Der
Bloomsday
ist ein alljahrlich am 16. Juni feierlich begangener Gedenktag, der sich auf den
Ulysses
, das Hauptwerk des irischen Schriftstellers
James Joyce
, bezieht. Namensgeber ist die Hauptfigur des Romans,
Leopold Bloom
.
Der Roman
Ulysses
spielt in
Dublin
und beschreibt die Ereignisse eines einzigen Tages, des 16. Juni 1904. Am Bloomsday suchen Fans und Freunde, Leser (und Nicht-Leser) des Romans die ?realen“ Orte des fiktiven Geschehens auf, an denen dessen Hauptpersonen ? der
Anzeigenakquisiteur
Leopold Bloom und seine Frau Molly, der junge Lehrer und Schriftsteller
Stephen Dedalus
und andere Romanfiguren ? bestimmte Dinge tun oder erleben, wie Zitronenseife in
Sweny’s Shop
[1]
erwerben oder ein
Gorgonzola
-Brot bei Davy Byrne verspeisen.
Das Datum verwendete Joyce aus einem autobiographischen Grund: Es gelang ihm an diesem Tag, seine spatere Frau
Nora Barnacle
das erste Mal auszufuhren ? zum Abendessen und zu einem Spaziergang am Strand von
Sandymount
. Am 14. Juni war Joyce ihr in der Nassaustreet in Dublin begegnet und tief beeindruckt. Er bat sie um ein Treffen am 15. Juni. Nora Barnacle sagte zu, erschien jedoch nicht. Joyce suchte sie ? und am 16. Juni kam das Treffen zustande.
Dass an diesem Tag zudem moglicherweise etwas
Sexuelles
zwischen ihnen vorgefallen ist, lasst sich aus folgender
Anekdote
erschließen: Nora Joyce soll im Freundeskreis uber den 16. Juni 1904 gesagt haben: ?Das war der Tag, an dem ich einen Mann aus Jim gemacht habe!“
[2]
Manche keuscheren Uberlieferungen sprechen allerdings nur von einem ?ersten Kuss“.
Der erste offizielle Bloomsday fand am 16. Juni 1954 statt: Eine kleine Gruppe von Schriftstellern versammelte sich zu einem Ausflug zum
Martello-Turm
nach Sandymount. Mit dabei waren
Patrick Kavanagh
, der Dichter John Ryan und
Flann O’Brien
.
Seitdem werden in Dublin jahrlich Veranstaltungen zu Ehren von Joyce sowie seines Romans und dessen Figuren organisiert. Nicht selten arten diese in eine
Sauftour
aus.
[3]
Eine
Kneipentour
gehorte bereits bei der ersten offentlichen Bloomsday-Feier der Literaturgeschichte ? am 16. Juni 1929 ? dazu: Joyce hatte in der Nahe von Paris ein
Hotel Leopold
entdeckt und lud seine Familie, seine Verlegerin
Sylvia Beach
und einige befreundete Schriftsteller, darunter
Samuel Beckett
, dorthin zu einem ?dejeuner Ulysses“ ein.
David Norris
berichtet:
?Auf dem Ruckweg nach Paris […] bestanden Joyce und Beckett darauf, an jeder Kneipe anzuhalten, um noch mehr Wein zu trinken. Irgendwann wurde es dem Kutscher, der die Gesellschaft begleitete, zu bunt. Er fuhr los und ließ den vollig betrunkenen Beckett in einer Kneipentoilette zuruck, von der dieser erst am nachsten Tag wieder nach Paris zuruckgelangte.“
[4]
Wenngleich der Bloomsday kein gesetzlicher Feiertag in Irland ist, ist er doch in englischsprachigen Kalendern inzwischen gleichwertig neben dem
Saint Patrick’s Day
verzeichnet. Er ist weltweit der einzige Feiertag, der einem
Roman
gewidmet ist.
[5]
Der Bloomsday erhoht die Anziehungskraft der Stadt Dublin erheblich: Er gehort zu den großten
Touristenattraktionen
der Stadt. Im Jahr 2004 fanden in Dublin aus Anlass des hundertsten Jahrestages unter dem Motto ?ReJoyce Dublin 2004“ vom 1. April bis 31. August funf Monate wahrende Festlichkeiten statt.
Am Bloomsday selbst und das Jahr hindurch werden in Dublin gefuhrte Wanderungen auf den Spuren der
Ulysses
-Helden angeboten. Dabei divergieren die Touren:
?Das hangt davon ab, wer ihr Lieblingscharakter im Ulysses ist. Wenn sie eher ein Fan von Stephen Dedalus sind, dann beginnen sie ihren Tag am besten draußen in Sandymount am Joyce Tower und bewegen sich dann langsam zu den Kneipen in Richtung Innenstadt. Sind sie dagegen ein Fan von Leopold Bloom, dann beginnen sie in der Stadt, machen einen Ausflug auf den Glasnevin-Friedhof, besuchen dann die Nationalbibliothek und das Ormond Hotel und zum Schluss gibt’s naturlich Musik und noch einen Drink in Davy Byrnes Pub.“
[6]
In den Straßenbelag der Stadt sind Bronzeplaketten eingelassen, die auf die jeweiligen Orte hinweisen. Manche Fans tragen Kostume aus
Konig Edwards
Zeiten. Dunkle Kleidung und ein ?Qualitatshu“ (nicht: ?Qualitatshut“; Bloom tragt einen ?Hu“, weil das ?t“ der Aufschrift im Lederband schon abgerieben ist) sind dem Anlass jedoch ebenfalls angemessen.
Manche begehen den Bloomsday auch, indem sie irische Volkslieder, die in dem Roman
Ulysses
vorkommen, singen.
[7]
- Ausgangspunkt: Eccles Street Nr. 7, Blooms Wohnhaus im Norden Dublins (das Haus wurde abgerissen, die Original-Haustur findet sich im James-Joyce-Centre, einige Hauser weiter).
- Ulysses
am Joyce Tower lesen (Sandycove)
- ein Bad am Forty Foot nehmen (auch Sandycove)
- ein
Gorgonzolabrot
und ein Glas
Burgunder
bei Davy Byrne’s (21, Duke Street, Nahe
Grafton Street
) zu sich nehmen.
- Zitronenseife bei Sweny’s in Lincoln Place kaufen (fur die Hosentasche). Bei dieser Gelegenheit die Petition zum Erhalt des Gebaudes unterzeichnen.
- Eine (leicht angebrannte) in Butter gebratene
Schweineniere
zum Fruhstuck essen.
- sich am Strand von Sandymount unanstandigen Dingen hingeben
- Endpunkt: Custom House an der
Liffey
.
- Die Lieder "Breathe" von
U2
und "Bloomsday" von
Fontaines D. C.
spielen auf den Gedenktag an.
- Szombathely
? Geburtsort des Vaters (Rudolf Virag) von Leopold Bloom
- ↑
Noch heute leitet die neue Besitzerin, die Mrs. Sweny personlich kannte, die Apotheke unter dem gleichen Namen weiter und fuhrt die Zitronenseife, die noch immer mit gleicher Rezeptur hergestellt wird.
- ↑
David Norris:
Origins of Bloomsday
; zitiert nach Carsten Beyer:
Vor 100 Jahren: Bloomsday in Irland
(
Memento
vom 8. Juni 2008 im
Internet Archive
); DeutschlandRadio Berlin Kalenderblatt vom 24. Juni 2004.
- ↑
David Norris: ?Sittsam und zivilisiert ging es los, doch auf dem Weg zu ihrem Bestimmungsort kamen sie an so vielen
Pubs
vorbei, dass sie schließlich kaum noch stehen konnten. Endlich angelangt beim Turm, gipfelte das Ganze schließlich darin, dass sich Kavanagh und Flann O’Brien aus Versehen gegenseitig
anpinkelten
.“ David Norris:
Origins of Bloomsday
; ; zitiert nach Carsten Beyer:
Vor 100 Jahren: Bloomsday in Irland
(
Memento
vom 8. Juni 2008 im
Internet Archive
); DeutschlandRadio Berlin Kalenderblatt vom 24. Juni 2004.
- ↑
David Norris:
Origins of Bloomsday
; zitiert nach Carsten Beyer:
Vor 100 Jahren: Bloomsday in Irland
(
Memento
vom 8. Juni 2008 im
Internet Archive
); DeutschlandRadio Berlin Kalenderblatt vom 24. Juni 2004.
- ↑
Berlin-Bloomsday
- ↑
So Helen Monaghan, Leiterin des Dubliner
James Joyce Centers
und eine leibhaftige Großnichte des Dichters, uber einen ?Typical Bloomsday“.
- ↑
Siehe
Down by the Sally Gardens (Bloomsday) ? Fayne
(
Memento
vom 20. Februar 2009 im
Internet Archive
); Video auf sevenload.com vom 19. Juni 2007. Suche auch: Bloomsday.