
Strg
+
Y
, nachfolgend
Alt
+
Y
fugt stattdessen die vorletzte, drittletzte, …, zuvor kopierte oder ausgeschnittene Textstelle ein; dazu werden diese automatisch im
Kill-ring
gespeichert.
|
Vi
(alle Betriebssysteme) *
|
d
|
y
|
p
(jeweils im Befehlsmodus)
|
* Nach dem Markieren des Textes/Datei.
²
Umschalt
+
Entf
bei Dateiverwaltung nicht verwendbar, da diese Kombination dort die Funktion ?Loschen ohne Papierkorb“ auslost.
|
- Zunachst wird im Quelldokument der entsprechende Abschnitt markiert ? in den heutigen Betriebssystemen zum Beispiel per Maus.
- Dann wird er in die Zwischenablage kopiert (?Copy“). Die Funktion kann meist aus einem
Menu
ausgewahlt werden; ublich sind auch bestimmte Tastenkombinationen: In
Windows
und in
Linux
-
Desktop-Umgebungen
Strg
+
C
, unter
macOS
cmd
+
C
.
- Will man den markierten Abschnitt gleichzeitig von der Originalstelle loschen, dort also ausschneiden (?Cut“), so bieten Windows-Systeme und KDE die Tastenkombination
Strg
+
X
, macOS
cmd
+
X
; alternativ gibt es entsprechende Menueintrage. Ausschneiden ist meistens mit dem Kopieren und umgehenden Loschen der Markierung verbunden.
- Zum Einfugen (?Paste“) setzt man den
Cursor
an die gewunschte Stelle des Zieldokuments und wahlt entweder den Menueintrag oder druckt unter Windows
Strg
+
V
, unter macOS
cmd
+
V
.
- In allen genannten Betriebssystemen enthalt die Zwischenablage anschließend immer noch das gleiche Material; es kann also auch mehrfach an verschiedenen Stellen eingefugt werden. Erst der nachste Copy- oder Cut-Vorgang uberschreibt es dort.
Bei Dateien, aber auch zum Beispiel bei Zellen in
Microsoft Excel
, weicht das Verhalten der Ausschneiden-Funktion an zwei Stellen ab:
- Ausgeschnittene Daten werden erst beim nach erfolgreichem Einfugen am Herkunftsort geloscht, wo sie bis dahin allerdings hervorgehoben werden. Bis zum Einfugen wird somit keinerlei Anderung durchgefuhrt und es gehen keine Daten verloren, wenn man andere Daten ausschneidet (oder kopiert).
- Das Einfugen ausgeschnittener Daten ist nur einmal moglich, da die Zwischenablage anschließend geleert wird.
Im
Internet
gibt es Server, die offentlich zugangliche Zwischenablagen zur Verfugung stellen
(
Pastebins
)
. Diese werden zum Beispiel dafur benutzt, um langere Textpassagen, Konfigurationsdateien, Fehlerprotokolle oder Logdateien zuganglich zu machen, ohne sie direkt dort einzufugen.
Aufgrund der Eigenschaft von Copy & Paste, dass nur die Informationen des markierten Textes kopiert werden und nicht die Referenzen nach außen hin, wird von Programmierern
Copy & Paste
auch als
Copy & Waste
(
englisch
fur ?Kopieren und Mull‘) bezeichnet, da redundanter Code erzeugt wird, der schlechter zu warten ist als
wiederverwendeter
(also lediglich verknupfter) Code. Unter anderem ist es schwieriger,
Programmfehler
zu beheben oder Funktionalitaten zu erweitern, wenn der gleiche zu andernde Programmcode an unterschiedlichen Stellen eingefugt wurde ? und eventuell zusatzlich geringfugig verandert wurde. 2007 benannte sich ein von
Jorg Albrecht
mitbegrundetes Theaterkollektiv in Berlin nach dem Begriff.
Unter dem Schlagwort ?Copy & Paste“ wird Kritik an einer Textkultur geubt, bei der Inhalte unter Missachtung von Urheberrechten aus dem Internet zusammenkopiert werden, ohne sich um eine eigene Darstellung zu bemuhen. Dadurch konnen
Plagiate
und
Urheberrechtsverletzungen
entstehen; dies wird als eine Bedrohung einer fundierten Ausbildung und guten wissenschaftlichen Praxis angesehen. Der osterreichische Medienwissenschaftler
Stefan Weber
behandelte das Thema in seinem Buch
Das Google Copy-Paste-Syndrom
(2007).
[4]
Im Zusammenhang mit der
Plagiatsaffare Guttenberg
(Februar und Marz 2011) wurde der Begriff haufig verwendet; dieser Affare folgten einige weitere: das 2011 gegrundete
VroniPlag Wiki
untersuchte die Dissertationen einiger anderer Politiker und Prominenter, denen die Dissertationen spater ebenfalls aberkannt wurden. Der Grunen-Kanzlerkandidatin
Annalena Baerbock
warf Weber 2021 vor, in ihrem Buch
Jetzt. Wie wir unser Land erneuern
aus dem Internet kopierte Texte ohne Quellenangabe verwendet zu haben.
[5]
[6]
Unter
Copypasta
wird das
Spam
-ahnliche Einfugen eines Textblockes verstanden.
[7]
Eine
Creepypasta
ist eine durch Kopieren und Einfugen im Internet verbreitete
Gruselgeschichte
.
- Stefan Weber
:
Das Google-Copy-Paste-Syndrom. Wie Netzplagiate Ausbildung und Wissen gefahrden.
Heise: Hannover/Heidelberg, 2007; 2., uberarbeitete Auflage 2009,
ISBN 3-936931-37-2
.
- Martin Potthast:
Technologies for Reusing Text from the Web,
Bauhaus-Universitat Weimar, Dissertation, 2011,
PDF
- Kenneth Goldsmith
: Uncreative Writing. Sprachmanagement im digitalen Zeitalter.
Ubersetzt von
Hannes Bajohr
und
Swantje Lichtenstein
. Matthes & Seitz, Berlin, 2017.
ISBN 978-3-95757-252-3
. (In der deutschen Ausgabe gibt es ein eigens hierfur geschriebenes Kapitel.)
- ↑
Resume of Larry Tesler
(
Memento
vom 27. Februar 2008 im
Internet Archive
)
- ↑
Richard Dale:
Copy and paste behaviour
.
- ↑
Microsoft:
Add ?MoveSecurityAttributes“ functionality exeunt omnes Windows Vista (NT 6.0)
.
- ↑
Stefan Weber:
Das Google-Copy-Paste-Syndrom. Wie Netzplagiate Ausbildung und Wissen gefahrden.
Heise: Hannover/Heidelberg, 2007; 2., uberarbeitete Auflage 2009,
ISBN 3-936931-37-2
.
- ↑
FOCUS Online:
Plagiatsjager verscharft Vorwurf gegen Baerbock: ?Sie hat ganz bewusst getauscht“.
Abgerufen am 3. Juli 2021
.
- ↑
Heike Schmoll, Berlin:
Plagiatsvorwurf gegen Baerbock: Eine Frage der Sorgfalt
. In:
FAZ.NET
.
ISSN
0174-4909
(
faz.net
[abgerufen am 3. Juli 2021]).
- ↑
Copypasta.
In:
techopedia.com.
Abgerufen am 9. Juni 2022
(englisch).