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Syrien: Willkommen in der turkischen Besatzungszone - DER SPIEGEL
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Turkische Prasenz in Syrien: Gekommen, um zu bleiben

Foto: ILYAS AKENGIN/ AFP

Syrien Willkommen in der turkischen Besatzungszone

14 Monate nach Beginn der turkischen Militaroperation in Syrien wird immer klarer: Recep Tayyip Erdogan strebt eine langfristige Besetzung der eroberten Gebiete an.

Leuchtend gelb strahlt die Reklametafel uber dem Eingang, zu dem eine gepflegte, neu errichtete Steintreppe fuhrt. Daneben ein Geldautomat, der turkische Lira ausspuckt. So sieht die erste Filiale der turkischen Post PTT in Syrien aus. Der fruhere Staatskonzern hat sie in dieser Woche in der Grenzstadt Dscharabulus eroffnet.

Ein Schild an der Fassade erinnert noch daran, dass sich in dem Gebaude einst die Filiale der staatlichen syrischen Post befand. Doch das ist lange vorbei: Im Juli 2012 ubernahm die oppositionelle Freie Syrische Armee die Kontrolle uber Dscharabulus, bevor ein Jahr spater die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) den Ort eroberte. Am 24. August 2016 ruckten dann turkische Armeeeinheiten uber die nahegelegene Grenze in die Stadt ein. Damit startete die Regierung in Ankara ihre Militaroperation "Schutzschild Euphrat" .

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Im Marz 2017 erklarte der turkische Ministerprasident Binali Yildirim die Offensive offiziell fur beendet, doch inzwischen zeichnet sich immer mehr ab, dass die Turkei eine langfristige Besatzung des eroberten Gebiets in Nordsyrien plant. Die Eroffnung einer turkischen Postfiliale ist nur einer von vielen Belegen dafur.

In al-Bab, mit mehr als 60.000 Einwohnern die großte Stadt unter turkischer Kontrolle, lernen Jungen und Madchen seit diesem Schuljahr schon ab der ersten Klasse turkisch als erste Fremdsprache - zum Beispiel in der Major-Bulent-Albayrak-Grundschule, die nach einem turkischen Offizier benannt ist, der im Kampf um al-Bab Anfang dieses Jahres vom IS getotet wurde. Sie ist eine von zehn Schulen, die der turkische Staat in den vergangenen Monaten in al-Bab wiederaufgebaut hat.

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Turkische Prasenz in Syrien: Gekommen, um zu bleiben

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"Araber und Turken sind Bruder" steht auf einer Wandmalerei an der Schulmauer. Die turkischen Behorden sichern zu, dass alle Schulabschlusse aus Nordsyrien in der Turkei anerkannt wurden und die Absolventen sich problemlos an turkischen Universitaten bewerben konnten.

Turkisches Territorium konnte noch weiter wachsen

Auch am Ortseingangsschild von al-Bab werden Besucher seit Kurzem auf Arabisch und Turkisch begrußt. Staatschef Recep Tayyip Erdogan betont dennoch, dass er es nicht darauf anlege, Nordsyrien quasi zur 82. Provinz der Turkei zu machen. "Wir haben nicht den Wunsch, dieses Land zu besetzen, sondern wir wollen, dass seine rechtmaßigen Besitzer dorthin zuruckkehren", sagte der turkische Prasident in der vergangenen Woche. Mehr als zwei Millionen syrische Fluchtlinge leben derzeit in der Turkei - zumindest ein kleiner Teil von ihnen konnte inzwischen in die Heimat zuruckkehren. Auch das ist einer der Grunde fur den Turkischunterricht in al-Bab: Zwei Drittel der Schuler hatten mehrere Jahre als Fluchtlinge in der Turkei gelebt.

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Derzeit kontrollieren turkische Einheiten und verbundete lokale Milizen ein Gebiet von rund 2500 Quadratkilometern - das entspricht ziemlich genau der Große des Saarlandes. Doch schon bald konnte sich das Territorium vergroßern. In dieser Woche startete das turkische Militar eine Offensive in der benachbarten syrischen Provinz Idlib . Offiziell heißt es in Ankara, die Soldaten sollten dort sogenannte Beobachtungsposten errichten. Tatsachlich handelt es sich dabei jedoch um Armeestutzpunkte.

Weite Teile der Provinz Idlib werden derzeit von dem Dschihadistenbundnis Haiat Tahrir al-Sham (HTS) kontrolliert. Dieser Zusammenschluss verschiedener islamistischer Milizen wird von Kampfern der ehemaligen Nusra-Front dominiert, die fruher zum Terrornetzwerk al-Qaida gehorte. Die Turkei hat mit den Regierungen von Russland und Iran vereinbart, die HTS aus Idlib zu vertreiben. Anschließend soll in der Provinz eine sogenannte Deeskalationszone errichtet werden, in der eine Waffenruhe zwischen syrischen Regierungstruppen und Rebellen gilt.

Doch aus Ankaras Sicht ist das nur Mittel zum Zweck: Zwischen dem turkisch kontrollierten Gebiet um al-Bab und der Provinz Idlib liegt die kurdische Enklave Afrin. Das Gebiet wird von der kurdischen YPG-Miliz kontrolliert, die als syrischer Ableger der PKK in der Turkei gilt. Erdogan hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er die Prasenz der kurdischen Milizen entlang der Grenze nicht dulden will. Die aktuelle Offensive in Idlib ist daher auch der Versuch, die YPG in Afrin in die Zange zu nehmen.