Bunkerbrechende Waffe

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BLU-122 durchschlagt mehrere Meter dicken Stahlbeton

Bunkerbrechende Waffen ( englisch bunker buster ) sind Waffen, um Bunker zu bekampfen. Heute handelt es sich meist um von Flugzeugen abgeworfene Bomben oder spezielle Lenkflugkorper. Als Flugzeuge noch nicht die entsprechende Tragkraft hatten, konnte man nur bodengestutzte Systeme fur diese Aufgabe verwenden.

Erster Weltkrieg

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Als Ende des 19. Jahrhunderts und am Anfang des 20. Jahrhunderts immer ausgedehntere und bessere Befestigungsanlagen gebaut wurden, begannen verschiedene Staaten Waffen zu entwickeln, die diese Bunkeranlagen zerstoren sollten. Die beruhmteste dieser Waffen war der 42-cm- Morser ? Dicke Bertha “. Gegen die zu Beginn des Ersten Weltkrieges bereits veraltete Mehrheit der Befestigungsanlagen, wie die von Luttich , konnten diese Geschutze große Erfolge erzielen. Weil als Munition noch immer gewohnliche Sprenggranaten verwendet wurden, sind diese Waffen weder als spezialisierte bunkerbrechende Waffen anzusehen noch konnten sie die damals modernsten Befestigungen wie in Verdun zerstoren. Ab der Mitte des Jahres 1915 wurden fur diese uberschweren Geschutze und auch die Eisenbahngeschutze spezielle Granaten entwickelt. Diese erhielten eine extra gehartete Stahlummantelung und wurden mit Zeitzundern versehen. Die Geschosse sollten tief in den Beton der beschossenen Bunker und Festungen eindringen und mit ihrer enormen Sprengwirkung die Bunkeranlagen zerstoren.

Zweiter Weltkrieg

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Eine Grand-Slam -Bombe
Das ?Gamma-Gerat“ der Krupp AG , eine der schwersten Waffen, die zur Zerstorung von Festungs- und Bunkeranlagen gebaut wurden
Ein von einer ?Grand Slam“ getroffener deutscher U-Boot-Bunker wahrend des Zweiten Weltkrieges

In den 1930er-Jahren wurde die Idee von Großgeschutzen als Waffen gegen Befestigungen wieder aufgenommen. Durch die Verwendung von noch großeren Kalibern und Spezialgeschossen konnte die Durchschlagsleistung massiv gesteigert werden. Die Projektile erhielten eine Spitze aus einer speziellen Stahllegierung. Durch diese Verbesserungen konnte der 60-cm- Morser ?Karl“ 2,5 Meter Beton durchschlagen, im Vergleich zu nur einem Meter bei der ?Dicken Bertha“. Die Granaten der 80-cm-Kanone ?Dora“ konnten sogar sieben Meter Beton durchdringen. Der militarische Nutzen dieser Geschutze gilt als gering, da der logistische und personelle Aufwand enorm und die Treffergenauigkeit niedrig war.

Ein komplett anderes Konzept verfolgte der Englander Barnes Wallis mit den von ihm im Zweiten Weltkrieg konstruierten ?Tallboy“ - und ?Grand-Slam“ -Großbomben. Die zuerst entwickelte ?Tallboy“ erreichte durch ihre aerodynamische Form beim Aufprall Geschwindigkeiten uber Mach  1. Kombiniert mit ihrem großen Gewicht von 5,4 Tonnen und einem Gehause aus speziell gehartetem Stahl sollte sie tief in Erde und Beton eindringen konnen. Gegen die am starksten gepanzerten deutschen U-Bootbunker reichte dies bei weitem nicht aus, was zur Entwicklung der mit 10 Tonnen nahezu doppelt so schweren ?Grand Slam“ fuhrte. Diese konnte, aus großer Hohe abgeworfen, bis zu 40 Meter tief in die Erde eindringen oder bis zu 4,5 Meter Beton durchschlagen. Durch ihre Erfolge gegen die deutschen U-Boot-Bunker waren diese Waffen die ersten spezialisierten bunkerbrechenden Waffen mit einem tatsachlichen militarischen Nutzen.

Wahrend des Zweiten Golfkrieges gegen den Irak 1990 (?Operation Desert Storm“) meldete das US-Militar dringenden Bedarf an einer neuen Waffe, die in der Lage sein sollte, die am starksten gepanzerten irakischen Bunker zu zerstoren. In der Rekordzeit von nur einem Monat entwickelte die ?Texas Instruments Defense Systems and Electronic Group“ (inzwischen im Rustungskonzern ? Raytheon “ aufgegangen) aus alten 203-mm-Haubitzenrohren die GBU-28 , eine Laser-gelenkte bunkerbrechende Waffe mit 2132 kg Gewicht und einer Sprengstofffullung von 286 kg. Bei den einzigen beiden Einsatzen dieser Waffen wahrend des Krieges durch US-amerikanische F-111F Jagdbomber wurden kurz vor dem Ende der Kampfhandlungen schwer befestigte Bunker in Bagdad zerstort. Aus den Erfahrungen wahrend dieses Kriegs entstand in den USA eine ganze Palette von verschiedensten bunkerbrechenden Waffen, die teilweise auch in andere Staaten exportiert wurden.

Moderne bunkerbrechende Waffen

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Funktionsweise luftgestutzter Systeme

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Test eines Bunker-Busters der USAF vom Typ BLU-109

Heutige bunkerbrechende Waffen funktionieren immer noch sehr ahnlich wie die ersten ?Bunker-Buster“ aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Waffen werden aus großer Hohe abgeworfen, erreichen im freien Fall eine hohe Geschwindigkeit und verfugen uber ein besonders gehartetes Stahlgehause, damit sie die Zieloberflache durchdringen konnen. Geandert hat sich die Abwurfhohe, da heutige Strahlflugzeuge sehr viel hoher fliegen konnen als Flugzeuge mit Kolbentriebwerk . Außerdem sind heute fast alle Systeme mit einer GPS - oder Laserlenkung versehen, um die Treffergenauigkeit zu erhohen. Eine weitere Moglichkeit ist es, den Penetrator, anstatt ihn als Bombe abzuwerfen, auf eine Cruise Missile zu montieren und so die Reichweite massiv zu steigern. Das hat den Vorteil, dass die Waffenplattform sich erst gar nicht dem Ziel annahern muss und so vor den Luftabwehrsystemen des Gegners geschutzt ist.

Die neueste Entwicklung im Bereich der bunkerbrechenden Waffen ist die Kombination eines gewohnlichen Penetrators mit einer davor angebrachten Hohlladung , z. B. der BROACH-Gefechtskopf von BAE Systems . Dies erhoht die Durchschlagsleistung vor allem bei Beton erheblich.

Funktionsweise landgestutzter Systeme

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Bei landgestutzten bunkerbrechenden Systemen wird eine bereits vorhandene Panzerfaust oder Panzerabwehrlenkwaffe herangezogen und fur den neuen Zweck modifiziert. Moderne Panzerabwehrsysteme verfugen normalerweise uber eine Tandemhohlladung , wobei die erste die Reaktivpanzerung uberwindet und die zweite die eigentliche Panzerung durchschlagt. Fur die Umwandlung in eine Antibunkerwaffe wird die zweite Hohlladung durch einen Penetrator ersetzt. Die Hohlladung schießt ein erstes Loch in den Bunker, der Penetrator bahnt sich den Weg durch die Reststruktur und zundet innerhalb des Ziels die Sprengladung.

Liste moderner bunkerbrechender Waffen

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  • Waffen mit konventionellem Sprengkopf
    • BLU-109 : Penetrator mit Paveway - oder JDAM -Lenksatzen. Bei einem Gewicht von 863 kg hat er eine Penetrationsleistung von 1,8 m Beton.
    • BLU-113 : Mit einem Gewicht von 2270 kg einer der starksten Penetratoren der Welt. Er kann nur mit speziellen Lenksatzen ausgerustet werden und durchschlagt rund 6 m Beton.
    • BLU-116 : Weiterentwicklung des BLU-109 Penetrators, der mit Paveway- oder JDAM-Lenksatzen verwendet werden kann. Er ist ahnlich groß und schwer wie der BLU-109 und durchschlug in Tests 3,4 m Beton.
    • BLU-118 : Neuartiger Penetrator, der mit Paveway- oder JDAM-Lenksatzen verwendet werden kann. Anstelle von herkommlichem Sprengstoff ist er mit einem thermobarischen Sprengkopf ausgerustet, der Bunker wird hierbei nicht unbedingt durch eine direkte Penetration zerstort, sondern die darin verschanzte Besatzung getotet. Gewicht etwa 900 kg.
    • BLU-122 : Stark verbesserte, ahnlich schwere und große Version des BLU-113 Penetrators. Durchschlagt mehr als 7 m Beton.
    • BLU-137 : Nachfolger der BLU-109 mit verbessertem Zunder.
    • Small Diameter Bomb (SDB): Trotz der geringen Große und Masse (etwa 114 kg) hat die SDB die gleiche Durchschlagsleistung wie die BLU-109. Der Sprengkopf ist jedoch wesentlich kleiner, weshalb die SDB die BLU-109 nicht ersetzen wird. Das Programm soll langfristig dazu fuhren, die großeren Mk.-84-Bomben zu ersetzen, um bei gleichen Nutzlasten pro Flugzeug mehr Waffen transportieren zu konnen. [1]
    • Massive Ordnance Penetrator (MOP): 13,6 t schwere Bombe zum Einsatz gegen extrem stark verbunkerte Ziele. Soll bis zu 60 m Beton durchdringen.
  • Waffen mit Nuklearsprengkopf
    • B61-11 : Version der freifallenden Atombombe B61 zur Bekampfung von Bunkern. Die Sprengkraft liegt bei rund 10  kT .
  • KAB-1500LG: Gleitbombe mit Laser-Zielsuchlenkung. Penetrationsleistung etwa 20 m Erdreich oder 2 m Beton.
  • KAB-1500LF: Gleitbombe mit Laser-Zielsuchlenkung. Penetrationsleistung von 20 m Erdreich oder 4 m Beton.
  • KAB-1500Kr: Gleitbombe mit optischem CCD-Suchkopf . Penetrationsleistung wie KAB-1500LF.
  • BROACH: Ein britisch - franzosischer Penetrator mit zusatzlicher Hohlladung, der fur den Marschflugkorper ?Storm Shadow“ entwickelt wurde. BROACH kann bis zu 4 m Beton durchschlagen.
  • MEPHISTO : Ein fast 500 kg schwerer Doppelladungs-Penetrator, der in Deutschland fur den Taurus -Marschflugkorper entwickelt wurde. Die Durchschlagsleistung liegt hier ebenfalls bei mehreren Metern Stahlbeton.

Die folgende Passage aus dem Roman Heeresbericht von Edlef Koppen beschreibt detailliert die Wirkung solcher Granaten, wie sie auch Erich Maria Remarque kennengelernt hatte: [2]

?Die 7,5-cm-Granaten der leichten Feldartillerie, die ein Gewicht von 5,6 kg haben und eine Sprengladung von 0,608 kg haben, dringen 1,80 Meter in Erde, 12 Zentimeter in Beton, haben eine Gesamtwucht aus Aufschlag und Explosion von 230 Metern und schleudern 508 Splitter umher. - Die Eindringungstiefe eines aufschlagenden 15-Zentimeter-Geschosses in Erde betragt 4,10 Meter, in Beton 39 cm, die Sprengladung wiegt 4,86 Kilogramm, die Kraft der Explosionsladung 1.900 Meter, die Splitterzahl betragt 2030. - Ein 30,5-cm-Geschoss hat ein Gewicht von 324 Kilogramm, entfaltet eine Explosionswucht, die vergleichbar ist mit einem D-Zug von 50 Wagen bei 85 Kilometern Stundengeschwindigkeit, schleudert 8110 Splitter umher und dringt 8,10 Meter in Erde und 90 Zentimeter in Beton ein.“

Edlef Koppen verwendete fur seinen Bericht das Buch von Friedrich Sesselbach, Der Stellungskrieg , S. 260. Der Bericht Sesselbachs ist deshalb sehr authentisch, weil er bereits aus dem Jahr 1912 stammt.

Commons : Bunkerbrechende Waffe  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Archivlink ( Memento vom 24. Juli 2017 im Internet Archive ) Entwicklungsprogramm ?SDB“ zur Verkleinerung von Freifallbomben bei gleicher Wirkleistung (englisch)
  2. Edlef Koppen: Heeresbericht . Verlag der Nation, Berlin 1985, 2. Auflage, S. 218