Der
britische Adel
entwickelte sich aus den Grundlagen, die
Wilhelm der Eroberer
durch die nach 1070 einsetzende Enteignung des
altenglischen
Adels geschaffen hatte. Anstatt der bisherigen Besitzer von Grund und Boden setzte Wilhelm seine
normannischen
Ritter als
Lehnsherren
ein, so dass auf der Insel der Adel vollstandig ein belehnter Adel war, der mit seinem ganzen Besitz dem Konig zu Gefolgschaftsleistungen zur Verfugung stand.
Der heutige britische
Adel
ist in zwei Klassen eingeteilt. Er besteht aus der
Gentry
als dem niederen Adel und der
Peerage
oder
Nobility
als dem hohen Adel. Jeder britische Adelstitel kann zu einem gegebenen Zeitpunkt nur von einer lebenden Person getragen werden. Als Angehorige des hohen Adels gelten im britischen System also nur jene Personen, denen der Titel entweder neu verliehen wurde oder jene, die ihn nach dem Tod des vorigen Tragers ererbt haben (sogenannte Inhaber eines Titels
in their own right
). Nur sie und ihre Ehefrauen (nicht aber Ehemanner weiblicher Titeltrager) werden tatsachlich zur Peerage bzw. Nobility im engeren Sinne gezahlt, wahrend ihre Kinder und Nachkommen im Mannesstamm lediglich zur Gentry gehoren. Diese Unterscheidung spielt insbesondere bei den hoheren Rangen der
Peers
eine Rolle: Im englischen Hochadel ist es ublich, dass das alteste Kind bzw. der alteste Sohn (Tochter haben im Regelfall kein Erbrecht) den Titel erbt. Der großte Teil des britischen Adels ist daher untituliert. Ein bekanntes Beispiel etwa ist
Winston Churchill
, der zwar in mannlicher Linie ein Enkel des
Duke of Marlborough
war, aber ohne Titel geboren wurde, da sein Vater Lord
Randolph Churchill
lediglich der jungere Sohn des Dukes war.
Strenggenommen gilt jeder, der als
britischer Staatsburger
ein offizielles englisches oder schottisches Wappen erhalt, sowie seine Nachfahren im Mannesstamme (in Schottland auch die Nachfahren von Erbtochtern) als adelig im kontinentalen Sinne.
Die Rolle des Adels, besonders der Gentry, beim Aufbau des
Britischen Empire
ist nicht zu unterschatzen. Aus der Gentry und den jungeren, unbetitelten Sohnen der Nobility erganzte sich das Offizierskorps und zum Teil auch die Politikerschicht Großbritanniens und seiner Kolonien. Großbritannien ist auch noch heute eines der wenigen europaischen Lander, in denen nach wie vor
Nobilitierungen
stattfinden. Auf Vorschlag des
Premierministers
werden die Adelstitel dabei durch den Monarchen verliehen. Standeserhohungen sind in der britischen Gesellschaft erstrebenswert und bedeuten viel gesellschaftliches Ansehen und
Prestige
. Sie gelten als Beweis des Erfolgs. Die allermeisten Titelverleihungen erfolgen dabei seit 1965
ad personam
; die bislang letzte Verleihung eines erblichen Titels erfolgte 1991. Der untitulierte Adel wird jedoch jedes Jahr durch Wappenverleihungen erneuert.
Der niedere Adel grenzt sich nicht wie auf dem Kontinent scharf vom Burgertum ab ? erfolgreiche Burgerliche wurden bis Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem Ziel, diesem beizutreten, landsassig, und nach wie vor ist es moglich, in den britischen Adel ohne die Verleihung einer Peers-, Baronets- oder Knight-Wurde hineinzuwachsen. Wesentlich fur die unanfechtbare Zugehorigkeit zum niederen Adel ist die legale Fuhrung eines Wappens, Wappen werden nicht vom Monarchen selbst, sondern von den Wappenkonigen der beiden Lander Großbritanniens verliehen. Daher konnte sich in Großbritannien keine explizit nichtadelige historische Oberschicht (Patriziat, Großburgertum) etablieren ? Familien, die auf dem Kontinent als großburgerlich gelten wurden, wachsen in Großbritannien meist fruher oder spater in den Adel hinein, und zwischen der Nobility und der Gentry gibt es keine Standesschranken wie zwischen dem Hochadel, Niederadel und dem Großburgertum Kontinentaleuropas.
Die
Gentry
setzt sich zusammen aus dem titulierten und untitulierten niederen Adel:
- den
Baronets
,
- den
Knights
,
- den
Esquires
,
- den
Gentlemen
.
Den Kern der Gentry bildeten Landbesitzer, deren Besitzungen auf konigliche
Lehen
zuruckgingen. Das 19. und das 20. Jahrhundert brachten schließlich große, durch Nobilitierungen entstandene Scharen von besitzlosen Adligen in die Gentry. So betrachtete besonders
Konigin Victoria
die Erhebung zum Baronet als einen einfachen Weg, erfolgreiche Unternehmer auszuzeichnen, ohne ihnen gleich den Weg in die Peerage zu offnen.
Sowohl Knights als auch Baronets fuhren vor ihrem Vornamen das Pradikat ?Sir“, ihren Ehefrauen steht die Hoflichkeitsanrede als ?
Lady
“ und dem Nachnamen zu. Titeltragerinnen fuhren vor ihrem Vornamen das Pradikat ?
Dame
“, ihre Ehemanner tragen keine besondere Hoflichkeitsanrede. Der wesentlichste Unterschied zwischen Knight und Baronet besteht darin, dass die Wurde eines Knight nicht erblich ist und daher von einer Person immer erst erworben werden muss. Die Wurde eines Baronet hingegen ist in der mannlichen Linie nach dem Recht der
Erstgeburt
erblich.
Untitulierter Landadel besteht aus den Familien, die man in ihren lokalen Gegenden als
Principal residents
(Haupteinwohner) ansieht, und bei denen man beinahe so hochachtungsvoll handelt, als ob sie Titel besitzen. Offiziere der Marine und des Landheers gehorten historisch meistens solchen Familien an, z. B. John Byam, der als
Offizieranwarter
auf der
Bounty
diente, und der
Meuterei
beschuldigt wurde. Die untitulierte Gentry war auch ein Lieblingsmilieu sehr vieler Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, z. B.
Jane Austen
[1]
und
Anthony Trollope
.
Der Begriff
Baronet
wurde ursprunglich im Mittelalter fur Barone verwendet, die das Recht auf einen Sitz im Parlament verloren hatten. Als eigener Rang des niederen Adels wurde die Wurde von Konig
Jakob I.
im Jahr 1611 eingefuhrt, um die Besiedlung Irlands voranzutreiben. Mannern burgerlicher Herkunft wurde auf diesem Weg gegen Gebuhr die formale Integration in den erblichen Adel ermoglicht, wofur der Konig im Gegenzug die Staatskasse auffullen konnte. Die bislang letzte Erhebung in den Stand eines Baronet fand 1991 statt.
Die Wurde eines
Knight
entwickelte sich aus dem mittelalterlichen Rittertum und war im Lauf der Zeit diversen Veranderungen ausgesetzt. Heute wird sie meist in der Form des
Knight Bachelor
verliehen, seltener durch Auszeichnung mit einer hohen Stufe in einem
staatlichen Verdienstorden
(z. B. als
Knight Commander
oder
Knight Grand Cross
). Wahrend die Wurde eines Knight Bachelors ausschließlich an Manner verliehen wird, kann die Ritterwurde der staatlichen Verdienstorden auch an Frauen verliehen werden (z. B. als
Dame Commander
oder
Dame Grand Cross
). Die Verleihungszeremonie umfasst grundsatzlich fur alle Knights und Dames den
Ritterschlag
durch den Konig. Fruher gab es auch die Ritterrange eines
Knight Banneret
und eines
Knight of the Bath
, die seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr verliehen werden.
Zu den
Esquires
zahlen etwa die jungeren Sohne erblicher Peers sowie die altesten Sohne von Knights und (bis zum Eintritt des Erbfalls) von Baronets und ihre Nachkommen nach dem Recht der mannlichen Erstgeburt. Auch bestimmte Amter und Dienstgrade sind mit der Wurde des Esquire verbunden. Der Standestitel eines Esquire ist kein Adelstitel, Esquires gelten daher als untituliert.
Der niedrigste Adelsrang in Großbritannien ist der des Gentleman (?Edelmann“). Gentlemen sind alle Wappentrager,
[2]
alle Nachkommen im Mannesstamme von Peers, Baronets und Knights, sowie die Inhaber bestimmter Amter oder Dienstgrade (nur in diesem Fall kann man tatsachlich von personlichem Adel sprechen). Fur den Zugang zu den Adelsrangen des Malteserordens ist in Großbritannien daher vor allem der Nachweis der Wappenfuhrung relevant. Es ist auch moglich, ohne eine Wappenverleihung oder ein entsprechendes Amt in die Gentry hineinzuwachsen, wobei Gutsbesitz, ein bestimmter Habitus (wie er an den
Public Schools
vermittelt wird) und Heiraten wichtige Faktoren sind. Nur eine Wappenverleihung kann aber den Status vollkommen legalisieren und unbeschrankt erblich machen.
Gemeinsames Kennzeichen aller Mitglieder des hoheren britischen Adels (
Peers
) ist, dass sie bis zum
House of Lords Act 1999
aufgrund ihres Adelstitels unmittelbar Anspruch auf einen Sitz im
House of Lords
und damit im Parlament hatten. Die Nobility oder
Peerage
umfasst funf Stufen:
- Duke
(
Herzog
)
- Marquess
(
Markgraf
)
- Earl
(
Graf
)
- Viscount
(?
Vizegraf
“)
- Baron
(
Freiherr
)
Der Titel eines
Prinzen
(
Prince
) oder einer Prinzessin (
Princess
) steht außerhalb des britischen Adels und kommt ausschließlich Nachkommen des Monarchen bzw. deren Ehepartnern zu. Die Sohne eines Monarchen sind nicht automatisch Mitglieder der Peerage, erhalten aber normalerweise spatestens bei der Hochzeit entsprechende Titel (zumeist als Duke) verliehen. Wahrend die Nachfahren der
Welfen
auf dem britischen Thron den Titel
Prince of Great Britain and Ireland
fuhren, verwenden die Nachkommen
Konigin Victorias
seit der
Teilung Irlands 1922
den Titel
Prince of Great Britain and Northern Ireland
. Seit 1917 sind aufgrund einer Reform Konig
Georgs V.
nur mehr die Kinder und die Enkel der mannlichen Kinder des Monarchen ?Prinz“ oder ?Prinzessin“, wahrend ihren eigenen Nachkommen die Anrede
Lord
oder
Lady
zusteht. (Der Titel
Prince of Wales
des britischen Kronprinzen ist nicht mit ?Prinz von Wales“, sondern ?Furst von Wales“ zu ubersetzen. Beide germanische Titel haben in romanischen Sprachen nur ein Pendant.)
Die hochste Wurde der Peerage ist die des
Duke
(vergleichbar dem deutschen
Herzog
). Im Jahr 1337 wurde dieser Titel erstmals verliehen, von Konig
Eduard III.
an seinen altesten Sohn, den beruhmten
Black Prince
(
Edward of Woodstock
). Nach dem Aussterben des
Hauses Plantagenet
1485 verblieben von den bis dahin kreierten 16 Titeln noch vier, von denen der Titel des
Duke of Lancaster
traditionell vom Monarchen und der des
Duke of Cornwall
von seinem altesten Sohn getragen wurde; die anderen beiden Titel waren der
Duke of Norfolk
und der
Duke of Suffolk
.
Zur Zeit der Konigin
Elisabeth I.
gab es außer den Mitgliedern der Konigsfamilie und den Dukes of Norfolk und
Somerset
keine Inhaber der Wurde mehr. Erst 20 Jahre nach ihrem Tod wurde der erste neue Duke kreiert ?
George Villiers, 1. Duke of Buckingham
.
Eine Reihe englischer und schottischer Herzogsfamilien stammt von
Bastarden
der Konige aus dem
Haus Stuart
ab:
Duke of Grafton
,
Duke of St. Albans
,
Duke of Buccleuch
,
Duke of Richmond
,
Duke of Beaufort
,
Fitz-James
. Ein weiterer, der
Duke of Monmouth
, versuchte 1685 sogar, mittels einer Rebellion gegen seinen Onkel
Jakob II.
auf den Thron zu kommen, was ihn den Kopf kostete.
Der bisher letzte Duketitel wurde 2018 an
Prince Harry
verliehen, der anlasslich seiner Hochzeit mit
Meghan Markle
zum
Duke of Sussex
ernannt wurde. Die letzte Ernennung zum Duke außerhalb der Verwandtschaft des Konigshauses erhielt 1874
Hugh Grosvenor, 3. Marquess of Westminster
, als
Duke of Westminster
.
Heute bestehen noch 37 Duke-Titel, davon elf in der
Peerage of England
, neun in der
Peerage of Scotland
, zwei in der
Peerage of Ireland
, drei in der
Peerage of Great Britain
und zwolf in der
Peerage of the United Kingdom
.
Samtliche Dukes haben neben ihrem Duketitel nachgeordnet auch noch niedrigere Titel inne und sind daher zumeist zugleich Marquesses, Earls oder Viscounts und Barone. Der alteste bis heute bestehende regulare Duketitel ist der des
Duke of Norfolk
, der 1483 in der Peerage of England verliehen wurde.
Britische Adelshauser, deren Oberhaupt einen Herzogstitel tragt, gehoren zur III. Abteilung des
europaischen Hochadels
und werden daher im
Gothaischen Genealogischen Handbuch
der Furstlichen Hauser aufgefuhrt. Als Titularherzoge gelten sie nach deutscher Auffassung den souveranen und mediatisierten Hausern nicht als ebenburtig.
Nach dem Duke folgt der
Marquess
(vergleichbar dem deutschen
Markgraf
). Dieser Titel wurde erst Ende des 14. Jahrhunderts eingefuhrt; bis dahin gab es auf den britischen Inseln keinen dem kontinentalen Markgrafen/Marquis vergleichbaren Adelstitel, auch wenn Lords in den
walisischen
und
schottischen Grenzmarken
gelegentlich auch als
Marchio
bezeichnet wurden. Der Titel eines
Marquess
(
Marquess of Dublin
) wurde erstmals 1385 von Konig
Richard II.
an
Robert de Vere, 9. Earl of Oxford
verliehen.
Es gibt gegenwartig in der Peerage of England nur noch ein Marquessat, das nicht subsidiar zu einem Duketitel ist (
Marquess of Winchester
), vier in der Peerage of Scotland, sechs in der Peerage of Great Britain, acht in der Peerage of Ireland und 15 in der Peerage of the United Kingdom. Der alteste bis heute bestehende Marquesstitel ist der des Marquess of Winchester, der 1551 in der Peerage of England verliehen wurde.
Der Titel der nachsten Rangstufe,
Earl
(vergleichbar dem deutschen
Graf
), stammt aus dem Altenglischen: Eorl oder Earl [zweisilbig gesprochen: e-arl]. Ursprunglich standen die Grafen an der Spitze der Zivilverwaltung der
Grafschaften
(
Shires
), der erbliche Besitz des Titels war an den Besitz eines gewissen Landstriches gebunden, jedoch bereits in der Zeit des Konigs
Johann Ohneland
waren sie nur die erste Klasse der Barone, die uber bedeutenden Landbesitz verfugten. Es gibt gegenwartig etwa 300 Earlstitel, von denen etwa die Halfte hoherrangigen Titeln ihres Inhabers nachgeordnet sind. (Der Titel Earl ist ausschließlich fur britische Grafen zu benutzen, auslandische Grafen heißen im Englischen
Count
.)
Der alteste bis heute bestehende Earlstitel ist der des
Earl of Arundel
, der 1141 in der Peerage of England verliehen wurde.
Die nachste Rangstufe ist die des
Viscounts
(Vizegrafen). Diesen Zwischentitel fuhrte
Heinrich VI.
ein, indem er 1440
John Beaumont, 6. Baron Beaumont
zum
Viscount Beaumont
erhob. Es gibt heute etwa 117 nicht subsidiare Viscount-Titel.
Der alteste bis heute bestehende Viscounttitel ist der des
Viscount Hereford
, der 1550 in der Peerage of England verliehen wurde.
Die alteste Adelswurde im Vereinigten Konigreich ist die des
Barons
, heute die funfte und niedrigste Stufe des Hochadels. ?Barone des Konigs“ (
barones regis
) war ursprunglich die Bezeichnung fur Adlige, die als
tenant-in-chief
vom Konig unmittelbar
belehnt
wurden und diesem im Gegenzug zur Stellung einer bestimmten Anzahl von
Rittern
verpflichtet waren. Die ersten dieser Feudalbarone kamen aus der
Normandie
und erstritten
Wilhelm I.
dem Eroberer den Sieg uber die
Angelsachsen
und die
Eroberung Englands
und wurden dafur mit reichlichem Landbesitz belohnt.
Zu einer eigenstandigen Adelswurde wurde der ?Baron“ erst, als die englischen Konige ab dem 13. Jahrhundert neben den Earls auch einige dieser Feudalbarone durch
Writ of Summons
als Mitglieder in den Koniglichen Rat beriefen. Solche Writs begrundeten fur den geladenen einen erblichen Baronstitel (
Barony by writ
) und den erblichen Anspruch auf Mitgliedschaft im koniglichen Rat, aus dem sich im Laufe der Zeit das
Parlament
und das
House of Lords
entwickelte. Seit
Richard II.
wurden auch viele Barone durch Adelsbrief ernannt (
Barony by letters patent
). Seit dem 18. Jahrhundert werden Baronstitel nur noch durch Adelsbrief geschaffen.
Der alteste bis heute bestehende Baronstitel ist der des
Baron de Ros
, der als 1264 in der Peerage of England verliehen gilt.
Innerhalb der Peerage of Scotland heißt das Aquivalent zu englischen, irischen und britischen Barons ?
Lord of Parliament
“. Schottische ?Barons“ sind dagegen Feudalbarone, also große Grundbesitzer ohne eigenstandige Peerswurde (siehe unten). Der alteste bis heute bestehende und nicht subsidiare Lord-of-Parliament-Titel ist der des
Lord Forbes
, der zwischen 1436 und 1442 geschaffen wurde.
Alle Inhaber einer Peerage (
Peers
) werden korrekterweise mit
The Lord
und dem Namen ihrer jeweiligen Peerage tituliert. Dies kann entweder ihr Familienname sein (z. B.
Lord Carrington
), oder der eines Ortes (z. B.
Lord Hailsham
), auch Kombinationen von Familien- und Ortsnamen existieren (z. B.
Lord Callaghan of Cardiff
). Dieses
The
vor dem Namen der Peerage unterscheidet einen Lord
in his own right
von den Inhabern sogenannter
Hoflichkeitstitel
(siehe unten). Bei formellen Anlassen werden Earls, Viscounts und Barone als
The Right Honourable
tituliert, Marquesses als
The Most Honourable
, Dukes hingegen als
His Grace
. Schottische Clan-Chiefs, Feudalbarone und untitulierte Großgrundbesitzer (Lairds) werden als The Much Honoured angesprochen.
Alle Kinder und Nachfahren im Mannesstamme von Inhabern einer Peerage gehoren formell zur Gentry und sind untituliert. Jedoch hat es sich im Lauf der Zeit eingeburgert, insbesondere die Sohne der Dukes, Marquesses und Earls mit sogenannten Hoflichkeitstiteln (
titles by courtesy
) anzureden. Der alteste Sohn eines Duke, Marquess oder Earls tragt zu Lebzeiten seines Vaters dessen zweiten Titel, aber ohne ihn wirklich zu besitzen oder selbst ein Peer zu sein. Die jungeren Sohne eines Dukes oder Marquesses werden mit dem Pradikat
Lord
vor dem Vornamen tituliert. Die Sohne der Earls, Viscounts und Barone hingegen werden nicht mit
Lord
, sondern stattdessen mit
The Honourable
tituliert. Die Hoflichkeitstitel werden auch in Briefen oder Visitenkarten verwendet und gelten auf Lebenszeit.
Ein konkretes Beispiel aus der Adelsfamilie
Spencer-Churchill
: Der volle Titel von
John Spencer-Churchill, 7. Duke of Marlborough
(1822?1883) lautete
The Duke of Marlborough, Marquess of Blandford, Earl of Sunderland, Earl of Marlborough, Baron Spencer, Baron Churchill
.
Sein altester Sohn
George
trug zu Lebzeiten des Vaters den Hoflichkeitstitel
Marquess of Blandford
, dessen Sohn
Charles
nannte sich, solange sein Großvater noch lebte,
Earl of Sunderland
. Hingegen durfte sich
Randolph
, der jungere Sohn von John Spencer-Churchill, 7. Duke of Marlborough, nur
Lord Randolph Churchill
nennen. Beim Tod von John Spencer-Churchill, 7. Duke of Marlborough, ruckte sein Sohn George zum 8. Duke of Marlborough auf, und
Marquess of Blandford
wurde nun dessen Sohn Charles.
Im Gegensatz dazu blieb Randolph auch weiterhin nur
Lord Randolph Churchill
. Sein eigener Sohn
Winston
, also ein Enkel von John Spencer-Churchill, 7. Duke of Marlborough, hatte uberhaupt keinen Anspruch auf einen Hoflichkeitstitel aufgrund seiner Abstammung mehr, sondern wurde nach einer langen Karriere erst im hohen Alter durch Konigin
Elisabeth II.
mit der Aufnahme in den
Hosenbandorden
berechtigt, das Pradikat
Sir
zu fuhren.
Frauen durfen sich
Duchess
,
Viscountess
usw. nennen, man unterscheidet aber, ob sie den Titel im eigenen Recht fuhren oder nicht. Einige Titel des Hochadels sind auch in der weiblichen Linie (d. h. beim Mangel der mannlichen Nachkommen des Geschlechts) vererbbar, z. B. Marlborough oder Berwick. Der mannliche Titel eines Earls hat kein ?germanisches“ weibliches Pendant, weshalb hier das romanische
Countess
benutzt wird.
Bis in die 1960er Jahre gab es innerhalb der Peerage im Prinzip nur erbliche Range. Allerdings konnten bereits seit dem 19. Jahrhundert auch sogenannte
Law Lords
geschaffen werden. Es handelte sich dabei um Hochstrichter, die den Rang eines nicht-erblichen Barons auf Lebenszeit (?Life Peer“) erhielten. Durch den
Life Peerages Act 1958
wurde schließlich die Moglichkeit geschaffen, Barone auf Lebenszeit auch außerhalb der Law Lords zu ernennen. Die erste Person, die aufgrund dieses Gesetzes Baron wurde, war der blinde Politiker
Ian Fraser, Baron Fraser of Lonsdale
. Nach 1965 wurden fast ausschließlich Life Peers ernannt und nur acht neue Erb-Peers geschaffen, davon nur drei außerhalb der koniglichen Familie (
Viscount Whitelaw
(verliehen 1983, erloschen 1999),
Viscount Tonypandy
(verliehen 1983, erloschen 1997) und
Earl of Stockton
(verliehen 1984)).
Durch viele Standeserhohungen zum Baron auf Lebenszeit in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war die Zahl der Barone so angewachsen, dass sie die uberragende Mehrheit der Mitglieder des
House of Lords
stellten. Durch den
House of Lords Act 1999
wurden die Regeln der Zugehorigkeit zum
House of Lords
wesentlich verandert. Seit 1999 wahlen die erblichen Peers aus ihren Reihen 90 Peers als ihre Vertreter ins House of Lords.
Es wird oft falschlicherweise angenommen, dass Nichtbesitzer von Peerstiteln, ja gar die (jungeren) Sohne erblicher Peers alle ?burgerlich“ seien. Dies ist falsch ? der britische Adel definiert sich in einem hohen Maß durch nur teilweise verschriftlichte Sozialkonventionen, wahrend das Gesetz nur Besitzer bestimmter Titel kennt. Die Mitglieder der Gentry, bis hin zu untitulierten Wappentragern (Gentlemen) gelten jedoch auf dem Kontinent sowohl aus Sicht der
CILANE
[2]
als auch aus Sicht des Malteserordens
[3]
als adelig.
Da Schottland lange Zeit staatliche Eigenstandigkeit genoss und noch heute ein eigenes Rechtssystem besitzt, unterscheidet sich das schottische Adelsrecht in einigen Punkten vom Englischen. So kann eine Erbtochter, die keine Bruder hat, auch ohne Titel den Adel an ihre Kinder und, sofern er ihren Namen annimmt, ihren Ehemann weitergeben; ferner wird in Schottland der Adel auch an die unehelichen Kinder eines adeligen Vaters mitgeteilt, sofern sie ein Wappen mit Bastardzeichen annehmen.
[4]
In England hingegen kann der Adel in weiblicher Linie nur zusammen mit einem der wenigen nicht rein agnatischen Titel vererbt werden, in allen anderen Fallen muss der Ehemann der Erbtochter um die Verleihung eines Wappens gesuchen.
In Schottland nehmen die Clans ? durch einen gemeinsamen Nachnamen verbundene Gemeinschaften der (meist agnatischen) Nachfahren regionaler Herrscher und ihrer Vassalen ? eine wichtige Rolle wahr, wobei der Einfluss in den
Highlands
großer als in den
Lowlands
ist (in den Lowlands spricht man strenggenommen nicht von Clans, sondern von ?Lowland Families“). Die traditionellen Oberhaupter der Clans (Chiefs) und ihre Familien haben einen besonderen Adelsstatus und besitzen zudem oft Peerages und Feudaltitel. Der Titel eines Chiefs ist erblich. Meinungsverschiedenheiten des Clans werden ? ahnlich wie noch heute im Haus Liechtenstein ? durch eine (ggf. agnatische) Familienversammlung, die Derbhfine, gelost. Clans, die kein offizielles Oberhaupt haben, sondern sich allein uber ein Wappen definieren, werden
Armigerous Clans
(wappenfuhrende Clans) bezeichnet, wobei jedes mannliche Mitglied die in Schottland verpflichtenden
Marks of Cadency
, welche seinen agnatischen Rang offenbaren, dem Wappen hinzufugen muss. Die Rechte solcher Familien sind eingeschrankt. Armigerous Clans konnen allerdings durch eine Derbhfine einen Chief wahlen und erlangen damit die Rechte vollwertiger Clans.
Nicht der gesamte traditionelle Adel Irlands ist auf britischer Ebene anerkannt. Das irische System vereint in sich Eigenschaften des schottischen und des englischen Systems ? genauso wie das schottische zeichnet es sich durch einen starken keltischen Charakter aus und ist durch Clans gepragt, genauso wie das Englische ist es fast vollkommen agnatisch. Mit schottischen Familien bestehen enge Verwandtschaftsbeziehungen. Zu den irischen Eigenheiten zahlen die Existenz von
Furstentiteln
(ansonsten ist, mit Ausnahme anerkannten Auslandsadels, der
Furst von Wales
der einzige Furst auf den britischen Inseln) sowie die außergewohnliche Lange der Stammreihen, welche oft bereits ab dem 7. oder 8. Jahrhundert gesichert sind. Der irische Adel kann damit als der alteste Adel Westeuropas bezeichnet werden und beinhaltet viele einzigartige Titel wie etwa die des Knight of Kerry, der einzigen uberlebenden der drei Erbritterschaften auf den Britischen Inseln, welche keine Baronetcies sind.
Die Verfassung der
Republik Irland
verbietet der irischen Regierung die Verleihung neuer Adelstitel. Der bestehende Adel wird dadurch jedoch nicht formell aufgehoben (auch, wenn es keine Anerkennung gibt), und sogar Nobilitierungen sind ? im Ausland ? moglich, wenn der Staatsburger die Erlaubnis des Kabinetts einholt. Aus Sicht des Vereinigten Konigreiches ist fur Irland die englische Wappenjurisdiktion unter Garter King of Arms zustandig, er regelt adelsrechtliche Dispute und bestatigt die Vererbung irischer Peerages, Baronetcies und Wappen auch an Burger der Republik und auch, wenn die Titel sich auf Orte, die sich in der heutigen Republik befinden, beziehen.
Der irische republikanische Wappenkonig ? der Chief Herald of Ireland ? hat hingegen aufgrund der Staatsform keine adelsrechtliche Autoritat, woran seitens der Regierung regelmaßig erinnert wird. So wurde dem Chief Herald verboten, Clan-Chiefs und andere Familienoberhaupter in ihren Rechten zu bestatigen und Familienmatrikel zu fuhren, da dies mit der Missbilligung erblicher Wurden und Auszeichnungen durch die aktuelle irische Politik unvereinbar ist. Die von ihm verliehenen Wappen konnen daher nur als Burgerwappen gelten und gehen im Unterschied zu englischen oder schottischen Wappen nicht mit dem Adel einher, wobei naturlich fur Iren die Erlangung eines englischen oder schottischen Wappens kaum komplizierter als die eines irischen ist, auch wenn die Regierung dies laut ihren eigenen Gesetzen beanstanden musse.
In Großbritannien existieren feudale Titel, welche als sogenannte
incorporeal hereditaments
nicht nur vererbt, sondern auch verkauft oder uberschrieben werden konnen. Sie umfassen die
Lordships of the Manor
in England, die
Feudal Baronies
in Schottland und die
Seigneuries
auf den Kanalinseln. Nach moderner Ansicht begrunden sie
keine
eigenstandige Adelswurde, konnen aber einen Gentleman in den Rang eines Esquires befordern. Laut Ansicht von Lord Lyon Innes of Learney kann der Inhaber einer schottischen Feudalbaronie gar mit einem Freiherren im kontinentalen Sinne verglichen werden, was aber umstritten ist.
Bis vor Kurzem erhielt jedoch jeder Besitzer einer schottischen Baronie auf Wunsch ein Wappen von Lord Lyon und damit den Adel, was der Feudalbaronie eine de facto nobilitierende Wirkung gab. Da diese Titel aber zunehmend mit dem Ziel, ohne jeglichen Bezug zu Schottland dem schottischen Adel beizutreten, missbraucht werden, soll von dieser Praxis abgegangen werden.
Viele Feudaltitel befinden sich nach wie vor im Besitz des Historischen Adels, oft auch von Peers. Auch den Mitgliedern des Konigshauses werden bestimmte Feudaltitel zugewiesen.
Aufgrund der Gleichrangigkeit der britischen Gentry mit dem kontinentalen Niederadel und der historischen Mobilitat gibt es viele kontinentale Adelsgeschlechter britischen, insbesondere schottischen Ursprunges.
Beispiele hierfur sind:
Unter den Kolonisten befanden sich auch Adelige. Viele prominente Familien der Vereinigten Staaten gehoren zum oder stammen vom britischen Adel ab. So handelt es sich bei der Familie des ersten Prasidenten, den
Washingtons
, um eine alte Familie der nordenglischen Gentry. Die meisten US-Amerikaner britisch-adeliger Herkunft leben an der Ostkuste und in den Sudstaaten, oft stammen sie von jungeren, nicht-erbenden Sohnen von Peers und Großgrundbesitzern ab, die mit Plantagen und Land in der Neuen Welt abgefunden wurden oder aber sich selbst eine eigene Existenz aufbauten. Zu ihren Nachkommen zahlen regionale Eliten wie die
Boston Brahmins
und die
First Families of Virginia
, welche als eine Art Historischer Adel der USA angesehen werden konnen. Familien, die sich erst in den USA etablierten, ubernahmen ihre Traditionen und traten in ihre Gesellschaft ein. Nach wie vor kommt es bei erfolgreichen Familien, die ihren Wohlstand erhalten konnen, nach einigen Generationen zur Aristokratisierung (?Old Money“). Im 19. und fruhen 20. Jahrhundert waren die Standesschranken zwischen Neureichen und Familien, die bereits wenigstens vier bis funf Generationen prominent waren, besonders ausgepragt und in etwa mit dem Unterschied zwischen der Ersten und
Zweiten Gesellschaft
in Wien vergleichbar. Durch die Vergabe ihrer (Erb-)Tochter an verarmte britische Adelige versuchten erfolgreiche Unternehmer, den Prozess der Aufnahme in die Gesellschaft der alten Familien zu beschleunigen.
Regelmaßig kommt es vor, dass US-Amerikaner sowie Kanadier Peerstitel und Baronetcies von ihren im Vereinigten Konigreich lebenden Cousins erben. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurden sie an kanadische Staatsburger auch neu verliehen. Nach wie vor konnen Amerikaner und Australier, die eine luckenlose Abstammung von einem britischen Untertanen nachweisen konnen, um die Verleihung eines Wappens durch Garter King of Arms oder Lord Lyon gesuchen, allerdings treten dabei nicht alle Rechtsfolgen einer Wappenverleihung an einen britischen Staatsburger ein, sodass der Eintritt in den britischen Adel nur bedingt gegeben ist.
Schottische Baronetcies heißen formell ?Baronetcies von
Nova Scotia
“ und waren ein wichtiges Instrument der Kolonialpolitik in dieser Region wahrend der Fruhen Neuzeit.
Beispiele fur prominente US-Amerikaner und Familien britisch-adeliger Herkunft sowie solche, die in den britischen Adel eingetreten sind:
In den USA existiert eine Vielzahl von ?Hereditary Societies“, welche viele Gemeinsamkeiten mit europaischen Adelsverbanden haben, aber strenggenommen selbst keine sind, insbesondere weil sie meist alle Nachfahren der Bezugsgruppe, also nicht nur solche im ehelichen Mannesstamm, aufnehmen.
Die Initiative zur Verleihung einer Peerage, Baronetcy oder Knighthood geht heute regular vom
britischen Premierminister
aus, bei einigen mit Ordensverleihungen verbundenen Erhebungen auch vom Monarchen. Die Kandidaten fur eine solche Auszeichnung finden sich auf einer ?Ehrenliste“ (
Honours List
) wieder, die der Premier dem Monarchen ?untertanigst“ unterbreitet; ebenso sind die moglichen Empfanger fur einen Orden (der oft die Verleihung der nichterblichen Ritterwurde beinhaltet) auf der Liste fixiert. Die Ubergabe der Ehrenlisten erfolgt zu festgelegten Anlassen: Neujahr (
The New Year Honours List
), offizieller Geburtstag des Monarchen (
Birthday Honours List
), Parlamentsauflosung (
Dissolution Honours List
), Amtsende des Premierministers (
Resignation Honours List
). Kandidaten fur eine Peerswurde bedurfen der Zustimmung des Prufungskomitees des
House of Lords
, bevor der Monarch den Vorschlagen in der Regel umstandslos entspricht.
Die Uberprufung durch das Oberhaus ist keineswegs nur Formsache, wie die Ablehnung einer Ehrenliste im Fruhjahr 2006 bewies. Den Lords missbehagte, dass Premierminister
Tony Blair
mehrere der Peerskandidaten angeblich erst nach Geldzuwendungen an die
Labour Party
? also im Rahmen eines ?sweetheart deals“ ? auf die Ehrenliste gesetzt haben soll.
Da jeder Wappentrager als adelig gilt, ist ein vom
Garter King of Arms
oder
Lord Lyon King of Arms
ausgestellter Wappenbrief zugleich ein
Adelsbrief
und die Verleihung eines britischen Wappens an einen britischen Staatsburger ist eine Form der
Nobilitierung
. Damit zahlt Großbritannien zusammen mit Spanien und Belgien zu den wenigen Landern, in welchen der erbliche Adel
keinen
geschlossenen Kreis darstellt, sondern weiterhin um neue Familien erweitert wird. Die großte Besonderheit des britischen Adelssystems ist somit, dass die Neuaufnahme in den untitulierten Adel nicht direkt durch den Monarchen, sondern durch die beiden Wappenkonige erfolgt, und dass es aufgrund der Adelseigenschaft von Wappen in Großbritannien strenggenommen keine burgerlichen Wappen gibt.
Zur
Genealogie
des britischen und irischen hoheren Adels siehe
Burke’s Peerage
.
Der britische Adel engagiert sich in verschiedenen Adelsverbanden, Interessenvertretungen und Raten. Es gibt neben allgemeinen Vereinigungen, die allen Adeligen offenstehen, auch Organisationen nur fur bestimmte Stande bzw. Rangstufen und Regionen.
- Georg Michael Klausa:
Adel in England.
In:
Deutsches Adelsblatt
.
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ihres Orts ebenso angesehen.
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google.de
[abgerufen am 25. August 2022]).