Die
Alliierte Kommission fur Osterreich
entstand im Jahr 1945 nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs
und dem Zusammenbruch des
Deutschen Reiches
. Ihr Sitz war im
Haus der Industrie
am
Schwarzenbergplatz
in
Wien
, dessen sudlicher Teil damals Stalinplatz hieß. Der Tatigkeitszeitraum erstreckte sich vom 4. Juli 1945 bis zum 27. Juli 1955 (Inkrafttreten des
Osterreichischer Staatsvertrages
), also uber fast genau 10 Jahre.
Die
Hauptalliierten
der
Anti-Hitler-Koalition
hatten sich, beginnend mit der
Teheran-Konferenz
1943, mehrfach auf unterschiedlicher Ebene getroffen, um eine Einigung uber das Vorgehen fur die Zeit nach dem Sieg uber das
Großdeutsche Reich
zu erzielen. So hatte die
Casablanca-Konferenz
die Forderung nach einer
bedingungslosen Kapitulation
erhoben und die
Konferenz von Jalta
eine Einteilung in
Besatzungszonen
sowie eine koordinierte Verwaltung und Kontrolle durch eine
Zentrale Kontrollkommission
beschlossen.
Zu
Osterreich
gaben die Alliierten Ende 1943 die
Moskauer Deklaration
ab, nach der sie den
Anschluss von 1938
als nichtig betrachteten und ein
freies und wiederhergestelltes Osterreich
befurworteten.
Nach der
Besetzung
Wiens
durch sowjetische Soldaten am 13. April 1945 erklarten die Vorstande der (wieder)entstandenen Parteien
SPO
,
OVP
und
KPO
am 27. April in einer gemeinsamen
Proklamation uber die Selbstandigkeit Osterreichs
mit Berufung auf diese Deklaration den ?Anschluss“ fur nichtig und bildeten eine
provisorische Staatsregierung
, die zunachst nur von der Sowjetunion, nicht aber den anderen Alliierten, anerkannt wurde.
Nach dem endgultigen militarischen Zusammenbruch des Großdeutschen Reiches und der
bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht
am 8. Mai verkundeten die
Hauptsiegermachte
am 5. Juni mit ihrer
Berliner Deklaration
offiziell die Ubernahme der
Regierungsgewalt
und das dortige
Alliierte Kontrollverfahren
; fur Osterreich kam es am 4. Juli zur Unterzeichnung eines entsprechenden
Abkommens uber die Alliierte Kontrolle
.
In dem
Ersten Kontrollabkommen
vom 4. Juli 1945 wurde von den vier Alliierten eine alliierte Kommission fur Osterreich eingerichtet. Sie bestand aus dem
Alliierten Rat
, dem
Exekutiv-Komitee
und jeweils einem Stab der
Besatzungsmachte
.
Ursprunglich setzte sich der Rat aus den
militarischen (Hoch-)Kommissaren
der Besatzungsmachte zusammen. Angelegenheiten, die alle Besatzungsgebiete betrafen, mussten die Kommissare nach Rucksprache mit ihren jeweiligen
Regierungen
gemeinsam regeln. Volle Entscheidungsbefugnisse hatten sie dagegen in ihrer jeweiligen Besatzungszone. Jedem militarischen Kommissar stand ein politischer Berater zur Seite. Der Rat tagte mindestens alle zehn Tage mit wechselndem Vorsitz. Der Alliierte Rat hatte dafur zu sorgen, dass die Plane ihrer Regierungen im gesamten Land umgesetzt werden.
Das Exekutiv-Komitee bestand aus ranghohen Militars, die ihre jeweiligen Kommissare vertraten und die Ausfuhrung der Beschlusse uberwachten.
Die Stabe hatten verschiedene Aufgaben und teilten sich auf Sachgebiete, wie Militarische, Marine- und Luftfahrt-Angelegenheiten, Wirtschaft, Finanzwesen, Reparationen; Ubergaben und Wiedergutmachungen, Inneres, Arbeit, Rechtsfragen, Kriegsgefangene, Politik und Transport.
Die wichtigsten Aufgaben der Alliierten Kommission fur Osterreich waren:
- die Einhaltung des Waffenstillstands zu gewahrleisten;
- die Trennung vom ubrigen vormaligen Reichsgebiet sicherzustellen;
- eine Zentralverwaltung aufzubauen;
- freie Wahlen
fur eine kunftige Regierung vorzubereiten;
- die ordnungsgemaße Verwaltung sicherzustellen.
Ziel des ersten Kontrollabkommens war, Aufgaben, die von osterreichischen Behorden erledigt werden konnten, zu delegieren. Dazu wurden
Alliierte Kommandanturen
(Kommandantura)
errichtet. Die Interalliierte Kommandantur fur Wien war bis 1953 in Teilen des
Justizpalastes
untergebracht und ubersiedelte dann an den Sitz der Alliierten Kommission.
Die Unterzeichner des Abkommens waren in
London
:
Im Zweiten Kontrollabkommen, das am 28. Juni 1946 abgeschlossen wurde, wurden der osterreichischen Regierung bzw. dem Parlament weitergehende Gesetzgebungsbefugnisse zugestanden. Ein Vetorecht des Alliierten Rats fur gewohnliche Gesetze bestand nur noch innerhalb von 31 Tagen, und da fur jeden Beschluss des Rats Einstimmigkeit erforderlich war, konnte ein Gesetz de facto auch mit der Billigung nur einer Besatzungsmacht in Kraft treten. Nur fur
Verfassungsgesetze
war weiterhin die explizite Zustimmung des Alliierten Rats notwendig und daher die Zustimmung aller vier Besatzungsmachte. Weiters wurde Osterreich erlaubt, mit einer Besatzungsmacht
bilaterale
Vertrage ohne die Zustimmung der anderen Besatzungsmachte abzuschließen. Das war ein wichtiger Punkt bei den nunmehrigen Besitzverhaltnissen des ehemals reichsdeutschen Eigentums. Jetzt war es auch erlaubt, mit den Mitgliedslandern der
UNO
diplomatische Beziehungen aufzunehmen.
[2]
Das Zweite Kontrollabkommen sollte nur fur sechs Monate Gultigkeit haben, blieb aber bis zum 27. Juli 1955 (dem Tag des Wirksamwerdens des
Osterreichischen Staatsvertrags
) in Kraft.
Unterzeichnet wurde dieses Abkommen von den vier
Hochkommissaren
:
Spater wurden die Militars im Kontrollrat durch hohe Beamte der Zivilverwaltung ersetzt. Insbesondere wurden die Hochkommissariate sukzessive in Botschaften umgewandelt (USA 1951, Sowjets 1953). Die alliierte Kommission hatte ihre letzte Sitzung am 27. Juli 1955.
- Manfried Rauchensteiner
:
Der Sonderfall. Die Besatzungszeit in Osterreich 1945?1955
. Herausgegeben vom Heeresgeschichtlichen Museum, Militarwissenschaftliches Institut, Wien. Styria, Graz [u. a.] 1979,
ISBN 3-222-11219-3
.
- ↑
Under-
Secretary of State
, vgl. auch
en:Ronald Ian Campbell
- ↑
Joseph T. Simon:
Augenzeuge
, 1979,
ISBN 3-900336-01-6
, S. 348?352.