Adenosintriphosphat

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Strukturformel
Struktur von Adenosintriphosphat
Allgemeines
Name Adenosintriphosphat
Andere Namen
  • Adenosin-5′-(trihydrogentriphosphat)
  • Adenosin-5′-triphosphorsaure
  • ATP
  • ADENOSINE TRIPHOSPHATE ( INCI ) [1]
Summenformel C 10 H 16 N 5 O 13 P 3
Kurzbeschreibung

farbloser Feststoff [2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 56-65-5
EG-Nummer 200-283-2
ECHA -InfoCard 100.000.258
PubChem 5957
ChemSpider 5742
DrugBank DB00171
Wikidata Q80863
Eigenschaften
Molare Masse 507,18 g· mol ?1
Aggregatzustand

fest

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Satze H: keine H-Satze
P: keine P-Satze [3]
Soweit moglich und gebrauchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Adenosintriphosphat , kurz ATP , ist ein Nukleotid , namlich das Triphosphat des Nucleosids Adenosin .

Adenosintriphosphat ist der universelle und unmittelbar verfugbare Energietrager in Zellen und wichtiger Regulator energieliefernder Prozesse. Das Molekul besteht aus einem Adeninrest , dem Zucker Ribose und drei Phosphaten (α bis γ) in Ester - (α) bzw. Anhydridbindung (β und γ). [4]

Raumliche Struktur des ATP

Adenosintriphosphat wurde 1929 von dem deutschen Biochemiker Karl Lohmann entdeckt. [5] Eine chemische Synthese von ATP wurde erstmals 1949 von James Baddiley und Alexander Robertus Todd veroffentlicht. Die Rolle als Hauptenergiequelle in Zellen wurde 1939 bis 1941 von Fritz Lipmann aufgeklart, [6] nachdem schon Wladimir Alexandrowitsch Engelhardt 1935 gezeigt hatte, dass ATP fur Muskelkontraktionen notwendig ist und Herman Moritz Kalckar 1937 die Kopplung der Zellatmung mit der Biosynthese von ATP nachgewiesen hatte. [7] Untereinheiten der dafur zustandigen ATP-Synthase wurden erstmals von Efraim Racker ab 1960 isoliert. [8]

Auch Prozesse in Zellen benotigen Energie , um chemische Arbeit wie Synthese organischer Molekule, osmotische Arbeit wie aktiven Stofftransport durch Biomembranen und mechanische Arbeit wie bei der Muskelkontraktion zu leisten. Als Ubertrager von Energie wird vornehmlich ATP genutzt. Die Phosphatreste dieses Nukleosidtriphosphats sind uber Phosphor anhydrid -Bindungen ( Saureanhydrid -Bindungen) miteinander verbunden. Durch enzymkatalysierte Hydrolyse konnen eine oder zwei Phosphatgruppen abgespalten werden und es entsteht Adenosindiphosphat (ADP) und Monophosphat oder Adenosinmonophosphat (AMP) und Pyrophosphat . Bei der Spaltung der Phosphatbindungen wird unter Standardbedingungen jeweils 32,3 kJ/mol bei Spaltung einer Bindung oder 64,6 kJ/mol bei Spaltung beider Bindungen fur Arbeitsleistungen nutzbar.

ATP ist ein Cosubstrat der Kinasen , einer Gruppe von phosphatubertragenden Enzymen, die im Metabolismus und bei der Stoffwechselregulation eine Schlusselrolle spielen. Bedeutende Mitglieder der letzteren Gruppe sind die Proteinkinasen , die je nach ihrem Aktivierungsmechanismus als Proteinkinase A (PKA, cAMP -abhangig), Proteinkinase C (PKC, Calcium -abhangig), Calmodulin -abhangige Kinase, oder Insulin-stimulierte Proteinkinase (ISPK, ein Vertreter der Proteinkinase B ) bezeichnet werden, um nur einige Beispiele zu nennen. In Zusammenhang mit dem Begriff Blutzucker wird beispielhaft gezeigt, wie eine Serie von Kinasen zu einer Enzymkaskade zusammengeschaltet sein kann.

ATP (wie auch ADP und Adenosin) ist Agonist purinerger Rezeptoren , die sowohl im zentralen als auch im peripheren Nervensystem eine Rolle spielen. Somit ist es beteiligt an Prozessen wie der Durchblutungsregulation oder der Vermittlung von Entzundungsreaktionen . Es wird nach neuronalen Verletzungen ausgeschuttet und kann die Proliferation von Astrozyten und Neuronen stimulieren.

Aus dem bei der Energieabgabe aus ATP entstandenen AMP bzw. ADP regeneriert die Zelle das ATP. Dafur gibt es zwei verschiedene Wege, die als Substratkettenphosphorylierung und Elektronentransportphosphorylierung (Atmungskette) bezeichnet werden.

Bei der Substratkettenphosphorylierung wird ein Phosphatrest an ein Zwischenprodukt des Abbaus von stofflichen Energiequellen gebunden und nach weiterem Umbau des Zwischenprodukts auf ADP ubertragen.

Bei der Elektronentransportphosphorylierung werden durch einen Transport von Elektronen entlang eines Redox gradienten uber verschiedene Elektronen- und Wasserstoff-Ubertrager in einer Membran Protonen von einem durch die Membran umschlossenen Raum der Zelle in einen anderen transportiert. In Bakterien werden so Protonen nach außen gepumpt. In Eukaryoten finden diese Prozesse in den Mitochondrien statt. Dort werden aus der Matrix des Mitochondriums Protonen in den Intermembranraum exportiert. In beiden Fallen wird ein Protonengradient erzeugt und als chemiosmotisches Potenzial ΔP genutzt, das sich aus einem Protonenkonzentrationsunterschied ΔpH und einer elektrischen Potentialdifferenz ΔΨ zusammensetzt. Der Ruckfluss der Protonen durch das ebenfalls in der Membran lokalisierte Enzym ATP-Synthase treibt die von diesem Enzym katalysierte energieverbrauchende Bindung anorganischer Phosphatreste an das ADP an. In manchen Organismen werden anstatt Protonen Natriumionen verwendet, sie verfugen analog uber eine Na + -abhangige ATP-Synthase.

Bei chemotrophen Organismen werden die Elektronen in Form der Reduktionsmittel NADH , NADPH , FADH 2 oder reduziertes Ferredoxin in die Atmungskette eingespeist. Diese stammen aus dem oxidativen Abbau energiereicher Verbindungen, wie beispielsweise Kohlenhydraten oder Fettsauren. Die Elektronen werden bei aeroben Organismen auf Sauerstoff ubertragen, dabei entsteht Wasser. In der anaeroben Atmung werden andere Elektronenakzeptoren verwendet, beispielsweise Schwefel oder Eisen(II). In beiden Fallen entsteht eine elektrochemische Differenz, die zur ATP-Bildung genutzt wird. Bei Eukaryoten findet der Vorgang in den Mitochondrien , bei Prokaryoten im Cytoplasma statt.

Bei phototrophen Organismen werden nach Absorption von Licht durch Chlorophylle von diesen Elektronen auf einem hohen Energieniveau abgegeben. Die Lichtenergie wird damit genutzt, um eine elektrochemische Differenz zu erzeugen. Bei grunen Pflanzen findet dies in den Chloroplasten , bei Bakterien im Cytoplasma statt. Wegen der Nutzung des Lichts spricht man in diesem Fall von Photophosphorylierung .

Kurzzeitregeneration in Muskelzellen

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Da die oxidative Phosphorylierung in der Atmungskette ein relativ langsamer Prozess ist, muss der ATP-Vorrat in stark beanspruchten Zellen (Muskelzellen) auch kurzfristig wieder aufgefullt werden. Der ATP-Vorrat (in der Muskelzelle ca. 6 mmol/kg Muskel) reicht bei maximaler Kontraktion nur etwa 2?3 Sekunden. Eine Reserve stellen hier Molekule mit hoherem Gruppenubertragungspotenzial als ATP dar. Saugetiermuskelzellen halten einen Vorrat an Kreatinphosphat (21 mmol/kg Muskel; 0,08 % pro Korpergewicht [9] ) bereit. Die Creatin-Kinase katalysiert die Ubertragung der Phosphorylgruppe vom Kreatinphosphat an das ADP. Ist dieser Vorrat nach 6?10 Sekunden verbraucht, mussen die oben genannten Mechanismen die ATP-Regeneration allein tragen.

Energiebereitstellung in Muskelzellen

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Wahrend starker Muskelbeanspruchung bauen Muskelzellen Glucose zu Lactat in der Milchsauregarung ab, um schnell ATP zu erzeugen. Lactat selbst wird in der Leber wieder zu Pyruvat und dann zu Glucose unter ATP-Verbrauch aufgebaut ( Gluconeogenese ). Diese Glucose wird dann wieder dem Muskel als Energiequelle zur Verfugung gestellt. Dieser Kreislauf wird auch als Cori-Zyklus bezeichnet.

Im Notfall werden zur Energieerzeugung auch korpereigene Proteine abgebaut. Proteine werden in Aminosauren zerlegt, und diese meistens zu Pyruvat abgebaut. In einem dem Cori-Zyklus ahnlichen Weg wird Pyruvat zunachst zu Alanin transaminiert und zur Leber transportiert. Dort kehren sich diese Schritte um und die Leber erzeugt aus Pyruvat wieder Glucose, die dem Muskel bereitgestellt wird. Dieser Zyklus wird auch als Glucose-Alanin-Zyklus bezeichnet.

Energiebereitstellung im Herzmuskel

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Der Herzmuskel nutzt Fettsauren als Brennstoff, diese werden in der β-Oxidation in den zahlreichen Mitochondrien abgebaut. Des Weiteren konnen auch Glucose, Lactat (uber Reoxidation zu Pyruvat), Ketonkorper und Glykogen abgebaut werden. Bei hoher Belastung konnen bis zu 60 % der Energie aus der Oxidation von Lactat gewonnen werden.

Konzentrationen

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In der Zelle ist die ATP-Konzentration eine Regelgroße : Das Absinken unter 4?5 mmol/l aktiviert energieliefernde Reaktionen (siehe Phosphofructokinase ); das Ubersteigen des Schwellenwertes bewirkt Energiespeicherung, z. B. durch Bildung von Kreatinphosphat als schnell verfugbaren (ATP-liefernden) Speicher im Muskel oder Aufbau von Glykogen als ?Energiepolster“ in der Leber. Kohlenhydrat- und Proteinspeicher sind allerdings limitiert. Weiterer Energieuberschuss fuhrt (uber Acetyl-CoA ) zur Speicherung von Fett.

Bei einem durchschnittlichen Erwachsenen entspricht die Menge ATP, die taglich in seinem Korper auf- und abgebaut wird, etwa seiner halben Korpermasse. So setzt ein 80 kg schwerer Mann etwa 40 kg ATP am Tag um, was etwa 78,8 mol oder 10 25 Molekulen entspricht, die wieder neu gebildet werden. Bei intensiver korperlicher Arbeit kann der ATP-Umsatz auf 0,5 kg pro Minute ansteigen.

Wiktionary: Adenosintriphosphat  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
  • Reginald H. Garrett, Charles M. Grisham: Biochemistry. 4th edition, international edition. Brooks/Cole, Cengage Learning Services, Boston MA u. a. 2009, ISBN 978-0-495-11464-2 .

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu ADENOSINE TRIPHOSPHATE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 27. Marz 2020.
  2. Eintrag zu Adenosin-5′-triphosphat . In: Rompp Online . Georg Thieme Verlag, abgerufen am 30. Mai 2014.
  3. a b Datenblatt Adenosintriphosphat bei Sigma-Aldrich , abgerufen am 12. Juni 2011 ( PDF ). Vorlage:Sigma-Aldrich/Name nicht angegeben
  4. J. R. Knowles: Enzyme-catalyzed phosphoryl transfer reactions . In: Annual Review of Biochemistry . Band   49 , 1980, S.   877?919 , doi : 10.1146/annurev.bi.49.070180.004305 , PMID 6250450 (englisch).
  5. Uber die Pyrophosphatfraktion im Muskel . In: Naturwissenschaften . Band   17 , Nr.   31 , 1. August 1929, S.   624?625 , doi : 10.1007/BF01506215 .
  6. nobelprize.org: The Nobel Prize in Chemistry 1997 , 15. Oktober 1997 (zur Geschichte des ATP).
  7. H. M. Kalckar: Phosphorylation in Kidney Tissue . In: Enzymologia . Band   2 , 1937, S.   47?53 (englisch).
  8. M. E. Pullman, H. S. Penefsky, A. Datta, E. Racker: Partial resolution of the enzymes catalyzing oxidative phosphorylation. I. Purification and properties of soluble dinitrophenol-stimulated adenosine triphosphatase . In: The Journal of Biological Chemistry . Band   235 , November 1960, S.   3322?3329 , PMID 13738472 (englisch).
  9. Reginald H. Garrett, Charles M. Grisham: Biochemistry. 4th edition, international edition. Brooks/Cole, Cengage Learning Services, Boston MA u. a. 2009, ISBN 978-0-495-11464-2 , S. 849.