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Der neue EZB-Chef Mario Draghi im Portrat | tagesschau.de

Der neue EZB-Chef Mario Draghi im Portrat Ein Mann von preußischem Format

Stand: 01.11.2011 15:49 Uhr

Der Italiener Mario Draghi hat den Vorsitz der Europaischen Zentralbank ubernommen. Der 64-Jahrige ist Nachfolger des Franzosen Trichet, der nach acht Jahren aus dem Amt schied. Viele halten den Italiener fur "den Besten, den Europa hat", einen geldpolitischen Falken und damit Garant fur Stabilitat und Haushaltsdisziplin.

Von Stefan Troendle, ARD-Horfunkstudio Rom

Mario Draghi sei schon als Zentralbanker zur Welt gekommen, soll Italiens ehemaliger Premier Romano Prodi einmal gesagt haben. In der Tat: Seine Biographie sieht so aus, als habe er Zeit seines Lebens auf den Job hingearbeitet, den er ab heute ubernimmt: Gepragt hat ihn der Besuch einer exklusiven Jesuitenschule in Rom. Draghi erinnert sich: "Das waren exzellente Standards gemeinsam mit der moralischen Botschaft, die den ganzen Tag bestimmte, den man in der Schule verbrachte. Die Botschaft, dass man alles so gut machen musste, wie man konnte. Dass Aufrichtigkeit sehr wichtig ist, und vor allem, dass jeder Einzelne von uns auf irgendeine Weise besonders war."

Ein fahiger Krisenmanager

Ein Klassenkamerad Draghis damals war unter anderem Ferrari-Prasident Luca di Montezemolo. Danach ging es Schlag auf Schlag: Studium an der beruhmten romischen Sapienza, Promotion, Professur in Harvard, Exekutivdirektor bei der Weltbank, Direktor des italienischen Schatzamts und seit funf Jahren Chef der Banca d’Italia. Als sein Name im Zusammenhang mit dem Amt fiel, das er nun antritt, hieß es zunachst, einem Italiener konne man die Fuhrung der EZB ja wohl nicht anvertrauen. Dabei ist es wohl gerade das Unitalienische, das Draghi ausmacht. Ehrgeizig soll er sein, ein hart arbeitender, scharfer Analytiker und: ein fahiger Krisenmanager, der großen Wert auf Haushaltsdisziplin legt.

Frankreichs Prasident Nicolas Sarkozy fand im April nur lobende Worte fur ihn: "Frankreich ist sehr glucklich, einem Italiener seine Stimme fur das Amt des Prasidenten der Europaischen Zentralbank zu geben: Mario Draghi, den ich gut kenne. Wir unterstutzen ihn nicht, weil er Italiener ist, sondern weil er Qualitaten hat, und dann auch, weil er Italiener ist."

Der so ganz nebenbei auch eine Art Euro-Geburtshelfer ist. Furs italienische Finanzministerium hat Draghi in den 90er-Jahren namlich auch die Maastricht-Kriterien mit erarbeitet. Aus dieser Zeit stammt einer seine Spitznamen: "Ciampi-Boy". Der spatere Staatsprasident hatte ihn als Berater verpflichtet, als er noch Zentralbank-Chef war. Der andere Spitzname, der sich bei dem Vornamen anbietet, wenn jemand erfolgreich ist, ist bekannter - und abgegriffener: "Super Mario".

Freund deutlicher Worte

Allerdings: Laut "Mamma Mia" rufend, durch die Gegend zu hupfen, wie das namensgebende Vorbild aus dem Videospiel, ist seine Sache nicht. Ein lassig-dezenter Auftritt und dafur deutlichere Worte schon eher - wie sein Kommentar vergangene Woche zu den angekundigten Reformen der Regierung Berlusconi: "Allerdings muss man diese Reformen auch machen. Und zwar schnell und konkret. Aber machen wir uns nichts vor. Das werden mutige Reformen sein. Und daher ist es wichtig, den schwacheren Teil der Bevolkerung zu schutzen, die von diesen Reformen sicher betroffen sein werden."

Ein starkeres soziales Netz - das ist etwas, wofur sich Draghi immer wieder stark gemacht hat, genauso wie fur einen flexibleren Arbeitsmarkt und fur Investitionen im armeren Suditalien: "Fur uns alle ist die Entwicklung des Mezzogiorno wichtig. Die Wirtschaftsdaten des italienischen Sudens sind enttauschend. Der Suden leidet unter dem organisierten Verbrechen, die Organisationen schleichen sich in den offentlichen Dienst ein, belasten das Vertrauen zwischen den Burgern, behindern das Funktionieren des freien Marktes und steigern die Kosten des zivilen und wirtschaftlichen Zusammenseins."

Es gibt ubrigens auch einen Fleck auf der sonst sauberen Weste: Als Vize bei der Investment-Bank Goldman Sachs war Draghi verantwortlich fur die Geschafte mit Staaten. Die Bank hatte Griechenland geholfen, seine wahren Schulden zu verschleiern. Allerdings hat Draghi mehrfach versichert, damit nichts zu tun gehabt zu haben - und vor dem Wechsel zur italienischen Zentralbank 2006 alle Goldman-Sachs-Anteile verkauft.

Uberzeugter Europaer

Draghi ist uberzeugter Europaer, blieb auch beim Aufkommen der Griechenland-Krise ein Verteidiger des Euro: "Der Euro hat unglaubliche Vorteile mit sich gebracht. Die meisten davon mussen noch genutzt werden. Diese Vorteile liegen direkt vor uns: Erstens eine außergewohnliche Stabilitat, zweitens die Zinsen. In Italien hat es selten so niedrige Zinsen gegeben."

Die von Italiens Wirtschaftsminister Giulio Tremonti gebetsmuhlenartig geforderten Eurobonds lehnt er aber trotzdem ab - genauso ubrigens, wie die Politik von Silvio Berlusconi. Seit seiner Ernennung zum EZB-Prasidenten bleibt er zu Italiens Noch-Regierungschef lieber auf Distanz. Der durfte sich trotzdem daruber freuen, dass Draghi ab heute 1000 Kilometer weiter nordlich sitzt: Der frischgebackene EZB-Chef wurde namlich immer wieder als aussichtsreicher Kandidat fur das Amt des italienischen Ministerprasidenten gehandelt - auch wenn er selbst gar keine politischen Ambitionen hatte.

Stefan Troendle, S. Troendle, ARD Rom, 01.11.2011 00:53 Uhr