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DAF: Verlangere deine Jugend
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DAF : Verlangere deine Jugend

Neue deutsche Hassliebe: Zu seinem 30-jahrigen Jubilaum spielt das Pop-Duo DAF wieder einmal in Berlin.

Der Song beginnt mit dusteren, treibenden Synthesizerklangen, dann setzt gutturaler Sprechgesang ein: ?Schon und jung und stark, du bist schon und jung und stark, nimm dir was du willst.“ ?Verschwende deine Jugend“ lautet der Titel dieser Aufforderung zum Hedonismus. Das Stuck ist 27 Jahre alt und langst ein Klassiker der deutschen Popmusik. Seine Schopfer Gabi Delgado-Lopez und Robert Gorl haben ihre Jugend hinter sich. Beruhmt wurden sie unter dem Namen DAF, eine Abkurzung fur Deutsch-Amerikanische Freundschaft. In den Zeiten der Neuen Deutschen Welle war das eine Phrase, die immer noch gerne von Politikern benutzt wurde. Jetzt gibt es DAF wieder, die Reunion-Tour zum dreißigjahrigen Bestehen der Band beginnt im Januar in Berlin und fuhrt anschließend durch ein knappes Dutzend deutscher Stadte.

Das Duo gilt als Vorreiter fur Stile wie Techno, House und Electronic Body Music. Aufsehen erregten der Sanger Delgado und Multiinstrumentalist Gorl in den achtziger Jahren aber vornehmlich durch ihre martialisch wirkenden Kurzhaarschnitte und Lederoutfits sowie die provokanten Texte. In ?Der Mussolini“ brachten sie den italienischen ?Duce“, Adolf Hitler und Jesus Christus in nur einer Zeile unter, ?Der Rauber und der Prinz“ spielte mit homoerotischen Andeutungen. ?Ich liebe diesen Prinzen, ich liebe dich mein Rauber,“ hauchte Delgado. Bose geben sich die einstigen Avantgardisten bis heute. Ihre Tournee steht unter dem Motto ?Der 30-jahrige Krieg“. Delgado und Gorl liegen in einem standigen Krieg miteinander, immer wieder haben sie sich zerstritten, meist ?wegen ganz simplen Dingen“, wie der in Berlin lebende Robert Gorl erzahlt. Und sie fuhren, versichert er, weiterhin einen ?Krieg mit den Medien“, von denen sie einst in die rechtsextreme Ecke gestellt worden waren. Dabei war ?Der Mussolini“ kein Pladoyer fur den Faschismus, sondern bloß ein etwas rabiater Tanzdielenknaller uber die Austauschbarkeit von Ideologien.

Hauptsache anders als Punk

Seit den achtziger Jahren haben sich DAF mehrfach aufgelost. Gorl und Delgado verfolgten eigene Projekte, etwa als Techno-DJs, konnten damit aber nie wieder an alte Erfolge anknupfen. Zuletzt hatte Delgado, der heute in Spanien lebt, im Jahr 2005 verkundet, er wolle nie wieder einen Auftritt unter dem Namen Deutsch-Amerikanische Freundschaft absolvieren. Zwei Jahre zuvor war noch einmal ein Studioalbum mit dem schlichten Titel ?15 neue DAF-Lieder“ erschienen, ein Versuch, von der Aufmerksamkeit zu profitieren, die Jurgen Teipel damals mit seinem Doku-Roman ?Verschwende deine Jugend“ den alten Kampfern der Neuen Deutschen Welle verschafft hatte.

Um zu verstehen, worum es bei DAF geht, muss man ins Jahr 1978 zuruckblenden. Das Grundungsjahr der Band war auch das Jahr, in dem Johnny Rotten wahrend einer US-Tour die Sex Pistols verließ und damit das Ende der beruchtigsten Punk-Gruppe besiegelte. Zur gleichen Zeit fanden sich etliche Musiker zusammen, die den Punk ohnehin fur eine ? in den Worten von Musikjournalist Simon Reynolds ? ?unvollendete Revolution“ hielten. Was sollte an einer Musik wirklich neu sein, die bloß die althergebrachten Rock’n’Roll-Schemata auf doppelte oder dreifache Geschwindigkeit beschleunigte, wie es etwa die Ramones taten?

Auch heute noch mit Leichtigkeit Tabus brechen

Robert Gorl erinnert sich: ?Es gab 1978 viele Punk-Bands, aber die spielten alle mit Gitarre, mit ganz herkommlichem Instrumentarium, wie die anderen Bands vorher in den Siebzigern. Wir fanden zwar die Provokation und Energie von Punk gut, aber die Musik fanden wir langweilig, das war nicht unser Ding. Unser Anspruch war hoher.“ Gorl und Delgado, die DAF zunachst als Quintett starteten und erst 1981 zum Duo schrumpften, setzten auf minimalistisch arrangierte, elektronische Musik und den aggressiven Sprechgesang des geburtigen Spaniers Delgado. Bei Plattenfirmen kam das zunachst nicht sonderlich gut an. ?Mir wurde wortwortlich gesagt, ob ich denn denke, dass das Musik sei“, berichtet Gorl, der eine Ausbildung am Augsburger Leopold-Mozart-Konservatorium und an der Jazz-Musikhochschule in Graz absolviert hatte. Doch die Welt schien nur auf DAF gewartet zu haben, bald zierten sie als erster deutscher Act den Titel des englischen ?New Musical Express“, traten im ZDF-Kulturmagazin ?Aspekte“ auf und gewannen fur ihre 1981 veroffentlichte LP ?Alles ist gut“ den Deutschen Schallplattenpreis.

Provokation war das Prinzip, das DAF in die Schlagzeilen brachte, von diesem Prinzip rucken sie bis heute nicht ab. Ein Song des letzten Albums heißt ?Die Luge“, er stellt die gesamte gesellschaftliche Realitat in Frage: ?Alles ist Luge. Die Wahrheit ist Luge. Die Luge ist Freiheit und Gott ist Betrug, wie Filme und Kunst. Alles ist kauflich: die Wahrheit, die Luge, der Himmel, die Holle, das Haus und die Mobel.“ ?Das Lied ist einigen Medien wieder richtig aufgestoßen. Dass eine Band sagt, dass alles eine Luge ist, die Religion, die vielen Leuten heilig ist. Wir konnen auch heute noch Tabus brechen, mit Leichtigkeit“, sagt Robert Gorl.

Jubilaumstournee mit "besten und großten Hits"

Dabei spricht der Stolz aus ihm. Von der musikhistorischen Bedeutung seines Tuns ist er ohnehin uberzeugt. Eine ?Kultband“ sei DAF, die seit 30 Jahren Fanpost erhalte. ?Wir mussen nicht mehr unbedingt etwas beweisen. Wir mussen nicht beweisen, dass wir Musik kreieren konnen.“ Deswegen sollen auf der Jubilaumstournee auch nur die ?besten und großten Hits“ gespielt werden. Doch angesichts des kommerziellen Misserfolgs des letzten Albums liegt die Vermutung nahe, dass die Reunion vor allem finanzielle Grunde hat. Das weist Gorl aber vehement zuruck.

DAF haben es geschafft, neue Fans fur ihre Musik zu gewinnen. Als sie im August ein paar Konzerte gaben, waren im Publikum auffallend viele junge Leute. Menschen, die noch in den Windeln gelegen haben durften, als DAF ihre Hits hatten. Zu jugendverherrlichenden Texten passt das naturlich. Wie aber fuhlt es sich an, Zeilen wie ?Du bist schon und jung und stark“ in gesetzterem Alter zu intonieren? Gorl muss nicht lange uberlegen: ?Wir sind jetzt schon alter, klar, es ist aber keine Kluft zu den eigenen Aussagen da. Wir stehen auch heute noch voll dahinter, den Leuten zu sagen: Verschwendet eure Jugend. Das ist eine wichtige Message. Sie sollen keine Spießer werden.“ DAF selbst jedenfalls sind ihrer eigenen Aufforderung nachgekommen. ?Ich habe nichts ausgelassen, gar nichts. Aber wir mussen jetzt nicht unbedingt ins Detail gehen“, lacht er. Mit 53 Jahren scheint Robert Gorl bei sich angekommen zu sein. Er ist bekennender Buddhist.

DAF spielen am 7. Januar im K17 (Pettenkoferstr. 17a, Friedrichshain), 20 Uhr.

Stefanie Erhardt

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