Eine
Arterie
(
lateinisch
Arteria
, von
griechisch
?ρτηρ?α
art?ria
, ?Luftrohr, Schlagader“) ist ein
Blutgefaß
, welches (mit Ausnahme der
Herzkranzarterien
) Blut vom Herzen
weg
fuhrt. Sie wird nach den an großen Arterien spurbaren
Pulsen
des Herzschlags auch
Schlagader
oder
Pulsader
genannt. Durch ihren Aufbau sollen Arterien den vom Herzen erzeugten
Blutdruck
stabil halten konnen. Im
Korperkreislauf
transportieren sie
sauerstoff
reiches Blut (?arterielles Blut“). Die vom rechten Herzen zu den Lungenflugeln abgehenden Arterien des
Lungenkreislaufs
hingegen enthalten sauerstoffarmes Blut. In den Arterien des Menschen sind nur etwa 20 % des gesamten Blutvolumens enthalten (post mortem wegen des Druckgefalles noch ca. 2 %). Arterien verzweigen sich in immer kleinere Arterien und dann uber
Arteriolen
in so genannte Haargefaße (
Kapillaren
). Blutgefaße, die das Blut aus dem Korper zum Herzen zurucktransportieren, werden im Allgemeinen
Venen
genannt.
Lateinisch
arteria
stammt von
altgriechisch
αρτηρ?α
art?ria
, deutsch
‚Luftrohr, Luftrohre; Luftader, Pulsader‘
;
[1]
[2]
von
a(e)rter
, ?woran etwas aufgehangt wird‘ (in Bezug auf die an der Luftrohre bzw. den Bronchien aufgehangte Lunge), von altgriech.
ae(i)rein
‚anbinden, aufhangen‘
. Volksetymologisch wurde die Arterie bezogen auf
altgriechisch
? ??ρ, ??ρο?
bzw.
aer
, ?Luft‘,
altgriechisch
τηρ?ειν
‚enthalten‘
in der Annahme, Arterien seien mit Luft gefullt (Arterien galten zudem als Leitungsbahn nicht nur fur Blut, sondern auch als Gefaße fur den Transport des ebenso lebenswichtigen
[3]
Pneumas
; zum Teil wurde ? bis durch
Galenos
zur Anerkennung gebracht wurde, dass auch Blut in den Arterien
[4]
fließt ? auch angenommen, die Arterien enthielten nur das Pneuma
[5]
[6]
[7]
).
[8]
[9]
[10]
Leonhard Thurneysser
(zum Thurn), auch Leonhard Thurneisser und Leonhardt Thurneisser zum Thurn, unterschied 1576 bei der Blutversorgung der Nieren zwischen ?
Blutadern
und Lufftadern.“
[11]
Noch heute werden die Venen als Blutadern bezeichnet.
Je nach Funktion und Lokalisation mussen Arterien verschiedenen Anspruchen genugen und unterscheiden sich daher auch in ihrem Aufbau:
- muskularer
Typ (Arteriae myotypicae): diese kleineren Arterien liegen relativ herzfern (peripher) und sind als
Widerstandsgefaße
u. a. durch ihre
glatte Muskulatur
maßgeblich an der Aufrechterhaltung des Blutdrucks beteiligt, da sie durch Verengung ihres Durchmessers den erforderlichen Blutdruck herstellen konnen (tun sie dies nicht, so spricht man von einer
orthostatischen Dysregulation
mit Schwindel- und Schwacheanfallen v. a. nach dem Aufstehen)
- Elastischer Typ (Arteriae elastotypicae): Diese großen, herznahen Gefaße wandeln
physiologischerweise
den pulsatilen Blutfluss, der durch den ruckartigen Herzschlag (die
Systole
) verursacht wird, durch ihre elastische Schwingungsfahigkeit in eine quasi-kontinuierliche Stromung um ? die sogenannte
Windkesselfunktion
? und schutzen so in der Peripherie des Kreislaufs die Organe und Gewebe vor gefahrlichen Blutdruckspitzen oder -
talern
. Bei der
Arteriosklerose
ist diese Schwingungseigenschaft stark vermindert oder total erloschen, was in dauerhaften, krankhaften
Bluthochdruck
bis hin zur
hypertensiven Krise
,
transitorischen ischamischen Attacken
(kurzzeitigen, durch schwachen Blutdruck bedingten Bewusstseinsverlusten),
Schlaganfallen
(durch Massenblutung bei zu hohem oder Mangelversorgung bei zu niedrigem Blutdruck) oder dem Reißen einer Gefaßaussackung (eines
Aneurysmas
) munden kann.
- Gemischter Typ: Die Ubergangsform von muskularen zum elastischen Typ wird als gemischter Typ oder Arteriae mixtotypicae bezeichnet.
- Sperrarterien (Arteriae convolutae): Hier handelt es sich um Arterien, die ihr Lumen soweit verengen konnen, dass kein Blutstrom stattfindet. Hierfur verfugen sie uber einen speziellen Wandaufbau der einen eigenen Typus begrundet. In den Gefaßwanden befindet sich langs zur Fließrichtung orientierte glatte Muskulatur.
Die Gefaßwande der Arterien sind dicker (muskelreicher), haben eine deutlich ausgepragtere Schichtung und sind weniger dehnbar als die
Venen
.
Grundsatzlich besteht eine arterielle Wand aus drei Schichten, deren Bestandteile alle
lateinisch
-
anatomische
Namen tragen; von der blutfuhrenden Seite aus gesehen sind dies:
- Die
Tunica interna
(auch
Intima
) besteht aus einem einschichtigen
Endothel
, der darauf aufsetzenden Schicht aus lockerem
Bindegewebe
und dem
Stratum subendotheliale
, daran anschließend die
Membrana elastica interna
(besonders gut entwickelt bei den muskularen, peripheren Arterien).
- Die
Tunica media
(oder kurz
Media
) ist bei den peripheren Arterien aus mehreren, dicht anliegenden, ringformigen und schrag gewundenen Muskelschichten aufgebaut, die auch
elastische Fasern
und solche aus
Kollagen
enthalten, bei den elastischen Arterien ahnlich aufgebaut, allerdings mit mehr Kollagen und vielen schwingungsfahigen und gefensterten Membranen. Teilweise befindet sich zwischen der Media und der Adventitia noch zusatzlich eine elastische Schicht (
Membrana elastica externa
, Elastika), die mittels
Elastika-Farbung
darstellbar ist.
- Die
Tunica externa
(auch als
Tunica adventitia
bezeichnet), welche vor allem aus elastischem und kollagenem, faserigem Bindegewebe besteht und uber ihre
Vasa vasorum
(
die Gefaße der Gefaße
) und Nerven (Nervi vasorum) die Gesamtarterie ernahrt und steuert.
Die großte Arterie im menschlichen Korper ist die
Aorta
(Hauptschlagader) mit einem Durchmesser von etwa drei Zentimetern. Weitere großere Arterien sind:
Kleine Arterien sind zum Beispiel
- ↑
Johanna Bleker
:
Die Geschichte der Nierenkrankheiten.
Boehringer Mannheim
, Mannheim 1972, S. 37.
- ↑
Petrus Dasypodius
:
Dictionarium latinogermanicum et vice versa germanolatinicum ...
, Theodosius Rihel, 5. Aufl. Straßburg 1569, Hh IV (?Arteria: Eyn pulßader, lufftader“).
- ↑
Vgl. auch
Hans Balzli
(Hrsg.):
Vokabularien im Codex Salernitanus der Breslauer Stadtbibliothek (Nr. 1302) und in einer Munchener Handschrift (Lat. 4622), beide aus dem XII. Jahrhundert.
Leipzig 1931 (=
Studien zur Geschichte der Medizin.
Band 21), S. 14 und 46 (?Arteria est corpus oblongum et rotundum, [ad] instar canalis, duabus tunicis consistens, a corde [incipiens et] in omne corpus divisum, aerem et spiritum vitalem [vel naturalem] continens“).
- ↑
Paul Diepgen
,
Heinz Goerke
:
Aschoff
: Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.
7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Gottingen/Heidelberg 1960, S. 12.
- ↑
Jutta Kollesch
:
Untersuchungen zu den pseudogalenischen definitiones medicae.
Philosophische Dissertation Berlin 1970; in veranderter Fassung: Akademie-Verlag, Berlin 1973 (=
Schriften zur Geschichte und Kultur der Antike.
Band 7), S. 101 f.
- ↑
Jutta Kollesch
,
Diethard Nickel
:
Antike Heilkunst. Ausgewahlte Texte aus dem medizinischen Schrifttum der Griechen und Romer.
Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (=
Reclams Universal-Bibliothek.
Band 771); 6. Auflage ebenda 1989,
ISBN 3-379-00411-1
, S. 21 f. und 189, Anm. 13 (zu
Rufus von Ephesos
, Uber die Bezeichnung der Korperteile beim Menschen
).
- ↑
Karl-Wilhelm Grabert:
Die Nomina anatomica bei den deutschen Wundarzten Hieronymus Brunschwig und Hans von Gersdorff, ihre Beziehungen zu Guy de Chauliac und ihr Verhaltnis zu den Jenenser Nomina anatomica des Jahres 1935. Ein Beitrag zur Geschichte der anatomischen Nomenklatur [...].
Medizinische Dissertation Leipzig 1943, S. 249?254 (?Arterie sind lufftadern des geistlichen pluts und kommen vom Herzen“).
- ↑
Hjalmar Frisk:
Griechisches etymologisches Worterbuch.
I?III, Heidelberg 1960?1972; Neudruck ebenda 1973 (=
Indogermanische Bibliothek
, II. Reihe). Band 1, S. 155.
- ↑
Ludwig August Kraus
:
Kritisch-etymologisches medicinisches Lexikon
[…]. Verlag der Deuerlich- und Dieterichschen Buchhandlung, 3. Auflage. Gottingen 1844, S. 125.
- ↑
Franz Dornseiff
:
Die griechischen Worter im Deutschen.
De Gruyter, Berlin 1950, S. 53.
- ↑
Doppelseitiges Schicht-Klapp-Bild aus Turneyssers ?Confirmatio‘, Folia 37.
Quelle:
Johanna Bleker
:
Die Geschichte der Nierenkrankheiten.
Boehringer Mannheim
, Mannheim 1972, S. 37?40.