Unter
Buch
versteht man die Handlungskonstruktion eines
Musicals
, die oft andere Urheber hat als der gesungene Text.
Bei der Verantwortlichkeit fur die Textgrundlage von Musicals wird in der Regel zwischen Buch (
book
) und Gesangstexten (
lyrics
) unterschieden. Meist stammt beides von verschiedenen Autoren.
Ein Buch in diesem Sinne ist das
Drama
, also ein dialogisch gestalteter Theatertext, der einen inneren Zusammenhang und eine Entwicklung haben sollte.
Wahrend das Verfassen des Buchs
dramaturgische
Fahigkeiten voraussetzt (zu spannenden und abwechslungsreichen Personenkonstellationen und Handlungskonstruktionen), erfordern die gereimten Gesangstexte vor allem das Talent zur treffenden, witzigen Formulierung und zur atmospharisch-dichten Wiedergabe von Stimmungen.
Diese
Arbeitsteilung
war nicht neu im 20. Jahrhundert. Sie stammt vom kommerziellen franzosischen Theater des 19. Jahrhunderts her (siehe etwa
Eugene Scribe
).
Ein roter Faden war bei den alteren
Revuen
, etwa den
Ziegfeld Follies
, nicht unbedingt gegeben, da dort Witze oder
Sketches
die Musiknummern lose verbinden konnten. Eine ahnlich lockere Reihung unterschiedlicher ?Nummern“ waren das US-
Vaudeville
und die
Burlesque
, die als Vergnugungen fur die niederen sozialen Schichten galten. Mit den Gattungen
Musical Comedy
und
Musical Play
setzte um etwa 1930 eine Reform der ?gehobenen“
Broadway
-Theaterunterhaltung ein.
In der Fruhzeit des
Book-Musical
lag das Buch von Beginn an vor, die Gesangsnummern wurden jedoch noch wahrend der Proben erganzt, ausgewechselt und stark verandert. Die Zweitverwertung der Songs unabhangig vom Theaterstuck hatte eine erhebliche Bedeutung (vgl.
Tin Pan Alley
). Der Textautor war also starker in die Proben einbezogen als der Buchautor, der eine Vorlage lieferte. Wahrend das Verfassen des Buchs
dramaturgische
Fahigkeiten voraussetzt (zu spannenden und abwechslungsreichen Personenkonstellationen und Handlungskonstruktionen), erfordern die gereimten Gesangstexte vor allem das Talent zur treffenden, witzigen Formulierung und zur atmospharisch-dichten Wiedergabe von Stimmungen.
Buchautoren von Musicals waren oft zugleich
Drehbuchautoren
von Filmen wie
Ben Hecht
. Das Aufkommen des
Tonfilms
seit etwa 1928 beeinflusste somit auch die Theaterproduktionen. Wenige Schriftsteller wie
Oscar Hammerstein
oder
Alan J. Lerner
konnten Buch und Gesangstexte gleichzeitig ubernehmen.
Cole Porter
schrieb sowohl die Gesangstexte als auch die Musik zu seinen Musicals, jedoch nicht die Bucher. Auch
Stephen Sondheim
hat das ?Buch“ anderen Autoren wie
Arthur Laurents
uberlassen, aber zu manchen Musicals Gesangstexte und Musik verfasst.
Wenn es keine Trennung zwischen gesprochenem
Prosa
-Dialog und
lyrischem
Gesangstext gibt wie bei den
durchkomponierten
Musicals der 1980er-Jahre (z. B.
Les Miserables
), ist eine Unterscheidung zwischen Buch und Texten schwer moglich. In diesen Fallen spricht man wie bei der Oper von einem
Libretto
.
- Lehman Engel:
Words with Music: Creating the Broadway Musical Libretto,
updated and revised by Howard Kissel, Applause Books, New York 2006.
ISBN 1-55783-554-3