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International Music Award: IMA-Musikpreis vom "Rolling Stone" vergeben - DER SPIEGEL
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International Music Awards: "Wow, this is big!"

Foto: FABRIZIO BENSCH/ AFP

International Music Award Der neue Preis ist auch nicht so heiß

Der Echo ist weg, die Lucke will Axel Springer fullen. Auf dem international ausgerichteten Musikpreis IMA nuschelt Udo Lindenberg englisch, wird Rammstein gecovert und ein Moderationstalent entdeckt.

Bevor der Livestream auf Magenta TV richtig startet, ist das Mikrofon in der Halle schon angeschaltet. "I - M - A" lasst der Anheizer das Publikum in der Berliner Verti Music Hall auf Englisch buchstabieren - so ein neuer Preis will ja erstmal gelernt werden. "I - M - A", also "International Music Award", heißt der Preis, den die Axel-Springer -Musikzeitschriften unter Federfuhrung des deutschen " Rolling Stone " gestiftet haben und der nun erstmals verliehen wurde.

Dann ist das Bild da, das Spotlight auf der dunklen Buhne fallt auf die Bassistin Nik West, und sie eroffnet den Abend mit einer Version von "Papa Was A Rolling Stone", dem Soulklassiker von den Temptations - was angesichts der Gastgeber Abends ein klein wenig cheesy ausgewahlt ist. Sollten Sie sich ubrigens an englischen Begriffen wie "Spotlight" oder "cheesy" storen - verzeihen Sie bitte, aber die Begriffe sind ganz im Sinne dieses internationalen Abends. Immerhin werden die Preise hier in den Kategorien "Commitment", "Style", "Future", "Sound", "Visuals" und "Beginner" verliehen.

Damit soll sich der IMA von den herkommlichen Musikpreisen abheben, die nach Genre und Veroffentlichungsformat vergeben werden (legendar die knapp hundert Kategorien bei den Grammys). Die Auswahl der Nominierten ubernahm ein Panel aus Musikern und Kritikern, was die Abgrenzung zum 2018 abgeschafften Echo verdeutlichen soll, der ja nach Verkaufszahlen vergeben wurde - was ihm Kollegah und Farid Bang als Preistrager einbrockte . So was konnte dem IMA nicht passieren, da ubernehmen Journalisten aus dem "Rolling Stone"-Universum die Endauswahl.

Kuriose Kategorien und eine Endkontrolle des veranstaltenden Verlagshauses - damit stellt sich der International Music Award am ehesten in die Tradition von Preisen wie der Goldenen Kamera oder dem Bambi . Moderiert wird der Abend von US-Entertainer Billy Porter, der in schwarzem Glitzertop und grunem Rock mit den Worten "Wow, this is big! Not as big as my wardrobe - but big" in die Halle grußt.

Porter verkorpert die Aufstiegstraume des Showbiz: "Ein schwarzer, schwuler Mann zu sein, war nicht popular in den Achtzigern", beteuert er, dann folgten 30 Jahre auf den unteren Stufen der Showtreppe, bis ihm 2018 die Serie "Pose" uber die Ballroomszene von New York den Durchbruch brachte. Klischeegewordene Satze wie "Be yourself" oder "Follow your dreams" klingen bei ihm frisch und glaubwurdig; furchtlos sturzt er sich in einen Laufsteg-"Walk-Off" mit seiner Co-Moderatorin, dem Model Toni Garrn. Dass Porters eigener musikalischer Beitrag sehr truber Musical-Darsteller-Soul ist? Schwamm druber!

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International Music Awards: "Wow, this is big!"

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Dafur gibt es einige andere Auftritte, die fur Awards-Shows ungewohnlich und beeindruckend sind: Die Englanderin Anna Calvi (Preistragerin "Sound") mit ihrer sehr konzentrierten und doch ganz schon krachigen Gitarre; die hockende Holly Herndon mit ihren Stimmverfremdungsexperimenten (Preistragerin "Future") oder die supersouverane Michael-Jackson -Choreografie von Christine & the Queens . Viele der Preistrager sind nicht nach Berlin gekommen und grußen lediglich per Videobotschaft. Auch Rammstein (Publikumspreis "Performance") sparen sich den Auftritt und lassen die Trophae - ein uberdimensioniertes Puzzlestuck - von zwei Fanklubmachern aus dem europaischen Ausland abholen.

Die Coverversion von Rammsteins "Du hast" wiederum, die Peaches aus Kanada auf die Buhne bringt, ist ein Highlight des Abends: sie hat halbnackte Tanzerinnen und Tanzer an der Seite, einen synthetischen Chor und eine Trapezturnerin, der ein Laserstrahl aus dem Schritt leuchtet. Eine Performance, die an diesem Abend ein großeres Publikum verdient hatte, als es mutmaßlich vom Telekomstreamingdienst als TV-Partner erreicht wurde.

Viele große Auftritte sind von Awards-Shows in Erinnerung geblieben - aber eben meist von den Grammys oder den MTV Video Music Awards mit ihrer weltweiten Ausstrahlung und Reichweite. Davon ist der IMA noch weit entfernt. Im internationalen Vergleich kann sich der "Rolling Stone"-Preis auch inhaltlich nicht sehr abheben: Preistragerinnen wie Billie Eilish (Kategorie "Beginner") oder Lizzo (Kategorie "Style") waren bei der Vorstellung der Grammy-Nominierungen diese Woche ganz vorn dabei; selbst eine eher randstandige Preistragerin wie die Rapperin Tierra Whack ("Visuals") war schon fur den Musikvideo- Grammy nominiert.

Dafur sind die International Music Awards dann manchmal wieder ganz schon deutsch. Da halt dann der unvermeidliche Rea Garvey uber den englischen Rapper Slowthai eine Eloge, dass man denken konnte, dieser habe unlangst den Sturm auf den Buckingham Palace angefuhrt - und darf danach U2s "Sunday Bloody Sunday" als Protestsong seiner Generation hinstumpern. Am Auftritt von Max Herre ist am erfreulichsten, wie Moderator Porter mit der Aussprache des Nachnamens kampft - eine 1a-Bewerbung fur Nazirollen in Mel-Brooks -Remakes.

Der Sonderpreis "Courage"-Award schließlich ging an Udo Lindenberg , der sogleich dekretiert, angesichts der "schragen Weltlage" konne man einfach keine "nette Dekorationsmusik mehr machen". Dann singt er den schlappen Themensong zu einem kommenden Biopic uber den jungen Lindenberg, erzahlt danach die Handlung des Films auf Englisch und sehr ausfuhrlich, bevor er als "Courage"-Preistrager dann endlich dem "Hero"-Preistrager Sting laudiert. Der revanchiert sich mit einer auf Deutsch vorgetragenen Aneinanderreihung von Dankesfloskeln und einer diskutablen Disco-Version von "If You Love Somebody (Set Them Free)".

"Auf Wiedersehen!", kraht der unermudliche Billy Porter und hinterlasst die Zuschauer etwas ratlos: Ja, es gab unterhaltsame Momente, aber die Frage, was dieser Preis denn eigentlich soll, blieb offen. Wahrend sich der 2016 ausgelobte " Preis fur Popkultur " offensiv als Alternative zum Echo positionierte, ist der IMA inhaltlich zwar ein Kontrastprogramm, arbeitet sich aber genauso wie der Echo an der Glamour-Sehnsucht ab. Doch vielleicht muss man sich einfach uber jede Party freuen, die gefeiert wird.