Das
Schillerfest
(auch
Das große Schillerfest
oder
Schillerfeier
) fand anlasslich von
Friedrich Schillers
100. Geburtstag vom 8. bis 10. November 1859 und der 10-jahrigen Wiederkehr der 1848/49er Revolution statt. An allen deutschen Hochschulen und Universitaten wurde des Tages gedacht. In uber 440 deutschen und 50 nichtdeutschen Stadten fanden Schillerfeiern mit Aufmarschen und Fackelzugen statt. Es war das großte Fest, das in Deutschland jemals zu Ehren eines Dichters gefeiert wurde. Seinen Widerhall fand das Schillerfest in zahlreichen Reden und Zeitungsaufsatzen mit nationalem Hintergrund.
Die Schillerfeiern von 1859 markierten das Ende der
Reaktionsara
nach der
Deutschen Revolution 1848/1849
. Die Teilnehmer der Festlichkeiten glaubten der Einheit und Freiheit Deutschlands ein Stuck naher gekommen zu sein. In
Breslau
,
Wurzburg
,
Berlin
und
Wien
entstanden farbentragende und schlagende
Studentenverbindungen
. Historische Bedeutung hatte die Schillerfeier in Prag. Gefeierter Redner war
Alois von Brinz
. In den wenigen Jahren bis zum
Deutschen Krieg
bluhten viele Verbindungen auf.
[1]
Besonders in Osterreich, wo sich aufgrund des Metternichschen Unterdruckungssystems kaum Korporationen wie in den anderen Landern des
Deutschen Bundes
hatten bilden konnen, begann jetzt die Zeit der Grundung von selbstverwalteten studentischen Zusammenschlussen, die aber unter anderen Vorzeichen ablief als im Ubrigen deutschsprachigen Raum. Eine wichtige Voraussetzung war auch der fur Osterreich ungluckliche Ausgang des
Sardinischen Krieges
, der ein Nachlassen des Polizeidrucks, eine neue Verfassung und eine liberale Regierung brachte. Da bot das Schillerfest, das im ganzen deutschsprachigen Raum und daruber hinaus gefeiert wurde, den passenden Anlass.
Auch in spateren Jahren wurden Schillerfeiern oder Schillerfeste veranstaltet, so etwa 1905 in Weimar anlasslich seines 100. Todestages oder seinem 150. Geburtstag 1909.
Das von den Schweizer
Urkantonen
veranstaltete Fest am
Mythenstein
galt vor allem dem Dichter des
Wilhelm Tell
, wahrend man bei den Veranstaltungen in
Bern
und
Zurich
die Grundung des
modernen Schweizer Bundesstaats
im Anschluss an den
Sonderbundskrieg
von 1847/48 mitfeierte.
?Uns hat das Schwert das Vaterland gegrundet“
[2]
dichtete
Gottfried Keller
zur Berner Feier, auch mit Blick auf die als Bedrohung empfundene Abtretung Savoyens durch Sardinien-Piemont an Frankreich. In Zurich waren viele deutsche Emigranten an der Feier beteiligt.
Friedrich Theodor Vischer
hielt den Festvortrag,
Georg Herwegh
dichtete und sprach den Prolog:
?Das Reich der Freiheit hat dir Gott gegrundet“,
O Schweiz, nur dir allein?
Sein
Wort hat
uberall
gezundet;
Das Reich der Freien, es muss großer sein.
[3]
- Eva D. Becker (Hrsg.):
Schiller in Deutschland 1781-1970.
Materialien zur Schiller-Rezeption. Diesterweg, Frankfurt a. M. 1979.
ISBN 3-425-06202-6
- Rainer Noltenius
:
Dichterfeiern in Deutschland.
Rezeptionsgeschichte als Sozialgeschichte am Beispiel der Schiller- und Freiligrath-Feiern. Wilhelm Fink, Munchen 1984.
ISBN 3-7705-2100-5
- Wilhelm Raabe
:
Der Draumling
.
Mit Dokumenten zur Schillerfeier 1859. Aufbau-Verlag, Berlin 1984.
historisch
grafische Darstellung
- Hamburger Festzug zur Gedachtnissfeier des hundertjahrigen Geburtstages Friedr. Schiller's, den 13. November 1859
. Dem Comite fur die Schillerfeier in dankbarer Anerkennung ihrer Verdienste gewidmet von C. Adler. Adler, Hamburg 1859 (
uni-hamburg.de
– Darstellung der Festzugsteilnehmer).
- ↑
Adolf Siegl
:
Die Schillerfeier in Prag vor 100 Jahren, die Wiege der Corps in Osterreich
. Deutsche Corpszeitung 1959, Nr. 6, S. 183
- ↑
Gottfried Keller: ?Prolog zur Schillerfeier in Bern“, in:
Samtliche Werke
, hrsg. von Jonas Frankel, Bd. 1, S. 264?272.
- ↑
Georg Herwegh
:
Prolog zur Schillerfeier in Zurich
im
Projekt Gutenberg-DE