John of Brittany, Earl of Richmond
(
franzosisch
Jean de Bretagne
,
deutsch
Johann von Bretagne
) (*
1266
; †
17. Januar
1334
) war ein bretonisch-englischer
Magnat
aus dem
Haus Dreux
. Als Sohn eines franzosischen Adligen verbrachte er sein Leben als Militar und Diplomat im Dienst der englischen Krone. Als Militar war er dabei wenig erfolgreich, doch er war an fast allen wichtigen Verhandlungen seiner Zeit beteiligt, und seine Zeitgenossen schatzten ihn als geschickten und vertrauenswurdigen Vermittler. Mehrere moderne Historiker bewerten ihn dagegen wahrend der schwierigen Zeit der Herrschaft von
Eduard II.
als politisch unbedeutend.
[1]
[2]
John of Brittany wurde als zweiter Sohn von Herzog
Johann II. von der Bretagne
und von dessen Frau
Beatrix
geboren. Zwischen der
Bretagne
und dem Konigreich England bestanden schon lange enge politische und familiare Bindungen, z. B. war John uber seine Mutter ein Enkel des englischen Konigs
Heinrich III.
Er wurde in England zusammen mit seinem Cousin
Henry
,
[3]
einem Sohn des Thronfolgers
Eduard
erzogen, der allerdings bereits 1274 starb. Zu seinem alteren Bruder
Arthur
hatte er dagegen ein oft angespanntes Verhaltnis. John erhielt in England eine ritterliche Ausbildung und nahm als junger Mann an mehreren
Turnieren
teil.
Wahrend des
Franzosisch-Englischen Kriegs
erhielt John im Oktober 1294 sein erstes eigenes militarisches Kommando. Als
King’s Lieutenant
wurde er zusammen mit
John de St John
und einer Vorausabteilung der englischen Armee in die
Gascogne
geschickt, um die dortigen, von Frankreich besetzten englischen Besitzungen zuruckzuerobern. Dabei konnte John einige Stadte entlang der
Gironde
zuruckgewinnen, jedoch nicht die Hauptstadt
Bordeaux
. Daraufhin machte er
Rions
zu seinem Hauptquartier, wahrend John de St John weiter nach
Bayonne
zog. Wegen einer Revolte seiner eigenen Truppen musste John of Brittany im April 1295 mit einem Schiff aus der Stadt fluchten, so dass die Franzosen die Stadt ohne große Gegenwehr erobern konnten.
[4]
Nach dieser schmachvollen Niederlage blieb John weiter in der Gascogne, doch im Februar 1297 wurde er zusammen mit dem
Earl of Lincoln
von den Franzosen bei
Bellegarde
erneut geschlagen. Trotz dieser militarischen Misserfolge genoss er aber weiterhin die Gunst seines Onkels Eduard I., der ihn fast wie einen Sohn behandelte.
[5]
Wahrend des
Schottischen Unabhangigkeitskriegs
nahm er vermutlich im Juli 1298 an der
Schlacht von Falkirk
und 1300 an der Belagerung von
Caerlaverock Castle
teil. Der Konig belohnte seine Dienste, in dem er ihm im August 1299 eine jahrliche Pension von £ 1000 bewilligte. Durch
Writ of Summons
wurde er am 24. Mai 1305 in das
Parlament
berufen, und nach dem Tod seines Vaters erhob der Konig, der sonst kaum Earlwurden vergab, im Oktober 1306 John anstelle seines alteren Bruders Arthur zum
Earl of Richmond
. Im Gegenzug erbte John offenbar keine Besitzungen seines Vaters in der Bretagne.
Tatigkeit als Diplomat und Politiker unter Eduard II.
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Dienst als Diplomat und als Statthalter von Schottland
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Bereits wahrend des Kriegs in Sudwestfrankreich hatte Richmond, wie er nun genannt wurde, 1294 und 1295 an Verhandlungen mit der
Grafschaft Foix
und mit dem
Konigreich Kastilien
teilgenommen. Am 15. Oktober 1305 ernannte Eduard I. Richmond zum Statthalter und zum
Guardian
des offenbar weitgehend eroberten
Schottlands
. Dort berief Richmond ein
Parlament
nach
Scone
ein, das eine Reform des schottischen Rechts beschloss.
[6]
Im Marz 1307 begleitete er seinen Cousin, den englischen Thronfolger Eduard II., als dieser als Vertreter seines Vaters nach Frankreich reiste. Nachdem Eduard II. im Juli 1307 als Nachfolger seines verstorbenen Vaters neuer Konig geworden war, setzte er im September Richmond wieder als Nachfolger des
Earl of Pembroke
als Statthalter von Schottland ein,
[7]
wo es jedoch zunehmenden Widerstand gegen die englische Herrschaft gab. Im Januar 1308 bestatigte der Konig ihn in seinem Amt als Statthalter.
Vermittelnde Tatigkeit im Konflikt des Konigs mit einer Adelsopposition
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Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Magnaten war Richmond zu dieser Zeit stets ein loyaler Unterstutzer des Konigs.
[8]
Zusammen mit sechs anderen Earls hatte er im August 1307 die Erhebung des koniglichen Gunstlings
Piers Gaveston
zum Earl of Cornwall bezeugt,
[9]
und als 1308 eine Adelsopposition die Verbannung des unbeliebten Gaveston verlangte, war Richmond neben dem
Earl of Lancaster
der einzige Earl, der bereit war, den Konig militarisch zu unterstutzen.
[10]
Richmond blieb Gaveston weiterhin freundschaftlich verbunden,
[11]
allerdings hatte er bedeutend weniger Grundbesitz, Gefolge und Ansehen als die meisten anderen englischen Earls.
[12]
Im Marz 1309 gehorte Richmond der von Bischof
Walter Reynolds
geleiteten Delegation an, die am
Papsthof in Avignon
die Aufhebung der von Erzbischof
Winchelsey
verhangten
Exkommunikation
Gavestons erreichte und die Zustimmung des Papstes fur die Ruckkehr von Gaveston aus dem Exil erhielt.
[13]
Als sich der Konflikt zwischen dem Konig und der Adelsopposition weiter zuspitzte, sollte eine Gruppe von Magnaten, die sogenannten
Lords Ordainer
, ein Reformprogramm fur die Regierung erarbeiten. Obwohl Richmond einer der loyalsten Unterstutzer des Konigs war, wurde er im Marz 1310 als Lord Ordainer bestimmt,
[14]
doch im Gegensatz zu anderen Lords Ordainer wirkte er wenig an der Erstellung der
Ordinances
mit, sondern diente weiter dem Konig.
[15]
Im Herbst 1310 war Richmond im Auftrag des Konigs in die Gascogne gereist, um in einen Konflikt zwischen dem englischen
Seneschall
John de Havering
, den aus der Gascogne stammenden Seneschall des
Agenais
Arnaud Guillaume de Marsan
und dem Baron
Amanieu d’Albret
zu entscheiden. Am 11. Dezember wurde entschieden, den von Havering entlassenen Arnaud Guillaume trotz der Proteste von d’Albret wieder in sein Amt einzusetzen. Kaum hatte Havering Guillaume wieder eingesetzt, legte dieser sein Amt nieder und ubergab es Richmond.
[16]
Im April und Mai 1311 war Richmond zusammen mit Bischof
John Salmon
von Norwich Fuhrer der englischen Delegation, die in
Perigueux
mit Frankreich uber den Status der englischen Besitzungen in Sudwestfrankreich verhandelte. Nach Abschluss der Verhandlungen blieb Richmond im Auftrag des Konigs noch mehrere Monate in der Gascogne, ehe er nach England zuruckkehrte.
In England war im Juni 1312 Gaveston, als er ohne Erlaubnis aus dem Exil zuruckgekehrt war, auf Anordnung einer Gruppe von Magnaten, darunter Lancaster, hingerichtet worden. Um einen drohenden Burgerkrieg zu verhindern, arbeitete Richmond nach seiner Ruckkehr nach England zusammen mit dem Earl of Pembroke und dem
Earl of Gloucester
, mit den papstlichen Legaten
Arnaud Nouvel
und
Arnaud von Poitiers
sowie mit dem franzosischen Gesandten
Louis de Evreux
an einer Aussohnung des Konigs mit den Angehorigen der Adelsopposition. Nach langen Verhandlungen wurde im Dezember 1312 ein offizieller Ausgleich erreicht, doch die politischen Spannungen zwischen den Gruppen bestanden weiter.
[17]
Im Mai 1313 begleitete Richmond den Konig und Konigin
Isabelle
bei deren Staatsbesuch in Frankreich. Aufgrund seiner guten Kontakte zum franzosischen Hof wurde Richmond in Paris besonders freundlich empfangen, und zusammen mit Pembroke und anderen Magnaten verhandelte er offene Fragen bezuglich der englischen Gascogne.
[18]
Der Konig blieb bis Juli zu weiteren Gesprachen in Frankreich, doch weil er in England ein Parlament einberufen hatte, sandte er Richmond und Gloucester am 1. Juli vorzeitig nach London zuruck. Dort eroffneten sie am 8. Juli das Parlament, doch als sich die fur den 16. Juli geplante Ankunft des Konigs noch weiter verzogerte, verließen die Magnaten, darunter auch Richmond, London, so dass keine Beratungen stattfanden.
[19]
Richmond blieb aber weiter ein enger Vertrauter und Ratgeber des Konigs.
[20]
Er verhandelte mit Lancaster und anderen oppositionellen Baronen, eroffnete im Januar 1316 zusammen mit Gloucester und den
Bischofen von Exeter
und Norwich in
Lincoln
erneut ein Parlament.
[21]
In dem Jahr gehorte er auch mit anderen Magnaten und Bischofen einem Ausschuss an, der den koniglichen Haushalt reformieren und unerwunschte Gunstlinge aus dem Haushalt entfernen sollte.
[22]
Trotz dieser Bemuhungen bestanden zwischen dem Konig und Lancaster weiterhin erheblichen Spannungen. Richmond bezeugte im August 1318 den
Vertrag von Leake
, der einen Ausgleich zwischen dem Konig und dem Lancaster schaffen sollte, und gehorte zu den vier Earls, die Mitglied eines neuen, standigen Staatsrats wurden.
[23]
Ab Marz 1320 war Richmond als Gesandter des Konigs wieder im Ausland tatig gewesen,
[24]
und im Juni 1320 traf er Eduard II. in
Amiens
, wo der Konig dem franzosischen Konig
Philipp V.
fur die Gascogne huldigte. Im Februar 1321 nahm er anstelle des
Earl of Hereford
als Gesandter an den Waffenstillstandsverhandlungen mit Schottland teil.
[25]
Hereford gehorte wenig spater zu den aufstandischen
Marcher Lords
, die im
Despenser War
gegen den koniglichen Gunstling
Hugh le Despenser
und dessen
gleichnamigen Vater
rebellierten. Angesichts des Erfolgs der Rebellen zogerte Richmond wie die meisten anderen Unterstutzer des Konigs, sich den Rebellen offen zu widersetzen.
[26]
Stattdessen unterstutzte er im Sommer 1321 deren Forderung, die Despensers aus England zu verbannen.
[27]
Als der Konig jedoch im Oktober militarisch gegen die Rebellen vorging, begann Richmond zusammen mit dem Earl of Pembroke und dem
Earl of Norfolk
die Belagerung von
Leeds Castle
, was der Beginn der offenen Kampfe zwischen dem Konig und den Rebellen war.
[28]
Ende November billigte er die Ruckkehr der Despensers nach England. Am 1. Dezember war er zusammen mit dem
Earl of Arundel
bei der Versammlung der Bischofe zugegen, zu der Erzbischof Reynolds eingeladen hatte und bei der die Bischofe die Ruckkehr der Despensers billigen sollten.
[29]
Im Januar 1322 uberzeugte er mit anderen Anhangern des Konigs den Rebellen
Roger Mortimer of Wigmore
und dessen Onkel
Roger Mortimer of Chirk
, sich zu ergeben.
[30]
Am 11. Marz uberzeugte er mit anderen Magnaten den Konig, Lancaster und die anderen verbliebenen Fuhrer der Rebellion zu Verratern zu erklaren.
[31]
Nachdem Lancaster nach der
Schlacht bei Boroughbridge
gefangen genommen worden war, gehorte Richmond am 22. Marz zu den sieben Richtern, die ihn in
Pontefract Castle
zum Tod verurteilten.
[32]
Dennoch erhielt er vom Konig nur wenige Besitzungen der besiegten Rebellen als Belohnung.
[33]
Nach dem Sieg uber Lancaster und die Rebellen unternahm der Konig im Sommer 1322 einen Feldzug gegen die Schotten. Auch Richmond nahm an dem Vorstoß teil, der jedoch vollig scheiterte. Er deckte im Herbst mit den Ruckzug des Konigs. Dabei wurde er am 14. Oktober von den Schotten in der
Schlacht bei Byland
geschlagen und zusammen mit dem franzosischen Adligen
Henry de Sully
gefangen genommen.
[34]
Erst im Sommer 1324 wurde er nach der Zahlung eines hohen Losegelds von 14.000
Mark
freigelassen. Nach seiner Freilassung reiste er wahrend des
Kriegs von Saint-Sardos
im November 1324 als Gesandter nach Frankreich, im Februar 1325 nach Schottland und im Marz 1325 wieder nach Frankreich. Dann wechselte Richmond jedoch die Seiten. Er kehrte nicht nach England zuruck, sondern blieb in Frankreich, wo bereits Roger Mortimer of Wigmore und andere Gegner des Konigs Zuflucht gefunden hatten. Daraufhin beschlagnahmte der Konig Anfang 1326 seine englischen Besitzungen. Auch Konigin Isabelle und der Thronfolger
Eduard
blieben aus Protest gegen den Einfluss der Despensers auf Eduard II. im franzosischen Exil. Als Statthalter des Thronfolgers, der auch
Herzog von Aquitanien
war, ubernahm Richmond die Verwaltung der Gascogne. Deshalb gehorte er nicht dem Heer an, mit dem Mortimer und Konigin
Isabelle im September 1326 in England landeten
und die Herrschaft von Eduard II. und der Despensers sturzte. Nach dem erfolgreichen Sturz des Konigs erhielt Richmond Weihnachten 1326 seine englischen Besitzungen zuruck. Er blieb jedoch weiter in Frankreich, wo er im Februar 1327 wieder als englischer Gesandter diente. Offenbar kehrte er nicht mehr nach England zuruck, denn er wurde regelmaßig bei den Parlamenten und bei Feldzugen des neuen Konigs Eduard III. wegen seiner Abwesenheit entschuldigt.
John of Brittany war unverheiratet geblieben. Kurz vor seinem Tod uberschrieb er gegen die Zahlung einer jahrlichen Pension von £ 1800 seine englischen Besitzungen an
Mary
, die Witwe des Earl of Pembroke. Dazu erhielt er die franzosischen Besitzungen
Rancon
,
Bellac
,
Champagnac
und
Montignac
, die diese von ihrem Mann geerbt hatte. Diese fielen nach seinem Tod wieder an Mary, bis sie wahrend des Hundertjahrigen Kriegs 1372 von Frankreich beschlagnahmt wurden.
[35]
John wurde in der Kirche der
Franziskanerniederlassung
in
Nantes
begraben. Seinen englischen Titel erbte sein Neffe
Johann III. von der Bretagne
.
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