Avenue
[
av??nyː
] (
franzosisch
aus lat.
advenire
, ?ankommen“) oder [
'æv?njuː
] (
englisch
) ist eine Bezeichnung fur eine meist mit Baumen bestandene
breite
Straße
in
Stadten
. Im Deutschen existieren dafur die Bezeichnungen ?Prachtstraße“ oder ?Prunkstraße“. In russischsprachigen Gegenden ist der Begriff ?Prospekt“ (
russisch
проспект
, von
lateinisch
:
pr?spectus
[m.], ?Aussicht“, ?Hinblick“; kurz:
Pr.
oder
Prosp.
) ublich.
Etymologisch hat das Wort ?Avenue“ einen Bedeutungswandel vollzogen. Ursprunglich bedeutete ?Avenue“ in der franzosischen Sprache ?Ankunft“, dann im 16. Jahrhundert ?Auffahrt“, im 17. Jahrhundert ?
Allee
“ und schließlich im 19. Jahrhundert ?breite Straße in einer Stadt“. Es ist das
substantivierte
Femininum
des
Partizips Perfekt
vom veralteten ?avenir“ (ankommen), das sich auch in der spanisch-portugiesischen
Doublette
?Avenida“ widerspiegelt.
[1]
Die franzosischen Architekten und Ingenieure Grillon, Callou und Jacoubet prasentierten in der Folge der Ereignisse der
Februarrevolution 1848
fur
Paris
im Juni 1848 ein Straßenkonzept, mit dessen Hilfe ?Truppen sich schneller fortbewegen und ?en masse‘ durch Paris transportiert werden konnten, um zum Bestimmungsort zu gelangen“.
[2]
Am 8. August 1848 wurde dieses Straßenkonzept dem Innenminister vorgestellt. Doch erst der Pariser Stadtplaner
Georges-Eugene Haussmann
begann nach seiner Ernennung zum Prafekten im Juni 1853 mit der konsequenten Konzipierung breit angelegter und geradliniger Straßen, um das wirre mittelalterliche Pariser Straßenmuster zu entflechten und eine kurzere Verbindung zu den neu angelegten Bahnhofen zu ermoglichen. Hauptziel war nun die kurzere Verkehrsfuhrung; Truppentransporte im Falle von Aufstanden schneller durchzufuhren, war allenfalls ein Nebenziel.
[3]
Beruhmteste der Pariser Avenues und weltweit bekannteste Straße in Paris ist die
Avenue des Champs-Elysees
. Sie entstand bereits im Jahre 1616 durch
Marie de Medicis
, als sie hier Land erworben hatte, mit Ulmen und Linden in Viererreihen bepflanzte und die zu errichtende Straße zunachst ?Cours la Reine“ nannte.
[4]
Ab 1670 wurde die Promenade ?Grand Cours“ genannt, als sie vom Gartenbauarchitekten
Andre Le Notre
durchschnitten und verlangert wurde; erst am 2. Marz 1864 erhielt die mit einer Lange von 1910 Metern und 70 Metern Breite nach Norden ausgebaute Straße ihren heutigen Namen.
[5]
Die intensivste Bauphase lag zwischen 1670 und 1723, als zugleich auch neue Baume gepflanzt wurden.
Eine der ersten und zugleich mit 120 Metern die bis heute breiteste war die zur ehemaligen
Place Charles de Gaulle
fuhrende
Avenue Foch
(fruher:
Avenue de l’Imperatrice
). Nachdem der in Paris lebende Kolner Architekt
Jakob Ignaz Hittorff
und Haussmann sich erstmals im September 1853 getroffen hatten, schlug Hittorff ihm eine Verbindungsstraße zwischen dem heutigen
Triumphbogen
und dem
Bois de Boulogne
mit 37 Metern Breite vor, Haussmann verlangte jedoch 120 Meter.
[6]
In dieser Breite wurde sie gebaut und am 31. Marz 1854 eroffnet. Gemaß Dekret vom 3. Mai 1854 folgte die
Avenue de l’Opera
(698 m; ursprunglich:
Avenue Napoleon
). Zusammen mit den Boulevards dominierten die Avenues die Pariser Straßenstruktur und das Stadtbild.
Boulevards
, Avenues und
Alleen
lassen sich in Frankreich klar voneinander abgrenzen. Boulevards waren ursprunglich
Ringstraßen
, die auf der Freiflache einer ehemaligen
Stadtmauer
angelegt wurden und deshalb halbkreisformig verliefen (hierzu gehoren die
Grands Boulevards
in Paris). Avenues waren ? anders als die Boulevards ? eigentlich nicht fur Spazierganger (?flaneurs“) konzipiert, doch erfullten sie diese Funktion und erhielten im Jahre 1878 Gaslaternen (?becs intensifs“) und spater auch Abwasservorrichtungen. Avenues waren als geradlinige Direktverbindung zur ?
banlieue
“ (Vororte) gedacht; dieses Konzept wurde jedoch nicht konsequent verfolgt. Die Alleen waren zunachst landliche Straßen mit Baumbepflanzung als Seitenbegrenzung, bevor sie nach 1670 die Vororte von Paris erreichten.
[7]
Am 18. Mai 1868 regte
Otto von Bismarck
in einem Brief an
Konig Wilhelm von Preußen
den Ausbau mehrerer Reitwege im Berliner Westen an, darunter auch den des
Kurfurstendamms
.
[8]
Nachdem Bismarck anlasslich der Grundung des
Deutschen Reichs
1871 aus Paris (er war dort 1862 fur kurze Zeit Gesandter) nach Berlin zuruckkam, votierte er unter dem Eindruck des von Georges-Eugene Haussmann gepragten
Stadtbildes
von Paris gegen den im
Hobrecht-Plan
vorgesehenen Ausbau des Kurfurstendamms als gehobene Wohnstraße. In seinem Brief vom 5. Februar 1873 an den Geheimen Kabinettsrat
Karl von Wilmowski
forderte er einen großzugigen Ausbau nach Vorbild der
Avenue des Champs-Elysees
in Paris. Im April 1881 entstand zu diesem Zweck das Konsortium ?Kurfursten Avenue Land Company Limited“ mit Sitz in London,
[9]
ihm folgte am 22. Dezember 1882 die
Kurfurstendamm-Gesellschaft
zur Entwicklung des Kurfurstendamms. Am 5. Mai 1886 war der ?Ku‘damm“ fertiggestellt.
Die bereits ein Jahrhundert zuvor entstandene Prachtstraße
Unter den Linden
mit ihrer Verlangerung
Straße des 17. Juni
mit
Brandenburger Tor
und
Siegessaule
ist nach wie vor die reprasentativste Avenue Berlins.
In
Munchen
entstanden in Koniglicher Zeit bereits seit 1808 nacheinander gleich vier Prachtstraßen, die teilweise durch reprasentative Platze aufgelockert oder durch Fortfuhrung ihrer Diagonalen mit angrenzenden Straßen verlangert wurden. Nach der
Brienner Straße
mit dem Konigsplatz entstand mit der
Ludwigstraße
und der angrenzenden
Leopoldstraße
eine der monumentalsten Avenues Europas. Danach wurde die
Maximilianstraße
erbaut mit Fernsicht auf das Maximilianeum. Zuletzt entstand die
Prinzregentenstraße
. Mit Ausnahme der Maximilianstraße spielten diese Prachtstraßen eine wichtige Rolle fur die Selbstdarstellung des Regimes in nationalsozialistischer Zeit. In der Prinzregentenstraße befand sich die offizielle Privatadresse des Diktators. Alle vier Boulevards wurden dann nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Bau des
Altstadtrings
in ihrem architektonischen Erscheinungsbild beeintrachtigt.
Die
Avenue des Champs-Elysees
inspirierte weltweit den Bau des
Paseo de la Reforma
in
Mexiko-Stadt
, der
Avenida 9 de Julio
in
Buenos Aires
und des
Benjamin Franklin Parkway
in
Philadelphia
.
[10]
Die 1791 von
Pierre L’Enfant
zwischen dem
Kapitol
und
Washington Monument
in
Washington, D.C.
geplante
Washington Mall
(heute
National Mall
) wurde zwar als ?Grand Avenue mit einer Breite von 122 Metern und einer Lange von ungefahr einer Meile“ geplant, ist jedoch weder eine Avenue noch ein Platz, sondern eine Grasflache.
[11]
Das am 21. Marz 1811 vom New Yorker Chefkartografen John Randel Jr. vorgelegte rechtwinklige Straßengittersystem (
?grid pattern“
) in
Manhattan
mit
Avenues
in Nord-Sud- und
Streets
in Ost-West-Richtung wurde durch den
Commissioners’ Plan
am 22. Marz 1811 genehmigt und sukzessive umgesetzt (siehe auch
Randel-Plan
). Die nachsten 10 Jahre verbrachte Randel damit, die Straßenverbindungen von der
First Street
bis zur
155th Street
in Manhattan schachbrettartig weiterzuentwickeln, ohne dabei Rucksicht auf die
Topografie
zu nehmen. 1814 verbesserte er seine kartografischen Aufzeichnungen.
[12]
Es entstanden elf Avenues mit etwa 33 Metern Breite,
rechtwinklig
gekreuzt von 155 Streets mit einer Breite zwischen 15 und 33 Metern.
[13]
Ein Jahr vor seinem Tod nannte Randel 1864 dieses Gittermuster ?den Stolz und Ruhm der Stadt“. Einzige Ausnahme des ?grid pattern“ bildet der diagonal verlaufende
Broadway
, der bereits 1642 bei Ankunft des hollandischen Entdeckers David de Vries bestand und spater den hollandischen Namen ?Breede weg“ erhielt. Man entschied sich, den meisten der 11 Avenues und 155 Streets keine Namen zu geben, sondern sie fortlaufend zu nummerieren. In anderen amerikanischen Stadten weisen ?Avenues“ auf bestimmte Stadtteile hin, so etwa in
San Francisco
auf den
Richmond District
und
Sunset District
. Seitdem sind in vielen
nordamerikanischen
Stadten
Avenues
die wesentlichen Bestandteile im Straßengitternetz.
- ↑
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Worter und Namen gleicher Herkunft und Struktur: Lexikon etymologischer Dubletten im Deutschen
. W. de Gruyter, 2004,
ISBN 978-3-11-017469-4
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- ↑
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, 1848, S. 26
- ↑
Donald J. Olsen,
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, 1986, S. 44
- ↑
The Select Circulating Library
. A. Waldie., 1841 (
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- ↑
Der ?Cours la Reine“ ist heute eine am Nordufer der
Seine
verlaufende, 6.800 Quadratmeter umfassende und 540 Meter lange
Promenade
zwischen der
Place de la Concorde
und der
Place du Canada
- ↑
David Harvey,
Paris: Capital of Modernity
, 2005, S. 12
- ↑
Henry W. Lawrence:
City Trees: A Historical Geography from the Renaissance Through the Nineteenth Century
. University of Virginia Press, 2008,
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- ↑
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- ↑
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. Sutton Verlag GmbH, 2008,
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Paris.fr
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(
Memento
vom 14. Juli 2014 im
Internet Archive
)
- ↑
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No Hero in 1811, Street Grid’s Father Was Showered With Produce, Not Praise
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ISSN
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