Bleiazid
ist das
Bleisalz
der
Stickstoffwasserstoffsaure
. Es ist explosionsgefahrlich und wird als
Initialsprengstoff
verwendet.
Bleiazid wurde 1891 erstmals wie auch
Silberazid
und
Quecksilberazid
von
Theodor Curtius
dargestellt.
[1]
Die Bedeutung der Verbindung wurde vom Militarversuchsamt in
Berlin
fruh erkannt und schon 1907 wurde ein Initialzunder auf Basis dieses Salzes von
Lothar Wohler
patentiert.
[1]
[5]
Auf Grund der hohen Neigung zu spontanen Explosionen vergingen bis zur allgemeinen internationalen Anwendung noch einige Jahrzehnte.
[1]
Die Herstellung erfolgt in diskontinuierlichen oder kontinuierlichen Verfahren durch die Umsetzung wassriger Losungen von
Natriumazid
und
Bleinitrat
. Hierbei ist es wichtig, die Bildung großer Kristalle zu vermeiden, da schon geringe mechanische Belastungen wie das Zerbrechen von Kristallnadeln eine Explosion auslosen konnen. Aus diesem Grund werden
Dextrin
,
Polyvinylalkohol
oder andere ein Kristallwachstum storende Stoffe zugesetzt, so dass ein technisches Produkt mit einem Bleiazidgehalt von 92?96 % resultiert.
[1]
[6]
Im Labor erfolgt lediglich eine verkleinerte Anwendung der technischen Darstellung uber die Fallung einer Natriumazidlosung mit einer Bleinitratlosung unter starkem Ruhren zur Vermeidung der Bildung großerer Kristalle
[7]
:
Um ein reineres Produkt fur die Laboranwendung zu erhalten, wird hierbei oft auf den Zusatz von Additiven verzichtet.
Bleiazid bildet farblose Kristalle, die relativ bestandig gegen Warme und Feuchtigkeit bzw. wenig hygroskopisch sind.
[6]
Es ist in Wasser praktisch unloslich.
[6]
Bleiazid tritt in vier
polymorphen
Modifikationen auf. Das sind eine
orthorhombische
α-Form, eine
monokline
β-Form, eine monokline γ-form und eine
trikline
δ-Form.
[1]
Die Verbindung besitzt explosionsgefahrliche Eigenschaften, wobei besonders die mechanische Empfindlichkeit gegenuber Stoß, Schlag und Reibung relevant ist. Es ist relativ temperaturstabil und zerfallt erst oberhalb von 315 °C.
[1]
Die Zerfallsprodukte sind fein verteiltes Blei und
Stickstoff
.
[8]
Wichtige Explosionskennzahlen sind:
Reines Bleiazid ist zudem sehr hoch elektrostatisch empfindlich und zundet leicht durch
Felddurchbruch
.
[1]
Die Daten beziehen sich auf die gebrauchliche α-Form. Die β-Form ist wesentlich empfindlicher.
[1]
Eine Vernichtung von Bleiazid kann in einer wassrigen Losung mit 8 %
Natriumnitrit
und 15 %
Salpetersaure
oder in einer 10%igen
Natronlauge
erfolgen.
[1]
Ein besonderes technisches Problem fur die historische Munitionsherstellung war die Reaktion von Bleiazid mit dem in Geschosshulsen vorhandenen Kupfer zum noch explosionsfreudigeren
Kupfer(II)-azid
.
[9]
Bleiazid ist seit seiner ersten Verwendung als Initialsprengstoff (Wohler-Martin)
[5]
zu dem wichtigsten Initialsprengstoff geworden, der das fruher ubliche
Knallquecksilber
fast vollig verdrangt hat. Trotz geringeren
Energieinhaltes
und kleinerer
Dichte
hat es großere Initialkraft, ist weniger schlagempfindlich als Knallquecksilber und hat außerdem eine bedeutend großere Stabilitat bei hoheren Temperaturen und gegen Feuchtigkeit. Die Einfuhrung von
Aluminium
zur
Sprengkapselherstellung
und damit eine bedeutende Verbilligung war nur durch Verwendung von Bleiazid moglich, da Quecksilberfulminat mit Aluminium ein
Amalgam
bildet.
Bleiazid ist als
fruchtschadigend
, Kategorie 1A und mit
spezifischer Zielorgan-Toxizitat
, Kategorie 2 eingestuft.
[2]
- ↑
a
b
c
d
e
f
g
h
i
j
k
l
m
Eintrag zu
Bleiazid
. In:
Rompp Online
.
Georg Thieme Verlag, abgerufen am 14. Juni 2014.
- ↑
a
b
c
d
e
Eintrag zu
Bleiazid
in der
GESTIS-Stoffdatenbank
des
IFA
, abgerufen am 1. Februar 2016.
(JavaScript erforderlich)
- ↑
Eintrag zu
Lead diazide
im
Classification and Labelling Inventory
der
Europaischen Chemikalienagentur
(ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw.
Inverkehrbringer
konnen die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung
erweitern
.
- ↑
Eintrag
in der
SVHC-Liste
der
Europaischen Chemikalienagentur
, abgerufen am 16. Juli 2014.
- ↑
a
b
Patent
DE196824
:
Initialzunder.
Angemeldet am
2. Marz 1907
, veroffentlicht am
27. Marz 1908
, Erfinder: L. Wohler.
- ↑
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d
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m
J. Kohler, R. Meyer, A. Homburg:
Explosivstoffe.
10., vollst. uberarb. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2008,
ISBN 978-3-527-32009-7
.
- ↑
Georg Brauer:
Bleiazid
. In:
Handbuch der Praparativen Anorganischen Chemie
. Ferdinand Enke Verlag Stuttgart, 1954,
S.
363
.
- ↑
ABC Chemie.
F.A. Brockhausverlag, Leipzig 1971, S. 187.
- ↑
Thomas Enke:
Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik,
2., aktualisierte Auflage. Walhalla Fachverlag, Regensburg 2021,
doi:10.5771/9783802947780
, S. 101.