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Israels neuer Prasident: Peres erreicht sein letztes Ziel - DER SPIEGEL

Israels neuer Prasident Peres erreicht sein letztes Ziel

Es gibt kaum ein Amt in Israel, das Schimon Peres noch nicht bekleidet hat. Jetzt kront das politische Urgestein seine sechs Jahrzehnte wahrende Karriere mit dem Posten des Staatsprasidenten. Schon wird spekuliert, er konnte der letzte Amtsinhaber sein.
Von Yassin Musharbash

Berlin - Er war 19 Mal Minister, drei Mal Regierungschef und ist Trager des Friedensnobelpreises. Schon das steht fur eine außergewohnliche Karriere. Heute jedoch feiert Schimon Peres, mittlerweile 83, seinen wahrscheinlich großten Triumph. Zum ersten Mal in seinem politischen Leben gewann er eine wichtige Wahl außerhalb der eigenen Partei: Schimon Peres wird der nachste Staatsprasident Israels.

Schon im ersten Wahlgang im israelischen Parlament, der Knesset, erreichte er heute Mittag 58 der notigen 61 Stimmen. Dieser Vorsprung war so beeindruckend, dass seine Gegenkandidaten, der Likud-Politiker Reuven Rivlin, und die Arbeitspartei-Abgeordnete Coletta Avital nicht erneut antraten.

Mit Schimon Peres ubernimmt einer der bekanntesten und langstgedienten israelischen Politiker das hochste Amt im Staat. Er folgt auf den klaglich an seinen mutmaßlichen Sex-Affaren gescheiterten Mosche Katzav und den ebenso schwachen Eser Weizman.

Einwanderer, Waffenkaufer, Kibbuzgrunder

Peres ist ein Urgestein des judischen Staats. Er mischte schon in der israelischen Politik mit, bevor der Staat uberhaupt gegrundet wurde: 1934 wanderte er mit seiner Familie aus Wiszniew, im heutigen Weißrussland gelegen, nach Palastina aus, noch als Schuler wurde er Mitglied des Armeevorlaufers Haganah. Schon 1941 grundete er seinen ersten Kibbuz und wurde im selben Jahr auch Chef des Gewerkschaftsverbandes Histadrut.

1946 schickte ihn die Mapai-Partei, aus der spater die Arbeitspartei hervorging, nach Europa - um Waffen zu kaufen. Nach der Staatsgrundung 1948 wurde er, erst 25-jahrig, vom Staatsgrunder David Ben-Gurion ins Verteidigungsministerium berufen. Von hier aus organisierte Peres zum Beispiel in den Funfzigern an entscheidender Stelle die atomare Aufrustung Israels und die Waffenbruderschaft mit Frankreich.

1959 wurde Peres erstmals in die Knesset gewahlt, zehn Jahre spater im Kabinett Golda Meirs zum ersten Mal Minister. Und 1977, nach dem erzwungenen Rucktritt seines ewigen Sparringspartners Jitzchak Rabin, stand er erstmals (kurzzeitig und kommissarisch) einer israelischen Regierung vor.

Die Art, wie er an dieses Amt kam, sollte fur ihn symptomatisch werden: Nicht ein einziges Mal wurde Peres von den Burgern an die Macht gewahlt. Er war immer respektiert in Israel - geliebt aber wurde er woanders, zum Beispiel in den USA und in Europa.

Politisch stand Peres stets auf der Linken, doch war er in seiner fruhen Zeit ein Hardliner, ein "Falke" - was man etwa daran ablesen konnte, dass er die Siedlungsbewegung, auch in besetzten Gebieten, zunachst vehement befurwortete. Spater erkannte er darin einen Fehler - und nicht wenige Kommentatoren Israels werten seine spatere aktive Friedenspolitik als Wiedergutmachungsversuch. Die Palastinenser akzeptierten Peres als Gesprachspartner, weil sie ihn fur integer erachteten. Aber einen unbedingten Mann des Friedens vermochten sie in ihm nie zu erkennen - sie wussten, dass es auch mit ihm sehr ungemutlich werden konnte.

Der ewige Verlierer

Trotzdem: Fruher als fast alle anderen sprach sich Peres fur Verhandlungen und diplomatische Beziehungen mit den arabischen Nachbarn aus. Auch einen friedlichen Ausgleich mit den Palastinensern hielt er fruh fur moglich. Seine beharrliche Arbeit zeitigte durchaus Erfolge, und 1993 erfuhr auch die Welt davon: Die Aushandlung der Prinzipienerklarung zwischen PLO und Israel ware ohne ihn kaum zustande gekommen. Die gegenseitige Anerkennung Israels und der PLO sah die internationale Offentlichkeit denn auch vor allem als sein Werk an. Der Friedensnobelpreis, den er sich mit Regierungschef Jitzchak Rabin und Palastinenserprasident Jassir Arafat teilte, war die Anerkennung dafur.

Als Rabin 1995 ermordet wurde, musste Peres wieder einmal die Lucke fullen. Doch die anschließende Wahl verlor er erneut. Spatestens seitdem haftete ihm das Etikett des ewigen Verlierers an. Er kundigte seinen Ruckzug aus der aktiven Politik an, der allerdings nicht von Dauer war: Schon vier Jahre darauf kandidierte er erneut, diesmal, wie heute, fur das Prasidentenamt. Und verlor - gegen den praktisch unbekannten Mosche Katzav.

"Um eine Mehrheit fur den Frieden zu schaffen, muss ich mich mit Elementen der Rechten zusammentun", sagte Peres 2002 in einem Interview und begrundete damit, warum er doch wieder in die aktuelle Tagespolitik eingestiegen war und seine Partei in eine Koalition mit dem Likud-Hardliner Ariel Scharon gefuhrt hatte. Nicht zuletzt durch diesen Schritt ging jedoch etwas kaputt im Verhaltnis Peres' zur Arbeitspartei. Im November 2005 wahlte sie ihn als Vorsitzenden ab - und Peres diente sich der von Scharon neu geschaffenen Kadima-Partei an, fur die er heute auch kandidierte.

Irgendwie war er immer schon da

"Wenn es nicht Peres ware, konnte man mit Sicherheit sagen, dass die Prasidentschaft ihm zufallen wird", lasterte noch gestern die liberale Tageszeitung "Haaretz". Jetzt hat er allen noch einmal gezeigt: Auch Schimon Peres kann gewinnen.

Aber Peres ubernimmt ein schwieriges, umstrittenes und von Skandalen beschadigtes Amt. Langst wird in Israel daruber diskutiert, es ganz abzuschaffen - Peres konnte am Ende seiner siebenjahrigen Amtszeit vielleicht der letzte Prasident Israels gewesen sein. Es ist ohnehin eine eigentlich recht kleine Aufgabe, die jetzt auf den Vater dreier langst erwachsener Kinder zukommt: Ein israelischer Prasident hat nicht viel zu sagen. Gut moglich, dass Peres versuchen wird, den Posten aus eigener Kraft und Autoritat heraus mehr als moralische Instanz zu etablieren. Aber die meisten Israelis kummert es wenig, wer in der Prasidentenresidenz sitzt - zumal heute, wo Politiker in Israel einen so schlechten Ruf genießen wie nie zuvor.

Ein Visionar, so lautet einer der Titel, mit denen Peres immer wieder bedacht wird - vorwiegend allerdings im Ausland. In der Tat hat er zumindest die Vision eines friedlichen, neuen Nahen Ostens stets hochgehalten. Aber in Israel schlagt ihm nicht allzu viel Anerkennung entgegen, schon gar nicht fur seine Ideen, die von vielen oftmals als verschroben und abstrus betrachtet werden. Peres ist haufig Gegenstand von Spott und Lastereien, er gilt als eitel und ehrgeizig, als zu intellektuell oder gar "europaisch". Ein Mann des Volkes war er, anders als der Kriegsheld Scharon, nie.

Aber er war eben irgendwie immer schon da. Und jetzt ist er am Ende doch noch ganz oben angekommen. Alles andere ware auch fast merkwurdig gewesen.