Der
Grenzubergang Bornholmer Straße
war ein
Grenzubergang
an der
Berliner Mauer
von 1961 bis 1990; er verband die
Bezirke
Prenzlauer Berg
und
Wedding
im Norden
Berlins
uber die
Bosebrucke
.
Seinen Namen hat er von seiner Lage an der
Bornholmer Straße
, die ? 1903 nach der danischen Ostseeinsel
Bornholm
benannt ? durch die damaligen Bezirke Prenzlauer Berg und Wedding (jetzt Teile der Bezirke
Pankow
beziehungsweise
Mitte
, Ortsteil
Gesundbrunnen
) verlauft. Die Bornholmer Straße ist Teil des außeren Straßenringes aus dem Berliner Bebauungsplan von 1862.
Nach der live ubertragenen Erklarung
Gunter Schabowskis
auf einer Pressekonferenz am
9. November 1989
, einem Donnerstag, gegen 19 Uhr, dass die
DDR
-Burger die Reisefreiheit erhalten wurden, wozu er auf Nachfrage erganzte, dass die Regelungen dazu ?unverzuglich“ gultig seien, war der Grenzubergang Bornholmer Straße nach dem
Grenzubergang Waltersdorfer Chaussee
einer der ersten Grenzubergange in Berlin,
[1]
an dem um 23:30 Uhr die Passkontrollen eingestellt wurden und wo nachfolgend Tausende DDR-Burger die Gelegenheit nutzten, nach
West-Berlin
zu kommen:
Im Laufe des Abends hatten sich nach Schabowkis Erklarung mehr und mehr DDR-Burger am Grenzubergang versammelt, um nach West-Berlin zu gelangen. Der Leiter des Grenzubergangs Bornholmer Straße,
Harald Jager
, ein
Oberstleutnant
der
PKE
, fragte bei seinen Vorgesetzten immer wieder nach, wie weiter zu verfahren sei, erhielt von diesen jedoch keine oder nichtssagende Anweisungen. Nach dem Auslosen eines ?stillen“ (nach außen nicht wahrnehmbaren) Alarms reagierten erst- und letztmals die Vorgesetzten: Es kam die Anweisung (ab etwa 21:20 Uhr), einzelnen Leuten (und zwar ?den großten Schreiern“) die Ausreise zu genehmigen. Der DDR-Personalausweis erhielt dazu einen Stempel halb uber das Lichtbild. Dies sollte eine Wiedereinreise in die DDR verhindern ? die Personen wurden daruber aber nicht in Kenntnis gesetzt.
Es zeigte sich jedoch, dass damit das Problem nicht gelost war: Immer mehr DDR-Burger drangten sich vor dem Grenzubergang und forderten ihre Ausreise. Die Situation verscharfte sich vor Ort weiter. Von seinen Vorgesetzten alleingelassen, ließ Harald Jager, einerseits unter dem Druck der Verhaltnisse, andererseits offenbar zornig uber das Verhalten der Vorgesetzten und vor dem Problem resignierend, am 9. November 1989 nach weiteren zwei Stunden um 23:29 Uhr eigenmachtig und entgegen der Befehlslage die Grenzubergangsstelle offnen und samtliche Passkontrollen einstellen.
[2]
[3]
Der Ubergang wurde damit nach dem Grenzubergang Waltersdorfer Chaussee eine der ersten Stellen, an denen die Berliner Mauer geoffnet wurde. Er galt aber lange als erste.
[1]
Die bis dahin fast 1000 Reisewilligen, die sich an der Grenzubergangsstelle versammelt hatten, durften in den Westen ausreisen.
[4]
Nachdem Harald Jager an die
MfS
-Zentrale durchgegeben hatte, dass er die Schlagbaume geoffnet habe, erhielten die anderen sechs Grenzubergange gegen 24 Uhr von dort die Anweisung, ebenso zu verfahren.
Am ersten Jahrestag des Mauerfalls wurde ostlich der Brucke auf dem Gelande der ehemaligen Grenzubergangsstelle ein Gedenkstein errichtet. Dieser ist aus einem Mauersegment gefertigt. Seine Inschrift lautet:
?An der Brucke Bornholmer Straße offnete sich in der Nacht vom 9. zum 10. November 1989 erstmals [sic] seit dem August 1961 die Mauer. Die Berliner kamen wieder zusammen.
Willy Brandt
: ?Berlin wird leben und die Mauer wird fallen.‘“
Im westlichen
Sprengwerk
der Bosebrucke befindet sich eine Gedenktafel mit der Inschrift
?Bosebrucke 1961?1989 DDR-Grenzubergang / war am 9. November 1989 der erste Grenzubergang der innerdeutschen Grenze, an dem die DDR-Grenzschranken fielen.“
An jedem 9. November versammeln sich an der Bosebrucke in den Abendstunden Berliner Burger sowie die beiden Burgermeister der Bezirke Mitte und Pankow, um bei einem Glas Sekt an die Ereignisse von 1989 zu erinnern.
Im nicht ganz faktengetreuen Fernsehfilm
Bornholmer Straße
aus dem Jahr 2014 (in dem beispielsweise die Hauptfiguren zum Teil andere Namen als die historischen Personen tragen) bilden die Ereignisse dieses Abends das dramatische Hauptmotiv.
[5]
Im Film
Einmal Ku’damm und zuruck
erlangte der Grenzubergang Bornholmer Straße Beruhmtheit durch die Verhaftung des Chefkochs der Schweizer Botschaft,
Peter Gross
.
Harald Jager
, damals Oberstleutnant, bekam den Befehl vom
MfS
, das Auto zu kontrollieren und eine Verhaftung vorzunehmen, da die Vermutung bestand, dass sich im Kofferraum eine weibliche Person befindet.
Unterhalb der Brucke befindet sich der
Bahnhof Bornholmer Straße
der
Berliner S-Bahn
, der von 1961 bis 1990 im weiteren Sinne den
Geisterbahnhofen
in Berlin zugerechnet wird.
[6]
Auf dem Gelande des ehemaligen Grenzubergangs befand sich nach der
deutschen Wiedervereinigung
zeitweilig ein Autohandel. Nach dem Verkauf des Areals an einen Investor wurde auf der Flache Mitte 2011 ein Supermarkt errichtet.
Auf dem ehemaligen Mauerstreifen unterhalb der Bosebrucke verlauft heute ein Teilstuck des
Berliner Mauerweges
mit einer kleinen Allee von
Japanischen Zierkirschen
. Diese Baume sind ein Geschenk der Spendenaktion
Sakura-Campaign
eines
japanischen
Fernsehsenders als Ausdruck der großen Anteilnahme an den Ereignissen der deutschen Wiedervereinigung. Die Zierkirschen sollen Frieden und Ruhe in die Herzen der Berliner bringen, wunschten sich die Japaner.
Am 9. November 2010 wurde an der ostlichen Seite der Bosebrucke nordlich der Bornholmer Straße der
Platz des 9. November 1989
eingeweiht, auf dem eine Bildergalerie mit Fotos der
Maueroffnung
zu sehen ist, mit der an die Geschichte des Grenzubergangs auf der Bosebrucke erinnert wird. Die Finanzierung erfolgte aus dem Vermogen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR. Dieser Ort ist kein
Platz
im stadtebaulichen Sinn, da es an ihm keine Gebaude gibt. Es handelt sich vielmehr um ein schmales, etwa 200 Meter langes Gelandeareal neben der Bornholmer Straße, das durch die noch vorhandene ehemalige Hinterlandsicherungsmauer begrenzt ist. Von dieser durchziehen in unregelmaßigen Abstanden rostende Stahlbander den Bodenbelag. Daran wird chronologisch an die Ereignisse des 9. November 1989 erinnert. Der aus einem Mauersegment gefertigte Gedenkstein wurde vom Gelande der ehemaligen Grenzubergangsstelle auf das neu gestaltete Areal umgesetzt. Bepflanzt ist der Platz mit einer speziellen Zuchtung Japanischer Zierkirschen, die im Fruhjahr, bei mildem Wetter aber auch bereits im November bluht.
[7]
[8]
- ↑
a
b
?Der schonste Irrtum der Geschichte“. ZDF-Dokumentation uber den Fall der Berliner Mauer.
Archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
8. Marz 2022
;
abgerufen am 13. Marz 2022
.
- ↑
9. November
. Auf:
Spiegel
-
DVD
- ↑
Gerhard Haase-Hindenberg:
Der Mann, der die Mauer offnete.
Wilhelm Heyne Verlag, Munchen 2007,
ISBN 978-3-453-62025-4
, S. 202?205.
- ↑
Pressekonferenz und Zitate nach
Hans-Hermann Hertle
:
Chronik des Mauerfalls
, auch
Chronik der Mauer: 9. November 1989.
- ↑
Bornholmer Straße ? Die unglaubliche, aber wahre Geschichte von Oberstleutnant Harald Schafer.
(
Memento
vom 24. Juli 2018 im
Internet Archive
)
ARD
.de, abgerufen am 5. November 2014
- ↑
Horst Bosetzky
:
Die Wahrnehmung der Geisterbahnhofe in West-Berlin.
In: Gerhard Salter, Tina Schaller (Hrsg.):
Grenz- und Geisterbahnhofe im geteilten Berlin.
Christoph Links Verlag, Berlin 2013,
ISBN 978-3-86153-723-6
, S. 81.
- ↑
Informationen uber den Platz des 9. November 1989.
(
Memento
vom 15. April 2010 im
Internet Archive
) berlin.de; abgerufen am 23. April 2010.
- ↑
Wowereit ubergibt neuen Gedenkort
.
In:
Der Tagesspiegel
, 9. November 2010; abgerufen am 10. November 2010
52.554722222222
13.398611111111
Koordinaten:
52° 33′ 17″
N
,
13° 23′ 55″
O