Die
Bartenwale
(Mysticeti) bilden eine der beiden Unterordnungen der
Wale
(Cetacea). Sie sind in allen Meeren verbreitet. Benannt sind sie nach den
Barten
, Hornplatten im
Oberkiefer
anstelle von Zahnen, mit deren Hilfe
Krill
und andere Nahrung aus dem Wasser
herausgefiltert
werden.
[1]
Zu dieser Gruppe ausnahmslos
mariner Sauger
zahlen die großten bekannten Tiere der Erdgeschichte.
Die meisten Kolosse unter den Walen zahlen zu den Bartenwalen. Wahrend die
Zahnwale
nur einen
Großwal
in ihren Reihen haben, den
Pottwal
, gehoren zu den Bartenwalen alle anderen Großwale, unter ihnen der
Blauwal
, das großte lebende Tier der Erde. Alle Bartenwale werden großer als 6 Meter.
Kennzeichnend fur die Gruppe sind die dreiseitigen Hornplatten im Oberkiefer, die sogenannten
Barten
. Beiderseits stehen bis zu 400 Barten, die sehr dicht federartig gefasert sind.
Zahne besitzen Bartenwale nur als
Embryos
. Es sind aber fossile Bartenwale mit Zahnen statt Barten bekannt.
Bartenwale haben im Gegensatz zu den
Zahnwalen
zwei Blaslocher, welche haufig einen V-formigen
Blas
erzeugen.
Im Gegensatz zu den Zahnwalen ernahren sich Bartenwale in der Hauptsache von tierischem
Plankton
beziehungsweise kleineren Meerestieren wie zum Beispiel
Krill
.
Manche Arten fressen aber auch Fische. Der Wal nimmt dazu eine große Menge Wasser auf, was bei den
Furchenwalen
durch einen extrem dehnbaren
Kehlsack
erleichtert wird. Danach schließt er seinen Kiefer und druckt das Wasser mit seiner
Zunge
durch die Barten nach außen. Die im Wasser enthaltenen Kleintiere werden von den Barten wie durch einen Filter zuruckgehalten und konnen so vom Wal problemlos geschluckt werden.
Andere Moglichkeiten, die Barten einzusetzen, sind das Schwimmen mit offenem Maul (beispielsweise
Glattwale
) oder das Filtern des Meeresbodens (
Grauwal
).
Bartenwale kommen in allen
Ozeanen
vor. Alle Arten unternehmen jahreszeitliche Wanderungen. Im Sommer halten sie sich zur Nahrungsaufnahme in kuhlen Gewassern der hohen Breiten auf und wandern im Herbst in warmere Gewasser, wo sie sich paaren und die Jungen gebaren. Außerhalb der Nahrungsvorkommen fressen Bartenwale wenig oder fasten monatelang. Der
Grauwal
geht sogar auf die langste Wanderung aller Saugetiere.
Trotz ihres betrachtlichen Gewichts sind Bartenwale in der Lage, vollstandig aus dem Wasser zu springen. Bekannt fur ihr akrobatisches Verhalten sind die
Buckelwale
, aber auch andere Bartenwale durchbrechen mit dem Korper die Wasseroberflache oder schlagen mit den Flossen lautstark darauf. Der Zweck dieser Außerungen ist nicht eindeutig geklart.
Im Gegensatz zu
Zahnwalen
ist fur Bartenwale die Fahigkeit zur
Echolokation
nicht nachgewiesen. Dagegen sind sie in der Lage, Tone im
Infraschallbereich
mit hoher Lautstarke auszustoßen. Die Rufe der großten Wale sind uber mehrere 100 Kilometer horbar. Einzigartig sind die Gesange der
Buckelwale
, deren komplexe Folgen von Strophen uber die Jahre abgeandert werden und vermutlich der
Balz
dienen.
Man unterteilt die Bartenwale in drei Familien:
- Glattwale
(Balaenidae) haben keine Kehlfurchen, einen riesigen Kopf und sind bis 16 m lang.
- Cetotheriidae
, bis auf den
Zwergglattwal
(
Caperea marginata
/ Unterfamilie Neobalaeninae) ausgestorben.
[2]
- Furchenwale
(Balaenopteridae) sind nach ihrer gefurchten Kehle und Brust benannt; sie haben im Verhaltnis zum Korper einen kleineren Kopf als die Glattwale, kurzere Barten und immer eine Ruckenflosse (die bei manchen Vertretern der vorgenannten Familien fehlt). Zu dieser Familie gehoren die großten Wale.
Wie das folgende
Kladogramm
zeigt gehort der
Grauwal
(
Eschrichtius robustus
) zu den Furchenwalen, so dass die ursprungliche Stellung in einer eigenstandigen Familie nicht aufrechtzuerhalten ist.
Kladogramm der Bartenwale nach McGowen et al. (2020):
[3]
Die folgende Tabelle zeigt den Gefahrdungsstatus und geschatzte Populationsgroßen und -trends der Bartenwalarten gemaß der
roten Liste gefahrdeter Arten
der
IUCN
. Da die Abschatzungen oft sehr schwierig sind, konnen sich die Zahlen je nach Studie unterscheiden, und sind als grobe Orientierung zu verstehen. Die geschatzte Populationsgroße bezieht sich auf die globale Population, die allerdings in mehrere kleinere, verschieden stark gefahrdete Populationen aufgeteilt sein kann.
Art
|
IUCN-Gefahrdungsstatus
[4]
|
geschatzte Populationsgroße
[4]
|
geschatzter
Populationstrend
[4]
|
Gronlandwal
(
Balaena mysticetus
)
|
Least Concern (nicht gefahrdet)
|
10.000 (Stand: 2018)
|
zunehmend
|
Atlantischer Nordkaper
(
Eubalaena glacialis
)
|
Critically Endangered
(vom Aussterben bedroht)
|
200?250 (Stand: 2020)
|
abnehmend
|
Pazifischer Nordkaper
(
Eubalaena japonica
)
|
Endangered (stark gefahrdet)
|
922 (Stand: 1998)
|
unbekannt
|
Sudkaper
(
Eubalaena australis
)
|
Least Concern (nicht gefahrdet)
|
13.600 (Stand:2009)
|
unbekannt
|
Zwergglattwal
(
Caperea marginata
)
|
Least Concern (nicht gefahrdet)
|
unbekannt
|
unbekannt
|
Grauwal
(
Eschrichtius robustus
)
|
Least Concern (nicht gefahrdet)
|
24.420?29.830 (Stand: 2015/16)
|
stabil
|
Blauwal
(
Balaenoptera musculus
)
|
Endangered (stark gefahrdet)
|
5.000?15.000 (Stand: 2018)
|
zunehmend
|
Finnwal
(
Balaenoptera physalus
)
|
Vulnerable (gefahrdet)
|
100.000 (Stand: 2018)
|
zunehmend
|
Seiwal
(
Balaenoptera borealis
)
|
Endangered (stark gefahrdet)
|
50.000 (Stand: 2018)
|
zunehmend
|
Omurawal
(
Balaenoptera omurai
)
|
Data Deficient (ungenugende Datengrundlage)
|
unbekannt
|
unbekannt
|
Brydewal
(
Balaenoptera edeni
;
Synonym
:
Balaenoptera brydei
)
|
Least Concern (nicht gefahrdet)
|
unbekannt
|
unbekannt
|
Zwergwal
(
Balaenoptera acutorostrata
)
|
Least Concern (nicht gefahrdet)
|
200.000 (Stand: 2018)
|
unbekannt
|
Sudlicher Zwergwal
(
Balaenoptera bonaerensis
)
|
Near Threatened (potenziell gefahrdet)
|
unbekannt
|
unbekannt
|
Buckelwal
(
Megaptera novaeangliae
)
|
Least Concern (nicht gefahrdet)
|
84.000 (Stand: 2018)
|
zunehmend
|
Ausgestorben ist die Art
Eobalaenoptera harrisoni
.
Das vollstandige Skelett eines fossilen Bartenwals aus dem
Tertiar
befindet sich im
Museum fur Natur und Umwelt Lubeck
.
Die
Janjucetidae
stellen eine Zwischenform der beiden Unterordnungen dar.
- ↑
Richard Sale:
A Complete Guide to Arctic Wildlife
. Verlag Christopher Helm, London 2006,
ISBN 0-7136-7039-8
, S. 443.
- ↑
a
b
R. Ewan Fordyce, Felix G. Marx:
The pygmy right whale Caperea marginata: the last of the cetotheres
. In:
Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences.
280, 2012, S. 20122645,
DOI: 10.1098/rspb.2012.2645
.
- ↑
Michael R McGowen, Georgia Tsagkogeorga, Sandra Alvarez-Carretero, Mario dos Reis, Monika Struebig, Robert Deaville, Paul D Jepson, Simon Jarman, Andrea Polanowski, Phillip A Morin u. Stephen J Rossiter:
Phylogenomic Resolution of the Cetacean Tree of Life Using Target Sequence Capture.
Systematic Biology, Volume 69, Issue 3, Mai 2020, S. 479?501,
doi: 10.1093/sysbio/syz068
- ↑
a
b
c
The IUCN Red List of Threatened Species.
Abgerufen am 12. November 2020
.