Die
Antoniterkirche
und das zugehorige Kloster in
Frankfurt am Main
bestanden von 1236 bis zur
Sakularisation
1802. Ab 1723 diente ein barocker Neubau auf dem Gelande zudem als
Kapuzinerkirche
. Der kunsthistorisch bedeutende Klosterkomplex stand in der nach ihm benannten
Tongesgasse
(An
tonius
→ Tonges)
in der Frankfurter
Altstadt
und wurde im Juni 1803 abgerissen. Heute befindet sich auf dem Gelande das 1959 eingeweihte
Parkhaus Konstabler
.
1236 erhielt das ein Jahr zuvor gegrundete
Antoniterkloster
in
Roßdorf
von dem Frankfurter Burger
Bresto
eine Hofstatte vor der
romanischen
Staufenmauer
in der Nahe der
Bornheimer Pforte
ubertragen. Mit der Schenkung erhielten die Ordensleute zugleich das Frankfurter Burgerrecht.
Sie errichteten auf dem Gelande einen Wirtschaftshof und um 1430 eine kleine
gotische
Hallenkirche
mit einem einfachen
Dachreiter
. Nach den alteren Stadtplanen verfugte sie nur uber ein
vierjochiges
Langhaus
sowie einen
Chor
mit 3/8-Schluss und angebauten
Strebepfeilern
. Vom Inneren ist durch den Frankfurter Stadt
chronisten
Achilles Augustus von Lersner
der Grabstein eines 1693 gestorben, namentlich unbekannten Antoniter-
Prazeptors
bekannt; eine Inventarliste von 1717 nannte ferner zwei Altare, ein
Tabernakel
, einen Sakramentsschrank in der Mauer, eine
Kanzel
sowie zwei Beichtstuhle. Das nordlich der Kirche gelegene Haupt- und wohl als Kloster genutzte Gebaude des Hofes besaß wie z. B. auch der
Romer
Staffelgiebel
und stieß auf die Staufenmauer.
Anders als in Roßdorf und in
Hochst am Main
bestand in Frankfurt kein
Hospital
? die Antoniter hatten es sich zur hauptsachlichen Aufgabe gemacht, die am
Antoniusfeuer
Erkrankten zu behandeln und zu pflegen ?, sondern die Frankfurter Niederlassung diente im Wesentlichen dem Kauf und Verkauf von Waren fur den Orden wahrend der
Frankfurter Messen
. Demzufolge lebten im Antoniterkloster immer nur wenige Ordensgeistliche. Die Gasse, in der das Kloster lag, nannte man bald
Antonitergasse
. Im Laufe der Zeit wurde dieser Name zu dem heute noch gebrauchlichen
Tongesgasse
verballhornt
.
Anfang des 15. Jahrhunderts schuf ein unbekannter Meister, vermutlich aus der Schule
Madern Gertheners
, das uber der Eingangspforte der Kirche gelegene
Relief
. Es zeigte den Besuch des
Heiligen Antonius
bei dem Einsiedler
Paulus von Theben
in der Wuste. Es galt spater als kunstlerisch bedeutendster Schmuck der kleinen Kirche und befindet sich heute im
Historischen Museum
.
Matthias Grunewald
, der das Kloster mehrfach besuchte, wurde davon moglicherweise zu seiner Darstellung fur den
Isenheimer Altar
angeregt.
1441 verlegten die Antoniter ihren Roßdorfer
Konvent
nach Hochst. Die dortigen Geistlichen versahen von da an auch den Gottesdienst im Frankfurter Antoniterkloster, das auch nach der Einfuhrung der
Reformation
1533 in ihrem Besitz blieb, und dem die innere Ausstattung belassen wurde. In der evangelisch gewordenen Reichsstadt spielte das Kloster jedoch keine Rolle mehr. Es stand meistens leer und verfiel nach und nach.
Wahrend des
Dreißigjahrigen Krieges
versuchten die
Jesuiten
in Frankfurt Fuß zu fassen. Sie erwarben den Antoniterhof und die Kirche, mussten die Stadt jedoch auf Intervention des Frankfurter Rates bald wieder verlassen. Erfolgreicher waren die
Kapuziner
. Am 23. April 1628 musste der Rat auf kaiserlichen Druck sieben Ordensbrudern den Einzug in das Kloster gestatten. Nachdem die Stadt durch schwedische Truppen besetzt worden war, beschloss der Rat am 13. Juni 1633, die verhassten Kapuziner wieder auszuweisen. Einige Jahre darauf gab der Rat das Kloster an die Antoniter zuruck, die sich jedoch verpflichten mussten, keine offentlichen Gottesdienste zu halten.
Der
Große Christenbrand
im Juni 1719 zerstorte nahezu das gesamte Stadtviertel zwischen
Zeil
und Schnurgasse und zog auch das Antoniterkloster stark in Mitleidenschaft. Die Antoniter verkauften daraufhin 1723 mit kaiserlicher Erlaubnis die Ruine an die Kapuziner, die somit nach fast hundert Jahren wieder eine Niederlassung in Frankfurt besaßen. Mit stillschweigender Duldung des Rates begannen sie mit dem Wiederaufbau von Kirche und Kloster. Bereits 1725 konnte der
Mainzer Erzbischof
Lothar Franz von Schonborn
den Neubau einweihen.
Die kleine
Barockkirche
setzte nicht auf die Grundmauern des gotischen Vorgangerbaus auf, sondern wurde um 90 Grad gegen den Uhrzeigersinn verschwenkt. Der Chor des Neubaus zeigt folglich nach Norden, das sudliche Ende des Langhauses mit dem Haupteingang lag exakt auf Hohe der Straßenkante der Tongesgasse. 1729 erhielt die Kirche einen von Erzbischof Graf Schonborn gestifteten und von Bildhauer
Cornelius Andreas Donett
geschaffenen Hochaltar. Seine kunstlerische Qualitat wurde ebenso wie die der Seiten- und Nebenaltare sowie der zehn großen Passionsgemalde von Zeitgenossen wie z. B. dem Kunsthistoriker
Heinrich Sebastian Husgen
als von ?sehr gutem Geschmack“ geruhmt. Erhaltene Stucke zeigen deutliche Einflusse des sich vom wuchtigen Barock losenden
Regence
.
1802 fiel der ganze Gebaudekomplex bei der
Sakularisation
an die Stadt, die daran jedoch kein Interesse hatte und ihn im Juni 1803 auf Abbruch versteigern ließ. Kaufer wurde
Johann Georg von Meyer
. Auf dem Grundstuck errichtete Stadtbaumeister
Johann Georg Christian Hess
mehrere großzugige
klassizistische
Mietshauser
. Teile der Ausstattung kamen in andere Frankfurter Kirchen, wo sie zum Teil bis heute zu sehen sind, etwa ein Beichtstuhl in der
Leonhardskirche
oder ein zum Hochaltar gehorendes
Kruzifix
im Chor des
Doms
.
Nach der Zerstorung der Gebaude im
Zweiten Weltkrieg
? durch den ersten schweren
Luftangriff auf die Altstadt
am 4. Oktober 1943 ? und der Beseitigung der Trummer Anfang der 1950er Jahre lag das Gelande einige Jahre lang brach. Ende der 1950er Jahre errichteten die Architekten Meid und Romeick das am 15. September 1959 als zweites Frankfurter
Parkhaus
eingeweihte
Parkhaus Konstabler
mit 750 Stellplatzen.
Die Kapuziner kehrten 1899 mit dem Neubau von
St. Antonius
im sudlichen
Westend
nach Frankfurt zuruck. 1917 ubernahmen sie die nur wenig westlich des ehemaligen Antoniterklosters gelegene
Liebfrauenkirche
, wo sich noch heute ein Kapuzinerkloster befindet.
- Hans Lohne:
Frankfurt um 1850. Nach Aquarellen und Beschreibungen von Carl Theodor Reiffenstein und dem Malerischen Plan von Friedrich Wilhelm Delkeskamp.
Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1967,
ISBN 3-7829-0015-4
.
- Rudolf Jung, Carl Wolff:
Die Baudenkmaler in Frankfurt am Main ? Band 1, Kirchenbauten.
Selbstverlag/Volcker, Frankfurt am Main 1896.
- Fried Lubbecke:
Das Antlitz der Stadt. Nach Frankfurts Planen von Faber, Merian und Delkeskamp 1552?1864.
Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1952.
- Hans Pehl,
Hans-Otto Schembs
(Hrsg.):
Kirchen und Kapellen im alten Frankfurt.
Verlag Josef Knecht, Frankfurt am Main 1984,
ISBN 3-7820-0508-2
.
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Koordinaten:
50° 6′ 49″
N
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8° 41′ 5,8″
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