Der
Aufstand von Franz II. Rakoczi
(auch der
Kuruzenkrieg
oder
Freiheitskampf von Franz II. Rakoczi
genannt) war
1703
bis
1711
der letzte aus einer Serie von anti
habsburgischen
Aufstanden (1604?1711) im
Koniglichen Ungarn
(genauer: in der heutigen
Slowakei
, heutigem Nordost
ungarn
und der heutigen West-
Karpatoukraine
) und in
Siebenburgen
und zugleich der letzte sogenannte
Kuruzenaufstand
.
Siehe
:
Kuruzen
oder
Slowakei in der fruhen Neuzeit
Die Hauptursachen des Aufstands waren insbesondere:
- Es gab standige
absolutistische
Tendenzen der
Habsburger
(z. B. Standeversammlung 1687).
- Es entstanden Streitigkeiten um Eigentumsfragen: Zur Regelung der Eigentumsverhaltnisse nach der Vertreibung der Turken aus Ungarn (sukzessive seit 1684) wurde namlich 1688 in
Wien
eine Sonderkommission eingerichtet. Sie arbeitete zur Unzufriedenheit des ungarischen Adels: Viele Grundstucke fielen mangels schriftlicher Eigentumsunterlagen, die das Eigentum an den Grundstucken aus der vorturkischen Zeit (etwa vor 1541) beweisen konnten, an den Staat, welcher sie an
Osterreicher
(Hofadlige, Militars, Beamte und Kriegslieferanten) oder andere Auslander verschenkte oder billig verkaufte.
- Der nachste Streitpunkt waren die
Steuern
: Die
Turkenkriege
(Anfang des 16. Jahrhunderts ? 1699) hatten umfangreiche Schaden hinterlassen, die Bevolkerungszahl stagnierte bei gerade einmal 4 Millionen, viele Landereien waren vollig zerstort und verodet. Das Konigreich Ungarn hatte jahrlich 400.000 von 3 Millionen
Gulden
Kriegskosten
aufzubringen. Es hieß, das Konigliche Ungarn bezahle den Habsburgern in zwei Jahren (1685/86) mehr als den Turken in 100 Jahren. Eine 1689 neu eingefuhrte Kriegssteuer musste schließlich vom osterreichischen Militar gewaltsam eingetrieben werden.
- Ein weiteres Argument zur Rechtfertigung des letzten Kuruzenaufstandes waren auch Willkurakte, Plunderungen und Verbrechen der kaiserlichen Armee, auch wenn diese nicht immer dafur verantwortlich war und einzelne Falle deshalb auch gerichtlich geahndet worden waren. (Anm.: Die Kuruzen agierten teilweise ahnlich grausam und gaben vor, dass ihre Taten Habsburger Herkunft seien). In jedem Fall waren die Soldaten nicht
kaserniert
, sondern bei Bauern und Burgern einquartiert, was ihnen schon immer die Gelegenheit zu Ubeltaten bot.
- Schließlich wurde auch die
Rekatholisierung
weiter betrieben und auch die Not der Bauern und Leibeigenen wurde immer großer, da auf deren Schultern alle Last abgeladen wurde.
- Seit 1701 gab es zusatzlich das Argument, dass die ungarischen Bauern gewaltsam in die habsburgische Armee einberufen wurden, um im
Spanischen Erbfolgekrieg
(1701?1714) zu kampfen.
Der Aufstand begann im Jahre 1700, als der Adlige
Franz II. Rakoczi
Kontakt zu
Ludwig XIV.
von
Frankreich
aufnahm und um Unterstutzung bei einem Aufstand gegen die Habsburger bat (
Spanischer Erbfolgekrieg
). Rakoczi wurde verraten und verhaftet, konnte jedoch aus seiner Internierung in
Wiener Neustadt
nach
Polen
fluchten. Am 16. Juni 1703 ubernahm er die Fuhrung eines in der
Karpatoukraine
(Teil des Konigreichs Ungarn) ausgebrochenen eher kleinen Aufstands (Kleinadlige,
Heiducken
, Bauern), der sich dann sukzessive in die heutige
Slowakei
und das heutige Nordungarn ausbreitete.
Die Adligen im Nordosten des Konigreichs Ungarn, auf das sich der Aufstand anfangs beschrankte, waren (zumindest anfangs) geteilt ? einige, vor allem in der Ostslowakei, unterstutzten Rakoczi, andere waren gegen ihn. Mit Hochadligen hatten die Kuruzen zwar nichts im Sinn, aber Franz II. und dessen Familie gehorten diesem selbst an.
Bis Dezember 1703 eroberten die Kuruzen die gesamte Slowakei und Teile Nordungarns, jedoch ohne all die wichtigen Stadte (
Bratislava
,
Ko?ice
usw.). 1704 folgten auch einige Attacken in
Mahren
. Nach zahlreichen weiteren Kampfen kontrollierte Rakoczi 1705 bereits praktisch die ganze Slowakei und heutiges Nordungarn. Bezuglich des Gebiets von
Osterreich
wurden bei diesem Aufstand ab Dezember 1703 Teile von
Niederosterreich
(die Umgebung von Wien), das heutige
Burgenland
und die ostliche
Steiermark
bis 1709 mehrmals uberfallen und verwustet. Hierbei wurde auch
Burg Sumeg
eingenommen, welche erst 1709 von kaiserlichen Truppen zuruckerobert werden konnte. Zum Schutz der habsburgischen Hauptstadt Wien wurde 1704 der
Linienwall
(Verlauf des Gurtels), eine leichte Befestigungslinie, angelegt, und zwischen der
Donau
und dem
Neusiedler See
die
Kuruzzenschanze
errichtet.
1704 ließ sich Rakoczi zum Fursten von
Siebenburgen
wahlen, obwohl Siebenburgen seit Jahren kein unabhangiges Furstentum mehr war.
Das auf dem ersten Landtag der von Rakoczi eroberten Gebiete im Jahre 1705 in
Szecseny
propagierte Ziel des Aufstandes war die Wiederherstellung der
standischen
Verfassung
, die Schaffung eines unabhangigen Konigreichs Ungarn mit
freier Konigswahl
, in dem Siebenburgen selbstandiges Furstentum bleiben sollte. Nachdem Rakoczi auf ?seinem“ Gebiet in den Jahren 1706?1708 mit zahlreichen Aufstanden gegen seine schlechte Wirtschaftspolitik und despotische Herrschaft zu kampfen hatte und nachdem er die slowakischen Bergbaustadte an die Habsburger verloren hatte, versuchte er seine Lage noch zu retten, indem er auf dem dritten Landtag von Rakoczi im Jahre 1708 in
Sarospatak
die am Aufstand beteiligten Bauern gegenuber ihren Grundbesitzern fur frei erklarte. Da es aber ahnliche Erklarungen seinerseits schon vorher gab, haben ihm die Bauern zu Recht nicht mehr geglaubt.
Obwohl Franz II. Rakoczi kein Feldherr war, verfugte er 1705 uber 100.000 Mann und kontrollierte sehr schnell die ganze Slowakei und das heutige Nordungarn. Ein wesentlicher Faktor bei diesem Erfolg war es, dass 1703 zu seinen Truppen sehr viele Offiziere der osterreichischen Armee, die zuvor gegen ihn kampften, z. B.
Alexander Karolyi
(ung.
Karolyi Sandor
), ubertraten, so dass er mit der modernen Kriegsfuhrung vertraut war. Andererseits waren aber viele seiner Kuruzentruppen disziplinlos, arbeiteten nur mangelhaft zusammen und beherrschten nur eine Art der Kriegsfuhrung, welche
Emmerich Thokoly
und vor ihm andere Streifscharfuhrer praktiziert hatten, und hatten Mangel an Waffen.
In der Schlacht von
Zsibo
am 15. November 1705 erlitt die ungarische Kavallerie eine Niederlage, obwohl es den Kuruzen gelungen war, ihre Gegner mit einer schrill klingenden Kegeloboe einzuschuchtern. Dieses daraufhin von den Habsburgern verbotene Blasinstrument erhielt den Beinamen
Rakoczi-sip
und wurde zu einem Symbol der nationalen Identitat der Ungarn.
[1]
Doch die gunstige militarische Lage wendete sich im Fruhling 1708, als der unerbittliche habsburgische General
Sigbert Heister
zum Oberbefehlshaber der
kaiserlichen Truppen
ernannt wurde. Am 3. August 1708 wurden die Kuruzen in
einer Schlacht
bei der Stadt
Tren?in
/Trentschin/Trencsen trotz zweifacher zahlenmaßiger Uberlegenheit geschlagen und es folgte eine Serie von Niederlagen. Im April 1711 fiel auch die letzte großere Siedlung,
Ko?ice
/Kaschau/Kassa, in die Hande der Habsburger. 1711 blieben nur noch etwa 12.000 Kuruzen ubrig.
Nachdem Rakoczi nach Polen geflohen war, schloss 1711 sein Stellvertreter Graf Alexander Karolyi dank des diplomatischen Geschicks des Grafen
Johann Palffy
(eines Diplomaten, dem die Habsburger aus taktischen Uberlegungen die Position seines Vorgangers General Heister uberließen) einen Frieden mit den Habsburgern ? den
Frieden von Sathmar/Szatmar
. Die Habsburger gewahrten den Aufstandischen
Amnestie
gegen einen Treueid, das Recht auf
standische
Selbstverwaltung und speziell dem ungarischen Adel das Verfugungsrecht uber seine Guter,
Leibeigenen
und die Steuerfreiheit. Im Gegenzug wurde das Erbfolgerecht der
Habsburger
in Ungarn anerkannt.
- ↑
Milan Milosevic:
The history and development of the tarogato.
S. 2