Charles Augustus Lindbergh, Jr.
(*
4. Februar
1902
in
Detroit
,
Michigan
; †
26. August
1974
in
K?pahulu
,
Maui
,
Hawaii
) war ein
US-amerikanischer
Flugpionier
,
Schriftsteller
und
isolationistischer
Politiker der
America-First-Bewegung
Als
Pilot
gelang ihm am 20. und 21. Mai 1927 die erste Alleinuberquerung des Atlantiks durch einen
Nonstopflug
von
New York
nach
Paris
. Fur die Tat, die ihn zu einer der bekanntesten Personen der
Luftfahrtgeschichte
machte, erhielt er den 1919 gestifteten
Orteig-Preis
und die
Medal of Honor
. Fur sein Buch
The Spirit of St. Louis
, eines von mehreren, die er uber seinen Atlantikflug schrieb, wurde ihm 1954 der
Pulitzer-Preis
verliehen.
Nach Beginn des
Zweiten Weltkrieges
wurde der
Antisemit
und
NS
-Sympathisant Lindbergh zu einem exponierten Vertreter des Isolationismus. Er setzte sich offentlich dagegen ein, dass die USA die europaischen Demokratien gegen
Hitler-Deutschland
unterstutzen oder gar selbst in den Krieg eintreten sollten. Daher erlaubte ihm die US-Regierung spater nur bedingt, sich am Krieg gegen
Japan
zu beteiligen.
Charles Augustus Lindbergh, Jr., wurde in Detroit als Sohn des
Rechtsanwalts
und
Kongressabgeordneten
fur
Minnesota
Charles August Lindbergh
(1859?1924) geboren; seine Mutter Evangeline Lodge Land war Chemielehrerin. Sein Großvater vaterlicherseits war
Ola Mansson
(1808?1893), ein einflussreicher
schwedischer
Politiker, der 1859 aufgrund von Korruptionsvorwurfen seine Heimat verlassen und bei seiner Einwanderung in die
Vereinigten Staaten
den Namen
August Lindbergh
angenommen hatte.
[1]
Lindberghs Großvater mutterlicherseits war der Zahnarzt
Charles Henry Land
(1847?1922), der die
Jacketkrone
(Mantelkrone) erfand und als ?Vater der Porzellanzahnheilkunde“ gilt.
[2]
[3]
Schon als Kind interessierte sich Lindbergh fur Motoren und Maschinen. Er begann ein Maschinenbaustudium, das er allerdings 1922, nach knapp zwei Jahren, aufgrund schlechter Leistungen abbrach. Anschließend absolvierte er eine Pilotenausbildung bei der
Nebraska Aircraft Corporation
, die eine Mechanikerausbildung mit einschloss. Da aber kein festes Kursprogramm festgelegt worden war, kam er nur auf wenige Flugstunden. Den abschließenden Alleinflug durfte er nicht absolvieren, da er die 500
US-Dollar
Sicherheitskaution fur mogliche Beschadigungen des Flugzeugs nicht aufbringen konnte.
Einige Monate lang tat sich Lindbergh fur Flugvorfuhrungen mit einem anderen Piloten zusammen, wobei er jedoch nicht selbst flog, sondern nur Fallschirmsprunge unternahm. Danach kaufte er sich ein eigenes Flugzeug, eine
Curtiss JN-4
?Jenny“, mit der er die noch fehlende Erfahrung erwarb und bis 1924 als Kunstflieger durchs Land zog.
In diesem Jahr trat er den US-amerikanischen Heeresfliegern (United States Army Air Service) bei, wo er eine gute Flugausbildung bekam. Nach anfanglichen Schwierigkeiten machte er im Marz 1925 seinen Abschluss als Jahrgangsbester. Da zu jener Zeit fur Militarpiloten wenig Bedarf bestand, wurde Lindbergh
Postflieger
auf der Strecke
St. Louis
?
Chicago
.
Am 9. Juni 1926 wurde Charles Lindbergh in die
Freimaurerloge
Keystone Lodge No. 243
in St. Louis aufgenommen, wo er am 20. Oktober zum Gesellen befordert und am 15. Dezember zum Meister erhoben wurde. Wahrend seines Atlantikflugs trug er das
Freimaurersymbol
als Glucksbringer auf seiner Jacke. Auch sein Flugzeug, die
Spirit of St. Louis
, trug das Zeichen seiner Loge.
[4]
Ab 1926 beschaftigte er sich mit der Idee des
Nonstopflugs
von New York nach Paris. Im Mai 1919 hatte
Raymond Orteig
? ein in Frankreich geborener US-Amerikaner, der es vom Busschaffner zum wohlhabenden Hotelbesitzer gebracht hatte ? einen
Preis
uber 25.000 US-Dollar fur den ersten Nonstopflug zwischen den beiden Stadten, egal in welcher Richtung, ausgesetzt.
[5]
Einige Piloten waren bereits an dieser Aufgabe gescheitert. Lindbergh kontaktierte den ziemlich unbekannten
Flugzeughersteller
Ryan Aeronautical
in San Diego und fragte an, ob Ryan eine einmotorige Maschine fur diese Strecke bauen konne. Ryan nahm die Herausforderung an, und bereits am 28. April 1927 war das Flugzeug nach nur zwei Monaten Entwicklungs- und Bauzeit fertig. Die Maschine wurde
Spirit of St. Louis
getauft. Schon die Uberfuhrung des Flugzeugs von Kuste zu Kuste geschah in Rekordzeit.
Am 20. Mai 1927 um 7:54 Uhr schließlich startete Lindbergh vom
Roosevelt Field
in New York zu seinem Alleinflug, dessen Strecke 5.808,5 km (3.610 Meilen) betrug. Aus Gewichtsgrunden hatte Lindbergh zugunsten maximaler Treibstoffzuladung auf
Funkgerat
und Sextant verzichtet und musste sich deshalb mit
Koppelnavigation
mittels
Armbanduhr
, Karten und
Kompass
begnugen. Großte Probleme bereiteten ihm ein Schneesturm bei
Neufundland
, das er nach New York und
Nova Scotia
uberflog, sowie die Uberwindung der Mudigkeit auf seinem Weg uber Sud
irland
und Sud
england
auf den europaischen
Kontinent
. Die Navigation gelang ihm allerdings besonders gut, denn als er die Kuste von Irland erreichte, war er nur 5 km vom Kurs abgewichen. Es war dann fur ihn relativ leicht, an der Kuste von Irland und England entlang zu fliegen und uber den Armelkanal Frankreich zu erreichen. Paris schließlich fand Lindbergh durch die weithin sichtbare
Beleuchtung des Eiffelturms
mit dem Reklame-Schriftzug
CITROEN
.
In seiner Autobiografie schreibt Lindbergh, dass er mit dem Gedanken spielte, nach
Rom
weiterzufliegen, weil noch reichlich Treibstoff vorhanden war, er dort bei Tageslicht hatte landen konnen, und weil er sich nicht daruber klar war, wie sehr die Franzosen ihn erwarteten. Nach 33,5 Stunden landete er doch auf dem
Flughafen Le Bourget
in Paris unter dem Jubel einer begeisterten Menschenmenge und gewann damit das Preisgeld. Als ?Flying Fool“ (Fliegender Narr) von der Presse tituliert, fand zu seinen Ehren sogar eine
Konfettiparade
in New York statt ? Lindbergh war ein
Nationalheld
geworden.
Lindbergh war jedoch nicht, wie oft behauptet, der Erste uberhaupt, der den Atlantik uberflog. Tatsachlich war er der 67. Mensch, der dies vollbrachte, denn die erste Nonstop-Atlantikuberquerung per Flugzeug gelang bereits 1919
John Alcock
und
Arthur Whitten Brown
. Wenige Tage spater fuhr das englische
Luftschiff
R34
nonstop von England nach Mineola/New York und nach einer Landung nonstop zuruck. Lindbergh gelang jedoch der erste Nonstopflug von New York nach Paris und die
erste Alleinuberquerung
des Atlantiks. Der erste Alleinflug uber den Atlantischen Ozean von Ost nach West gelang am 18. August 1932 dem Schotten
Jim Mollison
.
1929 heiratete Lindbergh
Anne Spencer Morrow
, die Tochter des Geschaftsmanns und Politikers
Dwight Morrow
, der er ebenfalls das Fliegen beibrachte. Anne begleitete spater ihren Mann auf seinen Flugen als Kopilotin und Funkerin. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor, die zwischen 1930 und 1945 geboren wurden (zu den Kindern siehe
Anne Morrow Lindbergh
).
Am 22. Juni 1930 wurde der Sohn Charles III. geboren. Knapp zwei Jahre spater, am 1. Marz 1932, wurde er von Unbekannten
entfuhrt
, die 50.000 US-Dollar
Losegeld
(entspricht inflationsbereinigt 2024 etwa 992.000 US-Dollar) verlangten. Am 12. Mai wurde die bereits stark
verweste
Kinderleiche etwa funf Meilen von Lindberghs Anwesen entfernt gefunden.
[6]
Durch Lindberghs Beruhmtheit erregte der Fall großes Aufsehen. Fur die Tat wurde
Bruno Richard Hauptmann
verurteilt und 1936 hingerichtet. Dieser bestritt stets die Tat, und bis heute gibt es Zweifel an seiner Schuld. Kritisiert wird dabei auch Lindberghs Aussage, die Stimme Hauptmanns zweifelsfrei als die des Losegeldempfangers erkannt zu haben, obwohl er bei der Losegeldubergabe 70 Meter entfernt in einem Auto saß.
[7]
Die Totung des Entfuhrungsopfers trotz Losegeldzahlung hat
Agatha Christie
zu ihrem im Januar 1934 erschienenen Roman
Mord im Orient-Express
inspiriert. Der Fall diente außerdem als Grundlage fur das 1976 veroffentlichte Filmdrama
Die Entfuhrung des Lindbergh-Babys
von
Buzz Kulik
.
Im August 1932, wenige Monate nach dem Tod von Charles III., war der zweite Sohn Jon geboren worden. Charles Lindbergh fuhlte sich durch die standige Anteilnahme der Offentlichkeit nach dem Tod seines ersten Sohnes zunehmend erschopft und war um die Sicherheit des zweiten Kindes besorgt. Auf der Suche nach Ruhe und Sicherheit reiste das Ehepaar Lindbergh mit dem dreijahrigen Kind Jon im Dezember 1935 heimlich von den USA nach England aus: Als einzige Passagiere an Bord eines Frachtschiffs, unter falschem Namen und ausgestattet mit
Diplomatenpassen
, fuhren sie von Manhattan nach
Liverpool
, wo sie am 31. Dezember 1935 ankamen. Die Familie besuchte zunachst Verwandte in
Sudwales
und lebte dann in dem kleinen Dorf Sevenoaks Weald in der Grafschaft
Kent
. 1937 wurde der Sohn Land geboren. Im Marz 1938 kaufte Lindbergh fur 16.000 US-Dollar eine kleine Insel vor der
bretonischen
Kuste: die Ile Illiec bei
Penvenan
. Auf der nur 1,6 Hektar großen Insel wohnte die Familie von Juni bis Anfang Dezember 1938.
[8]
Auf Ersuchen des US-Militars und in seiner Funktion als Oberst des
U.S. Army Air Corps
reiste Lindbergh mehrmals nach Deutschland, um uber die deutsche Luftrustung zu berichten. Dabei traf er sich auch mit hochrangigen NS-Großen wie
Hermann Goring
, von dem er im Oktober 1938 das Großkreuz des
Deutschen Adlerordens
verliehen bekam. Im April 1939 kehrte das Ehepaar Lindbergh wieder in die Vereinigten Staaten zuruck.
Nach der Grundung des
America First Committee
(AFC), einer
isolationistischen
Bewegung, die die Teilnahme der USA am
Zweiten Weltkrieg
zu verhindern suchte, wurde Lindbergh bald der bekannteste Sprecher dieser Organisation. In den Jahren 1940 und 1941 hielt er viel beachtete Radioansprachen und Reden vor Versammlungen mit tausenden von Zuhorern, in denen er ? wie zum Beispiel in einer am 4. August 1940 ausgestrahlten Radioansprache ? dafur eintrat, dass die USA sich aus dem europaischen Krieg heraushalten und sich mit den neuen Machtverhaltnissen in Europa abfinden mussten:
“[…] no outside influence could solve the problems of European nations, or bring them lasting peace. They must work out their destiny, as we must work out ours.”
?Kein Einfluss von außen konnte die Probleme der europaischen Volker losen oder ihnen gar einen dauernden Frieden bringen. Sie (= die europaischen Volker) mussen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, so wie wir unseres in die Hand nehmen mussen.“
[9]
Ferner erklarte er:
“[…] I believe it is of the utmost importance for us to cooperate with Europe … It is only by cooperation that we can maintain the supremacy of our western civilization … Neither they nor we are strong enough to police the earth against the opposition of the other. In the past, we have dealt with a Europe dominated by England and France. In the future we may have to deal with a Europe dominated by Germany.”
?Ich glaube, dass es fur uns von außerster Wichtigkeit ist, mit Europa zusammenzuarbeiten. Nur durch Zusammenarbeit konnen wir die Uberlegenheit unserer westlichen Zivilisation erhalten … Weder sie [die Europaer] noch wir sind stark genug, alleine die Erde gegen den Widerstand der anderen zu regieren. In der Vergangenheit hatten wir mit einem Europa zu tun, das von England und Frankreich dominiert wurde. In Zukunft haben wir moglicherweise mit einem Europa zu tun, das von Deutschland dominiert wird.“
[9]
Lindbergh war, wie sein Biograf Scott Berg schreibt, uberzeugt davon, dass die machtigen USA, von blindem Idealismus geleitet, nicht erkennen konnten, dass die Vernichtung
Hitlers
Europa der Barbarei
Stalins
ausliefere und dadurch moglicherweise der westlichen Zivilisation eine todliche Wunde geschlagen wurde.
[10]
Nachdem Prasident
Roosevelt
am 25. April 1941 auf einer Pressekonferenz im
Weißen Haus
angekundigt hatte, dass Lindbergh wegen seiner politischen Ansichten nicht wieder zum
Aktivdienst
in den Streitkraften einberufen werde, legte dieser am 28. April ?mit tiefstem Bedauern“ seinen Rang als Oberst der Luftwaffe nieder.
[11]
Am 11. September 1941 hielt Lindbergh auf einer AFC-Versammlung in
Des Moines
,
Iowa
, seine beruchtigte Rede
Who are the War Agitators?
, in der er erklarte, die drei wichtigsten Gruppen, die die USA in den Krieg treiben wollten, seien ?die Briten, die Juden und die Regierung Roosevelt“.
[12]
Er sagte zwar, dass die Verfolgung der ?judischen Rasse“ im Deutschen Reich von niemandem, ?dem etwas an der Wurde des Menschen liege“, gutgeheißen werden konne,
[13]
richtete aber gleichzeitig eine deutliche Warnung an die Juden:
“But no person of honesty and vision can look on their pro-war policy here today without seeing the dangers involved in such a policy both for us and for them. Instead of agitating for war, the Jewish groups in this country should be opposing it in every possible way for they will be among the first to feel its consequences. Tolerance is a virtue that depends upon peace and strength. History shows that it cannot survive war and devastations.”
?Doch keine Person mit Ehrlichkeit und Weitsicht kann auf ihre [der Juden] kriegstreiberische Politik blicken, ohne die Gefahren zu erkennen, die solch eine Politik fur uns und fur sie mit sich bringt. Anstatt fur den Krieg zu agitieren, sollten die judischen Gruppen in diesem Land in jeder moglichen Weise dagegen auftreten, weil sie die ersten sein werden, die seine Folgen zu spuren bekommen. Toleranz ist ein Wert, der von Frieden und Macht abhangt. Die Geschichte zeigt, dass sie den Krieg und seine Verwustungen nicht uberlebt.“
[13]
Schließlich wies er seine Zuhorer auch auf die angeblich von den Juden ausgehende ?Gefahr“ fur die Vereinigten Staaten hin:
“Their greatest danger to this country lies in their large ownership and influence in our motion pictures, our press, our radio and our government.”
?Ihre [der Juden] großte Gefahr fur dieses Land liegt in ihrem großen Besitzanteil an und ihrem Einfluss auf unsere Filmindustrie, unsere Presse, unseren Rundfunk und unsere Regierung.“
[13]
Die Des-Moines-Rede trug Lindbergh heftige Kritik von der Presse, judischen Organisationen, Politikern aller Parteien und sogar aus den Reihen des AFC ein. Lindbergh wurde als Sympathisant der
Nationalsozialisten
und als
Antisemit
kritisiert.
[14]
Die Zeitung
Des Moines Register
schrieb beispielsweise, dass diese Rede ?ihn [Lindbergh] fur jeden Fuhrungsanspruch in politischen Angelegenheiten in dieser Republik untauglich“ mache.
[14]
Lindberghs offentliches Ansehen schwand nach dieser Rede enorm, die ferner dazu fuhrte, dass das
FBI
Nachforschungen uber ihn und sein Privatleben anzustellen begann.
[15]
Zeitungen und Rundfunk in Deutschland wurden hingegen von
Goebbels
angewiesen, Lindberghs Reden nicht zu positiv zu kommentieren, da er der Ansicht war, Lob aus Nazi-Deutschland konne fur Lindbergh in den USA kontraproduktiv sein und die erhoffte Wirkung von Lindberghs offentlichen Auftritten beeintrachtigen.
[16]
Das endgultige Aus fur seine Tatigkeit als AFC-Redner kam schließlich mit dem japanischen
Angriff auf Pearl Harbor
und dem
Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg
, der die Selbstauflosung des AFC zur Folge hatte.
Nach Kriegsbeginn beantragte Lindbergh seine Wiederaufnahme in die
United States Army Air Forces
, stieß dabei aber auf Widerstand seitens wichtiger Mitglieder des Kabinetts Roosevelts und bei der Presse. Auch mehrere Versuche, eine Position in der US-Luftfahrtindustrie zu finden, scheiterten zunachst. Schließlich gelang es ihm, mit Billigung der US-Regierung eine Stelle als Berater des Ford-Bomberentwicklungsprogramms in Detroit zu bekommen. In den Folgejahren bildete er Piloten fur das Kampfflugzeug
Corsair
aus und war selbst auch als Testpilot tatig. 1944 erhielt er die Genehmigung zum
pazifischen Kriegsschauplatz
zu reisen, um die
Corsair
im Einsatz zu beobachten. Dort beteiligte er sich auch an von
Neuguinea
ausgehenden Einsatzen gegen japanische Ziele, zunachst noch als Bordbeobachter, schließlich aber auch als Pilot mit einem eigenen Kampfflugzeug. Im Zuge seines Einsatzes bei der
475th FG
unterrichtete er am 3. Juli 1944 die Jagdfliegerpiloten der Staffel in seiner Art des spritsparenden Fliegens. Hintergrund war die Feststellung, dass er nach seinem ersten sechsstundigen Flug mit der Staffel mit 790 Liter mehr Treibstoff in den Tanks zuruckkehrte als seine Kameraden. Dieses war gleichbedeutend mit einem 30-prozentigen Zugewinn an Reichweite.
[17]
Nach rund 50 Kampfeinsatzen und dem Abschuss eines japanischen Kampfflugzeugs im Juli 1944 kehrte er wieder in die USA zuruck, wo er fortan fur ein US-Luftfahrtunternehmen arbeitete.
1953 veroffentlichte Lindbergh den autobiografischen Bericht
The Spirit of St. Louis
uber seinen Pionierflug und dessen Vorbereitung ab September 1926. Fur das Buch erhielt er 1954 den
Pulitzer-Preis
in der
Kategorie Biographie und Autobiographie
. Im gleichen Jahr wurde er auf Empfehlung von US-Prasident
Dwight D. Eisenhower
als Brigadegeneral in die Reserve der
United States Air Force
aufgenommen.
Im Jahr 1930 starb Lindberghs Schwagerin an einer Herzerkrankung.
[18]
Der zu diesem Zeitpunkt 28-jahrige Lindbergh wunderte sich, dass es nicht moglich war, seine Schwagerin durch ein kunstliches Herz zu retten.
[19]
Er wandte sich deshalb an
Alexis Carrel
, welcher zu diesem Zeitpunkt experimenteller Chirurg am
Rockefeller Institute for Medical Research
war. Carrel versuchte damals, Organe außerhalb des Korpers am Leben zu erhalten, um sie dort zu behandeln oder zu untersuchen.
Lindbergh begann 1931 am Rockefeller Institut an der
Perfusion
von Organen außerhalb des Korpers zu forschen und fuhrte diese Studien auch die nachsten Jahre in Frankreich fort. Obwohl die beiden uberraschende Erfolge dabei erzielten, Organe außerhalb des Korpers am Leben zu erhalten, zeigten sich regelmaßig innerhalb von wenigen Tagen fortschreitende degenerative Veranderungen an den Organen.
Trotzdem begann Lindbergh eine Maschine zu bauen, mit der die Organe gerettet werden sollten. Nach vier Jahren hatte er zusammen mit Carrel ein Gerat fertiggestellt, mit dem es moglich war, eine Niere, eine Schilddruse, einen Eierstock oder ein Herz wochenlang im Labor am Leben zu halten.
[20]
Diesem Durchbruch in der medizinischen Forschung verdankten Carrel und Lindbergh 1938 auch eine Platzierung auf dem Cover der amerikanischen Zeitschrift
Time
.
[21]
Spater wurde Lindberghs Pumpe von anderen Wissenschaftlern weiterentwickelt, was letztlich zur Entwicklung der ersten
Herz-Lungen-Maschine
fuhrte.
Sowohl Lindbergh als auch Carrel waren zumindest wahrend ihrer Zusammenarbeit Anhanger der
Eugenik
. Lindbergh berichtete nach dem Zweiten Weltkrieg, dass er besturzt von den Eindrucken aus den Konzentrationslagern in Deutschland war und dass er sich im Bezug auf seine Ansichten zur Eugenik geirrt hat.
[22]
Von 1957 bis zu seinem Tode im Jahr 1974 hatte Lindbergh ein Verhaltnis mit der 24 Jahre jungeren Hutmacherin
Brigitte Hesshaimer
(† 2001) aus
Munchen
. Sie hatten drei gemeinsame Kinder: zwei Sohne und eine Tochter. Die Beziehung blieb bis zum Schluss geheim. Die Kinder kannten die wahre Identitat ihres Vaters nicht, der nur selten zu Besuch kam; fur sie hieß er ?Careu Kent“. Die Tochter Astrid Bouteuil fand spater einen Zeitschriftenartikel uber Lindbergh, entdeckte Fotografien und etwa 150 Briefe von ihm an ihre Mutter. Zwei Jahre nach deren Tod (also im Jahr 2003) trat sie mit ihrem Wissen an die Offentlichkeit. Ein
postumer
Vaterschaftstest
(DNA-Analyse an der Universitat Munchen) im November 2003 bestatigte die Richtigkeit der Vermutungen.
[23]
Daruber hinaus pflegte Lindbergh eine Beziehung zu Brigitte Hesshaimers Schwester Marietta (daraus gingen zwei Sohne hervor) und zu seiner Privatsekretarin Valeska, deren Nachname nicht bekannt ist (daraus gingen ein Sohn und eine Tochter hervor, ihre Namen sind nicht bekannt).
Die sieben Kinder aus diesen Beziehungen wurden in den Jahren 1958 bis 1967 geboren:
- Dyrk (1958?2015), Sohn von Brigitte Hesshaimer
- N. N. (* 1959), Sohn von Valeska
- Astrid (* 1960), Tochter von Brigitte Hesshaimer
- N. N. (* 1961), Tochter von Valeska
- Vago (* 1962), Sohn von Marietta Hesshaimer
- Christoph (* 1966), Sohn von Marietta Hesshaimer
- David (* 1967), Sohn von Brigitte Hesshaimer
Am 26. August 1974 um 7:15 Uhr starb Lindbergh im Alter von 72 Jahren in seinem Haus auf der
Hawaii
-Insel
Maui
an
Lymphdrusenkrebs
.
Sein Grab befindet sich in der Palapala Ho?omau Church
[24]
in K?pahulu, Maui. Auf seinem Grabstein
[25]
steht ein Vers aus
Psalm 139
(
Ps
139,9
ELB
):
“If I take the wings of the morning, and dwell in the uttermost parts of the sea”
?Erhobe ich die Flugel der Morgenrote und ließe mich nieder am außersten Ende des Meeres“
Gedanklich ist hier die Auflosung im nachsten Vers des Psalms zu erganzen: ?… auch dort wurde deine Hand mich leiten und deine Rechte mich fassen.“
1927 wurde Lindbergh durch Beschluss des
US-Kongresses
mit der
Medal of Honor
, der hochsten militarischen Tapferkeitsauszeichnung der USA, ausgezeichnet.
“For displaying heroic courage and skill as a navigator, at the risk of his life, by his nonstop flight in his airplane, the ‘Spirit of St. Louis’, from New York City to Paris, France, 20?21 May 1927, by which Capt. Lindbergh not only achieved the greatest individual triumph of any American citizen but demonstrated that travel across the ocean by aircraft was possible.”
?Fur seinen heldenhaften Mut und seine Fahigkeiten als Navigator, unter Einsatz seines Lebens, beim Nonstopflug mit seinem Flugzeug ‘Spirit of St. Louis’ von New York nach Paris am 20?21. Mai 1927, mit dem Capt. Lindberg nicht nur den großten personlichen Triumph eines jeden amerikanischer Burgers erreichte, sondern auch demonstrierte, dass eine Reise mit dem Flugzeug uber das Meer moglich war.“
?
Verleihungsbegrundung (Citation) bei der Vergabe der
Medal of Honor
an Charles Lindbergh
- 1927:
We
. Deutsch:
Wir zwei. Im Flugzeug uber den Atlantik.
F.A. Brockhaus, Leipzig 1927, in der Reihe ?
Reisen und Abenteuer
“.
- 1953:
The Spirit of St. Louis
. Deutsch:
Mein Flug uber den Ozean
. S. Fischer, Berlin/Frankfurt am Main 1954 (
DNB
453056199
).
- 1978:
Autobiography of Values
(unvollendetes Werk, postum veroffentlicht). Deutsch (ubersetzt von Johannes Eidlitz):
Stationen meines Lebens. Memoiren.
Molden, Wien/Munchen/Zurich/New York 1980,
ISBN 3-217-00945-2
; 1984 Goldmann-TB 6710,
ISBN 3-442-06710-3
.
- In
Plane Crazy
, dem ersten
Micky-Maus
-Stummfilm von 1928, versucht Micky, das Vorbild Lindbergh zu imitieren.
[28]
- In
Puerto Rico
existiert ein gefrorenes Fruchteis namens ?Limber“ (In Anlehnung an Lindbergh), das er am 4. Februar 1928 bei seiner Landung in Puerto Rico angeboten bekommen haben soll.
[29]
- Ein von
Bertolt Brecht
1929 verfasstes ?Radiolehrstuck fur Knaben und Madchen“ mit dem Titel
Der Flug der Lindberghs
hat die Atlantikuberquerung zum Thema. Mit dem Horspiel soll aufgezeigt werden, dass der Atlantikflieger seinen Ozeanflug nicht alleine bewaltigte, sondern wie jeder große Erfinder, Forscher und Herrscher Helfer hatte.
- Der Tanz
Lindy Hop
aus den 1930er Jahren tragt seinen Namen angeblich in Anlehnung an eine Schlagzeile zu Lindberghs Flug.
- Auf dem von
Johnny Bruck
geschaffenen Titelbild des 1962 veroffentlichten
Perry-Rhodan-Heftromans
Nr. 19,
Der Unsterbliche,
wurde die Figur
Perry Rhodan
abgebildet. Sie tragt die Gesichtszuge Charles Lindberghs.
[30]
- Die Entfuhrung des Kindes von Charles Lindbergh wurde 1988 in dem
danischen
Film
Emmas Schatten
thematisiert.
- Auf dem Album
Mesner Tracks
veroffentlicht das deutsche Musikprojekt
Wumpscut
1991 den Titel
Lindbergh
.
- Philip Roth
entwirft 2004 in seinem Roman
Verschworung gegen Amerika
ein
alternativweltgeschichtliches
Szenario, in dem Lindbergh 1940 zum amerikanischen Prasidenten gewahlt wird, woraufhin die USA nicht in den Zweiten Weltkrieg eintreten.
- Die Hard-Rock-Band
Crystal Ball
veroffentlichte 2005 auf ihrem Album
Timewalker
das Musikstuck
Powerflight
, in dem Lindberghs Atlantikflug thematisiert wird.
- Torben Kuhlmann
, Suzanne Levesque:
Lindbergh ? Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus
,
Graphic Novel
, NordSud, Zurich 2014,
ISBN 978-3-314-10210-3
. Diverse Auszeichnungen, u. a. laut Stiftung Buchkunst ?eines der schonsten deutschen Bucher 2014“.
- Im
Phantasialand
eroffnete im Jahr 2020 ein Themenhotel namens
Charles Lindbergh
.
[31]
[32]
- Detlef Michelers:
Charles Lindbergh, Flieger
, Feature, NDR 2002 und CD mit Booklet in Der Audio Verlag, 2002,
ISBN 3-89813-187-4
. Mit Wolf-Dietrich Sprenger, Jens Wawrczeck, Brigitte Rottgers und Wolfgang Kaaven.
- Thomas Kessner:
The Flight of the Century: Charles Lindbergh and the Rise of American Aviation.
Oxford University Press, New York 2012,
ISBN 978-0-19-993117-0
.
- Rudolf Schrock, u. a.:
Das Doppelleben des Charles A. Lindbergh. Der beruhmteste Flugpionier aller Zeiten; seine wahre Geschichte.
Heyne, Munchen 2005,
ISBN 3-453-12010-8
.
- Mark Benecke:
Mordmethoden. Ermittlungen des bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
. Bastei Lubbe, Bergisch Gladbach 2002,
ISBN 3-404-60545-4
.
- Andrew Scott Berg:
Charles Lindbergh. Ein Idol des 20. Jahrhunderts.
Blessing, Munchen 2001,
ISBN 3-89667-089-1
.
- Tim Healey, Andreas Held (Ubers.):
Entdecker und Abenteurer.
Reihe: Unser 20. Jahrhundert. Verlag
Reader’s Digest
? Das Beste, Stuttgart 1999,
ISBN 3-87070-830-1
(mit zahlr. Abb. ? Aus dem Englischen)
- Joyce Milton:
Die Lindberghs, eine Biographie
. (Originaltitel:
Loss of Eden
, ubersetzt von Brigitte Jakobeit und Jorn Ingwersen), Hoffmann und Campe, Hamburg 1995,
ISBN 3-455-08574-1
; Taschenbuchausgabe: Piper, Munchen 1997,
ISBN 3-492-22425-3
.
- ↑
Schrock, S. 128.
- ↑
L. Laszlo Schwartz (1957):
The Life of Charles Henry Land (1847?1922)
.
- ↑
Dr Charles Henry Land
in der Datenbank
Find a Grave
, abgerufen am 18. September 2017 (englisch).
- ↑
William R. Denslow, Harry S. Truman:
10,000 Famous Freemasons from K to Z, Part Two
. Kessinger Publishing,
ISBN 1-4179-7579-2
.
- ↑
Raymond Orteig-$25,000 prize.
Abgerufen am 25. Januar 2010
.
- ↑
Lindbergh Kidnapping Index.
Abgerufen am 3. Marz 2021
.
- ↑
Solveig Grothe:
Lindbergh-Entfuhrung - Das Jahrhundertverbrechen
In:
spiegel.de
, 28. Februar 2012.
- ↑
Geoffrey Batten:
Our visit to Ile Illiec
charleslindbergh.com, mit Lagekarte und Fotos.
- ↑
a
b
Lindbergh-Ansprache
Our Relationship with Europe
(PDF; 68 kB), abgerufen am 12. April 2010.
- ↑
Vgl. dazu:
David Gordon:
America First: the Anti-War Movement, Charles Lindbergh and the Second World War, 1940?1941.
History Department, Bronx Community College / CUNY Graduate Center. Originally presented at a joint meeting of the Historical Society and The New York Military Affairs Symposium on September 26, 2003.
- ↑
Dazu und zu der propagandistischen Ausschlachtung der Auseinandersetzung durch
Joseph Goebbels
: Willi A. Boelcke: ?
Wollt Ihr den totalen Krieg?“ Die geheimen Goebbels-Konferenzen 1939?1943
, Deutscher Taschenbuch Verlag, Munchen 1967, S. 205?207, Zitat S. 207.
- ↑
Originaltext der Rede
(englisch), abgerufen am 11. September 2014.
- ↑
a
b
c
Des Moines Speech: Delivered in Des Moines, Iowa, on September 11, 1941, this speech was met with outrage in many quarters.
abgerufen am 12. April 2010.
- ↑
a
b
Vgl. dazu auch: David Gordon:
America First: the Anti-War Movement, Charles Lindbergh and the Second World War, 1940?1941.
History Department, Bronx Community College / CUNY Graduate Center. Originally presented at a joint meeting of the Historical Society and The New York Military Affairs Symposium on September 26, 2003. ? Literarische Verwendung fand dies auch im Roman
The Plot Against America
(2004) von
Philip Roth
.
- ↑
Vgl. dazu Douglas M. Charles:
J. Edgar Hoover
and the Anti-interventionists. FBI Political Surveillance and the Rise of the Domestic Security State, 1939?45.
1. Auflage. Ohio State University Press, 2007,
ISBN 978-0-8142-1061-1
, S. 43?47; 77 f.
- ↑
Gerhard Jelinek:
Reden, die die Welt veranderten.
dtv, Munchen 2012, S. 141.
- ↑
Flugzeug Classic Heft 6/2018, Seite 24
- ↑
Emily Redman:
To Save His Dying Sister-In-Law, Charles Lindbergh Invented a Medical Device.
Abgerufen am 4. Februar 2021
(englisch).
- ↑
Kyla Dunn:
Death Defying (Published 2007)
. In:
The New York Times
. 7. Oktober 2007,
ISSN
0362-4331
(
nytimes.com
[abgerufen am 4. Februar 2021]).
- ↑
Emily Redman:
To Save His Dying Sister-In-Law, Charles Lindbergh Invented a Medical Device.
Abgerufen am 4. Februar 2021
(englisch).
- ↑
Kyla Dunn:
Death Defying (Published 2007)
. In:
The New York Times
. 7. Oktober 2007,
ISSN
0362-4331
(
nytimes.com
[abgerufen am 4. Februar 2021]).
- ↑
David M. Friedmann:
The Immortalists: Charles Lindbergh, Dr. Alexis Carrel, and Their Daring Quest to Live Forever
.
ISBN 0-06-052815-X
.
- ↑
Gentest: Lindberghs Munchner Kinder
. Online auf FAZ.net vom 28. November 2003.
- ↑
Der
hawaiische
Name bedeutet
Kirche der bleibenden Schriften
, vgl.
palapala
.
In:
Hawaiian Dictionaries
.,
mau
.
In:
Hawaiian Dictionaries
.
- ↑
Charles Lindbergh
in der Datenbank
Find a Grave
, abgerufen am 18. September 2017 (englisch).
- ↑
Anthony K. Higgins:
Exploration history and place names of northern East Greenland
(=
Geological Survey of Denmark and Greenland Bulletin
21, 2010),
ISBN 978-87-7871-292-9
(englisch). S. 45 (
PDF
; 12,3 MB).
- ↑
Charles Lindbergh
im
Gazetteer of Planetary Nomenclature
der
IAU
(WGPSN) /
USGS
- ↑
Plane Crazy
, D23, The Official Disney Fan Club
- ↑
Margarita:
Limber or Limbel’s History and 4 Recipes.
In:
www.TheHealthyDish.com.
3. September 2012,
abgerufen am 30. November 2020
(amerikanisches Englisch).
- ↑
Titelbild
von
Johnny Bruck
zu
K. H. Scheer
:
Der Unsterbliche,
Perry Rhodan Nr. 19, Moewig, Munchen, 12. Januar 1962.
- ↑
Hotel Charles Lindbergh.
In:
Frei-Zeit Blog.
Abgerufen am 5. Mai 2024
(deutsch).
- ↑
Unser Wochenende im Hotel Charles Lindbergh | Frei-Zeit-Blog.
Abgerufen am 5. Mai 2024
(deutsch).