Sitz (juristische Person)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Sitz einer juristischen Person liegt nach deutschem Recht in der Gemeinde , die durch Gesetz , Satzung oder andere Rechtsnorm bestimmt ist oder an welchem die Verwaltung gefuhrt wird. Mit dem Sitz wird der allgemeine Gerichtsstand der juristischen Person festgelegt.

Juristische Person des offentlichen Rechts und ihre Organe

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Sitz einer juristischen Person des offentlichen Rechts oder eines ihrer Organe ( Korperschaft , Anstalt , Stiftung des offentlichen Rechts , Behorde , Dienststelle ) wird auch Dienstsitz oder Behordensitz genannt. Am Sitz hat die juristische Person (bzw. ihr Organ) und ihre Leitung ihren gewohnlichen Tatigkeitsschwerpunkt. [1] Gebietskorperschaften haben keinen Sitz. Der Gerichtsstand bestimmt sich nach dem Sitz ihrer Organe (z. B. Ministerien , Kommunalverwaltung ).

Der Sitz kann durch Gesetz, Erlass oder eine entsprechende Rechtsnorm zur Errichtung oder Organisation bestimmt sein. [2] Beim Bund kann eine Behorde sowohl durch ein Gesetz errichtet werden, als auch durch einen Organisationserlass des Bundeskanzlers (aufgrund eines Beschlusses der Bundesregierung ) oder, im Rahmen der Ressortzustandigkeit , durch einen Bundesminister . [3]

Neben dem offiziellen Sitz oder Hauptsitz kann eine juristische Person des offentlichen Rechts weitere Sitze oder Standorte haben. Die Bundesministerien haben aufgrund des Berlin/Bonn-Gesetzes jeweils einen Dienstsitz in der Bundeshauptstadt Berlin und in der Bundesstadt Bonn . Einer dieser Sitze ist ihr Haupt- bzw. erster Dienstsitz.

Der Sitz einer militarischen Dienststelle der Bundeswehr heißt Standort .

Juristische Person des Privatrechts

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der Sitz einer juristischen Person des Privatrechts wird grundsatzlich in der privatrechtlichen Satzung festgelegt oder bestimmt sich danach, wo die Verwaltung des Vereins , der Gemeinschaft oder der Gesellschaft gefuhrt wird. Nach Art. 54 AEUV ( Niederlassungsfreiheit ) wird der Sitz durch die Satzung der juristischen Person des Privatrechts bestimmt. Diese Voraussetzung ist an die deutsche juristische Person nach § 57 Abs. 1 BGB zwingend geknupft. Der Sitz kann fur die juristische Person frei im Rechtsgebiet ihrer Begrundung gewahlt und verandert werden und wird umgangssprachlich auch als Geschaftssitz oder Unternehmenssitz bezeichnet. Nach deutschem Recht ist also der Sitz der juristischen Person der Regelung fur den Wohnsitz einer naturlichen Person nachempfunden.

Unterscheidung seit dem MoMiG

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Seit Oktober 2008 wird durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekampfung von Missbrauchen (MoMiG) bei juristischen Personen des Privatrechts zwischen dem Satzungs- und Verwaltungssitz unterschieden.

Der Satzungssitz ( statutarischer Sitz) ergibt sich aus dem Grundungsstatut einer Gesellschaft (§ § 14 und § 36 Abs. 1 AktG bzw. § 7 GmbHG). Er bestimmt nach § 17 ZPO die Zustandigkeit des Prozessgerichts . Er muss sich nach § 5 AktG bzw. § 4a GmbHG im Inland befinden. Durch das MoMiG wurde die vorherige Regelung abgeschafft, wonach sich der Satzungssitz an einem Betriebsort des Unternehmens zu befinden hatte.

Der Verwaltungssitz einer juristischen Person des Privatrechts ist nicht gesetzlich geregelt, sondern wurde von Rechtsprechung und Literatur entwickelt. Er ist im materiellen Recht ohne Bedeutung, sondern spielt nur im internationalen Kollisionsrecht eine Rolle. Der Verwaltungssitz einer Gesellschaft ist jener Ort, an dem sich der Sitz der Hauptverwaltung tatsachlich befindet und an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung getroffen und umgesetzt werden. [4] Umstritten ist, ob Verwaltungssitz und Ort der Geschaftsleitung nach § 10 AO identisch sind. Die Definition des Verwaltungssitzes zielt darauf ab, den hauptsachlich betroffenen Staat zu identifizieren, in dem sich der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tatigkeit eines Unternehmens befindet. Das hat Auswirkungen auf die Besteuerung des Unternehmens und auf die Rechtsordnung , der sich das Unternehmen zu unterwerfen hat.

Unter dem Sitzland oder Domizil eines Vertragspartners versteht man den Staat , auf dessen okonomischem Territorium der Kontrahent den Schwerpunkt seiner Wirtschaftstatigkeit hat. [5] Dabei ist das okonomische Territorium zumeist mit dem geografischen identisch, Abweichungen gibt es jedoch bei Offshore -Gebieten. Bei juristischen Personen ist fur die Beurteilung ihres Sitzlandes nicht die Eintragung in ein Register (z. B. Handelsregister ) maßgebend, sondern der Ort der tatsachlichen Tatigkeit. Das Sitzland ist von großer Bedeutung, weil die Rechtsordnung des jeweiligen Sitzlandes ? und damit auch das dortige Steuerrecht ? gilt ( Wohnsitzlandprinzip ), wenn es nicht zu abweichenden Vereinbarungen bei der Rechtswahl in Vertragen kommt. Das Wohnsitzlandprinzip machen sich insbesondere Briefkastengesellschaften und Briefkastenbanken zunutze, indem sie ihren Rechtssitz in Offshore-Finanzplatzen unterhalten. Bei naturlichen Personen gilt als Sitzland der Ort in einem Land, an dem die Person ihren Wohnsitz oder gewohnlichen Aufenthaltsort hat. Das Sitzland des Kreditnehmers ist zudem bei Kredit ­gewahrungen fur das Landerrisiko maßgebend, welches der Glaubiger ebenso zu berucksichtigen hat wie das Kreditrisiko des Kreditnehmers.

Anmerkungen und Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. In der unmittelbaren Staatsverwaltung haben die Behorden und Dienststellen grundsatzlich keine Rechtsfahigkeit . Sie sind Organe ihrer juristischen Person ( Gebietskorperschaften , z. B. Bund und Lander ).
  2. z. B. Organisationserlass zur Errichtung des Bundesamtes fur kerntechnische Entsorgung vom 5. August 2014
  3. Ausarbeitung ? Bundesanstalten als nichtrechtsfahige Anstalt des offentlichen Rechts (Az. WD 3 ? 3000 ? 046/12). In: bundestag.de. Deutscher Bundestag ? Wissenschaftliche Dienste, 22. Februar 2012, abgerufen am 21. August 2019 .
  4. Olaf Thießen: Dreiecksverhaltnisse im internationalen Steuerrecht unter Beteiligung doppelt ansassiger Kapitalgesellschaften. Peter Lang, 2010, ISBN 978-3-631-60333-8 , S. 7. eingeschrankte Vorschau in der Google-Buchsuche
  5. Thomas Wirth: Bankbetriebliches Landerrisikomanagement . 2004, S. 274.