Lindwurmstraße
205 in Munchen
Das
Haus Lindwurmstraße 205
ist ein
historistisches
Gebaude in
Munchen
, das unter
Denkmalschutz
steht.
[1]
In Form von
Stolpersteinen
, Gedenkveranstaltungen sowie Ausstellungen wird der judischen Geschichte des Hauses besonders gedacht.
Das Gebaude wurde 1897?1899 im Stil der
Deutschen Renaissance
erbaut. Laut Denkmalliste war
Rosa Barbist
die Architektin.
[1]
Das Gebaude in Ecklage besitzt einen markanten
Erkerturm
an der Gebaudeecke
Lindwurmstraße
/Daiserstraße, der mit einer
welschen Haube
abschließt. An der Daiserstraße besitzt es ein die Fassade beherrschendes
Zwerchhaus
. Das als Mietshaus konzipierte Gebaude wurde aus Backstein mit Werksteingliederungen errichtet.
[1]
Die Planung und der Bau wurde vom
Bautechnischen Buro Rosa Barbist
ausgefuhrt. Dass ein Architekturburo von einer Frau geleitet wurde, war im 19. Jahrhundert ?sehr ungewohnlich“.
[2]
Frauen durften in Bayern erst ab 1903 Architektur studieren. Rosa Barbists Architekturburo errichtete in Munchen zwischen 1895 und 1908 insgesamt 54 große Mietsgebaude, von denen einige noch erhalten sind und unter Denkmalschutz stehen.
Das Gebaude erhielt am 10. November 2014 fur die vorbildliche Sanierung der Fassaden den
Fassadenpreis der Landeshauptstadt Munchen
.
[3]
Das Erdgeschoss mit seiner 4,50 Meter hohen Stuckdecke und Granitsaulen, das einst unter anderem das judische Kaufhaus fur Lederwaren
Gutmann
beherbergte, wurde ebenfalls restauriert und zu einem Gastronomiebetrieb umgestaltet.
Um 1900 befand sich im Erdgeschoss des Hauses Lindwurmstraße 205 das
Gasthaus Frohsinn
.
[2]
Die
judischen
Eheleute Gutmann erwarben das Haus um 1910; 1912 eroffneten sie darin das Kaufhaus Gutmann.
[4]
Gutmann wurde im November 1938 im Zuge der
Reichspogromnacht
in das
KZ Dachau
deportiert. Zuvor wurde ihm unter Zwang eine Verzichtserklarung auf den Besitz des Gebaudes und das Kaufhaus abverlangt. Das Haus ging an die Carl Sattler Hausbesitz-Verwertung-Verwaltung,
[2]
von der Josef Rauch aus
Plattling
das Gebaude erwarb. Anschließend zog in das Erdgeschoss das Unternehmen ?Textilwaren Albert Helfferich“ ein.
[2]
Emanuel Gutmann kam ? laut eidesstattlicher Erklarung einer Zeugin ? ?von dort [d.i. KZ Dachau] sterbenskrank zuruck[…].“
[5]
Nach seiner Ruckkehr aus dem KZ Dachau zogen die Eheleute Gutmann in das judische Altersheim in der
Kaulbachstraße
, von wo aus sie im Juni 1942 in das
KZ Theresienstadt
gebracht wurden. Emanuel Gutman kam am 24. Oktober 1943 im KZ Theresienstadt um; Sofie Gutmann verstarb am 11. Oktober 1944 im KZ Theresienstadt.
[6]
[7]
[8]
[9]
Ruckerstattungsverfahren von Seiten der
Erben
und Uberlebenden der Familie ? Sophie Marx’ Schwester Therese Klugmann (1874?1966)
[10]
sowie Sophie Marx’ Bruder Benno Marx (1883?1968)
[11]
? sind nicht erforscht bzw. bekannt. Andere Erbberechtigte wie Sophie Marx’ Bruder Louis Marx (1873?1943)
[12]
[13]
[14]
[15]
sowie Schwester Carolene/Karoline Mayer kamen in der
Shoa
um.
[16]
1979 mietete ein Drogeriemarkt das Erdgeschoss des Hauses und verblieb dort bis in das Jahr 2010. Danach war ein asiatisches Lokal
[2]
dort zu finden. Im Zuge des Umbaus wurde die ursprungliche architektonische Ausstattung des Ladengeschafts wieder hergestellt.
[2]
Im September 2013 wurde erneut ein Gastronomiebetrieb dort eingerichtet.
In den Bauakten des Hauses entdeckten die Besitzer anlasslich der Renovierung des Gebaudes den Vermerk ?Eigentumer: der Jude Gutmann“. Dies gab den Anstoß, uber die Vorbesitzer des Hauses Nachforschungen anzustellen, und am 18. April 2013 schließlich wurden von
Gunter Demnig
vor dem Hauseingang zwei Stolpersteine fur Sofie Gutmann geb. Marx und ihren Ehegatten Emanuel gesetzt.
[6]
Die beiden Stolpersteine waren der 13. und der 14. Stolperstein in Sendling. Wie auch die anderen Munchner Stolpersteine mussten sie auf Privatgrund verlegt werden, da die Stadt Munchen ?gegen die Stolperstein-Aktion“ ist
[17]
und im Jahr 2004 die Verlegung von Stolpersteinen auf offentlichem Grund in Munchen untersagt wurde. Anlasslich der Verlegung der Steine fur das Ehepaar Gutmann forderte
Florian von Brunn
den Munchner Stadtrat auf, die Entscheidung von 2004 zu uberdenken.
[18]
Die Stolpersteine fur das Ehepaar Gutmann zahlen immer noch zu den ?wenigen Stolpersteinen“
[19]
in Munchen.
Am 10. November 2013 wurde vor dem Gebaude eine Gedenkveranstaltung aus Anlass des 75. Jahrestags der Pogromnacht abgehalten. Dabei fand eine ?Verlesung der Geschichte von SOFIE & EMANUEL GUTMANN“
[20]
statt.
Die 2004 gegrundete Initiative ?Historische Lernorte Sendling“, die sich der Recherche aus dem Biographischen Gedenkbuch der Munchner Juden (Stadtarchiv Munchen) widmet, wollte im Jahr 2014 in einer Ausstellung die Geschichte der Familie Gutmann aufzeigen.
[2]
- ↑
a
b
c
Denkmalliste Munchen des Landesamtes fur Denkmalschutz
Akten Nr. D-1-62-000-4007 (PDF; 2,0 MB)
- ↑
a
b
c
d
e
f
g
Kleine Geschichte des Hauses Lindwurmstraße 205
auf cbf-muenchen.de
- ↑
Preistrager 2013 -Das sind Munchens schonste Fassaden
auf www.muenchen.de
- ↑
Emanuel Gutmann war Kaufmann in Munchen und wurde am 29. Dezember 1873 in Gemmingen geboren. Seine Ehefrau Sofie Marx wurde am 16. Mai 1878 als sechstes Kind von Elias/Emil (1838?1914) (vgl.
Daten von Elias und Fanny Marx geb. Ottenheimer
auf steinheim-Institut.de,
Daten von Fanny Marx geb. Ottenheimer
auf ancestry.de,
Eltern und Kinder des Elias Marx
auf ancestry.de) und Fanny/Frumet Marx (1842?1925) geb. Ottenheimer in Heilbronn geboren (vgl. Hans Franke:
Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn. Vom Mittelalter bis zur Zeit der nationalsozialistischen Verfolgungen (1050?1945).
Heilbronn 1963 (=
Veroffentlichungen des Archivs Heilbronn.
Heft 11),
OCLC
600889368
, S. 137, 286, 308, 347, 348, 358, 363).
- ↑
Historische Lernorte Sendling
; Veranstaltungshinweis So 10. November 2013 um 14.00 Uhr auf sendlinger-kulturschmiede.de
- ↑
a
b
Lebensdaten und Fotografien von Sofie & Emanuel Gutmann
(
Memento
vom 24. September 2015 im
Internet Archive
) auf www.stolpersteine-muenchen.de
- ↑
Erinnern ? und lernen fur die Zukunft: 9. November 1938 ?Reichskristallnacht“. Die Beschworung des ?Volkszorns“
Lebensdaten und Fotografien von Sofie & Emanuel Gutmann auf sendlinger-kulturschmiede.de
- ↑
Daten zu Sofie Gutmann geb. Marx
auf Bundesarchiv.de
- ↑
Daten zu Sofie Gutmann geb. Marx
auf ancestry.de
- ↑
Daten von Aron und Therese Klugmann geb. Marx
auf gda.bayern.de Staatsarchiv Munchen
- ↑
Daten von Frida Marx
auf steinheim-Institut.de,
Benno Marx
auf ancestry.de,
Benno Marx
auf ancestry.de
- ↑
Daten von Louis und Hannchen Marx geb. Rothschild
auf www.steinheim-institut.de.
- ↑
Daten von Louis Marx (KZ Sobibor)
auf db.yadvashem.org.
- ↑
Daten von Ludwig Marx
auf Bundesarchiv.de
- ↑
Daten von Louis Marx
auf ancestry.de
- ↑
Daten zu Caroline Marx
auf ancestry.de,
Virtuelle Ausstellung > NS-Zeit (1933-1945) > Terror > Die Opfer des Terrors → Karoline Marx
(
Memento
vom 2. April 2015 im
Internet Archive
) auf stadtgeschichte-Heilbronn.de
- ↑
Aktion in Sendling. Neue Diskussion uber Stolpersteine
auf abendzeitung-muenchen.de
- ↑
Gunter Demnig verlegt zwei Stolpersteine.
(
Memento
vom 23. September 2015 im
Internet Archive
).
- ↑
Kompliziertes Gedenken
auf whatthemuc.wordpress.com
- ↑
Historische Lernorte Sendling
; Veranstaltungshinweis So 10. November 2013 um 14.00 Uhr auf sendlinger-kulturschmiede.de
48.12195
11.54368
Koordinaten:
48° 7′ 19″
N
,
11° 32′ 37,2″
O