Abdus Salam

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Abdus Salam, 1987
Abdus Salam (links) mit dem Intellektuellen Syed Qasim Mahmood

Abdus Salam ( Urdu ??? ?????? DMG ?Abd as-Sal?m ; * 29. Januar 1926 in Jhang , Punjab , Britisch-Indien , heute Pakistan ; † 21. November 1996 in Oxford , England ) war ein pakistanischer Physiker und der erste muslimische Nobelpreistrager fur Physik. Salam befasste sich mit Elementarteilchenphysik und Quantenfeldtheorie und war ein Pionier in der Vereinigung der Naturkrafte seit den 1950er Jahren, was schließlich in das Standardmodell der Elementarteilchen fuhrte, fur das er einer der Begrunder ist ( Elektroschwache Wechselwirkung , dafur erhielt er 1979 mit Sheldon Lee Glashow und Steven Weinberg den Nobelpreis). Er war aber auch aktiv in der Entwicklung von GUTs , Supersymmetrie und Stringtheorie ab den 1970er Jahren, also Themen der Physik jenseits des Standardmodells . Er war der erste pakistanische Nobelpreistrager sowie nach Anwar as-Sadat der zweite Nobelpreistrager muslimischen Glaubens. Er gehorte der Ahmadiyya Muslim Jamaat an.

Abdus Salam wurde als Sohn von Chaudhry Muhammad Hussain und dessen Frau Hajira Hussain im Punjab geboren. Seine Familie gehorte der muslimischen Ahmadiyya -Religionsgemeinschaft an. Im Alter von nur 14 erzielte Salam den hochsten jemals verzeichneten Notendurchschnitt fur die Immatrikulation an der University of the Punjab . Zunachst studierte Salam an der Universitat Punjab (Government College of Punjab, Lahore ) Mathematik . Schon 1943 erfolgte seine erste Veroffentlichung, in der er eine verbesserte Losung eines nichtlinearen algebraischen Gleichungssystems angab, mit dem sich schon S. Ramanujan beschaftigt hatte.

Beginn der wissenschaftlichen Karriere

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1946 schaffte er dank eines Stipendiums den Master -Abschluss. Im selben Jahr bekam er ein Stipendium fur das St John’s College der Universitat Cambridge und verlagerte hier seinen Schwerpunkt auf das Fachgebiet Physik. Er schaffte 1949 den Bachelor of Science in Mathematik und Physik mit einem ?Double First-Class Honour“. Nach seinem erfolgreichen Abschluss promovierte er 1952 bei Nicholas Kemmer in theoretischer Physik. Mit Kemmers Doktoranden Paul Taunton Matthews arbeitete er ab Ende der 1940er Jahre eng uber Renormierungstheorie zusammen und begleitete diesen auch 1949 an die Princeton University . Nach der Promotion kehrte er nach Pakistan zuruck, wo er zunachst am staatlichen College von Lahore und anschließend an der Universitat Punjab lehrte. Da er dort wissenschaftlich isoliert war, entschloss sich Salam, nach Cambridge zuruckzugehen, wo er Lecturer wurde. 1957 wurde er Professor fur theoretische Physik am Imperial College London . Zu seinen Doktoranden zahlen in Cambridge John Moffat und Robert Shaw (1955), der unabhangiger Entdecker der Yang-Mills-Theorie war, und am Imperial College der israelische Mitentdecker der Quarks Yuval Neeman (Imperial College, London, 1961), der mathematische Physiker Ray Streater (1960), Ali Chamseddine , Christopher Isham , Robert Delbourgo (der ein enger Mitarbeiter wurde ahnlich John Strathdee) und Michael Duff .

Grab von Abdus Salam in Rabwah (in der englischen Beschreibung ?First Muslim Nobel Laureate“ wurde das Wort ?Muslim“ entfernt)

Enttauscht von seinen Erfahrungen an den pakistanischen Hochschulen, grundete Salam 1964 das Internationale Zentrum fur theoretische Physik ( ICTP ) in Triest ( Italien ); seine Heimat Pakistan hatte sich an einer solchen wissenschaftlichen Einrichtung nicht interessiert gezeigt. [1] Ein wichtiges Ziel dieser Einrichtung ist die bessere Forderung von jungen Wissenschaftlern aus Entwicklungslandern. Salam wurde Direktor dieser Institution und war ab 1993 bis zu seinem Tod Ehrenmitglied der Leitung. Heutzutage operiert das Zentrum unter der Schirmherrschaft der UNESCO und der Internationalen Atomenergie-Behorde ( IAEO ).

Ein enger Mitarbeiter in Trieste war John Strathdee , der von 1965 bis 1993 mit Salam zusammenarbeitete, davon 32 Jahre am ICTP. Sie teilten sich ein Buro wahrend der Aufenthalte von Salam im ICTP und ihre typische Zusammenarbeit wurde so geschildert, dass der von Ideen ubersprudelnde Salam bei seinen Besuchen am ICTP Strathdee mit seinen Ideen ?bombardierte“ und dieser sie dann mit Disziplin und Hartnackigkeit prufte und ausarbeitete. [2]

Tod und Gedenken

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Abdus Salam starb am 21. November 1996 im Alter von 70 Jahren in Oxford , England an der Parkinson-Krankheit . [3] Er wurde ? ohne jede offizielle Wurdigung ? in Rabwah auf dem Friedhof Bahishti Maqbara beerdigt. Als glaubiges Mitglied der innerhalb Pakistans als Nicht-Muslime geachteten Ahmadiyya -Gemeinschaft ist Salam nur ein einziges Mal von Seiten der pakistanischen Regierung eine Ehrung als erster Nobelpreistrager des Landes zuteilgeworden: 1979, als er durch Prasident Zia ul-Haq mit dem hochsten zivilen staatlichen Orden Nishan-i-Imtiaz ausgezeichnet wurde. Sein wissenschaftlicher Einfluss wurde in seinem Heimatland dagegen aus religios motivierter Intoleranz (1974 Ausschluss der Ahmadiyya aus der muslimischen Gemeinschaft durch Beschluss der pakistanischen Nationalversammlung [4] ) bewusst zuruckgedrangt. Auf seinem Grabstein war fruher ?First Muslim Nobel Laureate“ (erster islamischer Nobelpreistrager) zu lesen. Spater wurde auf Veranlassung eines Lokalpolitikers der Begriff ?Muslim“ gestrichen, so dass heute ?First Nobel Laureate“ auf seinem Grabstein steht. [5]

In Pakistan ist das Abdus Salam Center of Mathematical Sciences an der Government College University in Lahore nach ihm benannt. [6] Im Jahre 2023 entschied das University Management Board des Imperial College, die Zentralbibliothek (Central Library) in Abdus Salam Library umzubenennen. [7]

In den 1950er Jahren beschaftigte er sich mit Renormierungstheorie in der Quantenelektrodynamik (QED), wo er ab seiner Zeit in Cambridge teilweise in Zusammenarbeit mit Matthews Fortschritte beim schwierigen Problem uberlappender Divergenzen in den Feynmandiagrammen erzielte, ein Problem, das bei Freeman Dyson in seinem Beweis der Renormierbarkeit noch offengeblieben war. [8] Außerdem bestimmte er weitere Feldtheorien, diesmal fur Teilchen der starken Wechselwirkung (Mesonenfeldtheorien), die nach dem Vorbild der QED renormierbar sind. [9] Da viele der vorgeschlagenen Theorien nicht-renormierbar waren, suchte man damals andere Wege zu einer Theorie der starken Wechselwirkung, zum Beispiel uber Dispersionsrelationen, und auch hier leistete Salam wichtige Beitrage.

Etwa gleichzeitig mit Chen Ning Yang und Tsung-Dao Lee schlug er die Paritatsverletzung der schwachen Wechselwirkung vor, was ihm allerdings zunachst von Wolfgang Pauli (wie schon zuvor von Rudolf Peierls in Birmingham) ausgeredet wurde, weshalb Lee und Yang die Paritatsverletzung zuerst publizierten. [10] Er legte gleich darauf auch eine V-A-Theorie [11] der Wechselwirkung des Neutrinos mit Elektronen und Myonen vor, [12] wie sie allgemeiner fur die schwache Wechselwirkung auch der Hadronen kurz darauf von Richard Feynman , Gell-Mann und Robert Marshak und Sudarshan eingefuhrt wurde. Schon damals entwickelte er Ideen zu einer vereinheitlichten elektroschwachen Theorie (die bereits eine Yang-Mills-Theorie und schwere Eichbosonen mit Spin 1 verwendete), [13] die damals allerdings noch an dem damals vor der Entdeckung des Higgs-Mechanismus ungelosten Widerspruch von Eichinvarianz und der Masse der Vektor-Eichbosonen scheiterte. Dabei arbeitete er mit John Clive Ward zusammen. [14] 1963 war er an der Entwicklung der Theorien zum spontanen Symmetriebruch beteiligt (der Miterfinder des Higgs-Mechanismus T. W. B. Kibble war ein Kollege am Imperial College), zum Beispiel in einer Arbeit mit Jeffrey Goldstone und Steven Weinberg (der ein Jahr am Imperial College war), in der sie das Goldstonetheorem bewiesen. Dieses Theorem besagt, dass ein solcher spontaner Symmetriebruch mit dem Auftreten masseloser Teilchen verbunden ist. [15] Die endgultige spatere SU(2) x U(1) Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung, fur die er den Nobelpreis bekam, entwickelte er 1967 unabhangig von Steven Weinberg. [16] 1979 teilten sich die beiden Wissenschaftler dafur den Nobelpreis der Physik fur diese Forschungsarbeit mit Sheldon Lee Glashow . Salam entwickelte 1974 mit Jogesh Pati eine der ersten GUT , [17] die die elektroschwache mit der starken Wechselwirkung (der Quantenchromodynamik ) vereinigen sollen. In der zitierten Arbeit mit Pati von 1974 fuhrte er auch Praon -Modelle (und den Namen Praon) ein, das heißt Modelle, bei denen Quarks und Leptonen aus fundamentaleren Fermionen zusammengesetzt sind. Mit John Strathdee fuhrte er 1974 als erster das Konzept des Superraums in die Supersymmetrie ein, [18] als Raum nicht nur mit den ublichen kommutierenden Koordinaten, sondern auch mit antikommutierenden.

Mit Strathdee entwickelte er 1969 nichtlineare Darstellungen der Poincare-Gruppe [19] und behandelte Losungsverfahren fur Feldtheorien mit nichtpolynomialer Wechselwirkung. [20]

Salam erhielt in seiner wissenschaftlichen Karriere zahlreiche Ehrentitel. Er war Mitglied der Royal Society , der American Academy of Arts and Sciences (1971), der National Academy of Sciences (1979), der American Philosophical Society (1992) und der Pakistan Academy of Science ( Islamabad ).

Jahr Auszeichnung Bemerkung
1950 Smith’s Prize Verliehen von der Universitat Cambridge fur den besten Beitrag von Seiten eines Doktoranden
1958 Hopkins Prize Verliehen von der Universitat Cambridge fur die besten Beitrage von 1957 bis 1958
1958 Adams Prize Verliehen von der Universitat Cambridge
1961 Maxwell Medal and Prize Der Maxwell Medal and Prize von der IOP wurde zum ersten Mal vergeben
1964 Hughes-Medaille Verliehen von der Royal Society
1968 Atoms for Peace Award Ford Foundation
1976 Guthrie Medal Eine Auszeichnung der Institute of Physics
1978 Royal Medal Verliehen von der Royal Society
1979 Nobelpreis fur Physik Vergeben von der KVA . Somit ist Salam der erste muslimische Wissenschaftler, der einen Nobelpreis erhalten hat.
1979 Albert Einstein Medaille der UNESCO
1979 Nishan-i-Imtiaz Hochster ziviler Orden Pakistans [21]
1983 Lomonossow-Goldmedaille Vergeben von der Russischen Akademie der Wissenschaften [22]
1990 Premi Internacional Catalunya Katalanischer Kulturpreis

Ehrendoktorwurden

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Jahr Universitat
1957 University of the Punjab , Pakistan
1971 Universitat Edinburgh , Vereinigtes Konigreich
1979 Universitat Triest , Italien
Quaid-i-Azam University, Pakistan
1980 Universidad Simon Bolivar , Venezuela
National University of Engineering, Peru
Yarmouk University , Jordanien
Universitat Breslau , Polen
Universitat Istanbul , Turkei
1981 Aligarh Muslim University , Indien
University of Maiduguri, Nigeria
Guru Nanak Dev University, Indien
Banaras Hindu University , Indien
University of Chittagong, Bangladesch
University of Bristol , Vereinigtes Konigreich
1982 University of the Philippines , Philippinen
1983 Universitat Khartum , Sudan
Universidad Complutense de Madrid , Spanien
1984 City University of New York , Vereinigte Staaten
University of Nairobi , Kenia
1985 National University of Cuyo, Argentinien
National University of La Plata, Argentinien
University of Cambridge , Vereinigtes Konigreich
Universitat Goteborg , Schweden
1986 Universitat Sofia , Bulgarien
Universitat Glasgow , Vereinigtes Konigreich
University of Hefei , China
City University London , Vereinigtes Konigreich
1987 Panjab University , Indien
University of Colombo, Sri Lanka
National University of Benin, Benin
University of Exeter , Vereinigtes Konigreich
Peking-Universitat , China
1988 Universitat Gent , Belgien
1990 National University of Tucuman, Argentinien
Bendel State University, Nigeria
1991 University of Dakar, Senegal
1992 University of Lagos, Nigeria

Salam heiratete 1968 die britische Biochemikerin Louise Johnson . Das Paar hatte einen Sohn und eine Tochter.

  • Gordon Fraser: Cosmic Anger: Abdus Salam ? The First Muslim Nobel Scientist . Oxford University Press, 2008, ISBN 978-0-19-920846-3
  • A. Ali, Isham, Kibble, Riazuddin (Hrsg.): Selected papers of Abdus Salam . World Scientific, 1994
  • Salam - The First ****** Nobel Laureate . Von Anand Kamalakar.(2018).
Commons : Abdus Salam  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Abdus-Salam-Artikel in Pakistan Aleem’s Weblog, Nov. 2006 (engl.)
  2. Gordon Fraser, Cosmic Anger, Oxford UP 2008
  3. Malcolm W. Browne: Abdus Salam Is Dead at 70; Physicist Shared Nobel Prize In: The New York Times , 21. November 1996 (englisch).  
  4. Post Anti Qadiani Ordinance of 1984 ( Memento vom 18. Marz 2015 im Internet Archive ) (englisch)
  5. Isambard Wilkinson: Pakistan clerics persecute 'non Muslims' In: Daily Telegraph , 25. Dezember 2007 (englisch).  
  6. Loring W. Tu The Abdus Salam School of Mathematical Sciences in Pakistan , Notices AMS, 2011, Nr. 7
  7. Michael Haig: Imperial's Central Library will be named the Abdus Salam Library in recognition of the Nobel Prize winning physicist , 30. Juni 2023. Abgerufen am 8. Juli 2023 (englisch).  
  8. Salam Overlapping divergences and the S matrix , Physical Review, Band 82, 1951, S. 217, Divergent integrals in renormalizable field theories , Physical Review, Band 84, 1951, S. 426
  9. Matthews, Salam: Renormalization of meson theories , Reviews of Modern Physics, Band 23, 1951, S. 311
  10. A Tribute to Abdus. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfugbar) am 3. Juli 2011 ; abgerufen am 29. August 2012 .
  11. Vektor-Axialvektor Struktur
  12. Nuovo Cimento, Band 5, 1957, S. 299
  13. Yang-Mills-Theorien wurden 1955 unabhangig von Yang und Mills auch in der Dissertation von Ronald Shaw bei Salam eingefuhrt
  14. Salam, Ward Nuovo Cimento, 1959, S. 568, Nuovo Cimento, Band 19, 1961, S. 165, Physics Letters, Band 13, 1964, S. 168
  15. Goldstone, Salam, Weinberg Broken symmetries Physical Review, Band 127, 1962, S. 965
  16. Salam gibt als letzten Schritt zur elektroschwachen Theorie (gleichzeitig mit Weinberg) seinen Beitrag Weak and Electromagnetic Interaction zu N. Svartholm (Hrsg.), Elementary Particle Theory, Proc. 8th Nobel Symposium, Almqvist und Wiksell, Stockholm 1968, an. Siehe Salam, Gauge unification of fundamental forces, Reviews of Modern Physics, Band 52, 1980, S. 529
  17. Pati, Salam Unified lepton hadron symmetry and a gauge theory of the basic interactions , Physical Review D, Band 8, 1973, S. 1240, dieselben Lepton number as the fourth color , Physical Review D, Band 10, 1974, S. 275
  18. Salam, Strathdee Supergauge-Transformations , Nucl.Phys. B, Band 76, 1974, S. 477?482
  19. Salam Strathdee Nonlinear Realizations I. The Role of Goldstone Bosons , Phys. Review, Band 184, 1969, S. 1750?1759.
  20. Salam, Strathdee Momentum-Space Behavior of Integrals in Nonpolynomial Lagrangian Theories , Physical Review D, Band 1, 1970, S. 1212, 3296?3312
  21. Pakistan: Debasing Nishan-e-Imtiaz ( Memento vom 18. April 2014 im Internet Archive ), Opinion Maker
  22. Lomonossow-Goldmedaille (russisch)