Ein
Bergsturz
ist eine großvolumige, schnell vonstattengehende
Fels- und Schuttbewegung
aus steilen
Bergflanken
. Auch stabil erscheinende
Felswande
konnen betroffen sein, wenn sie von
Kluften
durchzogen sind. Bei Bergsturzen verhalt sich das
Gestein
großraumig wasserahnlich, kann auf einer geneigten Gleitbahn eine Geschwindigkeit von uber 100 km/h erreichen und sogar an gegenuberliegenden Hangen aufbranden, wie beispielsweise im
Oberinntal
mehrfach zu sehen ist.
Die Untersuchung von Bergsturzen und ihrer Ursachen ist ein
interdisziplinares
Thema zwischen mehreren Fachgebieten, v. a.
Geologie
,
Felsmechanik
,
Ingenieurvermessung
und
Geomorphologie
, wahrend zugehorige Warnsysteme in jungst entstandenen Kooperationen zwischen
Geotechnik
und
Geodasie
entwickelt werden.
Die Ablagerungsgebiete konnen Volumina von mehreren Millionen Kubikmetern und Flachenausdehnungen von mehr als 10
Hektar
erreichen. Eine umfassende Definition von Bergsturzen stammt vom
Geografen
Gerhard Abele
(1974): Bergsturze sind ?Fels- und Schuttbewegungen, die mit hoher Geschwindigkeit in Sekunden oder Minuten aus Bergflanken niedergehen und im Ablagerungsgebiet ein Volumen oberhalb von einer Million Kubikmeter besitzen, sowie eine Flache von uber 10 Hektar bedecken. Kleinere Ereignisse bezeichnet man als
Felssturze
“.
[1]
Frank Ahnert
definiert sie im Lehrbuch
Geomorphologie
(1996) stattdessen auf der subjektiven Ebene: ?Die von der Bewegung erfasste Hangflache und die bewegte Gesteinsmasse (bzw. Volumen) muss groß genug sein, um der Bezeichnung ?Bergsturz“ in der Auffassung der umwohnenden Bevolkerung und der das Ereignis untersuchenden Geomorphologen gerecht zu werden“.
[2]
Bergsturze sind demnach groß dimensionierte Felssturze mit teils verheerenden Auswirkungen. In den zuruckbleibenden Schuttmassen konnen sich zudem kleinere
Stauseen
bilden, bisweilen auch großere
Abdammungsseen
. Eine Sonderart von Felssturz ist der
Eissturz
mit weit uberhohter Schadensflache, da das Eis (zusammen mit Schutt) weiter transportiert wird, das Eis, auch Sturzeis genannt,
[3]
[4]
dabei durch die
Reibungshitze
schmilzt oder gar verdampft und damit ein Effekt ahnlich dem bei einem
Luftkissenfahrzeug
entstehen kann.
Bergsturze entstehen in der Regel an der Grenze zweier oder mehrerer Gesteinsschichten und an
tektonischen Storungslinien
, wenn derartige Grenzflachen durch
Erdbeben
, extreme Wetterereignisse (heftige
Niederschlage
oder Temperaturschwankungen) geschwacht werden oder auch wenn ein
Gletscher
abschmilzt und dessen Gegendruck fehlt. Zunehmende
Steinschlagaktivitat
kann ein Hinweis auf bevorstehende Bergsturzereignisse sein. Eingriffe des Menschen in die Natur (Hangrodung, zu breite
Forstwege
, Rohstoffabbau) konnen diese Vorgange beschleunigen, wie exemplarisch beim
Bergsturz von Elm
1881.
Fels- und Bergsturze stellen neben
Muren
und
Lawinen
die Hauptgefahr naturlicher Phanomene im
Gebirge
dar.
Man unterscheidet zwischen den haufiger vorkommenden Schlipfsturzen und den selteneren Fallsturzen. Ein Schlipfsturz beginnt mit einer Gleitbewegung, bei der die rutschende Masse weitgehend im Verband bleibt oder vollig in Kleinteile zerfallt. Durch eingeschlossene Luft, die wie ein Luftpolster zwischen dem festen Untergrund und der abrutschenden zerfallenden Gesteinsmasse wirkt, konnen Schlipfsturze selbst in Gesteinspartien ohne großeren Wassergehalt auftreten. Beim Fallsturz hingegen erfolgt praktisch unmittelbar ein Abbruch, bei dem sich das Gestein im freien Fall befindet.
[5]
Der mit dem
Klimawandel
verbundene Temperaturanstieg und das damit einhergehende Auftauen des bis anhin stabilisierenden
Permafrosts
erhoht die Gefahr von Bergsturzen. Die
historische Geologie
kennt Bergsturze mit diesen Ursachen bereits aus fruheren
Warmzeiten
.
Das bei Bergsturzen zuruckbleibende Material bildet eine
Sturzhalde
, in der Schweiz Bergsturzkegel genannt; zur Orientierung in solchen
Blockhalden
(etwa bei Vermessungen oder Umweltprojekten) werden großere Felsblocke oft mit roten Nummern markiert.
Nach langeren Zeitraumen konnen durch Bergsturze auch reizvolle Landschaften entstehen. Typisch fur das Ablagerungsgebiet ist ein kleinhugeliges
Relief
(sogenannte
Tomahugel
) mit meist deutlicher Abgrenzung zur Umgebung.
Die Geschwindigkeit eines Bergsturzes beim Auftreffen aufs Gelande kann ? abhangig von der Fallhohe ? 100 km/h ubersteigen. Auf einer stark geneigten Gleitbahn kann die Geschwindigkeit der Gesteinslawine weiter auf 200 km/h anwachsen, auf einem
Gletscher
auch noch mehr. Sie hangt von der Gesamtmasse, vom Material und dessen Verdampfen sowie von der
Gleitreibung
des Untergrunds ab.
Ein Bergsturzereignis bewirkt sowohl im Abbruchgebiet als auch im Ablagerungsgebiet markante Anderungen. Im Abbruchgebiet kann es zum Beispiel zu Nachsturzen und zu Sackungsbewegungen am oberen Rand der Abrisswande kommen. Weitere Folgen von Bergsturzen konnen sein:
- Bildung von Bergsturzseen, Verlagerung von Wasserlaufen und Wasserscheiden
- Bildung von Schuttkegeln
- Entstehung einer eigenen Bergsturzvegetation
- Epigenesen
.
Besonders in dichter besiedelten Gebieten werden auch Kulturbauten und Menschenleben gefahrdet, insbesondere durch
- Verschuttung von Siedlungsgebieten und
Verkehrswegen
(Straßen, Eisenbahnlinien)
- direkte
Flutwellen
, wenn Gesteinsmassen in großere Gewasser sturzen
- instabile Aufstauung von Flussen und Bachen, welche spater zu Flutwellen fuhren kann, insbesondere bei Ausbruchen von Bergsturzstauseen.
Zur Einschatzung der Große und Auswirkung von Berg- und Felssturzen werden in der Regel Angaben zu den Volumina der umgelagerten Gesteinsmassen und zur Flachenausdehnung ihrer Ablagerungsgebiete gemacht. Bei Bergsturzen geht es dabei um Volumina im Bereich von Millionen bis zu Milliarden Kubikmetern und Ablagerungsflachen von einem Dutzend bis zu uber tausend Hektar. Bei mittelgroßen bis großen Felssturzen betragen die Volumina einige tausend bis zu einigen hunderttausend Kubikmetern mit Ablagerungsflachen im Hektar-Bereich.
Fur Sturzmassen, die bis in den Talgrund gelangt sind und ggf. ein Fließgewasser aufgestaut haben, finden sich haufig Angaben, auf welcher Lange und bis zu welcher Hohe uber dem Talboden das Tal verlegt wurde und bis zu welcher Hohe die Gesteinsmasse am gegenuberliegenden Prallhang emporgebrandet ist.
Fur die Einschatzung der bei einem Berg- bzw. Felssturz umgesetzten Energie (von
Lageenergie
in
Warme
,
Verformungsarbeit
und im abgelagerten Gestein gebundene
chemische Energie
) sind Angaben zur mittleren Sturzhohe erforderlich, die uber die Hohe und Massenverteilung im Abriss- und Ablagerungsgebiet geschatzt werden konnen. Fur die großten bekannten Bergsturzereignisse wie den
Flimser Bergsturz
kommen vorsichtige Abschatzungen zu umgesetzten Energien jenseits von 100
Petajoule
(10
17
Joule).
Die Umrechnung zwischen verschiedenen Einheiten und die damit verbundenen Großenordnungsunterschiede geben die folgenden Tabellen wieder.
Großenordnungen fur Volumenangaben zu Sturzmassen
Großenordnung
|
Umrechnung in kleinere Einheit
|
Anschauliche Entsprechung
|
tausend Kubikmeter (1.000 m³)
|
|
Rauminhalt eines Wurfels mit
|
10 m Kantenlange
|
1 Million Kubikmeter (1.000.000 m³)
|
|
100 m Kantenlange
|
1 Kubikkilometer (1 km³)
|
1 Milliarde Kubikmeter
bzw. 1000 Millionen Kubikmeter
|
1 km Kantenlange
|
Großenordnungen fur Flachenangaben zu Ablagerungsgebieten
Großenordnung
|
Umrechnung in kleinere Einheit
|
Anschauliche Entsprechung
|
1 Hektar (1 ha)
|
10.000 Quadratmeter (10.000 m²)
|
Flacheninhalt eines Quadrates mit
|
100 m Kantenlange
|
1 Quadratkilometer (1 km²)
|
100 Hektar (100 ha)
bzw. 1 Million Quadratmeter (1.000.000 m²)
|
1 km Kantenlange
|
Prahistorische Bergsturze konnen aufgrund der geologischen Beschaffenheit des Bodens und der Oberflachenformen im Abbruchgebiet und im Ablagerungsgebiet erkannt werden.
- Undatiert
- Dobratsch
, Karnten, A: Ca. 0,9 km³ Gesteinsmassen sturzten in das
Gailtal
.
- Hocharn
im
Raurisertal
,
Salzburg
, A: Die Ostflanke des Hocharn (Grieswies-Schwarzkogel) sturzte in den Talschluss von Kolm-Saigurn und brandete auf die Ostflanke Richtung Filzenalm wieder hinauf. Der unregelmaßige und von
Lacken
durchsetzte Hugel des Durchgangwalds (
Rauriser Urwald
) reprasentiert die Sturzmasse.
[6]
- Datiert, chronologisch
- Pyhrnpass
, Oberosterreich, A: ein moglicherweise durch das 300 km entfernte
Ries-Ereignis
(vor etwa 15 Millionen Jahren) ausgeloster Bergsturz leitet den nach Norden gerichteten Lauf der Ur-
Enns
nach Suden, ins
Grazer Becken
, um.
[7]
- Langtang-Tal
,
Nepal
: Vor 40.000 Jahren sturzten wahrscheinlich infolge eines Erdbebens an der Himalaya-Hauptstorung 10 bis 15 km³ Gestein eines vormals bis zu
8000
m
hohen Berges im Himalaya-Hauptkamm zu Tal. Hiervon wurde der Großteil bis auf einen Rest von 2 bis 3 km³ bereits durch nachfolgende Gletschertatigkeit ausgeraumt. Der noch erhaltene Abrisskamm lauft uber bis zu
7000
m
hohe Gipfel und Grate. Im Bereich des 24 km² umfassenden Ablagerungsgebietes befindet sich heute der
4984
m
hohe
Tsergo Ri
, mit dessen Namen das Ereignis haufig verbunden wird, dessen Gipfel aber selbst Teil der Bergsturzmasse ist. Es gilt als weltweit großtes Bergsturzereignis im
Kristallingestein
.
[8]
- Seymareh
-Bergsturz,
Z?gros-Gebirge
,
Iran
: Vom an dieser Stelle bis zu
2340
m
hohen Bergkamm
Kabir Kouh
sudlich von
Pol-e Dochtar
brachen vor etwa 10.000 Jahren etwa 30 km³ Gestein ab, bedeckten den Talboden bis fast zum heutigen Pol-e Dochtar und staute den Seymareh-Fluss auf.
[9]
[10]
[11]
[12]
- Almtal
,
Oberosterreich
, A: Von der Nordabdachung des Toten Gebirges sturzte vor etwa 15.000 Jahren eine große Felsmasse in die Hetzau hinab, wo moglicherweise der Rest eines spateiszeitlichen
Gletschers
oder auch ein See oder Sumpf lag. Durch die
Reibungshitze
glitt die Felsmasse auf einem Wasser- oder gar Dampf-Teppich weit hinaus ins Almtal, wo sie erst in Heckenau unmittelbar sudlich von
Grunau im Almtal
zum Stillstand kam. Die
Tomahugel
von den
Odseen
bis zum
Cumberland Wildpark
sind auf diesen Sturzstrom zuruckzufuhren.
[13]
- Flimser Bergsturz
, Graubunden, Schweiz: Ca. 12 bis 15 km³, vor etwa 10.000 Jahren.
- Kofels
, Tirol, A: Uber 3 km³ Gestein sturzten vor etwa 8700 Jahren vom Westhang in das mittlere
Otztal
bei
Umhausen
und blockierten die
Otztaler Ache
, die sich spater eine Schlucht (Maurach) durch den Schutt fressen musste. Durch die Reibungshitze kam es bei dem Bergsturz zu einer Umwandlung von
Gneis
in ein glasiges Gestein, das als
Kofelsit
bezeichnet wird.
- Storegga
,
Europaisches Nordmeer
, vor Mittelnorwegen: Unter Wasser und mit einem
Tsunami
als Folge. Etwa vor 8000 Jahren, die Sturzmasse muss mehr als hundertmal großer gewesen sein als in Flims. Sie hatte Auswirkungen auch in Schottland und Island.
- Davos
, Graubunden, Schweiz: Weit uber 0,3 km³ sturzten von der Totalp im
Parsenngebiet
und bildeten so den
Wolfgang-Pass
und den Davosersee. Datierung: junger als 8000 Jahre.
- Wildalpen
,
Steiermark
, A: Vom
Ebenstein
und
Brandstein
(
Hochschwabgruppe
) sturzten etwa 4000 v. Chr. (= vor etwa 6020 J.) gewaltige Felsmassen nach Norden und brandeten als Sturzstrom bis ins
Salzatal
hinaus.
- Vom
Schafberg
, Oberosterreich, A: geschatzt 50?100 Millionen m³, trennte
Attersee
und
Mondsee
und konnte um 3200 v. Chr. (= vor 5220 J.) durch die Binnentsunami die Pfahlbausiedlungen der
Mondseekultur
ausgeloscht haben
- Marocche di Dro
, Italien: Ergebnis mehrerer Bergsturze im unteren
Sarca
-Tal, deren erster sich fruhestens zwischen 2950 und 2600 v. Chr. (= fruhestens vor 4970 J.) und deren letzter (die
frana di Kas
) sich fruhestens zwischen 400 und 200 v. Chr. ereignete. Das Volumen der Bergsturze betrug zusammen etwa 1 km³.
- Fernpass
, Nordtirol, A: Entstand durch einen Bergsturz des Westhangs vor etwa 4000 Jahren.
- Hochkaltermassiv
, Bayern, D: Ein Bergsturz von ca. 15 Millionen m³ aus dem
Blaueistal
vor rund 3500 bis 4000 Jahren staute die
Ramsauer Ache
zum
Hintersee
auf und schuf den
Zauberwald
. Er bedeckt eine Flache von 0,75 km², die sich zwischen dem Hintersee und der Marxenklamm befindet. 4 viel kleinere Bergsturze 1908?1959.
- Zugspitze
, Bayern, D: Vor rund 3750 Jahren brachen rund 200 Millionen m³ Fels aus der Nordflanke der Zugspitze. Teile davon durchquerten den gesamten
Eibsee
und rutschten auf der gegenuberliegenden Seite wieder etwa 100 Meter den Hang hinauf. Dabei wurden deutlich mehr Gesteinsmassen abgelagert, als heute an der Ausbruchstelle zu fehlen scheinen. Geologen gehen deshalb davon aus, dass das uberzahlige Material aus dem Gipfelbereich stammt und die Zugspitze vor dem Ereignis ein
Dreitausender
gewesen sein konnte.
[14]
[15]
- Tschirgant
, (Nord-)Tirol, A: 240 Millionen m³ Gesteinsmasse sturzten vor etwa 3000 Jahren in das
Inntal
und vordere Otztal, nachdem die Flanke des Berges zuerst durch den Ruckgang von stutzendem Gletschereis und spater durch eine außergewohnlich intensive Erdbebenaktivitat destabilisiert wurde.
[16]
Die Gerollmassen hinterließen ein Ablagerungsgebiet von 13 km².
- 2. oder 3. Jahrhundert ? Dritter von drei
Pletzachbergsturzen
bei
Kramsach
, Tirol, A: Vom Pletzachkogel ins
Inntal
. Menschen nutzen das im Tal gebrochen liegende Gestein fur Bauten. Es bildeten sich hier Verwaltungsgrenzen aus.
[17]
- 1137 (?), siehe: 3. April 1595: Bergsturz in
Reurieth
- 1172: Ein großer Bergsturz geht auf den Moranenwall zwischen
Konigssee
und
Obersee
in den
Berchtesgadener Alpen
nieder.
[18]
- 24. November 1248:
Mont Granier
im
Chartreuse-Massiv
bei
Chambery
im
Savoyen
: Bergsturz in der Nacht auf den 25. November von ca. 150 Millionen m³ Felsmasse mit einer Gerolllange von sieben Kilometern, Ort Saint-Andre mit etwa 3000 Menschen total verschuttet, ferner 16 Dorfer begraben, insgesamt geschatzt bis zu 5000 Tote.
[19]
- 1348 ?
Dobratsch
(2100 m) bei
Villach
in Karnten: Ausgelost durch das
Friaul-Erdbeben
sturzten im selben Gebiet, in dem auch ein prahistorischer Bergsturz stattgefunden hatte, geschatzte 150 Millionen m³ Gesteinsmassen in das
Gailtal
. Das Abbruchgebiet an der sudostlichen Felswand ist als
Rote Wand
noch gut sichtbar. Sein Ablagerungsgebiet reicht 3 km bis zur
Gail
, tragt den Namen
Die Schutt
und steht unter Naturschutz. Zwischen dem
Schutter Wald
und dem Fluss wurde die neue Ortschaft
Oberschutt
gegrundet (Im Januar 2015 sturzten nochmals fast 2.000 m³ Gestein aus der Roten Wand auf den darunterliegenden Wald. Die Abbruchstelle und der neue Schuttkegel sind von der Aussichtsplattform beim
Alpengarten
gut zu beobachten).
- 30. September 1512: Bergsturz
Buzza di Biasca
im
Valle di Blenio
nordlich
Biasca
. Die Gesteinsmassen stauten einen See auf; der Damm brach 1515 und verwustete das Tal des
Tessin
bis zum
Lago Maggiore
.
- 3. April 1595: Bergsturz in
Reurieth
vom
Reuriether Felsen
. Davor soll bereits 1137 ein Bergsturz das Dorf verschuttet haben.
- 24. August 1598:
Bergsturz von Wartha
oberhalb der
Glatzer Neiße
in
Bardo ?l?skie
, Polen.
- 4. September 1618 (julianischer Kalender: 25. August) ?
Bergsturz von Plurs
(bei
Chiavenna
an der Straße zum
Malojapass
, damals Drei Bunde, heute Italien): Hier wurde eine ganze Stadt samt dem Ortsteil Scilano (Schilan) verschuttet, nach zeitgenossischen Quellen starben zwischen 930 und 1200 Menschen. Forschungsgeschichtlich bedeutend ist auch die Vorher-nachher-Dokumentation von
Matthaus Merian
.
- 16. Juli 1669 ?
Felssturz von 1669
in der Stadt Salzburg, Osterreich: Zwei Felssturze vom
Monchsberg
, der aus lockerem
Nagelfluh
besteht, kostete in der Gstattengasse 230 Menschen das Leben. Seitdem werken hier
Bergputzer
.
- 1714 und 1749: Zwei Bergsturze an den
Les Diablerets
, einer von ihnen schuf den Stausee
Lac de Derborence
.
- 2. September 1806 ?
Bergsturz von Goldau
, Schweiz: Ein ganzes Dorf wurde von 40 Millionen m³ Fels verschuttet, 457 Menschen starben.
- 10. Marz 1876 ?
Bergsturz von Kaub
am Rhein: acht Hauser wurden verschuttet, 25 Menschen starben.
- 11. September 1881
Elm
, Glarus, Schweiz: zehn Millionen Kubikmeter: Der
Bergsturz von Elm
wurde durch den jahrelangen, rucksichtslosen Abbau von
Schiefer
verursacht. 115 Menschen starben.
- 29. April 1903 ?
Bergsturz in Frank
(
Frank Slide
),
Alberta
(Kanada): 30 Millionen m³, eine Klippe brach uber eine sehr steile Flanke von rund 1000 Metern Hohendifferenz ab. Einer der bekanntesten Bergsturze.
- 18. Februar 1911 ?
Saressee
/
Pamir
,
Tadschikistan
: ein Erdbeben verursachte einen Bergsturz von 2,2 km³, der den hochsten Damm der Welt und den 55,8 km langen Saressee bildete.
- 10. April 1939: Der
Bergsturz von Fidaz
ereignete sich ostlich des Dorfes
Fidaz
in der Gemeinde
Flims
im schweizerischen
Kanton Graubunden
. Es sturzten 100'000 Kubikmeter Fels zu Tal. 18 Menschen fanden den Tod.
- 10. Juli 1949: Ein durch ein Erdbeben ausgeloster Bergsturz im
Pamir
traf den oberhalb des
tadschikischen
Ortes
Chait
gelegenen See
Chaus-Chait
. Die resultierende Mure uberrollte den Ort und begrub rund 18.000 Bewohner unter einer zwanzig bis dreißig Meter hohen Schicht aus Schlamm und Geroll.
[20]
[21]
- 9. Juli 1958: Ein Erdrutsch, der mit geschatzt 90 Mio. t Gestein und Eis in die Meeresbucht
Lituya Bay
, Alaska hineinlief und einen Tsunami erzeugte, der zumindest uber einen 520 m hohen Hugel schwappte.
- 9. Oktober 1963:
Katastrophe von Vajont
(Longarone), 90 km nordlich von Venedig im Friaul/Italien: Felssturz von 260 Millionen m³ in Stausee, rund 2000 Menschen verloren ihr Leben.
- 9. Januar 1965:
Bergsturz von Hope
(Hope Slide)
bei
Hope
in British Columbia, Kanada: 46 Millionen m³ Gestein und Geroll ergossen sich zu einer Halde von 70 m Hohe und 3 km Lange zu Tal. Dabei wurde ein See vollstandig zugeschuttet, vier Menschen starben.
- 11. Janner 1965 ? Ein Reisezug prallte in der Dunkelheit gegen die Trummer eines Felssturzes, der zwischen Egg und Lingenau-Hittisau auf das Gleis der
Bregenzerwaldbahn
niedergegangen war. Die Lok sturzte 30 Meter tief uber einen Steilhang ab.
[22]
Der Lokfuhrer wurde schwer verletzt, die anderen Insassen des Zuges kamen mit dem Schrecken davon. Die in sehr schwierigen Gelande erbaute Bahntrasse war vielmals durch Felssturze und Hangrutschungen beschadigt und deshalb in den 1980er Jahren großteils stillgelegt worden.
- 30. August 1965 ?
Mattmark
, Saas-Almagell, Wallis, Schweiz: Eissturz 500.000 m³, 88 Tote.
- 31. Mai 1970:
Yungay
,
Peru
[23]
: Infolge eines Erdbebens der Starke 7,8 sturzten vom
Nevado Huascaran
etwa 60 Millionen m³ Eis und Fels ab und toteten uber 70.000 Menschen im Tal
Callejon de Huaylas
, wobei etwa 150.000 verletzt und weit uber 500.000 obdachlos wurden. Die Stadt Yungay mit rund 5000 Einwohnern wurde komplett zerstort, nur etwa 400 uberlebten. Heute leben wieder etwa 10.000 Bewohner neben der Gedenkstatte.
- 18. Marz 1971 ?
Chungar
, Peru: 100.000 m³ Gestein losten sich 400 m uber dem See
Lago Yanawayin
aus anstehendem Kalkstein und verursachten eine bis zu 30 m hohe Flutwelle, die das gegenuberliegende Ufer unter sich begrub, nahezu die gesamte Minensiedlung zerstorte und (nach unterschiedlichen Schatzungen) 400?600 Menschen totete.
- 28. Juli 1987 ?
Morignone
im
Val Pola
in der
Provinz Sondrio
, Italien (
Veltlin
): 40 Millionen m³
- April und Mai 1991 ?
Randa
, Wallis, Schweiz: 30 Millionen m³.
- 22. September 1993 ?
Bischofsmutze
im Land Salzburg: ein mehr als 200 m hoher Pfeiler aus der Felswand sturzte in den Abgrund. Seither kommt es immer wieder zu kleineren Felssturzen.
- 23. September 1995 ?
Breitachklamm
im
Allgau
: Um 6:00 Uhr losten sich etwa 50.000 m³ Fels und Geroll, wodurch 300.000 m³ Wasser bis zu einer Hohe von 30 m angestaut wurden. Am 23. Marz 1996 erfolgte um 11:30 Uhr der Durchbruch, der die Klamm total verwustete.
- 10. Juli 1999 ?
Schwaz
in Tirol: Im Bergbaugebiet des
Eiblschrofen
sturzten etwa 150.000 m³ Gestein in den darunter liegenden Bergwald und bedrohten einen Ortsteil. 250 Einwohner mussten evakuiert werden und konnten erst nach mehreren Wochen und umfangreichen Sicherungsmaßnahmen wieder in ihre Hauser zuruckkehren.
- 14. Oktober 2000 ?
Gondo
am
Simplonpass
, Wallis/Schweiz; Grenzort zu Italien:
Bergmure
mit ungeheurer Geschwindigkeit und einem Volumen von etlichen 10.000 m³, elf Tote und zwei Verschollene (kein eigentlicher Felssturz).
- 15. Juli 2003 ?
Matterhorn
: ca. 1.500 m³, Auftakt fur das Projekt PermaSense
- 31. Mai 2006 ?
Gurtnellen
, Uri: Felssturz auf
Autobahn A2
mit zwei toten Autofahrern.
- 13. Juli 2006 ?
Eiger
: 500.000 m³ Gestein sturzten auf den
Unteren Grindelwaldgletscher
ab.
- 30. Oktober 2006 ?
Dents du Midi
(Wallis/Schweiz): Vom Berg im
Val d’Illiez
sturzten ca. eine Million m³ Gestein ins Tal. Personen- und Sachschaden gab es keine. Als Grund fur den Felssturz wurde der ungewohnlich warme Sommer vermutet.
- 12. Oktober 2007 ?
Sexten
(Sudtirol): Vom Einserkofel oberhalb des
Fischleintals
bei Sexten-Moos sturzten ca. 60.000 m³ Fels und Geroll ins Tal. Staub hullte das Tal ein, Verletzte gab es nicht.
- 4. Januar 2010:
Bergsturz in den Fluss Hunza
im
Sonderterritorium
Gilgit-Baltistan
in Pakistan
- 2011: Ein Felssturz in der
Rappenlochschlucht
in Vorarlberg riss eine Straßenbrucke, auf der sich niemand befand, mit in die Tiefe. Die Auflager einer Behelfsbrucke wurden 2020 durch einen erneuten Felssturz so destabilisiert, dass sie demontiert werden musste.
- Dezember 2011 und 23. August 2017:
Bergsturze von Bondo
am
Piz Cengalo
in Graubunden mit rund 1 bzw. 4 Millionen m³ Gesteinsvolumen. Letzterer Bergsturz fuhrte uber eine Mure zu großen Schaden im Dorf.
- 5. Mai 2012 ?
Annapurna IV
(
Nepal
): Bei einem Felssturz fielen große Mengen Gestein (geschatzt 32 Millionen m³) und Eis aus ca. 7000 m Hohe in zwei Schritten uber 4000 m in die Tiefe, wobei das enthaltene Eis durch Reibungshitze schmolz und der entstehende Schlammstrom in den tiefen unzuganglichen Einschnitt des
Seti Gandaki
Flusses vordrang. Nachdem diese Engstelle den Schlammstrom zunachst abgebremst hatte, beschleunigte er sich unterhalb wieder, und die entstehende Flutwelle zerstorte das Dorf Kharapani, es starben ca. 70 Menschen. Eine andere Erklarung ist, dass es zuvor bereits einen kleinen aus einem vorangegangenen Felssturz aufgestauten Stausee gegeben habe, in den der Felssturz vom 5. Mai gesturzt sei.
[24]
[25]
[26]
[27]
[28]
Der Pilot eines Besichtigungs-Rundfluges filmte den Felssturz.
[29]
- 24. Dezember 2017 ?
Vals
(Tirol): 117.000 m³ Gestein verschuttete die Landesstraße, drei Hauser wurden evakuiert, ein Notweg wurde gebaut.
- 12. Oktober 2019 ?
Trossingen
, Baden-Wurttemberg: Felssturz nachts auf die
Autobahn 81
. Ein Pkw fuhr mit hoher Geschwindigkeit in den Felsbrocken und fing Feuer, der Fahrer starb.
- 25. Oktober 2020 und Folgejahre ?
Dachstein
/
Dirndln
: Einem Abbruch folgten zwei Felsturme daruber mit insgesamt 20.000 m³. Hohlen wurden eroffnet.
[30]
- 29. und 30. Januar 2021 ?
Raron
(Wallis): 300.000 bis 500.000 m³
[31]
- 15. Marz 2021 ?
Kestert
: Ein Felssturz nahe der
Loreley
fuhrte zu einer mehrwochigen Sperrung der vor allem im Guterverkehr wichtigen
rechten Rheinstrecke
. Lockeres Schiefergestein musste mit mehreren Sprengungen beseitigt werden. Gesamte Schuttmasse ca. 15.000 bis 20.000 m³
[32]
- 11. Juni 2023 ?
Fluchthorn
in der
Silvretta
-Gruppe im Gemeindegebiet von
Galtur
(Tirol)
[33]
[34]
Im Jahr 1895 wurde der
Otztaler
Pfarrer
Adolf Trientl
, der auch Naturkundler war, darauf aufmerksam, dass Zimmerleute zum Holzschleifen heimischen vermeintlichen ?
Bimsstein
“ verwendeten, dessen Herkunft der angefragte Innsbrucker Geologieprofessor
Adolf Pichler
auf die Tatigkeit eines ortlichen
Vulkans
zuruckfuhrte. Diese Theorie ließ sich aber ebenso wenig erharten wie die Idee eines großen
Meteoriteneinschlages
. Der an Meteoriteneinschlagen besonders interessierte
Mineraloge
und
Petrologe
Ekkehard Preuss
[35]
aus Regensburg erforschte ab 1962 die vermeintlichen Bimssteinfundstellen und die Oberflachenform des Bergsturzes genau und kam zu dem Schluss, dass die fur die Theorie notige Reihenfolge ? erst Meteoriteneinschlag, dann Bergsturz ? nicht stimmen konne.
Aufgeklart wurde das Phanomen der vermeintlichen Bimssteinvorkommen dann von
Theodor H. Erismann
, dem damaligen Direktor der
Eidgenossischen Materialprufungs- und Versuchsanstalt
in Dubendorf bei Zurich. Als vor ca. 8000 Jahren 3 km
3
Gestein vom Kofels in das Otztal rutschten, erreichten die Rutschmassen Geschwindigkeiten von 150 bis 200 km/h. Die Reibung im Bereich der Gleitflache fuhrte unter dem hohen Gewichtsdruck zu einer so großen Hitzeentwicklung, dass der
Gneis
schon nach 100 m Wegstrecke zu schmelzen begann. Am Kofels uberschritten die Temperaturen 1700 °C. Wahrend der Gneis schmolz, wurde der darin in geringen Mengen enthaltene
Calcit
durch die Hitze in Branntkalk und Kohlendioxid zerlegt. Das so entstandene Gaspolster und die Gesteinsschmelze bildeten ein ausgezeichnetes Gleitmittel fur die ganze Masse. Der ?Bimsstein“ aus dem Otztal wird heute nach seinem Fundort
Kofels
als
Kofelsit
bezeichnet. Der Uberbegriff lautet, erstmals 1977 benannt nach der Reibung,
Friktionit
.
Ein ahnliches Szenario fand der bereits erwahnte Preuss 1973 nach Hinweisen fruherer Himalaya-Expeditionen im nepalesischen
Langtang-Tal
vor, ca. 60 km nordlich der Hauptstadt
Kathmandu
und am Himalaya-Hauptkamm gelegen, wo vor ungefahr 40.000 Jahren im Bereich des heutigen
Tsergo Ri
10?15 km
3
Gestein abgerutscht waren. Eine so große Massenbewegung setzte gemaß einer Berechnung der Wissenschaftler genug Energie frei, um eine Masse von der Große der
Cheops-Pyramide
in eine Erdumlaufbahn zu schießen. Es wird vermutet, dass das Massiv um
Yala Peak
und Tsergo Ri die Uberreste eines durch den Bergsturz zusammengebrochenen
8000ers
sind. Als wahrscheinlicher Ausloser wird ein starkes Erdbeben an der zentralen Hauptstorung (engl.
Main Central Thrust
) des Himalayas vermutet.
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Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß
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