Antiquitat

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Antiquitat, englische Teekiste

Als Antiquitaten (von lateinisch antiquitas ‚Altertum‘ ; veraltet auch Altertumer ) bezeichnet man Gegenstande , meist kunstlerischer oder kunsthandwerklicher Art, die in der Regel uber 100 Jahre alt sind. [1]

Allgemeines [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Antiquitaten umfassen alle Bereiche menschlichen Lebens von der Antike bis zur Neuzeit . Dabei mussen diese Gegenstande aber nicht zwangslaufig bereits ursprunglich als Sammelobjekte mit entsprechender handwerklicher oder materieller Qualitat gedacht gewesen sein ( Luxusguter , Schmuck ), auch einfache Gebrauchsgegenstande , Werkzeuge , landwirtschaftliche Gerate , Kuchenutensilien usw. konnen sich im Laufe der Zeit mit entsprechender Seltenheit und Alter zu gesuchten Antiquitaten entwickeln.

Alte Bucher, Schriften, Noten, Zeitungen und Zeitschriften werden als antiquarisch bezeichnet. Kunstgegenstande aus der Antike werden auch Antiken genannt. [2] Hier spricht man von Antikenhandel . Die Bezeichnung Altertumer bezieht sich allgemeiner auf Zeugnisse der Kulturgeschichte (sogenannte Denkmaler ) aus dem Altertum . [3]

Um die Anforderung als Antiquitat zu erfullen, hat sich im Antiquitatenhandel fur alle Gegenstande das Alter von 100 Jahren etabliert, das aus einer DIN-Norm stammt. Nach DIN 68871 Abschnitt 4.2 (2016-06; ?Mobel-Bezeichnungen und deren Anwendung“) mussen antike Mobel mindestens 100 Jahre alt sein und durfen nachtraglich durch Restaurierung nicht wesentlich verandert worden sein. Hierdurch wird sichergestellt, dass ihr kunsthistorischer Wert erhalten bleibt. Diese Anforderungen konnen auf alle Gebrauchsgegenstande ubertragen werden.

Bei Kulturgutern setzt die ? Verordnung (EG) Nr. 116/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 uber die Ausfuhr von Kulturgutern“ fur archaologische Gegenstande und Bestandteile von Kunst- und Baudenkmalern oder religiosen Denkmalern und Buchern im Anhang 1 ebenfalls ein Alter von 100 Jahren voraus. Antik sind danach Archive bei mehr als 50 Jahren, Verkehrsmittel ab 75 Jahren oder sonstige ab 50 Jahren (wie etwa Spielzeug , Teppiche oder Uhrmacherwaren ). Grund fur diese Einteilung ist, dass die genannten Antiquitaten einem Exportverbot unterliegen und deshalb einer staatlichen Ausfuhrgenehmigung bedurfen.

Abgesehen von diesen Definitionen werden im Antiquitatenhandel aber durchaus auch jungere Objekte gehandelt, etwa Mobelstucke aus den 1950er und 60er Jahren, die demnach strenggenommen noch nicht als Antiquitaten gelten wurden.

Antiquitatenhandel [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Geschichte [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Antiquitaten wurden bereits in der Fruhzeit und der Antike gehandelt. So umgaben sich etwa die Romer gerne mit Skulpturen aus Griechenland, die große Nachfrage fuhrte auch zur Anfertigung von Kopien. Im Mittelalter sammelten vorrangig Geistliche, Gelehrte oder Adlige alte und seltene Gegenstande und stellten diese in Naturalienkabinetten oder Wunderkammern aus. Neben den eigentlichen Sammlern entwickelte sich der Handel mit Antiquitaten von den Lumpensammlern hin zum modernen Antiquitatenhandel, der sich heute zumeist auf bestimmte Themenbereiche spezialisiert. Beliebt sind Flohmarkte und Auktionen sowie Veranstaltungen wie Munzenborsen oder TV-Sendungen wie Bares fur Rares oder Kunst und Krempel .

Wertentwicklung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Altmobel

Bei Kunstwerken (Gemalde, Plastiken usw.) gibt es einen fließenden Ubergang zwischen alter Kunst- und Antiquitatenhandel. Antiquitaten erzielen auf Auktionen oft einen hohen Verkaufspreis, der mit dem Alter, dem Erhaltungszustand und Seltenheitswert steigt. Hinzu kommt, dass die Objekte oft sehr hochwertig hergestellt wurden (meist in Handarbeit) oder aus heute teuren Materialien (z. B. massive Edelholzer bei Mobeln) bestehen.

Innerhalb gewisser Grenzen werden die Preise allerdings auch durch die Mode beeinflusst, indem gerade beliebte Objekte hohere Preise erzielen. So waren in den 1970er und 1980er Jahren Bauernmobel sehr begehrt, werden heute aber zu deutlich niedrigeren Preisen gehandelt. Dagegen waren 2017 Designklassiker extrem begehrt und werden entsprechend hoch bezahlt. Auch praktische Aspekte spielen bei der Preisbildung eine Rolle: Objekte, die nur schwer in einer normalen Wohnung untergebracht werden konnen (z. B. ungewohnlich hohe Mobel) sind schwerer verkauflich [4] . Demnach sind Antiquitaten als Investitionsobjekte von der kunftigen Marktentwicklung abhangig, die nur schwer einzuschatzen ist. Daruber hinaus ist eine entsprechende Sachkenntnis erforderlich um Alter, Originalitat und Herkunft richtig einschatzen zu konnen.

Zu den bekanntesten internationalen Auktionshausern gehoren Sotheby’s und Christie’s .

Handelsbeschrankungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Je nach Herkunft sind einige Antiquitaten nicht fur den freien Handel zugelassen (sog. res extra commercium ), wenn sie aufgrund geltender Gesetze besonders geschutzt sind; dies gilt vor allem fur Gegenstande aus der Antike und solche, die von Ausgrabungsstatten stammen. In Deutschland sind Kulturguter nicht generell dem Handel entzogen. Der Export von Kulturgutern mit nationaler Bedeutung bedarf nach dem Kulturgutschutzgesetz jedoch einer Genehmigung, die unter Umstanden versagt werden kann. Auch Gegenstande, fur deren Herstellung Materialien aus heute geschutzten Tierarten nach dem Washingtoner Artenschutzubereinkommen verwendet wurden (z. B. Schildpatt oder Elfenbein ) unterliegen bestimmten Handelsbeschrankungen, wobei der Handel gestattet werden kann, wenn nachgewiesen wird, dass die Objekte vor 1947 hergestellt wurden. [5]

Falschungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Da mit zunehmendem Alter die Antiquitaten seltener werden und somit die Preise steigen, kommt es immer wieder zu Nachahmungen und Falschungen . Der Unterschied zu den Originalen kann oft nur von Sachverstandigen festgestellt werden. Allerdings erfordern wirklich tauschend echt wirkende Falschungen hochwertiger Stucke meist einen sehr hohen Aufwand an Material und Handarbeit, so dass selbst ein Preis, der eigentlich einem Original angemessen ware, die Falschung oft nicht lohnend erscheinen lasst. Haufig sind daher Verfalschungen anzutreffen, bei denen originale Stucke verandert werden, um ein hoheres Alter vorzutauschen oder um starker nachgefragte Objekte zu erhalten. So werden haufiger anzutreffende Kleiderschranke zu eigentlich selteneren aber besonders gesuchten Vitrinen umgebaut. Auch an sich alte Einzelteile, die zu einem neuen Objekt zusammengefugt werden, kommen haufig vor. Im einfachsten Fall werden beispielsweise ein alter Sekretar und das Oberteil eines Aufsatzschrankes zum Aufsatzsekretar miteinander verbunden, was unter Sammlern treffend ?Marriage“ genannt wird. Es sind Falle bekannt, in denen aus alten Mobelteilen (Schrankturen, Schubladen, Zierleisten, Beschlage usw.) unter Verwendung von altem Holz (z. B. aus Abbruchhausern) in teils industriellem Umfang neue Mobel gebaut wurden, die auch in Kaufhausern angeboten wurden. [6] Bei solchen Praktiken ist die Grenze zur legitimen Restaurierung mit altem Material oft fließend.

Hinzu kommt, dass bereits im 19. Jahrhundert, zur Zeit des Historismus , solche Kombinationen aus alten Teilen gebaut wurden, die heute durch ihr Alter von mehr als 100 Jahren noch schwerer zu erkennen sind, andererseits aber schon selbst als Antiquitaten gelten konnen. Gleiches gilt etwa auch fur die in dieser Zeit nach altem Vorbild neu hergestellte Keramik , die durch die weitgehend gleichartige Art des Handwerks und des verwendeten Materials oft nur von Fachleuten bestimmt werden kann.

Das Falschen von Antiquitaten ist in Deutschland kein eigenstandiges Delikt, sondern wird als Betrug § 263 StGB und ggf. Urkundenfalschung § 267 StGB bestraft. Die Herstellung von Nachahmungen als solchen (auch mit kunstlichen Altersspuren) ist somit nicht strafbar, wohl aber der betrugerische Verkauf als angebliches Original, ggf. auch mit gefalschten Schriftstucken, die das Alter oder die Herkunft aus einer bekannten Sammlung beweisen sollen. Beim Kauf im Fachhandel, bei Antikmessen oder seriosen Auktionshausern ist es meist moglich, sich vom Verkaufer eine Bescheinigung uber die Echtheit ausstellen zu lassen und im Zweifelsfall die Rucknahme zu verlangen. Beim Kauf auf Flohmarkten oder Auktionen gilt dagegen meist der Grundsatz "gekauft wie gesehen", der die Ruckgabe bei Aufdeckung einer Falschung ausschließt.

Epochen und Stile [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die zeitliche Zuordnung erfolgt oft in Anlehnung an die kunsthistorischen Epochen. Diese beziehen sich auf den jeweiligen Sprach- und Kulturraum und konnen daher voneinander abweichen. In den Kulturkreisen Afrika, Amerika und Asien gelten andere Epochenbezeichnungen als in Europa. Außerdem ist zu bedenken, dass sich die Stile z. B. bei Mobeln und Beiwerk nicht immer gleichlaufend mit den Baustilen entwickelt haben, sondern oftmals spater und zum Teil auch unter anderen Bezeichnungen.

Man kann Antiquitaten durch die Betrachtung der handwerklichen Details unterscheiden, wobei sich Beginn und Ende einzelner Stilperioden nicht eindeutig auf bestimmte Jahre festlegen lassen. Teilweise wurden Details der vorigen Epoche ubernommen, Neues wurde entwickelt ? oft als Gegensatz zum Vorherigen ? und es kam zu einer Hochblute eines Stils. So sind Jahresangaben fur den Beginn oder das Ende einer Epoche nur eine Art Rahmen.

Auch ursprunglich ganz alltagliche Gebrauchsgegenstande wie z. B. Kuchengerate konnen mit entsprechendem Alter gesuchte Antiquitaten sein. Viele Antiquitatenhandler haben sich im Laufe der Zeit auf einige wenige Stilrichtungen oder Antiquitatengattungen (z. B. Mobel, Uhren, Porzellan usw.) spezialisiert.

Die nachfolgende Einteilung bezieht sich zunachst auf den deutschen Sprachraum.

11. bis 20. Jahrhundert [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Alte Hotelklingel
11.?13. Jahrhundert Romanik
12.?16. Jahrhundert Gotik
15.?16. Jahrhundert Renaissance
16. Jahrhundert Manierismus
1600?1770 Barock
1720?1770 Rokoko
1760?1830 Klassizismus
1790?1840 Romantik
1830?1870 Realismus
1850?1900 Historismus
1860 bis Anfang 20. Jahrhundert  Impressionismus
1870?1890 ( Grunderzeit ) Symbolismus
1890?1920 Jugendstil

Moderne [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Fur die Moderne (ca. 1900 bis 1950) sind folgende Stilrichtungen einschlagig:

Neue Entwicklung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Zunehmend werden Kunst und Antiquitaten zusammen angeboten. So gibt es eine Kunst- und Antiquitatenmesse seit 1969 in Hannover-Herrenhausen und Hamburg , [7] 1973 wurde in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) der Außenhandelsbetrieb Kunst und Antiquitaten GmbH gegrundet.

Es gibt heute Uberschneidungen mit der Tatigkeit von Museen , da sich einerseits Antiquitaten oft in privaten Sammlungen befinden, [8] [9] andererseits aber auch von staatlicher Seite Ankaufe erfolgen. [10] Haufig werden von Museen auch Stucke aus privaten Sammlungen fur Ausstellungen vorubergehend entliehen oder es gelangen privat aufgebaute Sammlungen durch Erbschaft oder Kauf dauerhaft in Museumsbesitz.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Lydia Dewiel: Das kleine Buch der Antiquitaten fur stilvergnugte Sammler. Fischer, Frankfurt am Main.
  • Walter Grasser: Antiquitaten als Kapitalanlage. Heyneverlag, Munchen 1975, ISBN 3-453-41125-0 .
  • Walter Grasser: Antiquitaten als Hobby . Munchen 1977, ISBN 3-453-41214-1 .
  • Rudolf Majonica: Kuchenantiquitaten , Battenberg Verlag, Augsburg 1997, ISBN 3-89441-343-3 .
  • Helmut Seling (Hrsg.): Keysers Kunst- und Antiquitatenbuch. 3 Bande. Keysersche Verlagsbuchhandlung, Heidelberg (spater Munchen) 1957, 1959, 1967.
  • Antiquitaten restaurieren und erhalten. Keysersche Verlagsbuchhandlung, Munchen 1975.

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Antiquitaten  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Antiquitat  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Antiquitat. In: Das grosse Kunstlexikon von P.W. Hartmann. 18. Marz 2014, archiviert vom Original ; abgerufen am 23. Oktober 2021 .
  2. Antike . Duden online
  3. Altertumer . Duden online
  4. Augsburger Allgemeine . 2017.
  5. bfn.de ( Memento vom 23. April 2015 im Internet Archive )
  6. Wundersame Vermehrung. In: Der Spiegel vom 27. September 1982.
  7. ART FAIR: Antiquitaten auf der Kunstmesse in Herrenhausen. Abgerufen am 23. Oktober 2021 .
  8. Im Technikmuseum gehen die Lichter aus. Abgerufen am 23. Oktober 2021 .
  9. Claudia Herstatt: Kunstmarkt Warum kauft ein Scheich Wurzburger Antiquitaten? In: zeit.de . 3. Januar 2008, abgerufen am 27. Januar 2024 .
  10. Museum kauft ratselhafte Zinndose. 10. August 2012, abgerufen am 23. Oktober 2021 .