Dieser Artikel oder Absatz stellt die
Situation in Deutschland
dar. Bitte hilf uns dabei, die Situation in anderen Staaten zu schildern.
Der
Sitz einer juristischen Person
liegt nach
deutschem Recht
in der
Gemeinde
, die durch
Gesetz
,
Satzung
oder andere
Rechtsnorm
bestimmt ist oder an welchem die
Verwaltung
gefuhrt wird. Mit dem Sitz wird der allgemeine
Gerichtsstand
der
juristischen Person
festgelegt.
Der Sitz einer juristischen Person des offentlichen Rechts oder eines ihrer
Organe
(
Korperschaft
,
Anstalt
,
Stiftung des offentlichen Rechts
,
Behorde
,
Dienststelle
) wird auch
Dienstsitz
oder
Behordensitz
genannt. Am Sitz hat die juristische Person (bzw. ihr Organ) und ihre Leitung ihren gewohnlichen Tatigkeitsschwerpunkt.
[1]
Gebietskorperschaften
haben keinen Sitz. Der Gerichtsstand bestimmt sich nach dem Sitz ihrer Organe (z. B.
Ministerien
,
Kommunalverwaltung
).
Der Sitz kann durch Gesetz,
Erlass
oder eine entsprechende Rechtsnorm zur
Errichtung
oder Organisation bestimmt sein.
[2]
Beim
Bund
kann eine Behorde sowohl durch ein Gesetz errichtet werden, als auch durch einen
Organisationserlass des Bundeskanzlers
(aufgrund eines Beschlusses der
Bundesregierung
) oder, im Rahmen der
Ressortzustandigkeit
, durch einen
Bundesminister
.
[3]
Neben dem offiziellen Sitz oder Hauptsitz kann eine juristische Person des offentlichen Rechts weitere Sitze oder Standorte haben. Die
Bundesministerien
haben aufgrund des
Berlin/Bonn-Gesetzes
jeweils einen Dienstsitz in der Bundeshauptstadt
Berlin
und in der Bundesstadt
Bonn
. Einer dieser Sitze ist ihr Haupt- bzw. erster Dienstsitz.
Der Sitz einer
militarischen Dienststelle
der
Bundeswehr
heißt
Standort
.
Der Sitz einer juristischen Person des
Privatrechts
wird grundsatzlich in der
privatrechtlichen Satzung
festgelegt oder bestimmt sich danach, wo die Verwaltung des
Vereins
, der
Gemeinschaft
oder der
Gesellschaft
gefuhrt wird. Nach
Art. 54
AEUV
(
Niederlassungsfreiheit
) wird der Sitz durch die
Satzung
der juristischen Person des Privatrechts bestimmt. Diese Voraussetzung ist an die deutsche
juristische Person
nach
§ 57
Abs. 1 BGB zwingend geknupft. Der Sitz kann fur die juristische Person frei im Rechtsgebiet ihrer Begrundung gewahlt und verandert werden und wird umgangssprachlich auch als
Geschaftssitz
oder
Unternehmenssitz
bezeichnet. Nach deutschem Recht ist also der Sitz der juristischen Person der Regelung fur den
Wohnsitz
einer naturlichen Person nachempfunden.
Seit Oktober 2008 wird durch das
Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekampfung von Missbrauchen
(MoMiG) bei juristischen Personen des Privatrechts zwischen dem Satzungs- und Verwaltungssitz unterschieden.
Der
Satzungssitz
(
statutarischer
Sitz) ergibt sich aus dem Grundungsstatut einer Gesellschaft (§
§ 14
und
§ 36
Abs. 1
AktG
bzw.
§ 7
GmbHG). Er bestimmt nach
§ 17
ZPO
die Zustandigkeit des
Prozessgerichts
. Er muss sich nach
§ 5
AktG bzw.
§ 4a
GmbHG
im Inland befinden. Durch das MoMiG wurde die vorherige Regelung abgeschafft, wonach sich der Satzungssitz an einem Betriebsort des Unternehmens zu befinden hatte.
Der
Verwaltungssitz
einer juristischen Person des Privatrechts ist nicht gesetzlich geregelt, sondern wurde von
Rechtsprechung
und
Literatur
entwickelt. Er ist im
materiellen Recht
ohne Bedeutung, sondern spielt nur im internationalen
Kollisionsrecht
eine Rolle. Der Verwaltungssitz einer Gesellschaft ist jener Ort, an dem sich der Sitz der Hauptverwaltung tatsachlich befindet und an dem die grundlegenden Entscheidungen der
Unternehmensleitung
getroffen und umgesetzt werden.
[4]
Umstritten ist, ob Verwaltungssitz und
Ort der Geschaftsleitung
nach
§ 10
AO
identisch sind. Die Definition des Verwaltungssitzes zielt darauf ab, den hauptsachlich betroffenen Staat zu identifizieren, in dem sich der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tatigkeit eines Unternehmens befindet. Das hat Auswirkungen auf die
Besteuerung
des Unternehmens und auf die
Rechtsordnung
, der sich das Unternehmen zu unterwerfen hat.
Unter dem Sitzland oder Domizil eines Vertragspartners versteht man den
Staat
, auf dessen okonomischem
Territorium
der Kontrahent den Schwerpunkt seiner Wirtschaftstatigkeit hat.
[5]
Dabei ist das okonomische Territorium zumeist mit dem geografischen identisch, Abweichungen gibt es jedoch bei
Offshore
-Gebieten. Bei juristischen Personen ist fur die Beurteilung ihres Sitzlandes nicht die
Eintragung
in ein Register (z. B.
Handelsregister
) maßgebend, sondern der Ort der tatsachlichen Tatigkeit. Das Sitzland ist von großer Bedeutung, weil die Rechtsordnung des jeweiligen Sitzlandes ? und damit auch das dortige
Steuerrecht
? gilt (
Wohnsitzlandprinzip
), wenn es nicht zu abweichenden Vereinbarungen bei der
Rechtswahl
in
Vertragen
kommt. Das Wohnsitzlandprinzip machen sich insbesondere
Briefkastengesellschaften
und
Briefkastenbanken
zunutze, indem sie ihren Rechtssitz in
Offshore-Finanzplatzen
unterhalten. Bei
naturlichen Personen
gilt als Sitzland der Ort in einem Land, an dem die Person ihren
Wohnsitz
oder
gewohnlichen Aufenthaltsort
hat. Das Sitzland des
Kreditnehmers
ist zudem bei
Kredit
gewahrungen fur das
Landerrisiko
maßgebend, welches der
Glaubiger
ebenso zu berucksichtigen hat wie das
Kreditrisiko
des Kreditnehmers.
- ↑
In der
unmittelbaren Staatsverwaltung
haben die Behorden und Dienststellen grundsatzlich keine
Rechtsfahigkeit
. Sie sind Organe ihrer juristischen Person (
Gebietskorperschaften
, z. B.
Bund
und
Lander
).
- ↑
z. B.
Organisationserlass zur Errichtung des Bundesamtes fur kerntechnische Entsorgung vom 5. August 2014
- ↑
Ausarbeitung ? Bundesanstalten als nichtrechtsfahige Anstalt des offentlichen Rechts (Az. WD 3 ? 3000 ? 046/12).
In:
bundestag.de.
Deutscher Bundestag
? Wissenschaftliche Dienste, 22. Februar 2012,
abgerufen am 21. August 2019
.
- ↑
Olaf Thießen:
Dreiecksverhaltnisse im internationalen Steuerrecht unter Beteiligung doppelt ansassiger Kapitalgesellschaften.
Peter Lang, 2010,
ISBN 978-3-631-60333-8
, S. 7.
eingeschrankte Vorschau
in der Google-Buchsuche
- ↑
Thomas Wirth:
Bankbetriebliches Landerrisikomanagement
. 2004, S. 274.