Bleiazid

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Strukturformel
Bleiion Azidion
Allgemeines
Name Bleiazid
Andere Namen

Bleidiazid

Summenformel Pb(N 3 ) 2
Kurzbeschreibung

farblose, nadelformige Kristalle [1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 13424-46-9
EG-Nummer 236-542-1
ECHA -InfoCard 100.033.206
PubChem 61600
ChemSpider 21250825
Wikidata Q111213
Eigenschaften
Molare Masse 291,23 g·mol ?1
Aggregatzustand

fest

Dichte
  • 4,763 g·cm ?3 (α-Form) [1]
  • 4,845 g·cm ?3 (β-Form) [1]
  • 4,38 g·cm ?3 (91,5 %ig mit Dextrin) [1]
Schmelzpunkt

Zersetzung ab 190 °C [2]

Loslichkeit

schlecht in Wasser (230 mg·l ?1 ) [2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus  Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP) , [3] ggf. erweitert [2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Satze H: 200 ​‐​ 302 ​‐​ 332 ​‐​ 360Df ​‐​ 373 ​‐​ 410
P: 201 ​‐​ 202 ​‐​ 273 ​‐​ 308+313 ​‐​ 373 [2]
Zulassungs­verfahren unter REACH

besonders besorgnis­erregend : fortpflanzungs­gefahrdend ( CMR ) [4]

Soweit moglich und gebrauchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Bleiazid ist das Bleisalz der Stickstoffwasserstoffsaure . Es ist explosionsgefahrlich und wird als Initialsprengstoff verwendet.

Bleiazid wurde 1891 erstmals wie auch Silberazid und Quecksilberazid von Theodor Curtius dargestellt. [1] Die Bedeutung der Verbindung wurde vom Militarversuchsamt in Berlin fruh erkannt und schon 1907 wurde ein Initialzunder auf Basis dieses Salzes von Lothar Wohler patentiert. [1] [5] Auf Grund der hohen Neigung zu spontanen Explosionen vergingen bis zur allgemeinen internationalen Anwendung noch einige Jahrzehnte. [1]

Darstellung und Gewinnung

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Die Herstellung erfolgt in diskontinuierlichen oder kontinuierlichen Verfahren durch die Umsetzung wassriger Losungen von Natriumazid und Bleinitrat . Hierbei ist es wichtig, die Bildung großer Kristalle zu vermeiden, da schon geringe mechanische Belastungen wie das Zerbrechen von Kristallnadeln eine Explosion auslosen konnen. Aus diesem Grund werden Dextrin , Polyvinylalkohol oder andere ein Kristallwachstum storende Stoffe zugesetzt, so dass ein technisches Produkt mit einem Bleiazidgehalt von 92?96 % resultiert. [1] [6]

Im Labor erfolgt lediglich eine verkleinerte Anwendung der technischen Darstellung uber die Fallung einer Natriumazidlosung mit einer Bleinitratlosung unter starkem Ruhren zur Vermeidung der Bildung großerer Kristalle [7] :

Um ein reineres Produkt fur die Laboranwendung zu erhalten, wird hierbei oft auf den Zusatz von Additiven verzichtet.

Bleiazid bildet farblose Kristalle, die relativ bestandig gegen Warme und Feuchtigkeit bzw. wenig hygroskopisch sind. [6] Es ist in Wasser praktisch unloslich. [6] Bleiazid tritt in vier polymorphen Modifikationen auf. Das sind eine orthorhombische α-Form, eine monokline β-Form, eine monokline γ-form und eine trikline δ-Form. [1] Die Verbindung besitzt explosionsgefahrliche Eigenschaften, wobei besonders die mechanische Empfindlichkeit gegenuber Stoß, Schlag und Reibung relevant ist. Es ist relativ temperaturstabil und zerfallt erst oberhalb von 315 °C. [1] Die Zerfallsprodukte sind fein verteiltes Blei und Stickstoff . [8] Wichtige Explosionskennzahlen sind:

Reines Bleiazid ist zudem sehr hoch elektrostatisch empfindlich und zundet leicht durch Felddurchbruch . [1] Die Daten beziehen sich auf die gebrauchliche α-Form. Die β-Form ist wesentlich empfindlicher. [1] Eine Vernichtung von Bleiazid kann in einer wassrigen Losung mit 8 % Natriumnitrit und 15 % Salpetersaure oder in einer 10%igen Natronlauge erfolgen. [1]

Ein besonderes technisches Problem fur die historische Munitionsherstellung war die Reaktion von Bleiazid mit dem in Geschosshulsen vorhandenen Kupfer zum noch explosionsfreudigeren Kupfer(II)-azid . [9]

Bleiazid ist seit seiner ersten Verwendung als Initialsprengstoff (Wohler-Martin) [5] zu dem wichtigsten Initialsprengstoff geworden, der das fruher ubliche Knallquecksilber fast vollig verdrangt hat. Trotz geringeren Energieinhaltes und kleinerer Dichte hat es großere Initialkraft, ist weniger schlagempfindlich als Knallquecksilber und hat außerdem eine bedeutend großere Stabilitat bei hoheren Temperaturen und gegen Feuchtigkeit. Die Einfuhrung von Aluminium zur Sprengkapselherstellung und damit eine bedeutende Verbilligung war nur durch Verwendung von Bleiazid moglich, da Quecksilberfulminat mit Aluminium ein Amalgam bildet.

Bleiazid ist als fruchtschadigend , Kategorie 1A und mit spezifischer Zielorgan-Toxizitat , Kategorie 2 eingestuft. [2]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m Eintrag zu Bleiazid . In: Rompp Online . Georg Thieme Verlag, abgerufen am 14. Juni 2014.
  2. a b c d e Eintrag zu Bleiazid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA , abgerufen am 1. Februar 2016. (JavaScript erforderlich)
  3. Eintrag zu Lead diazide im Classification and Labelling Inventory der Europaischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer konnen die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern .
  4. Eintrag in der SVHC-Liste der Europaischen Chemikalienagentur , abgerufen am 16. Juli 2014.
  5. a b Patent DE196824 : Initialzunder. Angemeldet am 2. Marz 1907 , veroffentlicht am 27. Marz 1908 , Erfinder: L. Wohler.
  6. a b c d e f g h i j k l m J. Kohler, R. Meyer, A. Homburg: Explosivstoffe. 10., vollst. uberarb. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-32009-7 .
  7. Georg Brauer: Bleiazid . In: Handbuch der Praparativen Anorganischen Chemie . Ferdinand Enke Verlag Stuttgart, 1954, S.   363 .
  8. ABC Chemie. F.A. Brockhausverlag, Leipzig 1971, S. 187.
  9. Thomas Enke: Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, 2., aktualisierte Auflage. Walhalla Fachverlag, Regensburg 2021, doi:10.5771/9783802947780 , S. 101.