Bernhard von Bulow

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Bernhard von Bulow (1895)

Bernhard Heinrich Martin Karl von Bulow , ab 1899 Graf , ab 1905 Furst von Bulow [1] (* 3. Mai 1849 in Klein Flottbek ; † 28. Oktober 1929 in Rom ), war ein deutscher Politiker und Staatsmann . Seit 1897 war er Staatssekretar des Auswartigen Amtes und von Oktober 1900 bis Juli 1909 Reichskanzler des Deutschen Kaiserreichs .

Bulow machte eine Karriere als Diplomat. Als Staatssekretar hatte er im Kaiserreich ein Amt inne, das in etwa einem heutigen Minister entsprach. Schon in dieser Zeit entwickelte er sich zur fuhrenden Person in der Reichsleitung. Dem Reichskanzler Bulow gelang es, sowohl mit dem Kaiser als auch mit den verschiedenen Parteien des Reichstags zusammenzuarbeiten. Außenpolitisch vermied er wohl den Ausbruch eines Krieges, trug aber Mitschuld an der Verschlechterung des Verhaltnisses vor allem zu Großbritannien.

Sein Vater Bernhard Ernst von Bulow war 1876?1879 ebenfalls Staatssekretar des Außeren, sein Neffe Bernhard Wilhelm von Bulow (1885?1936) war von 1930 bis 1936 Staatssekretar und Vertreter des Außenministers.

Bernhard von Bulow wurde geboren als Sohn von Bernhard Ernst von Bulow (1815?1879) und dessen Frau Luise Victorine geb. Rucker. Sein Vater war Staatssekretar im Auswartigen Amt unter Otto von Bismarck . Der Bruder seiner Mutter war der Hamburger Senator Alfred Rucker , sein Urgroßvater der Hamburger Senator Martin Johann Jenisch der Altere . Sein Vetter ersten Grades war Wilhelm von Godeffroy, Teilhaber das Bankhauses Jenisch & Godeffroy, in dessen Berliner Stadtpalais in der Wilhelmstraße 59 Bulow lange gewohnt hatte. [2] Godeffroy starb am 29. November 1904 und ermoglichte dem Vetter seiner Frau Bulow mit einem Extra-Vermachtnis von funf Millionen Goldmark die Annahme des ersehnten Furstentitels. Aus den Ertragnissen der Dr. jur. Wilhelm Martin v. Godeffroy Familien- Fideikommiss -Stiftung hat das Ehepaar Bulow dann lebenslang große Zuwendungen erhalten, [3] ?zur Aufrechterhaltung eines standesgemaßen Lebensstils“. [4]

Die Familie von Bulow ist ein altes mecklenburgisches Adelsgeschlecht mit gleichnamigem Stammhaus im Dorf Bulow bei Rehna . Der Name Bulow wird erstmals bei der Grundsteinlegung des Ratzeburger Doms (1154) urkundlich erwahnt. Die Stammreihe beginnt mit Godofridus de Bulowe (1229). [5] Viele Mitglieder der Familie brachten es im Staatswesen, beim Militar und in der Kirche zu hohen Amtern oder machten sich um das Kulturleben verdient. [6]

Ausbildung und diplomatische Karriere

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Maria von Bulow geb. Beccadelli di Bologna, Principessa di Camporeale, Jugendportrat gemalt von Franz von Lenbach , 1873.

Bernhard von Bulow besuchte Gymnasien in Frankfurt am Main und Neustrelitz und wechselte als Funfzehnjahriger zum Padagogium in Halle , wo er 1867 die Reifeprufung bestand. An der Universitat Lausanne , in Berlin und an der Universitat Leipzig studierte er Jura , nahm als Freiwilliger im Husaren-Regiment ?Konig Wilhelm I.“ Nr. 7 am Deutsch-Franzosischen Krieg 1870/71 teil.

Sein Regimentskommandeur Oberst Walter von Loe legte ihm eine Offizierslaufbahn nahe, wozu der Vater Anfang 1871 die Einwilligung erteilte. Am 15. November 1870 wurde Bulow zum Gefreiten befordert, am 18. Januar 1871 zum Fahnrich und schließlich am 8. Marz 1871 zum Leutnant. Nach Beendigung des Krieges und Ruckkehr an den Regimentsstandort Bonn legte Bulow auf Druck seines Vaters im Marz 1872 an der Universitat Greifswald das Referendarsexamen ab und schied am 11. Juni 1872 aus dem aktiven Militardienst aus. [7]

Am Landgericht und Bezirksprasidium in Metz ? Elsaß-Lothringen gehorte seit Ende des Deutsch-Franzosischen Krieges zum Deutschen Reich ? bereitete er sich bis 1874 auf den Justiz- und Verwaltungsdienst vor. Danach trat er in den Auswartigen Dienst ein. Auf Bulows diplomatische Karriere wirkte sich der Umstand begunstigend aus, dass sein Vater seit der gemeinsamen Tatigkeit im Bundestag in Frankfurt am Main mit Otto von Bismarck befreundet war. Als Legations- und Botschaftssekretar kam Bernhard von Bulow nach St. Petersburg und Wien, 1876 wurde er Attache an der deutschen Botschaft in Rom , 1877 Geschaftstrager in Athen. Ab Marz 1878 war er an der deutschen Botschaft in Paris tatig, wo er im November zum Zweiten Sekretar ernannt wurde. Zwischenzeitlich war Bulow im Sommer 1878 dem Sekretariat des Berliner Kongresses zugeteilt. In Paris hatte er im Auftrag des Berliner Hofes die Familie des Bankiers Adolf Wilhelm von Kessler zu bespitzeln. Dort kam es zu einem Skandal, als Bulow vergeblich versuchte, dessen attraktive Frau Alice, die Mutter von Harry Kessler , in Abwesenheit ihres vielverreisten Ehemannes zu verfuhren. In seinen spateren Erinnerungen unterstellte er Adolf von Kessler, dieser habe die Schonheit seiner Frau gewinnbringend fur seine geschaftlichen Interessen benutzt. [8] Im August 1883 wurde er nach einer hausinternen Intrige Erster Sekretar an der Botschaft in Paris und wechselte im Juli 1884 als Botschaftsrat nach St. Petersburg. 1888 wurde er Gesandter in Bukarest und ging 1893 als Botschafter nach Rom.

1886 heiratete er Maria Beccadelli di Bologna , Prinzessin di Camporeale, eine italienische Adlige, die in vorheriger Ehe mit einem Grafen von Donhoff-Friedrichstein verheiratet gewesen war. Die Ehe blieb kinderlos.

Staatssekretar des Außeren

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Reichskanzler Bernhard von Bulow mit Ehefrau Maria im Jahre 1905 auf Norderney

1897 kehrte er nach Berlin zuruck, wurde im Oktober 1897 unter Reichskanzler Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfurst zum Staatssekretar des Außeren ernannt und arbeitete in dieser Position drei Jahre lang im Auswartigen Amt. Im ersten Amtsjahr leitete er die Verhandlungen mit China uber die Pachtung von Kiautschou mit der spater schnell emporbluhenden Hafenstadt Tsingtau . In einer Reichstagsdebatte am 6. Dezember 1897 rechtfertigte er diese Erweiterung der Kolonialinteressen mit den Worten: ?wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne. In Ostasien wie in Westindien werden wir bestrebt sein […], ohne unnotige Scharfe, aber auch ohne Schwache unsere Rechte und unsere Interessen zu wahren.“ Mit dieser Aussage vor dem Parlament verkundete er indirekt eine Abkehr von der Bismarckschen Ausgleichspolitik hin zu einem expansiven Kolonialismus . [9]

In Berlin fuhrte er die Verhandlungen mit Großbritannien und den Vereinigten Staaten , die zum Samoa-Abkommen von 1899 fuhrten, das vorsah, dass das Deutsche Reich Westsamoa mit den beiden Hauptinseln Savai?i und Upolu mit dem Hafen Apia als Schutzgebiet zugeteilt erhielt. Außerdem leitete er 1899 die Verhandlungen, die zum Ankauf der seit 1565 zu Spanien gehorenden Inselgruppe der Marianen (mit Ausnahme von Guam , das an die Vereinigten Staaten von Amerika ging) und der ebenfalls spanischen Inselgruppe der Karolinen fuhrten. Er forderte die Erschließung der Kolonien und den Handel mit Kolonialerzeugnissen . In seine Amtszeit als Staatssekretar des Außeren fallt auch der Boxeraufstand in China im Jahr 1900.

Er hielt personlichen Kontakt zu Philipp zu Eulenburg , einem Freund des Kaisers, der wesentlich dazu beitrug, Bulow als Kanzlerkandidaten aufzubauen. Bulow war ein Menschenkenner und stand in dem Ruf, auch auf Schmeicheleien zuruckzugreifen, wenn dies Erfolg versprach. So schrieb er einmal an Eulenburg: ?Er (der Kaiser) ist so bedeutend. Nach Friedrich dem Großen der bedeutendste Hohenzoller“, offenbar in der Erwartung, dass dieses Lob Kaiser Wilhelm II. ? der fur byzantinistische Schmeicheleien sehr zuganglich war ? mitgeteilt wurde.

Am 17. Oktober 1900, nach dem Rucktritt Hohenlohes aus Altersgrunden und weil Wilhelm II. gerade mit der Durchsetzung der Zuchthausvorlage im Reichstag gescheitert war, wurde Bulow Reichskanzler und preußischer Ministerprasident . Kaiser Wilhelm II. setzte große Hoffnungen in ihn:

?Bulow soll mein Bismarck werden, und so wie dieser und mein Großvater Deutschland außerlich zusammenhammerten, so werden wir im Innern den Dreck des Parlaments- und Parteiapparats wegraumen.“ [10]

Als Kanzler verhielt sich Bulow gegenuber dem Kaiser loyal, kritisierte jedoch dessen ?personliche Politik“; allerdings ohne Erfolg.

Bulow war wie sein Berater Friedrich August von Holstein (1837?1909) uberzeugt, dass das Deutsche Reich sich eine seiner Wirtschaftskraft entsprechende Außenpolitik der ?freien Hand“ erarbeiten sollte, und unterstutzte die von Alfred von Tirpitz vorgelegten Flottengesetze . Das Deutsche Reich war gegen Ende des 19. Jahrhunderts hinter Großbritannien und vor den Vereinigten Staaten die zweitgroßte Exportnation geworden, doch waren die deutschen Handelsschiffe, auf denen jahrlich Waren im Wert von mehreren Dutzend Milliarden Mark transportiert wurden, im Gegensatz zu den britischen und amerikanischen Handelsschiffen weitgehend ungeschutzt. Eine der politischen Hauptaufgaben Bulows war es, dafur Sorge zu tragen, dass der von Wilhelm II. forcierte Bau von Kriegsschiffen reibungslos vorangetrieben werden konnte und nicht von den im Handel konkurrierenden Imperialmachten behindert oder unterbunden wurde. Durch den Erwerb uberseeischer Besitzungen sollten der Flotte Stutzpunkte mit geschutzten Hafen an den Weltmeeren gesichert werden. Ein wichtiges Ziel von Bulows war der Bau von Eisenbahnen wie der Bagdadbahn und die Realisierung von Eisenbahn-Projekten in den afrikanischen Kolonien (siehe Liste der deutschen Kolonialbahnen ).

Bernhard Furst von Bulow (links) im Berliner Tiergarten .
Bernhard von Bulow, Kaiser Wilhelm II. und Rudolf von Valentini (von links nach rechts) an Bord der Hohenzollern in Kiel , 1908

Die von Großbritannien eingeleiteten deutsch-britischen Bundnisgesprache fuhrte er nur zogerlich fort, bis sie 1901 scheiterten. Am 8. Januar 1902 hielt von Bulow im Reichstag seine sogenannte ?Granitbeißerrede“ gegen den britischen Kolonialminister Joseph Chamberlain , der das Vorgehen der Briten im Burenkrieg gerechtfertigt hatte, indem er es mit dem Vorgehen der Deutschen im Deutsch-Franzosischen Krieg verglich. Von da an waren die deutsch-britischen Beziehungen nachhaltig getrubt.

Im Jahr 1904 ereignete sich der Doggerbank-Zwischenfall , bei dem russische Kriegsschiffe versehentlich ein britisches Fischerboot in der Nordsee versenkten. Im Zuge dieses Konfliktes suchte von Bulow die Annaherung an Russland. Tatsachlich erzielte er nur eine Verscharfung des bereits bestehenden Konflikts mit Großbritannien.

Im selben Jahr kam es zur Bildung der Entente zwischen Frankreich und Großbritannien, und 1905/06 erwies sich das Deutsche Reich in der ersten Marokkokrise als isoliert. Obwohl von Bulow diese Entwicklung wesentlich durch seine unkooperative Politik mitverschuldet hatte, bezichtigte er in seiner Reichstagsrede vom 14. November 1906 die Gegner Deutschlands der ? Einkreisung “. Dieser Begriff wurde fortan zum oft verwendeten Schlagwort.

In Bulows Amtszeit fielen auch die Aufstande in Deutsch-Ostafrika und Deutsch-Sudwestafrika ( Hereroaufstand 1904), die darauf folgende verwaltungsmaßige Neuordnung der Schutzgebiete (Selbstverwaltung, Landgesellschaften), die Diamantenentdeckung, die Einrichtung eines selbstandigen Reichsamts fur die Kolonialverwaltung und die damit verbundenen politischen Kampfe, die 1907 zur Auflosung und zur Neuwahl des Reichstags fuhrten. Er wandte sich gegen den Volkermord an den Herero, der ?allen Prinzipien des Christentums und der Menschlichkeit“ widerspreche, wirtschaftlichen Schaden verursache und dem internationalen Ansehen schade. [11]

Bereits 1902 hatte der Reichskanzler in der Affare um die Swinemunder Depesche einen Skandal des Kaisers nicht verhindern konnen. Ab 1907 wurde Bernhard von Bulow dann wiederum innenpolitisch in die Harden-Eulenburg-Affare hineingezogen. So verdachtigte im September 1907 Adolf Brand den Reichskanzler intimer Kontakte zum Privatsekretar Max Scheefer. [12] Diese Anschuldigungen wurden von Bernhard von Bulow, Philipp zu Eulenburg und Magnus Hirschfeld im Prozess gegen Brand bestritten und vom Gericht zuruckgewiesen. [13] Der Historiker Peter Winzen vertritt in einer 2010 erschienenen Studie die Auffassung, dass es von Bulow selbst gewesen sei, der den Journalisten Maximilian Harden mit belastendem Material gegen Eulenburg versorgt habe. Er habe auf diese Weise seinen fruheren Freund Eulenburg, einen Intimus des Kaisers, der bei diesem inzwischen auf eine Ablosung von Bulows hingewirkt habe, ausschalten wollen. [14]

Etwa ab Sommer 1907 regte Bulow beim Kaiser an, den Flottenbau zu verlangsamen, um die verstimmten Briten zu besanftigen. Jedoch vermochte er es nicht zu verhindern, dass Wilhelm II. anlasslich einer Begegnung mit dem britischen Konig Eduard im August 1908 in Friedrichshof ein kategorisches ?Nein“ bezuglich einer Reduzierung des Flottenbaus aussprach.

Im Jahr 1908 gab von Bulow hinsichtlich der Probleme auf dem Balkan unmissverstandlich zu verstehen, dass fur die Haltung des Deutschen Reiches die Interessen Osterreich-Ungarns maßgeblich seien. Durch diese in seiner Reichstagsrede vom 29. Marz 1909 zur bosnischen Annexionskrise demonstrativ zur Schau gestellte und ausdrucklich so bezeichnete ? Nibelungentreue “ wurde der deutsche Handlungsspielraum noch weiter eingeschrankt.

In Zusammenhang mit seinem Verhalten vor und wahrend der so genannten ? Daily-Telegraph-Affare “ verlor Bernhard von Bulow schließlich das Vertrauen des Kaisers. Diese Zeitung hatte einen den Kaiser kompromittierenden Artikel uber das deutsch-britische Verhaltnis veroffentlicht, der Gesprache des Kaisers mit dem britischen Obersten Edward Montagu-Stuart-Wortley wiedergab. In Großbritannien wurde das uberhebliche Verhalten Wilhelms mit Emporung aufgenommen und das deutsch-britische Verhaltnis erreichte einen Tiefpunkt. Auch in Deutschland wurden als Reaktion immer mehr Tone laut, die eine klare verfassungsmaßige Beschrankung der kaiserlichen Befugnisse forderten, und es bahnte sich eine ernste Staatskrise an. Die Parteien im Reichstag stellten sich geschlossen gegen den Kaiser.

Reichskanzler Bulow trug an dem Skandal eine erhebliche Mitschuld, da es seine Aufgabe gewesen ware, den Text des Interviews vor dessen Veroffentlichung zu uberprufen. Er behauptete, es vor der Weiterleitung an das Auswartige Amt nicht gelesen zu haben, da es auf dunnem Papier in unleserlicher Handschrift geschrieben gewesen sei. Bereits 1902 hatte sich der Reichskanzler bei der Swinemunder Depesche ahnlich nachlassig verhalten.

Im Reichstag gab er Wilhelm II. jedoch keinerlei Ruckendeckung und dieser musste dem großen offentlichen Druck schließlich nachgeben und versprechen, sich in seinen Außerungen kunftig zu maßigen. Damit war dem Verhaltnis zwischen Kaiser und Kanzler jede Vertrauensbasis entzogen. Am 14. Juli 1909 reichte Bulow seinen Rucktritt ein, nachdem es innerhalb des ihn unterstutzenden Parteienblocks ( Bulow-Block aus Konservativen und Liberalen) auch noch zu Meinungsverschiedenheiten uber den Haushalt und die Reform der Erbschaftsteuer gekommen war und deshalb die von ihm geplante Steuerreform vom Reichstag abgelehnt worden war.

Nach dem Rucktritt

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Grab von Bernhard von Bulow (rechts) und seiner Frau Maria (links) auf dem Nienstedtener Friedhof

1909 zog Bulow nach Rom, wo er 1907 die herrschaftliche Villa Malta fur seine Zeit nach der Pensionierung gekauft hatte. Dort schrieb er u. a. ein Buch uber den sechsten Koalitionskrieg, [15] in dem er auch seine Politik verteidigte. 1914 wurde von Bulow angesichts der sich dramatisch zuspitzenden außenpolitischen Lage Sonderbotschafter in Rom (1914?1915), mit dem Auftrag, Italien zu einem Verbleib im Dreibund zu bewegen. Mit diesem Auftrag wurde Bulow wegen seiner familiaren Beziehungen und der Nahe zu fuhrenden Staatsmannern Italiens betraut. Gleichwohl hatte er keinen Erfolg. Hierfur machte er spater die Unentschlossenheit und fehlende Weitsicht seines von ihm verachteten Nachfolgers Theobald von Bethmann Hollweg verantwortlich, der ihn nicht ausreichend unterstutzt habe. 1917 kam Bulow wiederum als moglicher Nachfolger von Bethmann Hollweg ins Gesprach, wurde aber vom Kaiser nicht in Betracht gezogen. Ebenso wurde Bulow noch 1921 als potentieller Kanzler gehandelt, war aber fur die Mehrheit der Burger und des Reichstags nicht akzeptabel. [15]

Nach Kriegsende kehrte Bulow nach Rom zuruck, finanziell unabhangig u. a. durch die auf Lebenszeit ausgesetzte Rente des Ullstein Verlags als Honorar fur die Uberlassung seiner Denkwurdigkeiten , die der Verlag aber erst nach dem Tode Bulows veroffentlichen durfte. [16]

In Rom verstarben am 26. Januar 1929 seine Frau Maria und Bulow selbst am 28. Oktober 1929. Beide wurden nebeneinander auf dem Nienstedtener Friedhof in Hamburg-Nienstedten beigesetzt (ungefahre Grablage: 53° 33′ 13,1″  N , 9° 50′ 33″  O ).

Postum erschienen 1930/31 die vier Bande umfassenden Denkwurdigkeiten . Wegen ihrer teils unverblumten und indiskreten Urteile uber Zeitgenossen, insbesondere aber wegen der negativen Charakterisierung Wilhelms II. erregten sie großes Aufsehen und hatten heftige offentliche Diskussionen zur Folge. [17] [18] Fur die Geschichtswissenschaften sind die Denkwurdigkeiten eine wertvolle Quelle; John C. G. Rohl bezieht sich in seiner dreibandigen Biographie Kaiser Wilhelms II. oft darauf. [19]

Bulow, der fließend vier Sprachen beherrschte, galt als Gesellschaftslowe mit großem Charme und bestechender rednerischer Brillanz. Zugleich wurde ihm jedoch Opportunismus nachgesagt, da er einerseits Kaiser Wilhelm II. nie energisch genug widersprochen, ihn andererseits jedoch in Krisenzeiten weitgehend im Stich gelassen habe.

Wahrend seiner Kanzlerschaft war es ihm immerhin gelungen, einen Krieg zu vermeiden; ein halbes Jahrzehnt nach seiner Amtsniederlegung begann jedoch der Erste Weltkrieg (1914?1918), eine Katastrophe, der er mit seiner uber die Politik Bismarcks weit hinausgreifenden Weltmachtpolitik [20] Vorschub geleistet hatte.

  • Deutsche Politik , herausgegeben und eingeleitet von Peter Winzen. Bouvier Verlag, Bonn 1992, ISBN 3-416-80662-X .
  • Weg zur politischen Reife , Berlin 1917.
  • Denkwurdigkeiten . Hrsg. v. Franz von Stockhammern . Ullstein, Berlin 1930/31:
  • Deutschland und die Machte . Dresden 1929.
  • Furst von Bulows Reden . Hrsg. von Wilhelm von Massow. 5 Bande. Leipzig 1910.
  • Mit Erlaubnis des Reichskanzlers gesammelt und hrsg. von Johannes Penzler:
    1. Band ? 1897?1903, archive.org
    2. Band 2: Furst Bulows Reden nebst urkundlichen Beitragen zu seiner Politik ? 1903?1906 (Mit Erlaubnis des Reichskanzlers gesammelt und hrsg. von Johannes Penzler [1907]), archive.org
Commons : Bernhard von Bulow  ? Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Bernhard von Bulow  ? Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. A. Freiherr von Houwald: Brandenburg-Preußische Standeserhebungen und Gnadenakte fur die Zeit 1873-1918 . Gorlitz 1939, S. 110 und 146.
  2. Bogdan Graf von Hutten-Czapski: Sechzig Jahre Politik und Gesellschaft . Berlin 1935, 1. Band, S. 328
  3. Verschiedenes. In: Berliner-Borsen-Zeitung. 10. Juni 1905, Morgen-Ausgabe, III. Beilage, S. [13], Digitalisat .
  4. Birgit Scheps: Das verkaufte Museum ? Die Sudsee-Unternehmungen des Handelshauses Joh. Ces. Godeffroy & Sohn, Hamburg und die Sammlungen ?Museum Godeffroy“. Naturwissenschaftlicher Verein in Hamburg, Hamburg 2005, ISBN 3-937783-11-3 , S. 218?219.
  5. P. von Bulow: Familienbuch der von Bulows. Berlin 1858/59 (2 Teile), Erganzungsband 1873. Meyers Enzyklopadisches Lexikon , Biographisches Institut, Mannheim/Wien/Zurich 1972, Band 5, S. 59.
  6. Heinrich Otto Meisner:  Bulow, von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4 , S. 727 f. ( Digitalisat ).
  7. Bernhard Furst von Bulow: Denkwurdigkeiten . Hrsg.: Franz von Stockhammern. 1. Auflage. Band   4 . Ullstein, Berlin 1931, S.   186   f., 189, 234, 239 und 274 .
  8. Laird M. Easton: Der rote Graf. Harry Kessler und seine Zeit. Aus dem Amerikanischen von Klaus Kochmann. 2. Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-608-93694-0 , S. 28 f.
  9. Deutschlands Platz an der Sonne . Wikisource
  10. Michael Frohlich: Imperialismus. Deutsche Kolonial- und Weltpolitik 1880?1914 . dtv, Munchen 1994, S. 82.
  11. Christopher Clark : Preußen. Aufstieg und Niedergang. 1600?1947. Deutsche Verlags-Anstalt, Munchen 2007, ISBN 978-3-421-05392-3 , S. 691.
  12. Bernd-Ulrich Hergemoller: Mann fur Mann ? Biographisches Lexikon . Suhrkamp, Frankfurt/M. 2001, ISBN 3-518-39766-4 , S. 160.
  13. Marita Keilson-Lauritz : Wilhelmshagen gegen das Deutsche Reich. Adolf Brands Flugschrift gegen den Reichskanzler von Bulow . In: Capri , 17. September 1994, S. 2?16.
  14. Peter Winzen: Das Ende der Kaiserherrlichkeit. Die Prozesse um die homosexuellen Berater Wilhelms II. 1907?1909 . Koln 2010, S. 71 ff.
  15. a b Bulow, Bernhard Heinrich Karl Martin, Prince von . In: Encyclopædia Britannica . 11. Auflage. Band   30 : Abbe ? English history . London 1922, S.   522 (englisch, Volltext [ Wikisource ]).
  16. Erich Eyck : Das personliche Regiment Wilhelms II. Politische Geschichte des deutschen Kaiserreiches von 1890 bis 1914 . Eugen Rentsch Verlag, Erlenbach-Zurich 1948, S. 186
  17. Friedrich Thimme (Herausgeber): Front wider Bulow, F. Bruckmann AG, Munchen, 1931. S. 1?20
  18. Stephan Malinowski: Vom Konig zum Fuhrer. Sozialer Niedergang und politische Radikalisierung im deutschen Adel zwischen Kaiserreich und NS-Staat. Akademie Verlag, Berlin 2003, S. 250?251
  19. John C.G. Rohl: Wilhelm II. 3 Bande. Beck, Munchen 1993?2008
  20. Peter Winzen: Bernhard Furst von Bulow ? Weltmachstratege ohne Fortune, Wegbereiter der großen Katastrophe ( Personlichkeit und Geschichte , Band 163). Muster-Schmidt-Verlag, Gottingen 2003, ISBN 3-7881-0154-7 .
  21. Hof- und Staatshandbuch des Konigreichs Wurttemberg , 1907, S. 50
  22. Bulowplatz . In: Straßennamenlexikon des Luisenstadtischen Bildungsvereins