Baldachin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Baldachin als Traghimmel bei einer eucharistischen Prozession
Frei hangender Baldachin zur Eroffnung der Weltausstellung 1851 im Londoner Kristallpalast
Frei hangender Baldachin als Ziborium uber dem Altar von Sankt Gummarus in Lier (Belgien)
Prunkvolles Zierdach im Wat Phra That Doi Suthep
Bettgestell mit Baldachin. Saulenbett, 16./17. Jh., Italien, im Metropolitan Museum of Art
Judische Chuppa in Wien (2007)
Baldachin als Element der Architektur: Steinbaldachin am Mindener Dom uber einer Statue Heinrichs VI.

Ein Baldachin , auch Himmel genannt, ist entweder ein Traghimmel ? ein schirmartiges Sonnen- und Zierdach, das bei kirchlichen Prozessionen uber der Monstranz getragen wird ( lateinisch caelum gestatorium ) [1] ? oder ein fest montiertes Prunk- und Zierdach fur Throne , Bischofssitze , Altare , Betten und anderes. [2] [3] Baldachine konnen auch an einer Raumdecke aufgehangt sein. In der Architektur bezeichnet der Begriff steinerne Zierdacher, etwa uber Denkmalern oder Kanzeln, oder schmuckvolle Giebel. [3] Daruber hinaus gibt es ubertragene Wortbedeutungen.

Im kirchlichen Bereich werden verschiedene Formen des Baldachins auch als Conopeum bezeichnet.

Baldachine wurden ursprunglich aus Brokatstoff gefertigt. Das Wort Baldachin leitet sich von italienisch baldacchino , mittelhochdeutsch   baldekin ab und bezeichnete ursprunglich einen in Baldach (mittellateinisch fur Bagdad ) gefertigten Goldbrokatstoff.

Als Bezeichnung fur den Thronhimmel ist das Wort Baldachin im Deutschen seit dem Jahr 1667 belegt.

Tragbare Baldachine

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Herkunft im Orient

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Orientalische Herrscher erschienen in fruheren Zeiten als Zeichen der Wurde unter einem von Dienern getragenen Baldachin. Diese Baldachine dienten einerseits als Sonnenschutz ? sie waren damit Vorlaufer moderner Sonnenschirme ?, andererseits aber auch zur Betonung ihrer Wurde. Als Geschenke gelangten Baldachine dann im fruhen Mittelalter in das Abendland. Spater wurden sie durch die Kreuzzuge und den Handel orientalischer Staaten mit Venedig in Europa weiter verbreitet.

Baldachine bei kirchlichen Prozessionen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der romisch-katholischen Kirche wird ein Baldachin, auch als ?Himmel“ oder ?Traghimmel“ bezeichnet, bei Sakramentsprozessionen so gehalten, dass er sich uber dem Allerheiligsten befindet. Dies ist bereits seit dem 14. Jahrhundert ublich. Die Trager der Stangen des Himmels werden auch ?Himmeltrager“ genannt. Im Mittelalter wurde auch der Bischof bei einem feierlichen Empfang unter einem Baldachin geleitet, der Papst schritt an bestimmten Tagen unter einem Baldachin zum Altar. [4] Er entstammt dem orientalischen Hofzeremoniell und bietet Schutz gegen ungunstige Witterung, aber war gleichzeitig ein Attribut der Herrschaft. [2]

Ein zusammenklappbarer Schirm, der bei einem Versehgang uber dem Priester gehalten wird, wird ?Umbella“ ( Umbraculum ) genannt. [4]

Architektur und Bildhauerei

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Baldachine treten auch als Elemente der Architektur auf, etwa als Uberdachung eines Denkmals . In diesem Fall sind sie aus Stein gefertigt.

Eine auf Saulen ruhende Uberdachung eines Altars wird als Baldachin bezeichnet oder genauer, insbesondere bei fruhchristlichen Kirchen, als Ziborium . Fur derartige Konstruktionen wurden außer Stein auch andere feste Materialien verwendet, wie Holz oder Metall. Das von dem Bildhauer Gian Lorenzo Bernini geschaffene Ziborium im Petersdom besteht fast vollstandig aus Bronze, nur die Postamente der vier Saulen sind aus Marmor. Berninis Werk gilt als innovative Kombination aus Ziborium und Baldachin, da er die Uberdachung des Altars auf Saulen (das Ziborium) mit dem fur einen Baldachin typischen herabhangenden Tuch verzierte, das er jedoch samt den Quasten aus Bronze nachbildete.

Im weltlichen und privaten Bereich burgert sich im Mittelalter der von der Decke hangende, in einen Rahmen gespannte textile Betthimmel ein. Der holzerne Bettbaldachin der Renaissance ruht auf einem vierpfostigen Bettgestell (Saulenbett) und wird in der Regel nachts mit Vorhangen verschlossen. Haufig wurden auf Betthimmeln Geheimfacher angebracht, in denen das Ersparte auf die ? Hohe Kante gelegt“ wurde.

Die judische Hochzeit findet traditionell unter einem Stoffbaldachin, der sogenannten Chuppa , statt. Der Traubaldachin symbolisiert zum einen das Haus des neuen Ehemannes, zum anderen die Wirkstatte der Ehefrau. Der heute ubliche Stoffbaldachin ist seit circa dem 16. Jahrhundert in Gebrauch. [5] Der Begriff Chuppa ist so zum Synonym fur die judische Hochzeit schlechthin geworden.

Ubertragene Wortbedeutungen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

In der Heraldik ist der sogenannte Purpurbaldachin Teil eines Vollwappens .

Bei Flugzeugen in Hochdecker - oder Doppeldecker -Bauweise wird das uber dem Rumpf liegende Mittelstuck der hochliegenden, oberen Tragflache sowie das Konstruktionselement, das diese mit dem Rumpf verbindet, als Baldachin bezeichnet. [6] Meist ist letzteres ein offenes Fachwerk aus Stielen und Streben, das die Rumpfoberseite mit dem oberen Tragflachenmittelstuck verbindet. Oftmals dient der Baldachin zur Aufnahme eines Kraftstoffbehalters.

Elektroinstallation

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Baldachin eines Kronleuchters

Im Bereich der Elektroinstallation werden Verteilerdosen an der Decke fur Pendel- oder Hangeleuchten ebenfalls Lampen-Baldachin genannt. [7] Zumeist ist es ein Blech- oder Kunststoffhohlteil, das zur Kaschierung von elektrischen Anschlussen dient. Der Baldachin verdeckt dabei den Deckenauslass fur die Zuleitungskabel. Somit dient er neben dem sicherheitsrelevanten Schutz vor Beruhrungsspannung hauptsachlich der Asthetik, indem er undekorative Leitungsverbindungen und Anschlussklemmen versteckt.

Ahnliche Bedachungen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Auch Kinderwiegen , Stubenwagen , Babybetten, Kinderwagen und Hollywoodschaukeln haben oft ein himmelartiges Dach aus Stoff. Jedoch wird dieses normalerweise nicht als Baldachin bezeichnet, außer wenn es sich um eine besonders aufwendige, uppig ornamentierte, zeltartige Konstruktion handelt.

Im Außenbereich ( Stadt- , Garten- und Parkmoblierung) haben temporare Partyzelte ohne Seitenwande (sogenannte Garten- oder Partypavillons ) den Charakter von Baldachinen.

In der Architektur sind Baldachine formal mit Flugdachern vergleichbar. Dies sind scheinbar schwebende Uberdachungen, haufig auf Stutzen. Als Flugdach werden jedoch eher großere, funktionelle Konstruktionen bezeichnet, wahrend die Bezeichnung Baldachin bei kleineren, reich verzierten und symbolischen Prunkhimmeln verwendet wird.

  • Marga Weber: Baldachine und Statuenschreine (= Archaeologica. Bd. 87). Giorgio Bretschneider, Rom 1990, ISBN 88-7689-036-X (zugleich: Frankfurt am Main, Universitat, Dissertation, 1982).
Commons : Baldachins  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Baldachin  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. Vgl. Duden online: Baldachin (Bedeutung 2) und Traghimmel
  2. a b Guido Fuchs : Fronleichnam. Ein Fest in Bewegung. Pustet, Regensburg 2006, ISBN 3-7917-1992-0 , S. 48f.
  3. a b Vgl. Duden online: Baldachin
  4. a b Joseph Braun : Die Liturgischen Paramente in Gegenwart und Vergangenheit. Ein Handbuch der Paramentik. 2., verbesserte Auflage. Herder, Freiburg (Breisgau) 1924. (Reprographischer Nachdruck. Verlag Nova und Vetera, Bonn 2005, ISBN 3-936741-07-7 , S. 240)
  5. Maurice Lamm: Der Hochzeitsbaldachin (Chuppa) chabad.org
  6. Wilfried Kopenhagen : Transpress Lexikon Luftfahrt . 4., uberarbeitete Auflage. Transpress , Berlin 1979, S.   67 (Stichwort: Baldachin).
  7. Baldachin. In: skapetze.com. Abgerufen am 5. Mai 2024 .