Althochdeutsche Sprache

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Althochdeutsch

Gesprochen in

im Ostteil des Frankenreichs , spater im Heiligen Romischen Reich , von der sogenannten ? Benrather Linie “ im Norden bis zur romanischen , slawischen und anfangs ?awarischen“ , dann ungarischen Sprachgrenze
Sprecher seit ca. 1050 keine mehr
Linguistische
Klassifikation
Sprachcodes
ISO 639 -1

?

ISO 639 -2

goh

ISO 639 -3

goh

Als althochdeutsche Sprache oder Althochdeutsch (abgekurzt Ahd. ) bezeichnet man die alteste schriftlich uberlieferte Sprachstufe des Deutschen , die etwa zwischen 750 und 1050 gesprochen wurde. [1] Ihr unmittelbarer Vorlaufer war das Voralthochdeutsche , das sich vom Althochdeutschen vor allem durch die noch nicht durchgefuhrte Zweite Lautverschiebung unterscheidet und im 5. bis 7. Jahrhundert gesprochen wurde. Das Voralthochdeutsche wiederum ist die sudliche Teilgruppe des Westgermanischen, zu dem auch die Vorlaufer des Altsachsischen, Altfriesischen, Altniederfrankischen und Altenglischen gehoren. Wie das Westgermanische insgesamt ist auch das Voralthochdeutsche nur durch wenige Runeninschriften und Eigennamen in lateinischen Texten belegt.

Das Wort ? deutsch “ erscheint zum ersten Mal in einem Dokument aus dem Jahre 786 in der mittellateinischen Form theodiscus . In einer Kirchenversammlung in England seien die Beschlusse ? tam latine quam theodisce “ verlesen worden, also ?sowohl lateinisch als auch in der Volkssprache“. (Mit dieser Volkssprache war freilich das Altenglische gemeint.) [2] Die althochdeutsche Form des Worts ist erst deutlich spater belegt: In der Abschrift eines antiken Sprachlehrbuches in lateinischer Sprache, vermutlich im zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts angefertigt, fand sich der Eintrag eines Monches, der offenbar das lateinische Wort galeola (Geschirr in Helmform) nicht verstanden hatte. Er muss sich bei einem Mitbruder nach der Bedeutung dieses Wortes erkundigt und die Bedeutung in der Sprache des Volkes hinzugefugt haben. Fur seine Notiz verwendete er die althochdeutsche Fruhform ? diutisce gellit “ (?auf Deutsch ?Schale‘“).

Territoriale Eingrenzung und Gliederung

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Der westgermanische Sprachraum (ohne Altenglisch ) im Fruhmittelalter . [3]
Legende:
  •  Altniederlandische Varietaten
  •  Althochdeutsche Varietaten
  •  Altfriesische Varietaten
  •  Altsachsische Varietaten

  •  Markierung des kontinentalwestgermanischen Dialektkontinuums
  • Das Althochdeutsche war keine einheitliche Sprache, sondern eine Gruppe eng verwandter und wechselseitig gut verstehbarer westgermanischer Dialekte , die sudlich der sogenannten ? Benrather Linie “ (die heute von Dusseldorf - Benrath ungefahr in west-ostlicher Richtung verlauft) gesprochen wurden. Diese Dialekte unterscheiden sich von den anderen westgermanischen Sprachen vor allem durch die Durchfuhrung der Zweiten (oder Hochdeutschen) Lautverschiebung . Die Dialekte nordlich der ?Benrather Linie“, das heißt im Bereich der norddeutschen Tiefebene und im Gebiet der heutigen Niederlande , haben diese Lautverschiebung nicht durchgefuhrt. Diese Dialekte werden zur Unterscheidung vom Althochdeutschen unter der Bezeichnung Altsachsisch (auch: Altniederdeutsch ) zusammengefasst. Aus dem Altsachsischen hat sich das Mittel- und Neuniederdeutsche entwickelt. Auch das Altniederfrankische , aus dem spater das heutige Niederlandisch entstanden ist, hat die zweite Lautverschiebung nicht mitgemacht, so dass dieser Teil des Frankischen ebenfalls nicht zum Althochdeutschen gehort.

    Dagegen hat mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Langobardische im Norditalien des 7. bis 8. Jahrhunderts zu den althochdeutschen Dialekten gehort; die wenigen uberlieferten oder aus italienischen Lehnwortern erschließbaren langobardischen Worte und Eigennamen lassen jedenfalls erkennen, dass auch im Langobardischen die Zweite Lautverschiebung durchgefuhrt worden ist.

    Da das Althochdeutsche eine Gruppe naheverwandter Mundarten war und es im fruhen Mittelalter keine einheitliche Schriftsprache gab, lassen sich die uberlieferten Textzeugnisse den einzelnen althochdeutschen Sprachen zuweisen, so dass man oft treffender von (Alt-) Sudrheinfrankisch , Altbairisch , Alt alemannisch usw. spricht. Diese westgermanischen Varietaten mit der Zweiten Lautverschiebung weisen allerdings eine unterschiedliche Nahe zueinander auf, in der die spateren Unterschiede zwischen Ober- und Mitteldeutsch begrundet sind. So schreibt etwa Stefan Sonderegger , in Bezug auf die raumlich-sprachgeographische Gliederung sei unter Althochdeutsch zu verstehen:

    ?Die altesten Stufen der mittel- und hochfrankischen, d. h. westmitteldeutschen Mundarten einerseits und der alemannisch und bairischen, also oberdeutschen Mundarten andererseits, sowie die in ahd. Zeit erstmals faßbare, aber gleichzeitig schon absterbende Sprachstufe des Langobardischen in Oberitalien . Deutlich geschieden bleibt das Ahd. vom Altsachsischen im anschließenden Norden, wahrend zum Altniederlandisch-Altniederfrankischen und Westfrankischen im Nordwesten und Westen ein gestaffelter Ubergang festzustellen ist.“

    ? Sonderegger [4]

    Althochdeutsche Uberlieferungen und Schriftlichkeit

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    Teil des Hildebrandsliedes , verfasst in althochdeutscher Sprache

    Das lateinische Alphabet wurde im Althochdeutschen fur die deutsche Sprache ubernommen. Hierbei kam es einerseits zu Uberschussen an Graphemen wie <v> und <f> und andererseits zu ?ungedeckten“ deutschen Phonemen wie Diphthongen , Affrikaten (wie /pf/, /ts/, /t?/), und Konsonanten wie /c/ <ch> und /?/ <sch>, die es im Lateinischen nicht gab. Im Althochdeutschen wurde fur das Phonem /f/ auch hauptsachlich das Graphem <f> verwendet, sodass es hier fihu (Vieh), filu (viel), fior (vier), firwizan (verweisen) und folch (Volk) heißt, wahrend im Mittelhochdeutschen uberwiegend fur dasselbe Phonem das Graphem <v> verwendet wurde, hier heißt es dagegen vinsternis (Finsternis), vrouwe (Frau), vriunt (Freund) und vinden (finden). Diese Unsicherheiten, die sich bis heute in Schreibungen wie ?Vogel“ oder ?Vogt“ auswirken, sind auf die beschriebenen Graphemuberschusse des Lateinischen zuruckzufuhren.

    Der alteste erhaltene althochdeutsche Text ist der Abrogans , ein lateinisch-althochdeutsches Glossar. Generell besteht die althochdeutsche Uberlieferung zu einem großen Teil aus geistlichen Texten ( Gebeten , Taufgelobnissen, Bibelubersetzung ); nur vereinzelt finden sich weltliche Dichtungen ( Hildebrandslied , Ludwigslied ) oder sonstige Sprachzeugnisse (Inschriften, Zauberspruche ). Zum offentlichen Recht gehoren die Wurzburger Markbeschreibung oder die Straßburger Eide von 842, die jedoch nur in der Abschrift eines romanischsprachigen Kopisten aus dem 10. und 11. Jahrhundert uberliefert sind.

    Der sogenannte ? Althochdeutsche Tatian “ ist eine Ubersetzung der Evangelienharmonie des syrisch-christlichen Apologeten Tatianus (2. Jahrhundert) in das Althochdeutsche. Er ist zweisprachig (lateinisch-deutsch); die einzige erhaltene Handschrift befindet sich heute in St. Gallen. Der Althochdeutsche Tatian ist neben dem Althochdeutschen Isidor die zweite große Ubersetzungsleistung aus der Zeit Karls des Großen.

    Im Zusammenhang mit der politischen Situation ging im 10. Jahrhundert die Schriftlichkeit im Allgemeinen und die Produktion deutschsprachiger Texte im Besonderen zuruck; ein erneutes Einsetzen einer deutschsprachigen Schriftlichkeit und Literatur ist ab etwa 1050 zu beobachten. Da sich die schriftliche Uberlieferung des 11. Jahrhunderts in lautlicher Hinsicht deutlich von der alteren Uberlieferung unterscheidet, bezeichnet man die Sprache ab etwa 1050 als Mittelhochdeutsch . Als Endpunkt der althochdeutschen Textproduktion wird oft auch der Tod Notkers in St. Gallen 1022 definiert.

    Charakteristika der Sprache und Grammatik

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    Das Althochdeutsche ist eine synthetische Sprache .

    Typisch fur das Althochdeutsche und wichtig fur das Verstandnis bestimmter Formen in spateren Sprachstufen des Deutschen (wie die ruckumlautenden schwachen Verben ) ist der althochdeutsche Primarumlaut . Hierbei bewirken die Laute /i/ und /j/ in der Folgesilbe, dass /a/ zu /e/ umgelautet wird.

    Charakteristisch fur die althochdeutsche Sprache sind die noch vokalisch volltonenden Endungen (siehe Latein ).

    Beispiel vokalisch volltonender Endungen
    althochdeutsch neuhochdeutsch
    mahhon machen
    taga Tage
    demo dem
    perga Berge

    Die Abschwachung der Endsilben im Mittelhochdeutschen ab 1050 gilt als Hauptkriterium zur Abgrenzung der beiden Sprachstufen.

    Das Substantiv hat vier Falle (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ) und Reste eines funften ( Instrumental ) sind noch vorhanden. Man unterscheidet zwischen einer starken (vokalischen) und einer schwachen (konsonantischen) Deklination .

    Deklination der schwachen Substantive
    Numerus Kasus maskulin feminin neutral
    Singular Nom. han o zung a herz a
    Akk. han on, -un zung ?n herz a
    Dat. han en, -in zung ?n herz en, -in
    Gen.
    Plural Nom. han on, -un zung ?n herz un, -on
    Akk.
    Dat. han ?m, -?n zung ?m, -?n herz ?m, -?n
    Gen. han ?no zung ?no herz ?no
    Bedeutung Hahn Zunge Herz

    Weitere Beispiele fur maskuline Substantive sind sterno (Stern), namo (Name), forasago (Prophet), fur feminine Substantive quena (Frau), sunna (Sonne) und fur neutrale ouga (Auge), ?ra (Ohr).

    Personalpronomen

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    Deklination der Personalpronomina im Althochdeutschen
    Numerus Person Genus Nominativ Akkusativ Dativ Genitiv
    Singular 1. ih mih mir m?n
    2. d? dih dir d?n
    3. Maskulinum (h)er inan, in imu, imo (s?n)
    Femininum siu; s?, si sia iro ira, iru
    Neutrum iz imu, imo es, is
    Plural 1. wir unsih uns uns?r
    2. ir iuwih iu iuw?r
    3. Maskulinum sie im, in iro
    Femininum sio
    Neutrum siu
    • Die Hoflichkeitsform entspricht der 2. Person Plural.
    • Neben unser und iuwer findet sich auch unsar und iuwar , [5] und neben iuwar und iuwih findet sich auch iwar und iwih . [6]
    • Bei Otfrid findet sich auch der Genitiv Dual der 1. Person: unker (oder uncher , auch als unkar oder unchar angefuhrt). [7] [8]

    Demonstrativpronomen

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    In der althochdeutschen Periode spricht man allerdings eher noch von dem Demonstrativpronomen , weil sich der bestimmte Artikel als ein grammatisches Phanomen erst im spaten Althochdeutsch aus dem Demonstrativpronomen entwickelt hat. [9]

    Bestimmte Artikel im Althochdeutschen
    Kasus Singular Plural
    mannlich sachlich weiblich mannlich sachlich weiblich
    Nominativ der da? diu d?, dea, dia, die diu, (dei?) deo, dio
    Akkusativ den dea, dia (die)
    Dativ demu, -o deru, -o d?m, d?n
    Genitiv des dera, (deru, -o) deru dera

    Nominativ und Akkusativ sind im Plural recht willkurlich und von Dialekt zu Dialekt unterschiedlich, sodass eine explizite Trennung, welche dieser Formen ausdrucklich den Akkusativ und welche den Nominativ beschreibt, nicht moglich ist. Zudem kann man anhand dieser Aufstellung bereits einen langsamen Zusammenfall der verschiedenen Formen feststellen. Wahrend es im Nominativ und Akkusativ Plural noch viele recht unregelmaßige Formen gibt, sind Dativ und Genitiv, sowohl im Singular als auch im Plural, relativ regelmaßig.

    Auch bei den Verben wird zwischen einer starken (vokalischen) und einer schwachen Konjugation unterschieden. Die Zahl der schwachen Verben war zu jeder Zeit hoher als die der starken Verben, aber die zweite Gruppe war im Althochdeutschen deutlich umfangreicher als heute. Neben diesen beiden Gruppen gibt es die Prateritoprasentien , Verben, welche mit ihrer ursprunglichen Prateritums ­form eine Prasensbedeutung aufweisen.

    Bei den starken Verben kommt es im Althochdeutschen zur Veranderung des Vokals im Grund morphem , welches die lexikalische Bedeutung des Wortes tragt. Die Flexion (Beugung) der Worter wird durch Flexionsmorpheme (Endungen) gekennzeichnet. Man unterscheidet im Althochdeutschen sieben verschiedene Ablautreihen, wobei die siebte nicht auf einen Ablaut , sondern auf Reduplikation zuruckgeht.

    Ablautreihen starker Verben
    Ablautreihe Infinitiv Prasens Prateritum Prat. Plural Partizip
    I. a ? + Konsonant (weder h noch w ) ? ei i i
    b ? + h oder w ?
    II. a io + Konsonant (weder h noch Dental ) iu ou u o
    b io + h oder Dental ?
    III. a i + Nasal oder Konsonant i a u u
    b e + Liquid oder Konsonant o
    IV. e + Nasal oder Liquid i a ? o
    V. e + Konsonant i a ? e
    VI. a + Konsonant a uo uo a
    VII. ?, a, ei, ou, uo oder ? ie ie wie Inf.

    Beispiele in rekonstruiertem und vereinheitlichtem Althochdeutsch:

    Ablautreihe I.a
    r ? tan ? r ? tu ? r ei t ? r i tun ? gir i tan (nhd. reiten, fahren)
    Ablautreihe I.b
    z ? han ? z ? hu ? z ? h ? z i gun ? giz i gan (nhd. bezichtigen, zeihen)
    Ablautreihe II.a
    b io gan ? b iu gu ? b ou g ? b u gun ? gib o gan (nhd. biegen)
    Ablautreihe II.b
    b io tan ? b iu tu ? b ? t ? b u tun ? gib o tan (nhd. bieten)
    Ablautreihe III.a.
    b i ntan ? b i ntu ? b a nt ? b u ntun ? gib u ntan (nhd. binden)
    Ablautreihe III.b.
    w e rfan ? w i rfu ? w a rf ? w u rfun ? giw o rfan (nhd. werfen)
    Ablautreihe IV.
    n e man ? n i mu ? n a m ? n ? mun ? gin o man (nhd. nehmen)
    Ablautreihe V.
    g e ban ? g i bu ? g a b ? g ? bun ? gig e ban (nhd. geben)
    Ablautreihe VI.
    f a ran ? f a ru ? f uo r ? f uo run ? gif a ran (nhd. fahren)
    Ablautreihe VII.
    r ? tan ? r ? tu ? r ie t ? r ie tun ? gir ? tan (nhd. raten)
    Flexionsformen starker Verben am Beispiel werf an (Infinitiv)
    Modus Numerus Person Pronomen Prasens Prateritum
    Indikativ Singular 1. ih wirf u warf
    2. d? wirf is /wirf ist wurf i
    3. er, siu, iz wirf it warf
    Plural 1. wir werf em?s (werf ?n ) wurf um (wurf um?s )
    2. ir werf et wurf ut
    3. sie, siu werf ent wurf un
    Konjunktiv Singular 1. ih werf e wurf i
    2. d? werf ?s /werf ?st wurf ?s /wurf ?st
    3. er, siu, iz werf e wurf i
    Plural 1. wir werf ?m (werf em?s ) wurf ?m (wurf ?m?s )
    2. ir werf ?t wurf ?t
    3. sie, siu werf ?n wurf ?n
    Imperativ Singular 2. wirf
    Plural werf et
    Partizip werf anti / werf enti gi worf an

    Beispiel: werfan ? wirfu ? warf ? wurfun ? giworfan (nhd. werfen) nach der Ablautreihe III. b

    Schwache Verben

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    Die schwachen Verben des Althochdeutschen lassen sich morphologisch und semantisch uber ihre Endungen in drei Gruppen einteilen:

    Verben mit der Endung -jan- mit kausativer Bedeutung (etwas machen, bewirken) sind fur das Verstandnis der im Mittelhochdeutschen sehr haufig und auch heute noch teilweise vorhandenen schwachen Verben mit Ruckumlaut elementar, da hier das /j/ in der Endung den oben beschriebenen Primarumlaut im Prasens bewirkt.

    Formen schwacher Verben mit der Endung -jan- mit kausativer Bedeutung und fur denominative Bildungen am Beispiel * taljan → ahd. zellen ?(auf-, er-, zu-)zahlen, (aus-)sagen, sprechen‘.
    Modus Numerus Person Pronomen Prasens Prateritum
    Indikativ Singular 1. ih zell u zell it a
    2. d? zell is zell it os
    3. er, siu, iz zell it zell it a
    Plural 1. wir zell um?s zell it um
    2. ir zell et zell it ut
    3. sie, siu zell ent zell it un
    Konjunktiv Singular 1. ih zel e zel it i
    2. d? zell ?st zel it ?s
    3. er, siu, iz zel e zel it i
    Plural 1. wir zel ?m zel it ?m
    2. ir zel ?t zel it ?t
    3. sie, siu zel ?n zel it ?n
    Imperativ Singular 2. zel
    Plural zell et
    Formen schwacher Verben mit der Endung -?n mit instrumentaler Bedeutung (etwas benutzen) am Beispiel mahh?n ?machen‘
    Modus Numerus Person Pronomen Prasens Prateritum
    Indikativ Singular 1. ih mahh о?m mahh о?t a
    2. d? mahh о?s mahh о?t о?s
    3. er, siu, iz mahh о?t mahh о?t a
    Plural 1. wir mahh о?m?s mahh о?t um
    2. ir mahh о?t mahh о?t ut
    3. sie, siu mahh о?nt mahh о?t un
    Konjunktiv Singular 1. ih mahh o mahh о?t i
    2. d? mahh о?s mahh о?t ?s
    3. er, siu, iz mahh o mahh о?t i
    Plural 1. wir mahh о?m mahh о?t ?m
    2. ir mahh о?t mahh о?t ?t
    3. sie, siu mahh о?n mahh о?t ?n
    Imperativ Singular 2. mahh o
    Plural mahh ot
    Formen schwacher Verben mit der Endung -?n mit durativer Bedeutung (vollziehen, werden) am Beispiel sag?n ?sagen‘
    Modus Numerus Person Pronomen Prasens Prateritum
    Indikativ Singular 1. ih sag ?m sag ?t a
    2. d? sag ?s sag ?t о?s
    3. er, siu, iz sag ?t sag ?t a
    Plural 1. wir sag ?m?s sag ?t um
    2. ir sag ?t sag ?t ut
    3. sie, siu sag ?nt sag ?t un
    Konjunktiv Singular 1. ih sag e sag ?t i
    2. d? sag ?s sag ?t ?s
    3. er, siu, iz sag e sag ?t i
    Plural 1. wir sag ?m sag ?t ?m
    2. ir sag ?t sag ?t ?t
    3. sie, siu sag ?n sag ?t ?n
    Imperativ Singular 2. sag e
    Plural sag ?t

    Besondere Verben

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    Das althochdeutsche Verb s?n ?sein‘ wird als Verbum substantivum bezeichnet, weil es fur sich allein stehen kann und ein Dasein von etwas beschreibt. Es zahlt zu den Wurzelverben , welche zwischen Stamm- und Flexionsmorphem keinen Bindevokal aufweisen. Diese Verben werden auch als athematisch (ohne Binde- oder Themavokal) bezeichnet. Das Besondere an s?n ist, dass sein Paradigma suppletiv ist, also aus verschiedenen Verbstammen gebildet wird ( idg. * h₁es- ?existieren‘, * b?ueh₂- ?wachsen, gedeihen‘ und * h₂ues- ?verweilen, wohnen, ubernachten‘). Im Konjunktiv Prasens besteht weiterhin das auf * h₁es- zuruckgehende s?n (die mit b -anlautenden Indikativformen gehen hingegen auf * b?eh₂u- zuruck), im Prateritum jedoch wird es durch das starke Verb wesan (nhd. war , ware ; vgl. auch nhd. Wesen ) ersetzt, welches nach der funften Ablautreihe gebildet wird.

    Prasensformen des verbum substantivum : s?n ?sein‘
    Numerus Person Pronomen Indikativ Konjunktiv
    Singular 1. ih bim, bin s?
    2. d? bist s?s, s?st
    3. er, siu, ez ist s?
    Plural 1. wir birum, birun s?n
    2. ir birut s?t
    3. sie, sio, siu sint s?n

    Im Germanischen gab es lediglich zwei Tempora: Das Prateritum fur die Vergangenheit und das Prasens fur die Nicht-Vergangenheit (Gegenwart, Zukunft). Mit Einsetzen der Verschriftlichung und Ubersetzungen aus dem Latein ins Deutsche begann man, deutsche Entsprechungen fur die lateinischen Tempora wie Perfekt , Plusquamperfekt , Futur I und Futur II im Althochdeutschen zu entwickeln. Zumindest Ansatze fur das haben- und sein-Perfekt lassen sich schon im Althochdeutschen ausmachen. Die Entwicklung wurde im Mittelhochdeutschen fortgefuhrt.

    Die Rekonstruktion der Aussprache des Althochdeutschen basiert auf dem Vergleich der uberlieferten Texte mit der Aussprache des heutigen Deutschen, deutscher Dialekte und verwandter Sprachen. Daraus ergeben sich folgende Ausspracheregeln: [10]

    • Vokale sind grundsatzlich kurz zu lesen, es sei denn, sie sind durch einen Uberstrich oder Zirkumflex ausdrucklich als Langvokale gekennzeichnet. Erst im Neuhochdeutschen werden Vokale in offenen Silben lang gesprochen.
    • Die Diphthonge ei, ou, uo, ua, ie, ia, io und iu werden als Diphthonge gesprochen und auf dem ersten Bestandteil betont. Dabei ist zu beachten, dass auch der Buchstabe <v> gelegentlich den Lautwert u hat.
    • Die Betonung liegt immer auf der Wurzel, selbst wenn eine der folgenden Silben einen Langvokal enthalt.
    • Die Lautwerte der meisten Konsonantenbuchstaben entsprechen denen des heutigen Deutsch. Da die Auslautverhartung erst im Mittelhochdeutschen erfolgte, werden <b>, <d> und <g> im Auslaut anders als im heutigen Deutsch stimmhaft gesprochen.
    • Der Graph <th> wurde im fruhen Althochdeutsch als stimmhafter dentaler Frikativ [ð] (wie <th> in Englisch the ) gesprochen, ab etwa 830 aber kann man [d] lesen.
    • <c> wird ? ebenso wie das haufiger auftretende <k> ? als [k] gesprochen, und zwar auch dann, wenn es in Verbindung mit <s> ? also als <sc> ? erscheint.
    • <z> ist zweideutig und steht teils fur [ts], teils fur das stimmlose [s]. Letzteres ist durch die zweite Lautverschiebung aus t hervorgegangen (wie z. B. ahd. ezzan < voralthochdeutsch *etan , wazzar < vahd. *watar ).
    • <s> wurde geringfugig anders als heute ausgesprochen, namlich wie im Niederlandischen also mit leichter Tendenz zum [?]; nur deswegen wurde es auch in der Schreibung von <z> (< vahd. t) unterschieden. Diese Differenzierung bestand noch in mittelhochdeutscher Zeit.
    • <h> wird im Anlaut als [h] gesprochen, im In- und Auslaut als [x].
    • <st> wird auch im Wortanlaut [st] gesprochen (nicht wie heute [?t]). Auch in dieser Verbindung wurde s wie im Niederlandischen mit Tendenz zum [?] ausgesprochen und auf dieser Grundlage entwickelte sich <st> spater phonologisch zu [?t] (dies erst im spaten Mittelalter, im Ubergang vom Mittelhochdeutschen zum Fruhneuhochdeutschen; in Sudwestdeutschland bereits im 11. Jahrhundert und dort in allen Stellungen).
    • <ng> wird [ŋg] gesprochen (nicht [ŋ]).
    • <qu> wird geringfugig anders als im heutigen Deutsch (dort: [kv]) ausgesprochen, namlich noch mit Lippenrundung wie im Italienischen (z. B. in acqua Wasser oder quando wann).
    • <uu> (das oft als <w> transkribiert wird) wird wie der englische Halbvokal [ w ] (water) gesprochen. [11]
    1. Grammatik. Glossen. Texte. Winter, Heidelberg 1987, ISBN 3-533-03877-7 .
    2. Worter und Namen. Forschungsgeschichte. Winter, Heidelberg 1987, ISBN 3-533-03940-4 .
    • Rolf Bergmann, Peter Pauly, Claudine Moulin : Alt- und Mittelhochdeutsch. Arbeitsbuch zur Grammatik der alteren deutschen Sprachstufen und zur deutschen Sprachgeschichte. 7. Auflage, Gottingen 2007, ISBN 978-3-525-20836-6 .
    • Wilhelm Braune : Althochdeutsche Grammatik. Halle/Saale 1886; 3. Auflage ebenda 1925 (Auflage letzter Hand; Fortfuhrung unter Karl Helm, Walther Mitzka , Hans Eggers und Ingo Reiffenstein ) (= Sammlung kurzer Grammatiken germanischer Dialekte A, 5). Neuere Auflage z. B. Niemeyer, Tubingen 2004, ISBN 3-484-10861-4 .
    • Euler, Wolfram : Das Westgermanische ? von der Herausbildung im 3. bis zur Aufgliederung im 7. Jahrhundert ? Analyse und Rekonstruktion. 268 S., Verlag Inspiration Unlimited, 2. Auflage, Berlin 2022, ISBN 978-3-945127-41-4 (1. Auflage 2013).
    • Eberhard Gottlieb Graff : Althochdeutscher Sprachschatz oder Worterbuch der althochdeutschen Sprache. I?VI. Berlin 1834?1842, Neudruck Hildesheim 1963.
    • Axel Lindqvist : Studien uber Wortbildung und Wortwahl im Althochdeutschen mit besonderer Rucksicht auf die nominia actionis. In: [Paul und Braunes] Beitrage zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. Band 60, 1936, S. 1?132.
    • Rosemarie Luhr : Die Anfange des Althochdeutschen. In: NOWELE. 66, 1 (2013), S. 101?125. ( dwee.eu [PDF; 422 kB; Volltext])
    • Hans Ferdinand Massmann : Vollstandiger alphabetischer Index zu dem althochdeutschen Sprachschatze von E. G. Graff. Berlin 1846, Neudruck Hildesheim 1963.
    • Eckhard Meineke , Judith Schwerdt: Einfuhrung in das Althochdeutsche (=  UTB . 2167). Schoningh, Paderborn u. a. 2001, ISBN 3-8252-2167-9 .
    • Andreas Nievergelt: Althochdeutsch in Runenschrift. Geheimschriftliche volkssprachige Griffelglossen. 2. Auflage, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-7776-2640-6 .
    • Donald Ringe , Ann Taylor: The Development of Old English. A Linguistic History of English. Band 2: The development of Old English. Oxford 2014, ISBN 978-0-19-920784-8 . [Das Buch analysiert die Entwicklung vom Urgermanischen zum Westgermanischen und damit auch die Vorgeschichte des Althochdeutschen.]
    • Horst Dieter Schlosser : Althochdeutsche Literatur. 2. Auflage, Berlin 2004.
    • Richard Schrodt : Althochdeutsche Grammatik II. Syntax. Niemeyer, Tubingen 2004, ISBN 3-484-10862-2 .
    • Rudolf Schutzeichel : Althochdeutsches Worterbuch. 7. Auflage, De Gruyter, Berlin/Boston 2012, ISBN 978-3-11-026871-3 .
    • Rudolf Schutzeichel (Hrsg.): Althochdeutscher und Altsachsischer Glossenwortschatz. Bearbeitet unter Mitwirkung zahlreicher Wissenschaftler des In- wie Auslandes und im Auftrag der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen. 12 Bande, Tubingen 2004.
    • Stefan Sonderegger : Althochdeutsche Sprache und Literatur. Eine Einfuhrung in das alteste Deutsch. Darstellung und Grammatik. Walter de Gruyter, Berlin [u. a.] 1987, ISBN 3-11-004559-1 .
    • Jochen Splett: Althochdeutsches Worterbuch. Analyse der Wortfamilienstrukturen des Althochdeutschen, zugleich Grundlegung einer zukunftigen Strukturgeschichte des deutschen Wortschatze, I.1?II. Berlin/New York 1992?1993, ISBN 3-11-012462-9 .
    • Taylor Starck, John C. Wells : Althochdeutsches Glossenworterbuch (einschließlich des von Taylor Starck begonnenen Glossenindexes). Heidelberg (1972?)1990 (= Germanische Bibliothek, 2. Reihe: Worterbucher. )
    • Elias Steinmeyer , Eduard Sievers : Die althochdeutschen Glossen. I?V, Berlin 1879?1922; Neudruck Dublin und Zurich 1969.
    • Stiles, Patrick V. (2013). The Pan-West Germanic Isoglosses and the Subrelationships of West Germanic to Other Branches. In Unity and Diversity in West Germanic, I. Special issue of NOWELE 66:1 (2013), Nielsen, Hans Frede and Patrick V. Stiles (eds.), 5 ff.
    Wiktionary: Althochdeutsch  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
    Wiktionary: althochdeutsch  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
    Wikisource: Althochdeutsche Texte  ? Quellen und Volltexte

    Einzelnachweise

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    1. Lars Lober: Deutsche Sprache. In: brockhaus.de. Verlag F. A. Brockhaus / wissenmedia in der inmediaONE [Herausgebendes Organ], Marz 2013, abgerufen am 5. November 2023 ( Gutersloh  ; Munchen ).
    2. Jochen A. Bar: Eine kurze Geschichte der deutschen Sprache ( Memento vom 10. Oktober 2018 im Internet Archive ).
    3. Karte in Anlehnung an: Meineke, Eckhard und Schwerdt, Judith, Einfuhrung in das Althochdeutsche, Paderborn/Zurich 2001, S. 209.
    4. Stefan Sonderegger: Althochdeutsche Sprache und Literatur. S. 4 ( Vorschau in der Google-Buchsuche).
    5. Oscar Schade: Altdeutsches Worterbuch . Halle 1866, S. 664.
    6. Adalbert Jeitteles: K.A. Hahns althochdeutsche Grammatik nebst einigen Lesestucken und einem Glossar 3. Auflage. Prag 1870, S. 36 f.
    7. Otfrid von Weißenburg, Evangelienbuch, Buch III, Kapitel 22, Vers 32
    8. Adalbert Jeitteles: K.A. Hahns althochdeutsche Grammatik nebst einigen Lesestucken und einem Glossar 3. Auflage. Prag 1870, S. 37.
    9. Ludwig M. Eichinger : Flexion in der Nominalphrase. In: Dependenz und Valenz. 2. Halbband, Hg.: Vilmos Agel u. a. De Gruyter, Berlin/New York 2006, S. 1059.
    10. Rolf Bergmann, Claudine Moulin, Nikolaus Ruge: Alt- und Mittelhochdeutsch . Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2011, ISBN 978-3-8252-3534-5 , S. 171ff.
    11. Rolf Bergmann, Claudine Moulin, Nikolaus Ruge: Alt- und Mittelhochdeutsch. Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen 2011, S. 173.