Bernard le Bovier de Fontenelle

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Bernard de Fontenelle, Portrat in Ol von Louis Galloche (1723)

Bernard le Bovier de Fontenelle (* 11. Februar 1657 in Rouen ; † 9. Januar 1757 in Paris ) war ein einflussreicher und vielseitiger franzosischer Schriftsteller und Aufklarer . Fontenelle (wie er in der Literaturgeschichte ausschließlich genannt wird) zahlt neben Pierre Bayle zu den bedeutendsten franzosischen Fruhaufklarern .

Leben und Schaffen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Dialogen uber die Mehrheit der Welten , Berliner Ausgabe von 1780
Ausg. 1728

Er entstammte einer amtsadeligen Juristenfamilie aus Rouen und war Neffe der Dramatiker Pierre und Thomas Corneille . Nach Studien auf dem Jesuitenkolleg seiner Heimatstadt ging er nach Paris. Hier reussierte er rasch, eingefuhrt von Thomas Corneille, als galanter Lyriker, Komodienautor, Opern librettist , Verfasser eines Briefromans und nicht zuletzt als gesuchter Salon-Animateur .

1683 erschienen seine Dialogues des morts (Totengesprache), fiktive Dialoge zwischen beruhmten Toten aus der Antike und der jungeren Vergangenheit, z. B. zwischen Sokrates und Michel de Montaigne . Hauptthema sind die nach Fontenelle ganz unberechtigten Vorurteile seiner Zeitgenossen zugunsten der Antike, Vorurteile, die er seine antiken Sprecher ironisch oder pseudo-naiv ad absurdum fuhren lasst.

1686 kamen seine Entretiens sur la pluralite des mondes (Unterhaltungen uber die Vielzahl der Welten) heraus, ein fiktiver Dialog, in dessen Rahmen ein gebildeter Mann von Welt einer interessierten adeligen Dame samt ihrer Tochter (und mit ihnen einem uberwiegend als weiblich vorgestellten Publikum) bei einem nachtlichen Spaziergang im Park Vortrage halt uber das astronomische Wissen gemaß Nikolaus Kopernikus , Galileo Galilei , Johannes Kepler sowie Rene Descartes und dabei die Moglichkeit nicht ausschließt, dass es auch auf Sternen außerhalb der Erde vernunftbegabte Wesen gibt.

Von der katholischen Kirche wurde das Werk erwartungsgemaß auf den Index gesetzt, weil es dem ptolemaischen Weltbild widersprach. Die Indizierung tat jedoch seinem Erfolg keinen Abbruch, vielmehr wurde es mehrfach neu aufgelegt. Wie viele Franzosen seiner Zeit blieb Fontenelle der Cartesianischen Physik verhaftet, auch nachdem sie durch die Arbeiten Isaac Newtons uberholt war. Noch 1752 vertrat er in seiner Theorie des tourbillons cartesiens die Wirbeltheorie Descartes’ aus dem Jahre 1644.

Ebenfalls 1686 erschien die Histoire des oracles (Geschichte der Weissagungen). Hierin beleuchtet Fontenelle in elegantem Plauderton verschiedene in antiken Quellen beschriebene Weissagungen und Wunder kritisch in einer Weise, die den Leser zum Bezweifeln auch biblischer Weissagungen und Wunder animieren sollte, was von den Jesuiten ganz richtig so verstanden und gerugt wurde.

Als 1687 in der Academie francaise der Streit zwischen den Anhangern des Hergebrachten und Modernen ( Querelle des Anciens et des Modernes ) ausbrach, wurde Fontenelle im Sinne seiner Dialogues de morts einer der ersten Parteiganger der ?Modernen“ und griff 1688 in den Streit ein mit seiner Schrift Digression sur les Anciens et les Modernes .

In den Folgejahren war er weiterhin als Lyriker, Tragodienautor, Erzahler und Literaturtheoretiker tatig. 1691 wurde er in die Academie francaise auf den Fauteuil No. 27 gewahlt. Seit 1697 war er auch Mitglied der 1666 gegrundeten Academie des Sciences . Noch im selben Jahr wurde er als Nachfolger von Jean-Baptiste Du Hamel deren Secretaire perpetuel, was er bis 1740 blieb. Er gab die Literatur nun weitgehend auf und schrieb in Wahrnehmung seines Amtes zahlreiche Laudationes (eloges academiques) von Naturforschern und Erfindern, deren Leistungen er mit seiner eleganten Feder einem großeren Publikum vorstellte.

Ab 1699 war er maßgeblich an der Reform seiner Akademie beteiligt. 1701 wahlte ihn auch die Academie des Inscriptions et Belles-Lettres zum Mitglied. 1733 wurde er zum Mitglied ( Fellow ) der Royal Society gewahlt. [1] 1749 wurde er als auswartiges Mitglied in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. [2]

Ebenfalls in seiner Rolle als Akademie-Sekretar verfasste er ab 1733 die Memoires de l’Academie royale des sciences , worin er uber mehr als 30 Jahre zuruckliegende Experimente und Beobachtungen von Mitgliedern berichtete. Weil aus dieser Zeit verlassliche Primarquellen meist fehlen, gelten die Memoires bei Wissenschaftshistorikern als wichtige Sekundarquelle.

Bis etwa 1725 spielte Fontenelle eine wichtige Rolle im Pariser geistigen und gesellschaftlichen Leben und in Maßen auch in der Politik, ehe sein Ruhm zu verblassen begann. [3]

Er verkorperte als erster in Frankreich den fur die Epoche der Aufklarung charakteristischen Typ des ?philosophe“, das heißt eines allseitig interessierten, sowohl belletristische, als auch philosophische und naturwissenschaftliche Werke verfassenden Autors.

Ehrungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Werke (Auswahl) [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Elements de la geometrie de l’infini , 1727
  • Bernard Le Bovier de Fontenelle, Œuvres completes , Paris: Fayard, 1990?
  • Bernard Le Bovier de Fontenelle, Dialogen uber die Mehrheit der Welten (deutsch 1789, Nachdruck 1984); 1. Auflage, Neuedition der Ausgabe von 1780: in der Ubersetzung von Wilhelm Christhelf Sigmund Mylius ; mit Anmerkungen und Kupfertafeln von Johann Elert Bode ; mit einem Nachwort neu herausgegeben von Sophia Mehrbrey, Hannover : Wehrhahn Verlag, 2023, ISBN 978-3-86525-987-5
  • Bernard Le Bovier de Fontenelle, Philosophische Neuigkeiten fur Leute von Welt und fur Gelehrte: ausgewahlte Schriften , Leipzig: Reclam 1989
  • Bernard de Fontenelle: Totengesprache , Aus dem Franzosischen ubersetzt, kommentiert und mit Dossier und Nachwort versehen von Hans-Horst Henschen , Frankfurt am Main: Eichborn 1991, Reihe Die Andere Bibliothek , ISBN 978-3-8218-4066-6 .

Siehe auch [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Werner Krauss , Fontenelle und die Aufklarung, Munchen (Fink) 1969.
  • Jorn Steigerwald: Galante Gesprache: Fontenelles Dialogues des morts , in: Dialog und Dialogizitat im Zeitalter der Aufklarung , hg. v. Gabriele Ribemont-Vickermann / Dietmar Rieger. Tubingen: Narr 2003, S. 13?30.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Bernard le Bovier de Fontenelle  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Bernard Le Bouyer de Fontenelle  ? Quellen und Volltexte (franzosisch)

Fußnoten und Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Eintrag zu Fontenelle, Bernard le Bovier de (1657 - 1757) im Archiv der Royal Society , London
  2. Mitglieder der Vorgangerakademien. Bernard le Bouyer (le Bovier) de Fontenelle. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften , abgerufen am 23. Marz 2015 (mit Kurzbiographie).
  3. Mit 99 sorgte er noch einmal fur Schlagzeilen und einen Vergleich mit deutschen Gelehrten. Vgl. Neue Versuche nutzlicher Sammlungen zur Natur- und Kunst-Geschichte, sonderlich von Ober-Sachßen , Schneeberg 1755, S. 1003 (abgerufen 20. November 2013)