Bernhard Heinrich Martin Karl von Bulow
, ab 1899
Graf
, ab 1905
Furst von Bulow
[1]
(*
3. Mai
1849
in
Klein Flottbek
; †
28. Oktober
1929
in
Rom
), war ein deutscher
Politiker
und
Staatsmann
. Seit 1897 war er Staatssekretar des
Auswartigen Amtes
und von Oktober 1900 bis Juli 1909
Reichskanzler
des
Deutschen Kaiserreichs
.
Bulow machte eine Karriere als Diplomat. Als Staatssekretar hatte er im Kaiserreich ein Amt inne, das in etwa einem heutigen Minister entsprach. Schon in dieser Zeit entwickelte er sich zur fuhrenden Person in der Reichsleitung. Dem Reichskanzler Bulow gelang es, sowohl mit dem Kaiser als auch mit den verschiedenen Parteien des Reichstags zusammenzuarbeiten. Außenpolitisch vermied er wohl den Ausbruch eines Krieges, trug aber Mitschuld an der Verschlechterung des Verhaltnisses vor allem zu Großbritannien.
Sein Vater
Bernhard Ernst von Bulow
war 1876?1879 ebenfalls Staatssekretar des Außeren, sein Neffe
Bernhard Wilhelm von Bulow
(1885?1936) war von 1930 bis 1936 Staatssekretar und Vertreter des Außenministers.
Bernhard von Bulow wurde geboren als Sohn von
Bernhard Ernst von Bulow
(1815?1879) und dessen Frau Luise Victorine geb. Rucker. Sein Vater war
Staatssekretar
im Auswartigen Amt unter
Otto von Bismarck
. Der Bruder seiner Mutter war der Hamburger Senator
Alfred Rucker
, sein Urgroßvater der Hamburger Senator
Martin Johann Jenisch der Altere
. Sein Vetter ersten Grades war Wilhelm von Godeffroy, Teilhaber das Bankhauses Jenisch & Godeffroy, in dessen Berliner Stadtpalais in der
Wilhelmstraße
59 Bulow lange gewohnt hatte.
[2]
Godeffroy starb am 29. November 1904 und ermoglichte dem Vetter seiner Frau Bulow mit einem Extra-Vermachtnis von funf Millionen
Goldmark
die Annahme des ersehnten Furstentitels. Aus den Ertragnissen der
Dr. jur. Wilhelm Martin v. Godeffroy Familien-
Fideikommiss
-Stiftung
hat das Ehepaar Bulow dann lebenslang große Zuwendungen erhalten,
[3]
?zur Aufrechterhaltung eines standesgemaßen Lebensstils“.
[4]
Die
Familie von Bulow
ist ein altes mecklenburgisches Adelsgeschlecht mit gleichnamigem Stammhaus im Dorf Bulow bei
Rehna
. Der Name Bulow wird erstmals bei der Grundsteinlegung des
Ratzeburger Doms
(1154) urkundlich erwahnt. Die Stammreihe beginnt mit Godofridus de Bulowe (1229).
[5]
Viele Mitglieder der Familie brachten es im Staatswesen, beim Militar und in der Kirche zu hohen Amtern oder machten sich um das Kulturleben verdient.
[6]
Bernhard von Bulow besuchte Gymnasien in
Frankfurt am Main
und
Neustrelitz
und wechselte als Funfzehnjahriger zum
Padagogium in Halle
, wo er 1867 die Reifeprufung bestand. An der
Universitat Lausanne
, in
Berlin
und an der
Universitat Leipzig
studierte er
Jura
, nahm als
Freiwilliger
im
Husaren-Regiment ?Konig Wilhelm I.“ Nr. 7
am
Deutsch-Franzosischen Krieg
1870/71 teil.
Sein Regimentskommandeur Oberst Walter von Loe legte ihm eine Offizierslaufbahn nahe, wozu der Vater Anfang 1871 die Einwilligung erteilte. Am 15. November 1870 wurde Bulow zum Gefreiten befordert, am 18. Januar 1871 zum Fahnrich und schließlich am 8. Marz 1871 zum Leutnant. Nach Beendigung des Krieges und Ruckkehr an den Regimentsstandort Bonn legte Bulow auf Druck seines Vaters im Marz 1872 an der
Universitat Greifswald
das Referendarsexamen ab und schied am 11. Juni 1872 aus dem aktiven Militardienst aus.
[7]
Am Landgericht und
Bezirksprasidium
in
Metz
?
Elsaß-Lothringen
gehorte seit Ende des
Deutsch-Franzosischen Krieges
zum Deutschen Reich ? bereitete er sich bis 1874 auf den Justiz- und Verwaltungsdienst vor. Danach trat er in den Auswartigen Dienst ein. Auf Bulows diplomatische Karriere wirkte sich der Umstand begunstigend aus, dass sein Vater seit der gemeinsamen Tatigkeit im
Bundestag
in
Frankfurt am Main
mit Otto von Bismarck befreundet war. Als Legations- und Botschaftssekretar kam Bernhard von Bulow nach St. Petersburg und Wien, 1876 wurde er Attache an der deutschen
Botschaft
in
Rom
, 1877 Geschaftstrager in Athen. Ab Marz 1878 war er an der
deutschen Botschaft in Paris
tatig, wo er im November zum Zweiten Sekretar ernannt wurde. Zwischenzeitlich war Bulow im Sommer 1878 dem Sekretariat des
Berliner Kongresses
zugeteilt. In Paris hatte er im Auftrag des Berliner Hofes die Familie des Bankiers
Adolf Wilhelm von Kessler
zu bespitzeln. Dort kam es zu einem Skandal, als Bulow vergeblich versuchte, dessen attraktive Frau Alice, die Mutter von
Harry Kessler
, in Abwesenheit ihres vielverreisten Ehemannes zu verfuhren. In seinen spateren Erinnerungen unterstellte er Adolf von Kessler, dieser habe die Schonheit seiner Frau gewinnbringend fur seine geschaftlichen Interessen benutzt.
[8]
Im August 1883 wurde er nach einer hausinternen Intrige Erster Sekretar an der Botschaft in Paris und wechselte im Juli 1884 als Botschaftsrat nach St. Petersburg. 1888 wurde er Gesandter in
Bukarest
und ging 1893 als
Botschafter
nach Rom.
1886 heiratete er
Maria Beccadelli di Bologna
, Prinzessin di Camporeale, eine italienische Adlige, die in vorheriger Ehe mit einem Grafen von Donhoff-Friedrichstein verheiratet gewesen war. Die Ehe blieb kinderlos.
1897 kehrte er nach Berlin zuruck, wurde im Oktober 1897 unter Reichskanzler
Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfurst
zum Staatssekretar des Außeren ernannt und arbeitete in dieser Position drei Jahre lang im Auswartigen Amt. Im ersten Amtsjahr leitete er die Verhandlungen mit
China
uber die Pachtung von
Kiautschou
mit der spater schnell emporbluhenden Hafenstadt
Tsingtau
. In einer Reichstagsdebatte am 6. Dezember 1897 rechtfertigte er diese Erweiterung der Kolonialinteressen mit den Worten: ?wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne. In Ostasien wie in Westindien werden wir bestrebt sein […], ohne unnotige Scharfe, aber auch ohne Schwache unsere Rechte und unsere Interessen zu wahren.“ Mit dieser Aussage vor dem Parlament verkundete er indirekt eine Abkehr von der Bismarckschen Ausgleichspolitik hin zu einem
expansiven Kolonialismus
.
[9]
In Berlin fuhrte er die Verhandlungen mit
Großbritannien
und den
Vereinigten Staaten
, die zum
Samoa-Abkommen
von 1899 fuhrten, das vorsah, dass das Deutsche Reich
Westsamoa
mit den beiden Hauptinseln
Savai?i
und
Upolu
mit dem Hafen
Apia
als
Schutzgebiet
zugeteilt erhielt. Außerdem leitete er 1899 die Verhandlungen, die zum Ankauf der seit 1565 zu
Spanien
gehorenden Inselgruppe der
Marianen
(mit Ausnahme von
Guam
, das an die Vereinigten Staaten von Amerika ging) und der ebenfalls spanischen Inselgruppe der
Karolinen
fuhrten. Er forderte die Erschließung der Kolonien und den Handel mit
Kolonialerzeugnissen
. In seine Amtszeit als Staatssekretar des Außeren fallt auch der
Boxeraufstand
in China im Jahr 1900.
Er hielt personlichen Kontakt zu
Philipp zu Eulenburg
, einem Freund des Kaisers, der wesentlich dazu beitrug, Bulow als Kanzlerkandidaten aufzubauen. Bulow war ein Menschenkenner und stand in dem Ruf, auch auf Schmeicheleien zuruckzugreifen, wenn dies Erfolg versprach. So schrieb er einmal an Eulenburg: ?Er (der Kaiser) ist so bedeutend. Nach Friedrich dem Großen der bedeutendste Hohenzoller“, offenbar in der Erwartung, dass dieses Lob Kaiser Wilhelm II. ? der fur byzantinistische Schmeicheleien sehr zuganglich war ? mitgeteilt wurde.
Am 17. Oktober 1900, nach dem Rucktritt
Hohenlohes
aus Altersgrunden und weil
Wilhelm II.
gerade mit der Durchsetzung der
Zuchthausvorlage
im Reichstag gescheitert war, wurde Bulow
Reichskanzler
und
preußischer
Ministerprasident
. Kaiser Wilhelm II. setzte große Hoffnungen in ihn:
?Bulow soll mein Bismarck werden, und so wie dieser und
mein Großvater
Deutschland außerlich zusammenhammerten, so werden wir im Innern den Dreck des
Parlaments-
und Parteiapparats wegraumen.“
[10]
Als Kanzler verhielt sich Bulow gegenuber dem Kaiser loyal, kritisierte jedoch dessen ?personliche Politik“; allerdings ohne Erfolg.
Bulow war wie sein Berater
Friedrich August von Holstein
(1837?1909) uberzeugt, dass das Deutsche Reich sich eine seiner Wirtschaftskraft entsprechende
Außenpolitik der ?freien Hand“
erarbeiten sollte, und unterstutzte die von
Alfred von Tirpitz
vorgelegten
Flottengesetze
. Das Deutsche Reich war gegen Ende des 19. Jahrhunderts hinter Großbritannien und vor den Vereinigten Staaten die zweitgroßte Exportnation geworden, doch waren die deutschen Handelsschiffe, auf denen jahrlich Waren im Wert von mehreren Dutzend Milliarden Mark transportiert wurden, im Gegensatz zu den britischen und amerikanischen Handelsschiffen weitgehend ungeschutzt. Eine der politischen Hauptaufgaben Bulows war es, dafur Sorge zu tragen, dass der von Wilhelm II. forcierte Bau von Kriegsschiffen reibungslos vorangetrieben werden konnte und nicht von den im Handel konkurrierenden Imperialmachten behindert oder unterbunden wurde. Durch den Erwerb uberseeischer Besitzungen sollten der Flotte Stutzpunkte mit geschutzten Hafen an den Weltmeeren gesichert werden. Ein wichtiges Ziel von Bulows war der Bau von Eisenbahnen wie der
Bagdadbahn
und die Realisierung von Eisenbahn-Projekten in den afrikanischen Kolonien (siehe
Liste der deutschen Kolonialbahnen
).
Die von Großbritannien eingeleiteten deutsch-britischen Bundnisgesprache fuhrte er nur zogerlich fort, bis sie 1901 scheiterten. Am 8. Januar 1902 hielt von Bulow im Reichstag seine sogenannte ?Granitbeißerrede“ gegen den britischen Kolonialminister
Joseph Chamberlain
, der das Vorgehen der Briten im
Burenkrieg
gerechtfertigt hatte, indem er es mit dem Vorgehen der Deutschen im
Deutsch-Franzosischen Krieg
verglich. Von da an waren die deutsch-britischen Beziehungen nachhaltig getrubt.
Im Jahr 1904 ereignete sich der
Doggerbank-Zwischenfall
, bei dem russische Kriegsschiffe versehentlich ein britisches Fischerboot in der Nordsee versenkten. Im Zuge dieses Konfliktes suchte von Bulow die Annaherung an Russland. Tatsachlich erzielte er nur eine Verscharfung des bereits bestehenden Konflikts mit Großbritannien.
Im selben Jahr kam es zur Bildung der
Entente
zwischen Frankreich und Großbritannien, und 1905/06 erwies sich das Deutsche Reich in der
ersten Marokkokrise
als isoliert. Obwohl von Bulow diese Entwicklung wesentlich durch seine unkooperative Politik mitverschuldet hatte, bezichtigte er in seiner Reichstagsrede vom 14. November 1906 die Gegner Deutschlands der ?
Einkreisung
“. Dieser Begriff wurde fortan zum oft verwendeten Schlagwort.
In Bulows Amtszeit fielen auch die Aufstande in
Deutsch-Ostafrika
und
Deutsch-Sudwestafrika
(
Hereroaufstand
1904), die darauf folgende verwaltungsmaßige Neuordnung der Schutzgebiete (Selbstverwaltung, Landgesellschaften), die Diamantenentdeckung, die Einrichtung eines selbstandigen Reichsamts fur die Kolonialverwaltung und die damit verbundenen politischen Kampfe, die 1907 zur Auflosung und zur Neuwahl des Reichstags fuhrten. Er wandte sich gegen den Volkermord an den Herero, der ?allen Prinzipien des Christentums und der Menschlichkeit“ widerspreche, wirtschaftlichen Schaden verursache und dem internationalen Ansehen schade.
[11]
Bereits 1902 hatte der Reichskanzler in der Affare um die
Swinemunder Depesche
einen Skandal des Kaisers nicht verhindern konnen. Ab 1907 wurde Bernhard von Bulow dann wiederum innenpolitisch in die
Harden-Eulenburg-Affare
hineingezogen. So verdachtigte im September 1907
Adolf Brand
den Reichskanzler intimer Kontakte zum Privatsekretar Max Scheefer.
[12]
Diese Anschuldigungen wurden von Bernhard von Bulow,
Philipp zu Eulenburg
und
Magnus Hirschfeld
im Prozess gegen Brand bestritten und vom Gericht zuruckgewiesen.
[13]
Der Historiker
Peter Winzen
vertritt in einer 2010 erschienenen Studie die Auffassung, dass es von Bulow selbst gewesen sei, der den Journalisten
Maximilian Harden
mit belastendem Material gegen Eulenburg versorgt habe. Er habe auf diese Weise seinen fruheren Freund Eulenburg, einen Intimus des Kaisers, der bei diesem inzwischen auf eine Ablosung von Bulows hingewirkt habe, ausschalten wollen.
[14]
Etwa ab Sommer 1907 regte Bulow beim Kaiser an, den Flottenbau zu verlangsamen, um die verstimmten Briten zu besanftigen. Jedoch vermochte er es nicht zu verhindern, dass Wilhelm II. anlasslich einer Begegnung mit dem britischen Konig Eduard im August 1908 in Friedrichshof ein kategorisches ?Nein“ bezuglich einer Reduzierung des Flottenbaus aussprach.
Im Jahr 1908 gab von Bulow hinsichtlich der Probleme auf dem Balkan unmissverstandlich zu verstehen, dass fur die Haltung des Deutschen Reiches die Interessen Osterreich-Ungarns maßgeblich seien. Durch diese in seiner Reichstagsrede vom 29. Marz 1909 zur
bosnischen Annexionskrise
demonstrativ zur Schau gestellte und ausdrucklich so bezeichnete ?
Nibelungentreue
“ wurde der deutsche Handlungsspielraum noch weiter eingeschrankt.
In Zusammenhang mit seinem Verhalten vor und wahrend der so genannten ?
Daily-Telegraph-Affare
“ verlor Bernhard von Bulow schließlich das Vertrauen des Kaisers. Diese Zeitung hatte einen den Kaiser kompromittierenden Artikel uber das deutsch-britische Verhaltnis veroffentlicht, der Gesprache des Kaisers mit dem britischen
Obersten
Edward Montagu-Stuart-Wortley
wiedergab. In Großbritannien wurde das uberhebliche Verhalten Wilhelms mit Emporung aufgenommen und das deutsch-britische Verhaltnis erreichte einen Tiefpunkt. Auch in Deutschland wurden als Reaktion immer mehr Tone laut, die eine klare verfassungsmaßige Beschrankung der kaiserlichen Befugnisse forderten, und es bahnte sich eine ernste Staatskrise an. Die Parteien im Reichstag stellten sich geschlossen gegen den Kaiser.
Reichskanzler Bulow trug an dem Skandal eine erhebliche Mitschuld, da es seine Aufgabe gewesen ware, den Text des Interviews vor dessen Veroffentlichung zu uberprufen. Er behauptete, es vor der Weiterleitung an das Auswartige Amt nicht gelesen zu haben, da es auf dunnem Papier in unleserlicher Handschrift geschrieben gewesen sei. Bereits 1902 hatte sich der Reichskanzler bei der
Swinemunder Depesche
ahnlich nachlassig verhalten.
Im Reichstag gab er Wilhelm II. jedoch keinerlei Ruckendeckung und dieser musste dem großen offentlichen Druck schließlich nachgeben und versprechen, sich in seinen Außerungen kunftig zu maßigen. Damit war dem Verhaltnis zwischen Kaiser und Kanzler jede Vertrauensbasis entzogen. Am 14. Juli 1909 reichte Bulow seinen Rucktritt ein, nachdem es innerhalb des ihn unterstutzenden Parteienblocks (
Bulow-Block
aus Konservativen und Liberalen) auch noch zu Meinungsverschiedenheiten uber den Haushalt und die Reform der
Erbschaftsteuer
gekommen war und deshalb die von ihm geplante Steuerreform vom Reichstag abgelehnt worden war.
1909 zog Bulow nach Rom, wo er 1907 die herrschaftliche
Villa Malta
fur seine Zeit nach der Pensionierung gekauft hatte. Dort schrieb er u. a. ein Buch uber den sechsten Koalitionskrieg,
[15]
in dem er auch seine Politik verteidigte. 1914 wurde von Bulow angesichts der sich dramatisch zuspitzenden außenpolitischen Lage Sonderbotschafter in Rom (1914?1915), mit dem Auftrag, Italien zu einem Verbleib im
Dreibund
zu bewegen. Mit diesem Auftrag wurde Bulow wegen seiner familiaren Beziehungen und der Nahe zu fuhrenden Staatsmannern Italiens betraut. Gleichwohl hatte er keinen Erfolg. Hierfur machte er spater die Unentschlossenheit und fehlende Weitsicht seines von ihm verachteten Nachfolgers
Theobald von Bethmann Hollweg
verantwortlich, der ihn nicht ausreichend unterstutzt habe. 1917 kam Bulow wiederum als moglicher Nachfolger von Bethmann Hollweg ins Gesprach, wurde aber vom Kaiser nicht in Betracht gezogen. Ebenso wurde Bulow noch 1921 als potentieller Kanzler gehandelt, war aber fur die Mehrheit der Burger und des Reichstags nicht akzeptabel.
[15]
Nach Kriegsende kehrte Bulow nach Rom zuruck, finanziell unabhangig u. a. durch die auf Lebenszeit ausgesetzte Rente des
Ullstein Verlags
als Honorar fur die Uberlassung seiner
Denkwurdigkeiten
, die der Verlag aber erst nach dem Tode Bulows veroffentlichen durfte.
[16]
In Rom verstarben am 26. Januar 1929 seine Frau Maria und Bulow selbst am 28. Oktober 1929. Beide wurden nebeneinander auf dem
Nienstedtener Friedhof
in
Hamburg-Nienstedten
beigesetzt (ungefahre Grablage:
53° 33′ 13,1″
N
,
9° 50′ 33″
O
53.553633333333
9.8425083333333
).
Postum erschienen 1930/31 die vier Bande umfassenden
Denkwurdigkeiten
. Wegen ihrer teils unverblumten und indiskreten Urteile uber Zeitgenossen, insbesondere aber wegen der negativen Charakterisierung Wilhelms II. erregten sie großes Aufsehen und hatten heftige offentliche Diskussionen zur Folge.
[17]
[18]
Fur die Geschichtswissenschaften sind die
Denkwurdigkeiten
eine wertvolle Quelle;
John C. G. Rohl
bezieht sich in seiner dreibandigen Biographie Kaiser Wilhelms II. oft darauf.
[19]
Bulow, der fließend vier Sprachen beherrschte, galt als Gesellschaftslowe mit großem Charme und bestechender rednerischer Brillanz. Zugleich wurde ihm jedoch
Opportunismus
nachgesagt, da er einerseits Kaiser Wilhelm II. nie energisch genug widersprochen, ihn andererseits jedoch in Krisenzeiten weitgehend im Stich gelassen habe.
Wahrend seiner Kanzlerschaft war es ihm immerhin gelungen, einen Krieg zu vermeiden; ein halbes Jahrzehnt nach seiner Amtsniederlegung begann jedoch der
Erste Weltkrieg
(1914?1918), eine Katastrophe, der er mit seiner uber die Politik Bismarcks weit hinausgreifenden Weltmachtpolitik
[20]
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. Ullstein, Berlin 1930/31:
- Band 1:
Vom Staatssekretariat zur Marokko-Krise
. (Digitalisierte Ausgabe unter:
urn
:
nbn:de:s2w-11878
)
- Band 2:
Von der Marokko-Krise bis zum Abschied
. (Digitalisierte Ausgabe unter:
urn
:
nbn:de:s2w-11897
)
- Band 3:
Weltkrieg und Zusammenbruch
. (Digitalisierte Ausgabe unter:
urn
:
nbn:de:s2w-11908
)
- Band 4:
Jugend- und Diplomatenjahre
. (Digitalisierte Ausgabe unter:
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