Amalia Regina von Zinzendorf

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Portrat von Grafin Amalia Regina von Zinzendorf und auf Schloss Castell.
Totenschild Amalia Reginas in der evangelischen Marktkirche Ortenburg . Es befindet sich an der Decke im Kirchenschiff uber dem Eingang zur graflichen Gruft.

Amalia Regina (auch Amalie Regina ) von Zinzendorf und Pottendorf , verheiratete Reichsgrafin von Ortenburg (* 2. November 1663 in Regensburg ; † 15. April 1709 in Ortenburg ) war die zweite Tochter von Maximilian Erasmus von Zinzendorf und Anna Amalia von Dietrichstein .

Nach ihrer Heirat in das grafliche Haus Ortenburg blieb sie zunachst stets im Hintergrund. Als ihr Ehemann jedoch todkrank war bzw. sie vormundschaftlich fur ihren Sohn regierte, war sie fur die kleine Reichsgrafschaft eine Wohltaterin, an die man sich bis heute erinnert. So versohnte sie sich mit der Burgerschaft Ortenburgs und sicherte durch die Einfuhrung der allgemeinen Schulpflicht im Jahre 1703 die Zukunft der Kinder des Marktes.

Leben und Wirken [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Uber ihre Kindheit ist nicht sehr viel bekannt. Geboren wurde sie in der evangelischen Reichsstadt Regensburg . Es ist anzunehmen, dass sie einen Großteil ihrer Jugend in den evangelischen Reichsstadten Nurnberg und Regensburg verbrachte.

In ersterer Stadt wurde am 1. Juni 1685 der Ehevertrag zwischen Amalia Regina und dem Ortenburger Grafen Georg Philipp geschlossen. Am selben Tag fand auch die Hochzeit statt. Wahrend der Regentschaft ihres Ehegatten blieb sie stets im Hintergrund. Ihre besondere Frommigkeit zeichnete sie hingegen aus, sie verpasste keine Gebetsstunde in der Kirche.

Am 5. Mai 1702 verstarb schließlich ihr Mann. Mit Zustimmung Kaiser Leopolds I. ubernahm Amalia Regina die Vormundschaft uber ihren Sohn. Zugleich ubernahm sie damit vorlaufig die Regentschaft der Reichsgrafschaft, welche sie bis ins Jahre 1706 innehaben sollte. Die Grafin ubernahm die kleine Grafschaft inmitten der Wirren des Spanischen Erbfolgekrieges (1701?1714). Dennoch konnte sie dafur sorgen, dass Ortenburg zum Großteil verschont blieb, wahrend in ganz Bayern und Osterreich die Stadte und Orte brannten. Um ihren Sohn hingegen vor dem Kriegsdienst fur Kaiser Leopold zu bewahren, sandte sie Johann Georg zu Bildungszwecken in das Vereinigte Konigreich .

Am 2. April 1703 erreichte der Kriegsschauplatz kurzfristig auch Ortenburg. Kaiserliche und sachsische Truppenverbande unter der Fuhrung von General Graf Schlick marschierten in die Grafschaft ein. Die 40 kurfurstlich-bayerischen Soldaten auf dem Marktplatz ergaben sich aufgrund der Gegnerzahl ohne große Gegenwehr und wurden gefangen genommen. Kurz darauf zogen die Truppen zu Schloss Alt-Ortenburg und ließen es offnen. Bereits einen Tag spater zogen die kaiserlichen Truppen weiter. Von da an lebte Ortenburg wieder in Frieden.

Wohltaterin der Grafschaft [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Versohnung mit der Bevolkerung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Nach dem Tod ihres Mannes machte sich die Grafin daran, sich mit den Burgern Ortenburgs wieder zu versohnen. Seit 1698 schwelte zwischen dem Grafengeschlechte und den Marktbewohnern ein Streit um die Steuern . Dieser wurde zwar im Jahre 1700 mit einem Vergleich gelost, Georg Philipp hingegen weigerte sich einen schriftlichen Vertrag mit seinen Untertanen zu unterzeichnen. Dies fuhrte weiterhin zu Missmut und Protesten der Burger Ortenburgs. Kraft ihrer Vollmachten als Vormund ihres Sohnes Johann Georg nahm sie den Vergleich schriftlich an und beendete damit den Konflikt. [1]

Einfuhrung der allgemeinen Schulpflicht [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die Reichsgrafschaft konnte im Jahre 1703 bereits auf eine genau 140-jahrige Schultradition zuruckblicken. 1563 legte einst Graf Joachim den Grundstock fur die Ortenburger Schule. Mit der Reformationseinfuhrung wurde zugleich festgelegt, den neu eingefuhrten evangelischen Glauben in Ortenburg mit Schulunterricht zu festigen und weiter zu verbreiten. Der Besuch der Schule war jedoch nicht Pflicht, sondern wurde lediglich empfohlen. Im Laufe der Zeit entwickelten sich die Schulmeister zu den Verteidigern des protestantischen Glaubens. In der Zeit katholischer Regenten forderten die Schulmeister vehement das Wissen der evangelischen Lehre.

Ende des 17. Jahrhunderts hatte sich hingegen die schulische Lage des Ortes stark verschlechtert. Einerseits herrschte immer weniger Interesse innerhalb der Bevolkerung, andererseits konnten sich die Eltern die Kosten aufgrund der stetig steigenden finanziellen Belastung nicht mehr leisten. Gefordert wurde dieser Missstand zusatzlich durch den Steuerkonflikt zwischen den Jahren 1698 und 1702 mit dem Grafengeschlecht.

Viele Eltern erkannten nicht die Wichtigkeit von Lesen, Rechnen, Schreiben und unterrichtetem Latein. Im Gegenteil, viele nahmen ihre Kinder aus dem Unterricht und brachten sie zum Pfarrer. Jener sollte den Kindern das Notwendigste an Wissen beibringen. An den evangelischen Lehrmeistern konnte dies nicht liegen, da das Grafengeschlecht stets dafur sorgte, dass hochqualifizierte Lehrmeister an der Schule waren.

Noch zu Lebzeiten ihres Mannes Georg Philipp setzte sich Grafin Amalia Regina fur die Schule ein. Wahrend ihr Mann bereits todkrank war, versandte sie Bittbriefe an protestantische Landesfursten. In den Briefen bat die Grafin um Hilfe und Spenden fur die Sanierung des inzwischen stark verwitterten und heruntergekommenen Schulgebaudes. Amalia Regina war dabei sehr erfolgreich, die Fursten spendeten insgesamt 1874 Gulden und 13 Kreuzer. [2]

Da sie ein besonderes Herz fur Kinder hatte und vor allem dem Nachwuchs in der Grafschaft eine gute Erziehung und Bildung mit auf den Lebensweg geben wollte, fuhrte sie kurz nach ihrer Amtsubernahme am 27. Januar 1703 mit der sogenannten Schulordnung die allgemeine Schulpflicht in Ortenburg ein. Die Grafin folgte somit den meisten protestantischen Fursten im Heiligen Romischen Reich . Die konservativen, katholischen Fursten weigerten sich jedoch ebenso, die Schulpflicht einzufuhren, und so kam es, dass in Ortenburg dies 99 Jahre vor dem bayerischen Umland geschah. Die Schulordnung ließ Amalia Regina 1706 schließlich in die neue Kirchenordnung mit einfließen.

Grundlage fur Amalia Reginas Schulordnung war der sogenannte Gothaer Schulmethodus in der dritten Fassung aus dem Jahre 1672 von Herzog Ernst I. Dieses Werk galt zu jener Zeit als Meisterwerk fur ein schulisches System und bildete den Grundstock fur viele Verordnungen dieser Art. Die Ortenburgerin passte den Schulmethodus gemeinsam mit Georg Serpilius und Johann Konrad Feuerlein an die Umstande in der Reichsgrafschaft an. Laut Forschungen Wilfried Hartlebs lasst sich in der Ortenburger Schulordnung auch indirekt eine Verbindung zu August Hermann Francke erkennen.

In der graflichen Verordnung wurde festgelegt, dass alle Kinder ab dem funften Lebensjahr schulpflichtig waren. Unterrichtsinhalt sollte Lesen, Schreiben und die Erziehung zu einem guten Christen sein. Der Unterricht sollte an allen Wochentagen stattfinden von 7 bis 10 Uhr morgens und 12 bis 15 Uhr nachmittags. Ebenso wurde festgelegt, dass die Kinder sowohl im Sommer als auch im Winter unterrichtet werden sollten. Um auch armen Kindern den Schulbesuch zu ermoglichen, wurden ihnen die Kosten fur den Unterricht und die Schulmaterialien erlassen. Diese wurden stattdessen uber Spenden finanziert.

Da der Grafin bewusst war, dass viele Ortenburger nicht viel von einer Schulbildung hielten, fuhrte sie Regelungen ein, welche sie zwangen, ihre Kinder zur Schule zu bringen. So mussten Eltern fur jeden Tag, an dem das Kind nicht den Unterricht besuchte, eine Strafe zahlen, welche sich pro Tag verdoppelte.

Wohltaten fur die evangelische Kirchengemeinde [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Grafin Amalia Reginas tiefe Glaubigkeit druckte sich auch wahrend ihrer Regentschaft aus. So ließ sie ab 1703 den Innenraum der Marktkirche neu gestalten und in heutiger Form errichten. Grund war, dass die Kirche ehemals nur als Kapelle gedacht war und der Innenraum dem Zustrom von Glaubigen oft nicht gewachsen war. Somit ließ Amalia Regina die Empore erweitern und nochmals aufstocken. Dabei wurde das Kirchenschiff um die neuen Emporenaufgange verlangert. Ebenso wurde der Altarraum umgestaltet, sodass vor die Tumba Graf Joachims der neue Altar errichtet wurde. Der Umbau wurde 1706 schließlich fertiggestellt. Im selben Jahr fuhrte die Grafin eine neue Kirchenordnung ein, darin wurde die Schulordnung ebenso integriert, aber auch die Konfirmation wurde endgultig festgeschrieben, diese hatte sie bereits 1703 mit der Schulpflicht in Ortenburg eingefuhrt. Des Weiteren grundete Amalia Regina eine Pfarrbibliothek.

Nachkommen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Aus der Ehe mit Georg Philipp entstammen folgende Kinder:

  • Johann Georg (* 14. November 1686 in Ortenburg; † 4. November 1725 ebenda), Graf von Ortenburg ? (I) Susanne Louise (* 3. Oktober 1692 in Nurnberg; † 3. Marz 1709 in Ortenburg), Grafin von Zinzendorf und Pottendorf ; ? (II) Maria Albertina (* 20. Mai 1686 in Usingen ; † 14. Januar 1786 in Ortenburg), Prinzessin von Nassau-Saarbrucken in Usingen
  • Albrecht Friedrich (* 16. November 1687 in Ortenburg; † 18. Marz 1688 ebenda)

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Wilfried Hartleb: Die Schulreform der Grafin Amalia Regina In: Ortenburg ? Reichsgrafschaft und 450 Jahre Reformation (1563?2013) , Ortenburg 2013 (S. 228?245).
  • Wilfried Hartleb: Die Einfuhrung der Konfirmation in Ortenburg im Jahr 1703 In: Ortenburg ? Reichsgrafschaft und 450 Jahre Reformation (1563?2013) , Ortenburg 2013 (S. 224?227).
  • Stefan Wild: Die wichtigsten Ereignisse nach Graf Joachims Tod bis ins Jahr 1787. In: Ortenburg ? Reichsgrafschaft und 450 Jahre Reformation (1563?2013) , Ortenburg 2013 (S. 202?207).
  • Wilfried Hartleb: Die Schulreform der Grafin Amalia Regina und die Einfuhrung der allgemeinen Schulpflicht im Jahr 1703 in der Reichsgrafschaft Ortenburg. In: 300 Jahre Schulpflicht in Ortenburg ? Schulreform der Grafin Amalia Regina in der Reichsgrafschaft Ortenburg im Jahre 1703 , Ortenburg 2003 (S. 5?46).
  • Friedrich Hausmann : Die Grafen zu Ortenburg und ihre Vorfahren im Mannesstamm, die Spanheimer in Karnten, Sachsen und Bayern, sowie deren Nebenlinien , erschienen in: Ostbairische Grenzmarken ? Passauer Jahrbuch fur Geschichte Kunst und Volkskunde, Nr. 36, Passau 1994 (S. 9?62).
  • Wilfried Hartleb: Das evangelisch-lutherische Schulwesen in der Reichsgrafschaft Ortenburg von der Einfuhrung der Reformation im Jahr 1563 bis zur Ubernahme der Grafschaft durch Bayern im Jahr 1805 (= Schriften der Universitat Passau , Reihe Geisteswissenschaften, Band 9), Passau 1987.
  • Wilfried Hartleb: Schulreform und Einfuhrung der allgemeinen Schulpflicht in Ortenburg im Jahre 1703. In: Ostbairische Grenzmarken ? Passauer Jahrbuch fur Geschichte Kunst und Volkskunde, Nr. 26, Passau 1984 (S. 139?144).
  • Heinz Hans Konrad Schuster: Ortenburg nach dem Tode des Grafen Joachim. In: Hans Schellnhuber (Hrsg.): 400 Jahre Evang.-Luth. Kirchengemeinde Ortenburg 1563?1963 , Ortenburg 1963 (S. 43?48).
  • Carl Mehrmann: Geschichte der evangelisch-lutherischen Gemeinde Ortenburg in Niederbayern ? Denkschrift zur Jubilaumsfeier der 300jahrigen Einfuhrung der Reformation daselbst am 17. und 18. Oktober 1863 , Landshut 1863 ( Digitalisat ).

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Amalia Regina von Zinzendorf  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Carl Mehrmann: Geschichte der evangelisch-lutherischen Gemeinde Ortenburg in Niederbayern ? Denkschrift zur Jubilaumsfeier der 300-jahrigen Einfuhrung der Reformation daselbst am 17. und 18. Oktober 1863 , S. 85.
  2. Wilfried Hartleb: Schulreform und Einfuhrung der allgemeinen Schulpflicht in Ortenburg im Jahre 1703 .