Stromungswiderstandskoeffizient

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Physikalische Kennzahl
Name Stromungswiderstandskoeffizient,
Widerstandsbeiwert
Formelzeichen
Dimension dimensionslos
Definition
Widerstandskraft
Staudruck der Anstromung
Referenzflacheninhalt
Anwendungsbereich Luftwiderstand von Korpern

Der Stromungswiderstandskoeffizient , Widerstandsbeiwert , Widerstandskoeffizient , Stirnwiderstand oder c w -Wert (nach dem ublichen Formelzeichen ) ist ein dimensionsloses Maß ( Koeffizient ) fur den Stromungswiderstand eines von einem Fluid umstromten Korpers.

Umgangssprachlich ausgedruckt ist der -Wert ein Maß fur die ?Windschlupfigkeit“ eines Korpers. Aus dem Stromungswiderstandskoeffizienten lasst sich bei bekannter Geschwindigkeit, Stirn- oder bei Flugeln Flugelflache und Dichte des Fluids (zum Beispiel der durchquerten Luft ) die Kraft des Stromungswiderstands berechnen.

Definition [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Stromungswiderstandskoeffizient ist definiert durch:

Hierbei wird die Widerstandskraft auf den Staudruck der Anstromung und eine Referenzflache normiert mit

  • der Dichte
  • der Geschwindigkeit der ungestorten Anstromung.

Die Referenzflache ist definitionsabhangig:

Das Formelzeichen (mit w fur Widerstand) ist nur im deutschen Sprachraum ublich; im Englischen wird der Drag-Coefficient als oder notiert.

Das Produkt aus Stromungswiderstandskoeffizient und Referenzflache wird als Widerstandsflache bezeichnet (siehe Abschnitt Luftwiderstandsbeiwerte von Kraftfahrzeugen ). [4]

Abhangigkeiten [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bei inkompressibler Stromung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Stromungswiderstandskoeffizient einer Kugel in Abhangigkeit von der Reynolds-Zahl: c w = f ( Re ). Die charakteristische Lange ist in diesem Fall der Kugeldurchmesser  d ; die Bezugsflache  A ist eine Kreisflache mit dem Durchmesser  d .

Allgemein gilt, dass bei inkompressibler Stromung [A 1] der Stromungswiderstandskoeffizient von der Reynolds-Zahl abhangt:

mit

    • der charakteristische Lange , deren Quadrat in einem festen Verhaltnis zur Bezugsflache steht
    • der Viskositat (Zahigkeit) des Fluids.

Diese Aussage ergibt sich, wenn man davon ausgeht, dass die Stromungswiderstandskraft eines Korpers in einer bestimmten Lage abhangt von der Anstromgeschwindigkeit, der Dichte, der Viskositat und einer charakteristischen Lange des Korpers:

Mittels einer Dimensionsanalyse nach dem Buckinghamschen Π-Theorem lasst sich ableiten, dass die zwei Ahnlichkeitskennzahlen Stromungswiderstandskoeffizient und Reynoldszahl ausreichen, um den Stromungswiderstand eines bestimmten Korpers zu beschreiben. [5] Dies ermoglicht eine unkompliziertere allgemeingultige Darstellung des Widerstandes einer bestimmten Korperform.

Bei kompressibler Stromung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

c w in Abhangigkeit von der Stromungsgeschwindigkeit

Bei kompressiblen Stromungen, also bei Stromungen mit veranderlicher Dichte ( ), ist der Stromungswiderstandskoeffizient auch von der Mach-Zahl abhangig (vgl. Abb.):

Oberhalb der kritischen Machzahl uberschreiten Teilumstromungen die Schallgeschwindigkeit. Oberhalb der Widerstandsdivergenzmachzahl steigt der Stromungswiderstand stark an. Das Verhalten im Uberschallbereich wird bestimmt durch die Geometrie des Korpers; in der Zeichnung steht die grune Kurve fur einen stromlinienformigen Korper.

Stumpfe, kantige Korper haben uber einen großen Bereich der Reynolds-Zahl einen weitgehend konstanten Widerstandsbeiwert. Das ist z. B. beim Luftwiderstand von Kraftfahrzeugen bei den relevanten Geschwindigkeiten der Fall.

Der Widerstandsbeiwert bestimmt fur Satelliten ihre Lebensdauer im Orbit . Bei einer Flughohe oberhalb von ca. 150 km ist die Atmosphare so dunn, dass die Stromung nicht mehr als laminare Kontinuumsstromung , sondern als freie molekulare Stromung approximiert wird. In diesem Bereich liegt der c w -Wert typischerweise zwischen 2 und 4, oft wird mit einem Wert von 2,2 gerechnet. Mit steigender Hohe verringert sich der Einfluss der Atmosphare und ist oberhalb von ca. 1000 km vernachlassigbar.

Ermittlung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Stromungswiderstandskoeffizient wird ublicherweise im Windkanal ermittelt. Der Korper steht dabei auf einer Platte, die mit Kraftsensoren ausgestattet ist. Die Kraft in Richtung der Anstromung wird gemessen. Aus dieser Widerstandskraft und den bekannten Großen wie Luftdichte und Stirnflache wird der Stromungswiderstandskoeffizient bei gegebener Anstromgeschwindigkeit errechnet.

Daneben kann der Widerstand je nach Komplexitat der Modellform und verfugbarer Rechnerkapazitat auch numerisch ermittelt werden, indem die Verteilung von Reibungs- und Druckbeiwert uber die Modelloberflache integriert wird.

Anwendung [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Bestimmung der Antriebsleistung:

Aus dem Stromungswiderstandskoeffizienten wird die Widerstandskraft wie folgt berechnet:

Der Stromungswiderstand ist somit jeweils proportional

  • zur Dichte des stromenden Fluids (vergleiche Luftdichte )
  • zum Stromungswiderstandskoeffizienten
  • zur Referenzflache (projizierten Frontflache)
  • zum Quadrat der Stromungsgeschwindigkeit .

Die erforderliche Antriebsleistung ist sogar proportional zur dritten Potenz der Geschwindigkeit:

Daher hat bei Kraftfahrzeugen neben dem Stromungswiderstandskoeffizient (d. h. der Korperform) und der Stirnflache die Wahl der Geschwindigkeit besondere Auswirkung auf den Treibstoffverbrauch .

Der Luftwiderstand ist ausschlaggebend fur die Abweichung der tatsachlichen ballistischen Kurve von der idealisierten Wurfparabel .

Anwendung des Stromungswiderstandskoeffizienten beim freien Fall eines Objekts:

Der Verlauf von Weg, Geschwindigkeit und Beschleunigung in Abhangigkeit von der Zeit wird folgendermaßen bestimmt:

Formel fur den Stromungswiderstand:

Formel fur die Gewichtskraft des Objekts:

Formel fur die Beschleunigung:

Differentialgleichung:

Losung der Differentialgleichung:

Beispiele [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

c w -Werte von typischen Korperformen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Wert Form
2,3 Halbrohr lang, konkave Seite
2,0 lange Rechteckplatte
1,33 Halbkugelschale, konkave Seite, Fallschirm
1,2 Halbrohr lang, konvexe Seite
1,2 langer Zylinder, Draht (Re < 1,9 · 10 5 )
1,11 runde Scheibe, quadratische Platte
0,78 Mensch, stehend [6]
0,6 Gleitschirm (Bezugsflache Stromungsquerschnittsflache !)
0,53…0,69 Fahrrad (Mountainbike, gestreckt/aufrecht) [7]
0,45 Kugel (Re < 1,7 · 10 5 )
0,4 Fahrrad (Rennrad) [7]
0,35 langer Zylinder, Draht (Re > 6,7 · 10 5 )
0,34 Halbkugelschale, Konvexe Seite
0,09…0,18 Kugel (Re > 4,1 · 10 5 )
0,08 Flugzeug (Bezugsflache Tragflache)
0,04 Stromlinienkorper ?Tropfenform“
0,03 Pinguin
0,02 optimierte Spindelform

bezeichnet hierbei die Reynolds-Zahl

Luftwiderstandsbeiwerte von Kraftfahrzeugen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Veroffentlichte c w -Werte sind außerst kritisch zu hinterfragen, da sie oftmals noch heute an kleinen Modellen unter Missachtung der Modellprinzipien ermittelt wurden und werden, fruher beispielsweise durch die Deutsche Versuchsanstalt fur Luftfahrt mit c w =0,244 fur den Tatra 87 , der viel spater als Original mit c w =0,36 gemessen wurde. [8]

Der c w -Wert quantifiziert die aerodynamische Gute eines Korpers. Durch Multiplikation mit der Bezugsflache (bei Fahrzeugen ublicherweise die Stirnflache , die Flache des großten Querschnitts [9] ) erhalt man die Widerstandsflache eines Fahrzeugs, die maßgebend fur den ?Luftwiderstand“ [10] ist:

.

Der Leistungsbedarf, der den Treibstoffverbrauch eines Kraftfahrzeugs bei hohen Fahrgeschwindigkeiten bestimmt, ist proportional zur Widerstandsflache. Von Herstellern wird die Stirnflache selten angegeben. Als Faustformel fur die Berechnung der Stirnflache werden 80 % der Flache aus Karosseriehohe und -breite vorgeschlagen. [11]

Eine umfassende Sammlung von Kraftfahrzeug- c w -Werten, fur die es Belege gibt, wurde auf die Seite ?Wikipedia-Auto und Motorrad-Portal/Luftwiderstandsbeiwert“ ausgelagert.

Anmerkungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Auch kompressible Fluide wie Luft konnen als inkompressibel betrachtet werden, wenn die Dichte im Stromungsfeld weitestgehend konstant ist. Das ist bis zu einer Mach-Zahl von 0,3 im Allgemeinen der Fall.

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Sighard F. Hoerner: Fluid-Dynamic Drag . Eigenverlag, 1965.
  • Horst Stocker (Hrsg.): Taschenbuch der Physik . 4. Auflage. Deutsch, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-8171-1628-4 .
  • Hans-Hermann Braess, Ulrich Seiffert: Vieweg-Handbuch Kraftfahrzeugtechnik . 2. Auflage. Vieweg, Braunschweig 2001, ISBN 3-528-13114-4 .
  • Karl-Heinz Dietsche, Thomas Jager, Robert Bosch GmbH: Kraftfahrtechnisches Taschenbuch . 25. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-23876-3 .
  • Wolfgang Demtroder: Mechanik und Warme . 4. Auflage. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-26034-X ( Experimentalphysik , Band 1).
  • Wolf-Heinrich Hucho: Aerodynamik des Automobils . Hrsg.: Thomas Schutz. 6. Auflage. Springer Vieweg, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-8348-2316-8 , Einfuhrung (uber 1000, eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Ludwig Prandtl: Ergebnisse der Aerodynamischen Versuchsanstalt zu Gottingen, Teil 1. Universitatsverlag Gottingen 2009 (Ersterscheinung 1921) ISBN 978-3-941875-35-7 eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche
  2. Wolfgang-Heinrich Hucho: Aerodynamik des Automobils. Springer, Berlin 1999, ISBN 3-540-62160-1 , S. 111?113.
  3. kfz-tech.de -   Luftwiderstand. Abgerufen am 5. September 2022 .
  4. Wolf-Heinrich Hucho (Hrsg.): Aerodynamik des Automobils . 5. Auflage. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2005, ISBN 3-663-09218-6 , S.   276 .
  5. Jurgen Zierep: Ahnlichkeitsgesetze und Modellregeln der Stromungslehre. Karlsruhe 1991, ISBN 3-7650-2041-9 .
  6. Fall mit Luftwiderstand , dieter-heidorn.de , Material zu Kursen am Hansa-Kolleg, abrufbar 30. Mai 2018.
  7. a b ltam.lu ( Memento vom 6. Oktober 2014 im Internet Archive ) Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt
  8. Wolf-Heinrich Hucho: Aerodynamik des Automobils . Hrsg.: Thomas Schutz. 6. Auflage. Springer Vieweg , Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-8348-1919-2 , Einfuhrung, S.   10?12 ( eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. kfz-tech.de -   Luftwiderstand. Abgerufen am 5. September 2022 .
  10. autobild.de: Die Tops und Flops im Windkanal
  11. Robert Schoblick: Antriebe von Elektroautos in der Praxis . 1. Auflage. Franzis Verlag GmbH, 2013, ISBN 978-3-645-65166-0 , S.   65 .